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Denkende Affen? (eBook)

Wer wir sind und was wir wissen können
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
212 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-06359-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Denkende Affen? -  Stephanie Clasemann
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Unterscheidet uns vom Affen nur unser Denkvermögen, oder ist da noch mehr? Was ist der zentrale Kern unseres Menschseins, und wer kann uns darüber Auskunft geben? Diese Fragen sind uralt und stellen sich doch immer wieder neu - gerade in Zeiten persönlicher Notlagen, globaler Angst und gesellschaftlicher Unruhe. Um nach aktuellen Antworten auf die große Sinnkrise zu suchen, unternimmt die Autorin in diesem Buch eine ebenso tiefsinnige wie unterhaltsame Reise. Sie durchstreift verschiedene Fachgebiete wie Psychologie und moderne Neurowissenschaft, klopft bei Philosophen und Religionswissenschaftlern an und lässt auch spirituelle Ansätze zu Wort kommen. Mit einfühlsamer Kompetenz präsentiert sie den Lesenden ein offenes Spektrum möglicher Perspektiven, das eine Fülle an Anknüpfungspunkten für die eigene Lebensgestaltung und alltägliche Problemstellungen bereithält. Sie öffnet den Blick für die inspirierenden Momente menschlichen Daseins und plädiert für unsere uneingeschränkte Einzigartigkeit im Kosmos allen Lebens. Ihr Fazit nämlich lautet: Wir sind sehr viel mehr als denkende Affen. »Die Welt ist so viel spannender, als wir oft denken. Aber nichts ist abenteuerlicher, als ein Mensch zu sein.«

Stephanie Clasemann ist Dozentin und Autorin, Psychologin, Systemische Therapeutin und Hypnotherapeutin. Sie arbeitet seit vielen Jahren in einer dem Jugendamt angegliederten Familienberatungsstelle. Neben ihrer Profession widmet sie sich philosophischen Studien und religionswissenschaftlicher Forschung. Es ist ihr ein Herzensanliegen, über den Tellerrand der Einzeldisziplinen hinauszublicken und Wissensbereiche lebenspraktisch zu verbinden. Das vorliegende Buch ist beredtes Zeugnis dieses Ansatzes.

Stephanie Clasemann ist Dozentin und Autorin, Psychologin, Systemische Therapeutin und Hypnotherapeutin. Sie arbeitet seit vielen Jahren in einer dem Jugendamt angegliederten Familienberatungsstelle. Neben ihrer Profession widmet sie sich philosophischen Studien und religionswissenschaftlicher Forschung. Es ist ihr ein Herzensanliegen, über den Tellerrand der Einzeldisziplinen hinauszublicken und Wissensbereiche lebenspraktisch zu verbinden. Das vorliegende Buch ist beredtes Zeugnis dieses Ansatzes.

Kapitel 2

Psychologie – was ist der Mensch?

Auch wir suchen weiter. Die Möglichkeiten und Grenzen von Forschung lassen wir hinter uns und sind nun gerüstet, um bei der wissenschaftlichen Disziplin der Psychologie unsere zentrale Frage zu stellen: Wer sind wir?

PsychologInnen äußern sich zu vielen Themen, wir hören sie oft in Funk und Fernsehen und das Angebot der zugehörigen Literatur ist reichhaltig. Auch als Studienfach ist die Psychologie sehr beliebt und mit einem entsprechend hohen Numerus clausus versehen. Wir werden gleich feststellen, dass diese noch recht junge Disziplin schon einige verschiedene Ansätze – Paradigmen – hervorgebracht hat. Und jedes vertritt ein anderes Menschenbild. Je nachdem, mit welchem Experten, welcher Expertin man spricht, wird man daher ganz unterschiedliche Antworten erhalten. Das kann verwirrend sein, aber auch spannend.

Wir können uns einfach inspirieren lassen und mit den Lerngesetzen beginnen, die auf jeden Fall zum anerkannten Kanon psychologischen Wissens zählen. Wieder werden uns Tiere begegnen, denn die Lerngesetze wurden zunächst an ihnen erforscht. Diesmal betreten Hunde und Tauben die Arena. Später werden wir dann Eisberge und Gipfel besuchen. Auf gehts!

