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Angst beim Hund -  Ute Heberer,  Katja Schumacher,  Anna Pietschmann

Angst beim Hund (eBook)

Erkennen, verstehen und richtig reagieren
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
288 Seiten
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
978-3-440-50136-8 (ISBN)
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Angst beim Hund ist eines der dringlichsten Probleme bei Hundehaltern. Der Leidendruck bei Hund und Mensch ist groß. Das Autorinnenteam geht in diesem Buch dem Thema auf den Grund. Was passiert im Körper, wie erkennt man Angst und reagiert richtig. Trainingsansätze für Angsthunde zeigen Wege aus der Angst.

Kapitel 1
Hunde als enge Sozialpartner


Unsere Hunde haben oft einen wichtigen Stellenwert als Sozialpartner und Familienmitglied. Sie sind nicht einfach nur Haustiere, die zweimal am Tag Futter erhalten und versorgt werden. Im Gegenteil, Hunde binden sich oft eng an ihre Bezugsperson und wir profitieren von ihren einzigartigen Fähigkeiten, sich kommunikativ und sozial an uns anzupassen. Mittlerweile ist bekannt, dass Hunde teilweise unsere Emotionen entschlüsseln können und ähnliche Bindungsmuster aufweisen wie die von Kleinkindern zu ihren Eltern. Die Hundehaltung geht mit zahlreichen positiven Effekten einher. Neben mehr gesundheitsfördernder Bewegung kann das Zusammensein mit Hunden einen stresslindernden Effekt haben. Für Menschen, die sich isoliert fühlen und Schwierigkeiten bei der Interaktion mit anderen Personen empfinden, ist der vierbeinige Partner oft eine große Unterstützung. Kinder, die mit Hunden aufwachsen, entwickeln nützliche soziale Kompetenzen. Insgesamt bringt der beste Freund des Menschen in vielen Fällen mehr Lebensqualität in das Leben ihrer Halter, was nicht zuletzt die Erfolgsstory als ältestes und zweithäufigstes Haustier erklären dürfte.

Verstärktes Bewusstsein über Gefühlslagen


Das enge Zusammenrücken von Mensch und Hund und die enge Bindung führen auch zum verstärkten Beachten der hündischen Gefühlslage. Das betrifft insbesondere das Gefühl der Angst. Ein verstärktes Bewusstsein über die Angst beim Hund hat Vor- und Nachteile. Gut ist, dass Halter von Hunden mit Angstproblemen ein feineres Gespür für ihre Vierbeiner entwickeln. Andererseits berichten jene Hundehalter aber auch von Schuldgefühlen und belasteter mentaler Gesundheit. Diese resultieren vor allen Dingen aus der permanenten Sorge um den Hund und dem starken Wunsch, dass er seine Angst ablegen kann.

Dauerhaft bestehende Ängste, ohne Erholungsphasen, sind auf vielen Ebenen eine Belastung für den Hund. Betroffene Hunde zeigen Anzeichen von verringerter Lebensqualität.

Unerwünschtes Verhalten wie exzessives Bellen, Zerstören von Gegenständen, Aggressionsverhalten sind in diesem Zusammenhang häufige Folgen. Andere Hunde wiederum ziehen sich vollkommen zurück und zeigen kein Erkundungsverhalten mehr (Dreschel, 2005). Die physische Gesundheit wird ebenfalls durch problematisches Angstverhalten beeinflusst. Das Immunsystem betroffener Hunde ist oft geschwächt und das Risiko für verschiedenste Erkrankungen erhöht. Als Konsequenz gibt es Hinweise auf eine verkürzte Lebensdauer von dauerhaft unter starken Ängsten leidenden Hunden (Dreschel, 2010). Darüber hinaus sind Auswirkungen auf das Lernverhalten zu beobachten. Stark geängstigte Hunde haben oft verringerte Kapazitäten, um Alltagsfertigkeiten für das Zusammenleben zu lernen. Das Sozialverhalten unter Artgenossen leidet zusätzlich bei Hunden, die in ihrer Angst gefangen bleiben. Immer wieder gibt es Fälle von Angsthunden, die tragischerweise über Jahre hinweg ohne Kontakt zu Artgenossen verbleiben. Der Mangel an hündischen Sozialkontakten kann sich mitunter deutlich negativ auf die Lebensqualität auswirken.

