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Yoga bei Essstörungen -  Lilly Lia Hoffmann

Yoga bei Essstörungen (eBook)

Meine Übungen für Körper, Seele & Geist
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
148 Seiten
BALANCE Buch + Medien Verlag
978-3-86739-348-5 (ISBN)
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Den Körper neu kennenlernen Yoga ist nicht nur eine der beliebtesten Sportarten in Deutschland, sondern ist durch die achtsamen und bewussten Körperübungen auch therapeutisch heilsam. In diesem Buch kombiniert eine erfahrene Yogalehrerin wertvolle Übungen und psychologische Hintergrundinformationen für Betroffene von Essstörungen. Wer unter Essstörungen leidet, hat einen starken Willen und ein festes Ziel, das jedoch einem gesunden oder akzeptierenden Eigenbild widerspricht. Diese Stärke und Willenskraft der Betroffenen nutzt Lilly Hoffmann, um ihnen eine Alternative zu zeigen. Denn der Körper spielt auch beim Yoga weiterhin die entscheidende Rolle, hier aber weist die Autorin behutsam einen Weg, sich in diesem wieder zuhause zu fühlen. Lilly Hoffmann erklärt in ihrem Buch die psychologischen Hintergründe von Essstörungen, zeigt als Betroffene großes Verständnis, reflektiert eigene Erfahrungen und teilt ihren persönlichen Heilungsweg mit anderen. Das Praktizieren der Körperübungen wird durch Fotos unterstützt, sodass alle Lesenden - auch solche, die bislang kein Yoga gemacht haben - diese direkt ausprobieren können.

Lilly Hoffmann begann 2016 ihre erste Yogaausbildung und machte ihre Leidenschaft zum Beruf: Es folgten viele weitere Yogaausbildungen und Fortbildungen, ehrenamtliche Arbeit als Yogalehrerin sowie eine Festanstellung in einer Yogaschule. Heute arbeitet sie als freiberufliche Yogalehrerin und Coach in Köln. Sie hat ein Studium im Fach Angewandte Psychologie absolviert und verfügt über eigene Krankheitserfahrung mit Anorexia nervosa.

Meine Geschichte


Vielleicht war alles nur ein Missverständnis. Vielleicht habe ich eine Essstörung entwickelt, weil ich als kleines Mädchen etwas sehr Entscheidendes falsch interpretiert habe. Ich bin in einer scheinbar perfekten Familie aufgewachsen. Meine Eltern waren jung, gesund, gut aussehend, beruflich sehr erfolgreich und vermögend. Meine große Schwester war selbstbewusst und beliebt. Ich selbst war so süß, dass mein Aussehen niemals unkommentiert blieb. Ich habe es geliebt, zu lernen, zu arbeiten. Ich habe es geliebt, bewundert und gelobt zu werden – für mein Aussehen, für meine guten Noten, für mein vorbildlich soziales Verhalten. Ich war davon überzeugt, dass Perfektionismus, Leistung und Erfolg die Voraussetzungen für ein glückliches Leben und die Liebe meiner Mitmenschen seien.

Wenn ich meinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurde, war ich von mir selbst enttäuscht und arbeitete hart daran, meine Fehler zu korrigieren und meine selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Erwachsene deuteten meine überdurchschnittlichen Schulleistungen oft als Unterforderung. Statt mich zu bremsen, motivierten und lobten sie mich, was mich darin bestärkte, mich selbst weiter anzutreiben. Meine größte Angst war es, die Erwartungen anderer Menschen zu enttäuschen und damit einhergehend der Gedanke, sie könnten mich dann für weniger intelligent halten. Ich dachte, ich werde für meine Disziplin geliebt. Dass meine Familie und meine Freunde mich um meiner selbst willen lieben, habe ich erst viele Jahre später begriffen – und paradoxerweise hat mir meine Essstörung zu dieser Erkenntnis verholfen.

Als ich in die Pubertät kam, veränderte sich mein Körper schnell. Während meine Freundinnen weiterhin wie Mädchen aussahen, hatte ich bereits weibliche Kurven und zog damit die Blicke auf mich. Ich schämte mich für die Veränderungen meines Körpers, und die Kommentare anderer verletzten und verunsicherten mich zutiefst. Die Entwicklung meines Körpers löste in mir ein Gefühl von Kontrollverlust aus. Ein bedrohliches Gefühl, gegen das ich versuchte mit noch größerer Selbstdisziplin und noch mehr Leistung anzugehen.

