Saigon (eBook)
160 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-07669-4 (ISBN)
Kapitel 2
Saigon und seine Bevölkerung
Wie sind die Einwohner von Saigon zu beschreiben? Was kennzeichnet sie?
Je nachdem, wem man diese Fragen stellt, wird man unterschiedliche Antworten bekommen. Der Städteplaner antwortet eventuell mit einer Statistik und weist darauf hin, dass in Stadt und Region etwa 11 bis 13 Millionen Menschen leben. So genau weiß man das nicht. Ein Sozialwissenschaftler erkennt dagegen eher die unglaublich vielfältigen ethnischen und kulturellen Einflüsse von verschiedenen Volksgruppen. Jede einzelne hat in Vietnam ihre Prägung hinterlassen.
Fragt man dagegen Touristen oder Personen, die geschäftlich in Saigon waren, sieht die Antwort wieder ganz anders aus: Höflich und hilfsbereit seien die Einwohner Saigons, meist lächelnd, freundlich und sogar regelrecht liebenswürdig. Ja, man muss Saigon und die Menschen, die dort leben, einfach mögen. Und tatsächlich kann das jeder, der Saigon schon einmal besucht hat, bestätigen.
Die sprichwörtliche Geduld der Südostasiaten, die Leichtigkeit des Seins und die positive Einstellung zum Leben – das spüren die Besucher, die hierher kommen, weil diese Grundhaltung allgegenwärtig ist.
„Laissez-faire, laissez-aller“ – einfach laufen lassen und genießen. Diese tolerante und stressbefreite Einstellung wird den Franzosen nachgesagt. Hier in Saigon findet man sie auf alle Fälle. Betrachtet man dazu noch die französische Architektur, die einige Teile Saigons prägt, kann man den ungezwungenen Lebensstil besonders gut nachempfinden. Man weiß, warum die Stadt den liebevoll gemeinten Kosename „Paris des Ostens“ erhielt. Die Franzosen waren hier lange genug Kolonialmacht und hinterließen eine Menge Einflüsse. Allerdings darf man diese nicht überbewerten, weil sich die Einwohner der quirligen Metropole ihre eigenen Wurzeln immer bewahrt haben. Letztlich ist die europäische Prägung durch den Kolonialismus zusammen mit dem US-amerikanischen Einfluss durch den Vietnamkrieg nur eine Zutat im Gesamtrezept der vietnamesischen Lebenskultur.
Der in Vietnam geborene Autor und Schriftsteller Viet Thanh Nguyen hat in seinem Roman „The Sympathizer“, der 2015 erschienen ist, die Vietnamesen als die „Italiener Asiens“ bezeichnet. Für dieses Buch wurde er mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet. Man kann seinem Urteil also vertrauen.
Man muss die Vietnamesen und ganz besonders die Einwohner Saigons mit niemandem vergleichen. Sie sind, wie sie sind, und das ist in jedem Fall einmalig. Wer sich vor Ort ein eigenes Bild von dem ganz besonderen Menschenschlag machen will und einige Zeit dort verbringt, wird positiv überrascht sein – wenn nicht begeistert!
Die Ethnien Vietnams und Saigons
Menschen sind schon immer gewandert, um sich neue Siedlungsgebiete zu erschließen. Oder sie haben durch Eroberungen und kriegerische Auseinandersetzungen neue Gebiete vereinnahmt und ihre eigene Kultur dann mit eingebracht. Das war auch im Süden Vietnams nicht anders. In der Region um Saigon spielt außerdem noch die Nähe des Meeres und des Mekong-Deltas eine Rolle.
Der Süden Vietnams gehörte früher zu den kambodschanischen Khmer und außerdem hatten auch die Chinesen noch ihre Hände im Spiel. Da kommen für ein solch relativ überschaubares Gebiet viele Einflüsse zusammen. So mag es auch nicht verwundern, dass offiziell über 50 ethnische Minderheiten in Vietnam vom Staat anerkannt sind. Allerdings haben einige nur wenige hundert Angehörige im Land. Andererseits reicht das aus, um eine unglaubliche Vielfalt an unterschiedlichen Sprachen, Geschichten, Kulturen, Sitten und Gebräuchen unter einem Dach, dem Land Vietnam, zu beherbergen.
Spätestens mit der Kolonialisierung gewannen die Europäer an Einfluss, und ganz besonders Frankreich. Die Franzosen bestimmten seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Geschicke in Vietnam, mussten im zweiten Weltkrieg den Japanern Platz machen und wurden schließlich mithilfe der Amerikaner wieder eingesetzt. Viele Jahrzehnte hinterlassen Spuren, die sich deutlich zeigen, vor allem in zahlreichen Bauwerken Saigons.
Das Hin und Her der Besatzungen hatte furchtbare Auswirkungen auf die Bevölkerung, unter der sich Armut immer weiter ausbreitete, was schließlich zu verheerenden Hungersnöten führte. Den unrühmlichen Gipfel des Eingreifens von außen verursachten schließlich die Amerikaner mit dem Vietnamkrieg. Dass Spuren zurückblieben, war nicht zu vermeiden.
Das Land hat es jedoch geschafft, diese Kriege zu verarbeiten. Für die Vietnamesen gehören sie zur Vergangenheit. Dabei hilft ihnen eine ihrer grundlegenden Eigenschaften – sie sind nicht nachtragend. „Vorbei ist vorbei, lass uns das Heute genießen“ – mit dieser Aussage könnte man die Einstellung der dortigen Menschen zusammenfassen.