Ist Angst grundsätzlich negativ zu bewerten?


Nein. Die Fähigkeit, Angst zu empfinden, ist ein überlebensnotwendiger Teil des hündischen und menschlichen Alltags. Angst hilft uns dabei, potenzielle Gefahren zu erkennen und den Körper darauf vorzubereiten, einer Bedrohung effizient zu entgehen. Wir lernen durch Angst, uns gefährdende Situationen, Lebewesen und Handlungen zu vermeiden. Angst motiviert außerdem, Risiken zu evaluieren und unsere Entscheidungen zu überdenken.

Urbach-Wiethe-Syndrom

In dieser Hinsicht ist der Fall einer unter dem Urbach-Wiethe-Syndrom leidenden Patientin interessant, die in der Forschung unter den Initialen S. M. bekannt wurde. Die Krankheit geht mit der Verkalkung und somit dem Ausfall einzelner Hirnregionen einher. In ihrem Fall betraf die Verkalkung die Amygdala, eine für Angstempfindungen wesentliche Gehirnstruktur. Durch die fehlende Angst und damit fehlenden Anpassungsreaktionen begab sich die Patientin wiederholt in gefährliche Situationen. Überdurchschnittlich oft wurde sie deswegen Opfer von schwerer häuslicher Gewalt, Mordversuchen und Raubüberfällen (Feinstein et al., 2011).

Angst und Furcht können tatsächlich auch gesund sein. Sie motivieren uns, Gesundheitsrisiken zu vermeiden und Vorsorgemaßnahmen wie einen gesunden Lebensstil, Impfungen oder Risikountersuchungen zu treffen. Angst ist also kein lästiges Übel, sondern essenziell wichtig. Auch Hunde profitieren in vielen Aspekten von ihren Angstgefühlen. Es wäre beispielsweise dem Überleben nicht zuträglich, keine Hemmungen an steilen Hängen zu haben. Furcht hat auch einen kommunikativen Wert. Hunde, die akut Angst empfinden, zeigen in vielen Fällen deutliche körpersprachliche Signale wie das Zurückverlagern des Körperschwerpunkts oder zurückgelegte Ohren. Artgenossen und Menschen können je nach Verständnis angepasst auf das jeweilige Verhalten reagieren und Konflikte vermeiden.

Während also ein gewisses Maß an Angst überlebensnotwendig und absolut normal ist, muss Hunden mit übersteigerter Angst geholfen werden. Je länger das problematische Angstverhalten unberücksichtigt bleibt, desto hartnäckiger bleibt es mitunter bestehen. Ein Überbehüten des Hundes ist jedoch zu vermeiden. Untersuchungen weisen darauf hin, dass überbehütendes Verhalten vom Menschen zu verstärkter Angst beim Hund führt (Pereira et al., 2016). Wer zu jeder Zeit den Hund vor jeglichem Stress schützen und ihm keinerlei Bewältigungsstrategien im Falle von negativen Gefühlslagen vermitteln möchte, verstärkt mitunter seine Ängstlichkeit (Dodman et al., 2018).

Angstzustände erkennen


Wie häufig der Hund im Alltag mit Angst konfrontiert ist, lässt sich nur beantworten, wenn die Anzeichen für eine ängstliche Gefühlslage bekannt sind. Kenntnisse über die Körpersprache erlauben es, Angst und Furcht zu erkennen. Je mehr Kompetenzen diesbezüglich vorhanden sind, desto besser kann der Mensch problematische Situationen erkennen und sie bearbeiten. Konkrete Furchtauslöser und ängstigende Situationen sind dann auch ermittelbar und erlauben einen achtsamen Umgang. Wer früh kritische Situationen ausfindig macht, kann an diesen arbeiten, bevor ein gravierendes Angstproblem entsteht.