Kurz nach meinem dreizehnten Geburtstag starb eine meiner engsten Freundinnen an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Kein Gebet, kein Flehen hatte geholfen – obwohl ich Gott für das Leben meiner Freundin unzählige Deals angeboten hatte, war es mir nicht möglich gewesen, ihren Tod abzuwenden. Meine Gefühle der Ohnmacht, der Trauer und des Vermissens waren schmerzhafter und intensiver als alles, was ich jemals zuvor empfunden hatte. Ich war überzeugt, nie wieder glücklich werden zu können. Spätestens mit dieser Erfahrung war für mich die Entwicklung vom Mädchen zur Frau mit Verlust, Trauer, Unwohlsein, Scham und Angst fest assoziiert.

An dem Tag, an dem meine Freundin starb, fasste ich einen Entschluss: Ich würde die Kontrolle, die ich über mein Leben und meinen Körper verloren hatte, wiedergewinnen. Und so begann ein Kampf gegen meine Weiblichkeit, gegen meine Natur, gegen mich selbst. Ich wurde immer dünner, bis meine Periode schließlich ausblieb. Mein Körper verwandelte sich von dem einer Frau wieder zurück zu dem eines Mädchens, und die Sucht nach dem Dünn-Sein wurde zu meinem Betäubungsmittel. Ich fokussierte mich immer stärker auf meinen Körper. Selbstdisziplin, insbesondere hinsichtlich des Essens, und Leistungsdenken nahmen mich völlig ein, wodurch zumindest zeitweise meine Trauer und mein Schmerz in den Hintergrund zu treten schienen.

Dinge, die mir als Kind Freude bereiteten, wie Urlaube, Restaurantbesuche oder Einladungen von Freunden, wurden zu einer Bedrohung für mich. Meistens fand ich passende Ausreden, um nicht vor anderen essen zu müssen. Wenn es allerdings kein Entkommen gab, wie an Weihnachten oder an Geburtstagen in der Familie, dann saß ich vor dem Essen, das ich nicht selbst zubereitet hatte, und spürte Panik in mir aufkommen und Tränen in den Augen.

Ich fühlte mich, als wäre ich in einer Parallelwelt gefangen. Die größte Bedrohung in dieser Welt waren Kalorien und Gewichtszunahme. Essen und Nichtessen waren die Waffen im täglichen Kampf gegen meinen Körper. Mein Körper war zur Projektionsfläche geworden. Egal was um mich herum geschah – Konflikte in der Familie, Mobbing in der Schule, Verlusterlebnisse – ich projizierte Gefühle wie Wut, Trauer und Angst auf meinen Körper und nutzte ihn als Ventil. Meine zwanghafte Beschäftigung mit dem Körper betäubte meinen seelischen Schmerz. Ich dachte, dass ich mit der Kontrolle meines Körpergewichts und meines Essverhaltens auch die Kontrolle über mein Leben haben würde.

Und tatsächlich war mein Leben durch die Zahlen auf der Waage, in den Lebensmitteltabellen und bei den Kalorienangaben – im wahrsten Sinne – berechenbar geworden. Ich hatte die totale Kontrolle über jedes Gramm, das ich zu mir nahm, über jedes Gramm, das ich an meinem Körper duldete oder eben auch nicht. Mein Ziel war erreicht. In Wahrheit hatte aber die Essstörung die absolute Kontrolle über mich und mein Leben übernommen. Ich wurde immer schwächer und kraftloser.

Mir war bewusst, dass ich in dieser Welt, in der Kalorien, Gewicht und Leistung regierten, nicht für immer gefangen sein wollte. Mit der Zeit entwickelte ich einen illusorischen Wunsch: Ich wollte ein gesundes Leben führen, ohne mein Essverhalten ändern zu müssen. Ich wollte voller Kraft und Energie sein und das Leben in all seinen Facetten genießen können. Ich wünschte mir Liebe, Partnerschaft und Freundschaften, sehnte mich nach Urlauben, genussvollem Essen, wollte feiern und frei sein. Dabei wollte ich aber an meinem Ernährungsstil und meinem Körperbild festhalten. Die Furcht davor, die Kontrolle abzugeben war riesig. Ich dachte, wenn ich mich mit Untergewicht schon oft zu dick fühlte, wie sollte es mir dann erst gehen, wenn ich wieder zunahm.