So also haben sich die Vietnamesen ihre ausgeprägte Offenheit und ihre großartige Freundlichkeit gegenüber Fremden bewahrt. Eine Haltung, von der die Europäer sich ein wenig abschauen könnten.
Bräuche und Traditionen
„Andere Länder, andere Sitten“ lautet ein Sprichwort. Das trifft auch für Saigon zu, wenn man es aus europäischer Sicht betrachtet.
Saigon ist eine Weltstadt – umtriebig, bisweilen laut, geschäftig und voll mit Menschen aus der ganzen Welt. Darunter sind Tausende von Touristen und Geschäftsleuten, die sich den Zauber dieser Metropole erschließen möchten. Sie treffen auf Einwohner, die weltoffen und sehr freundlich sind, aber auch stolz auf ihre Sitten und Bräuche. Das zeigt sich auch im menschlichen Umgang miteinander.
Willkommen im Land des Lächelns – Dos and Don´ts
Über ein „Land des Lächelns“ wurde schon einmal eine Operette geschrieben. Schöpfer war der österreichische Komponist Franz Lehár und gemeint hatte er mit dieser Bezeichnung ursprünglich das Riesenreich China. Inzwischen hält man die Bezeichnung auch bei Japan und Thailand für zutreffend. Schaut man genauer hin, so findet man die freundliche Geste des Lächelns bei allen Menschen in Ost- und Südostasien. Und damit auch in Vietnam. Es ist dort eine der wichtigsten Grundhaltungen im gegenseitigen Umgang, ein freundliches Gesicht zu zeigen. Wie könnte man das besser machen als mit einem Lächeln!
Jeder, der einmal Kontakt zu einem Vietnamesen hatte, kennt es und weiß, dass es ehrlich gemeint ist. Es zeigt Wertschätzung, und deshalb ist das Zurücklächeln so wichtig, denn es zeugt von der gleichen Haltung. Beiderseitiges Lächeln bildet die Basis für das weitere Gespräch. Sei es ein Smalltalk über die zahlreichen Erlebnisse im Land, ein Gespräch über die Restaurants mit ihren vielfältigen Angeboten oder ein Austausch über die kulturellen Schätze. Allein über die zahlreichen Sehenswürdigkeiten kann man stundenlang reden.
Neben ihrer offenen und freundlichen Art gibt es eine weitere Grundhaltung der Vietnamesen. Höflichkeit steht an erster Stelle im Umgang miteinander. Die Stimme erheben, die Stirn in zornige Falten legen und wütend die Gesichtsfarbe wechseln – das alles ist verpönt. Aber auch widersprechen und sogar jemanden kritisieren in Anwesenheit von anderen sollte man unterlassen. Man selbst verliert sein Gesicht dabei, und ebenso geht es dem Gegenüber. Unbeherrschtheit gilt als grober Fauxpas. Verbale Angriffe sind fehl am Platz und auch Diskussionen sind am besten zu vermeiden. Regt man sich über etwas auf, so sollte man es ganz in Ruhe und sachlich direkt mit der betroffenen Person besprechen.
Hierzulande und in vielen westlich orientierten Gesellschaften gilt es als selbstbewusst, im Gesprach dem Gegenüber fest in die Augen zu schauen. In Vietnam gilt es dagegen als aggressiv. Demut ist angesagt und wird im sozialen Umgang viel höher bewertet als ein zur Schau getragenes vermeintliches Selbstbewusstsein. Denn zur Demut gehört innere Stärke – ein Gedanke, den ein westlich geprägter Mensch so nicht kennt, aber zumindest in sich reifen lassen könnte.
Auf Unverständnis stößt der westliche Besucher auch in anderen Zusammenhängen. Dazu gehört unangepasste Kleidung. Bikinis sind am Badestrand nicht gern gesehen, während T-Shirts akzeptiert werden. Ebenso sollte das Dekolleté bei den Damen bedeckt bleiben. Zurückhaltung ist auch angebracht, wenn man sich mit seinem Partner in der Öffentlichkeit aufhält. Küsschen, und sei es nur auf die Wange, gelten als unangemessenes Verhalten. Dies ist eine sittliche Vorstellung, die sich die Einheimischen ganz sicher nicht von den Franzosen abgeschaut haben. Deren Wangenküsschen bei der Begrüßungszeremonie haben sich hier nie etabliert.
Eine riesige Fettnapf-Falle findet man auch beim Umgang mit fremden Kindern. Man mag die Kleinen als noch so süß empfinden – den Kopf eines Kindes zu tätscheln kann auf einen Vietnamesen sehr verstörend wirken. Der...
| Erscheint lt. Verlag | 1.12.2023 |
|---|---|
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Freizeit / Hobby ► Fotografieren / Filmen |
| Reisen ► Reiseführer | |
| Schlagworte | Fremdenführer • Guide • Hauptstadt • Ho Chi Minh City • Ho-Chi-Minh-City • Metropole • Reiseführer • Saigon • Stadtführer • Vietnam |
| ISBN-10 | 3-384-07669-9 / 3384076699 |
| ISBN-13 | 978-3-384-07669-4 / 9783384076694 |
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