In zahlreichen Fällen haben Hunde, bedingt durch eine unzureichende Konfrontation mit Umweltreizen, Defizite im stabilen Umgang mit ihrer Außenwelt. Überwiegend besteht die Möglichkeit, durch gezielte Methoden diesen Hunden zu deutlich mehr Sicherheit zu verhelfen. Auch das ist nur möglich, wenn die entsprechenden Probleme der Hunde frühzeitig erkannt werden. Im Buch sind daher Informationen zu finden, wie genau ein Hundehalter erfassen kann, wann ein Hund Angst empfindet. Bei sämtlichen Interpretationen der Körpersprache ist die Tatsache zu beachten, dass sie eben nur Interpretationen sind. Auf welche Merkmale wir uns fokussieren und welche Schlussfolgerungen wir daraus ziehen, hängt von vielen variierenden Faktoren ab:

  • Wie ist meine aktuelle Gefühlslage?
  • Welche Beziehung habe ich zu dem Hund?
  • Worauf genau lag die Aufmerksamkeit?
  • Rekonstruiere ich die Situation aus meinem Gedächtnis oder liegt konkretes Bildmaterial vor?

Ein nüchternes Erfassen des Hundeverhaltens kann helfen, einen objektiveren Blick auf das Angstverhalten zu bekommen. Hierbei hilft die Erstellung eines sogenannten Ethogramms, eine Methode, die später im Buch vorgestellt wird (siehe hier). Das sichtbare Verhalten vom Hund kann dadurch zunächst wertungsfrei beobachtet und anschließend sinnvoll interpretiert werden.

Je objektiver es uns gelingt, die Körpersprache zu lesen, und je mehr wir uns im Beschreiben üben, desto effizienter können wir den Hund unterstützen. Sich ein Stück weit von der „vermenschlichenden Brille“ zu entfernen, ist dabei von zentraler Bedeutung. Vermenschlichung, im Fachbegriff „Anthropomorphismus“, beeinflusst auf mannigfaltigen Wegen die Interpretation von Hundeverhalten. Das birgt die Gefahr, bei für uns ängstigenden Situationen davon auszugehen, dass sie auch den Hund stressen würden. Oder aber zu meinen, dass Reize, denen wir keinerlei Bedeutung beimessen, auch für den Hund unwichtig sind. Beides Fehlannahmen, die fatale Folgen haben können.

Schwierig ist auch der Gedanke, Hund und Mensch müssten sich zu jeder Zeit in einer positiven Gefühlslage befinden. Negative Emotionen sind ein normaler, notwendiger Bestandteil im Leben. Selbst bei uns ist die Idee, dauerhaft glücklich zu sein, mit Nebenwirkungen verbunden. Der Druck, sich dauerhaft in einer positiven Gefühlslage befinden zu müssen, kann ein enormer Stressor sein. Notwendige Verhaltensänderungen und Anpassungen werden möglicherweise nicht ergriffen (Lomas et al., 2014). Im Zusammenleben mit einem Hund besteht die Gefahr, in mehrdeutigen Situationen schwere Angst im Hundeverhalten zu sehen, obwohl die objektiven Zeichen eher in Richtung leichte Unsicherheit weisen. Die bereits erwähnte Überbehütung ist eine weitere mögliche Folge. Oft genug tritt durch Vermenschlichung aber auch das Gegenteil ein. So tendieren viele Personen dazu, durch Stress zurückgezogene Lefzen des Hundes als Freude zu interpretieren. Hat der Hund große Trennungsangst und zerstört während der Abwesenheit seiner Halter Gegenstände, wird ihm gemäß einer „menschlichen Logik“ Vorsatz unterstellt, unter Umständen auch noch verbunden mit einer für den Hund unverständlichen Strafe.

Wege zu einem angstfreieren...


Erscheint lt. Verlag 22.4.2024
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Tiere / Tierhaltung
Schlagworte Angsthund • ängstlicher Hund • Angst lösen • Angsttraining • Furcht • Hund beruhigen • Hundeprobleme • Hundetraining • Hundeverhalten • Misstrauen • misstrauischer Hund • Panik • Panisch • Trauma • Unsicherer Hund • Unsicherheit • Verhaltensforschung
ISBN-10 3-440-50136-1 / 3440501361
ISBN-13 978-3-440-50136-8 / 9783440501368
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