Mir wurde schließlich klar, dass ich den Umgang mit meinem Körper und mein Essverhalten verändern musste, wenn ich meine körperliche und mentale Kraft zurückgewinnen wollte. Gerne würde ich sagen können, dass der Schalter nur einmal umgelegt werden muss und die Heilung dann von ganz allein gelingt – und womöglich gibt es auch solche Fälle, denn der Heilungsweg verläuft bei jedem anders –, doch bei mir war es nicht so. Mein Heilungsprozess begann zwar in dem Moment, in dem ich über Veränderung nachdachte, doch die ersten Schritte auf diesem langen Weg waren mühsam und meine inneren Widerstände enorm groß. Ich habe in den vergangenen Jahren viele Höhen und Tiefen auf meinem Weg erlebt – Zeiten positiven Fortschritts, aber auch Rückschläge. Zum Glück war ich in Begleitung von Menschen, die mich unterstützt und mir geholfen haben, von Abwegen zurück auf meinen Heilungsweg zu finden und dort zu bleiben – ich bekam professionelle Hilfe von Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Ernährungsberater*innen und Coaches, von meiner Familie und von Freunden. Ein zuverlässiger Wegbegleiter und meine größte Stütze war und ist Yoga.

Yoga als mein Wegbegleiter


Meine erste Begegnung mit Yoga hatte ich mit acht Jahren, als mich meine Tante mit in eine Yogastunde nahm. Ich war fasziniert von den Körperübungen, und manchmal, wenn meine Tante zu Besuch war und sie bei uns im Wohnzimmer Yoga praktizierte, turnte ich ihr nach. Ich erinnere mich daran, wie ich in einem Yogabuch meiner Mutter geblättert und bewundert habe, wie die Menschen auf den Fotos sich verdrehen und verbiegen konnten. Doch erst viele Jahre später wurde Yoga zu einem Teil meines Lebens.

Als ich fünfzehn Jahre alt war, besuchte ich auf Anraten meines Arztes einen Yogakurs. Mein Arzt hatte mir verboten, Sport zu machen, und ich dachte zunächst, dass er mir Yoga als eine Art Trostpflaster verordnet hatte – wenn Rennen und Schwitzen nicht erlaubt waren, so durfte ich mich wenigstens verbiegen und verdrehen. Aber schnell begriff ich, dass Yoga sehr viel mehr ist als akrobatische Körperübungen.

Gleich in den ersten Stunden des Yogakurses konnte ich fühlen, dass mein Körper, meine Seele und mein Geist voneinander getrennt waren – etwas, das zusammengehörte, war auseinandergebrochen. Die regelmäßige Yogapraxis half mir, die Beziehung zwischen meinem Körper, meinen Gedanken und meinen Gefühlen zu verbessern und die verloren gegangene Einheit wiederherzustellen. Ich machte die heilsame Erfahrung, dass ich über den Körper Zugang zu meiner Seele und meinem Geist finden kann. Ich begriff, dass es im Yoga nicht um Leistung und Bewertung geht, sondern darum, die Aufmerksamkeit ins Hier und Jetzt zu lenken und innere Ruhe zu finden. Es eröffnete sich mir eine ganz neue Welt – eine Welt, in der ich mich weiterentwickeln konnte, ohne mich selbst unter Leistungsdruck zu setzen.

Den Körper einsetzen


Yoga und Essstörungen haben für mich eine große Gemeinsamkeit – bei beiden ist der Körper Vermittler.

Im Yoga hilft der Körper durch Übungen, Meditation und Atemtechniken, die Gedanken zur Ruhe, das Gedankenkarussell zum Stoppen zu bringen. Der Körper geht mit dem Geist eine enge Verbindung ein. Wenn der Körper lernt zu entspannen und überflüssige Anspannung loszulassen, ist es auch möglich, im Kopf Ruhe einkehren zu lassen.

Bei einer Essstörung sind es äußere Einflüsse, Stressoren, Ängste, Sorgen und Ansprüche, die das Gedankenkarussell immer schneller werden lassen. Die Gedanken kreisen so schnell, dass eine Beobachtung der Gedanken unmöglich zu sein scheint, und wenn man doch hinschaut, aufs Karussell...

Erscheint lt. Verlag 4.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie
ISBN-10 3-86739-348-6 / 3867393486
ISBN-13 978-3-86739-348-5 / 9783867393485
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