Von Hunden und Tauben, Pralinen und Bier

Stellen wir uns einen Hund vor und nennen ihn Ben. Wenn man Ben ein richtig leckeres Futter vor die Schnauze hält, es ihm aber nicht gibt, wird Ben automatisch anfangen zu speicheln. Ihm läuft das Wasser im Maul zusammen, er sabbert. Das lässt sich beliebig oft wiederholen. Wenn man nun im nächsten Schritt immer kurz vor der Futterdarbietung eine Glocke anschlägt, verbindet sich in Bens Gehirn dieser spezielle Glockenton mit dem Anblick und dem Duft des leckeren Futters vor seiner Nase. So Ben diesen Glockenton oft genug direkt vor der Futtergabe gehört hat, wird er in Zukunft auch speicheln, wenn nur die Glocke ertönt. Ben steht also da, hört diesen Glockenton, ohne dass irgendwo in seiner Nähe Futter ist, und sein Speichel fängt an zu laufen. Dabei gibt es keinen inhaltlichen Zusammenhang von Futter und Glockenton, man hätte ihm kurz vor der Futterdarbietung auch ein gelbes Blatt Papier zeigen können oder irgendetwas anderes. Egal, welchen Reiz man unmittelbar zuvor darbietet, Ben lernt, ihn mit der Futtererwartung zu verknüpfen.

Diesen Zusammenhang hat Iwan P. Pawlow Anfang des 20. Jahrhunderts in seinem physiologischen Labor in St. Petersburg erstmals entdeckt, sodass man diese Art des Lernens als Pawlow’sche Konditionierung oder auch klassische Konditionierung bezeichnet. Solange der Glockenton immer wieder einmal in zeitlicher Nähe zur Futtergabe präsentiert wird, bleibt die neuronale Verbindung bei Ben erhalten und er wird entsprechendes Speichelverhalten zeigen. Wenn die Glocke aber nicht mehr zusammen mit Futter ertönt, wird die neuronale Verbindung allmählich schwächer, bis sie irgendwann als gelöscht gilt und Ben den Glockenton hören kann, ohne dass er speicheln muss.18

Zunächst wurde dieser Mechanismus bei Tieren untersucht und er wird dort auch zur Erziehung eingesetzt. Beim Clickertraining etwa wird ein klickendes Geräusch wiederholt direkt vor dem Belohnungsleckerli gegeben, wodurch das Klicken später auch selbst als Belohnungsreiz fungieren kann. Aber auch wir Menschen können uns dem Mechanismus der klassischen Konditionierung nicht vollständig entziehen. In der Werbung etwa wird das angepriesene Produkt in einem Umfeld positiver Reize dargestellt, um die entsprechend gewünschten Gefühle bei den potenziellen KonsumentInnen hervorzurufen. Beliebte Umgebungsmotive sind zum Beispiel Südseeszenen und attraktive Menschen, gerne auch mit Sex-Appeal. So können die Zuschauerinnen das Verzehren einer bestimmten weißen Praline mit Sommer-Urlaubs-Gefühlen assoziieren sowie mit schlanken und attraktiven Frauen, deren Figur durch diese Praline anscheinend keinen Schaden nimmt. An einem einsamen nordfriesischen Strand dagegen zieht ein Mann seine Schuhe aus, um die nackten Füße von den kühlenden Fluten der Nordsee umspülen zu lassen. Spätesten, wenn er sich etwas später rücklings in den Sand fallen lässt, sollte der Zuschauer das Gefühl des Entspannens und Loslassens mit dem beworbenen Bier in Verbindung bringen. Beim nächsten anstrengenden Großeinkauf im übervollen Supermarkt kann genau dieses Bier dann attraktiv sein, weil es ein Entspannungserlebnis nach dem Auspacken zu Hause verspricht.

Tatsächlich werden Bierflaschen eher selten an leeren Stränden geleert und man wird sich mit einer womöglich schon geöffneten Flasche in der Hand auch nicht nach hinten in den Sand fallen lassen. Wenn man es aber doch täte, würde man schnell lernen, dass diese Aktion besser nicht wiederholt werden sollte. Und hier sind wir bei einer weiteren Art des Lernens, nämlich dem operanten Konditionieren, dem Lernen durch Konsequenzen.19

Der amerikanische Psychologieprofessor Burrhus F. Skinner (gest. 1990) untersuchte an Tauben und Ratten, wie sich Verhalten durch Verstärkungspläne formen lässt. Er fand dabei verschiedene Gesetzmäßigkeiten, etwa, dass ein belohntes Verhalten anschließend häufiger auftritt, ein ignoriertes dagegen seltener – das war zu erwarten. Aber wenn die Belohnung jedes Mal erfolgt, ist das entsprechende Verhalten später leichter zu löschen, als wenn die Belohnung nur manchmal erfolgt – das war schon weniger zu erwarten. Wenn Ben nach jedem Pfötchengeben gestreichelt und gelobt wird, wird er seinem Menschen weiterhin die Freude des Pfötchengebens machen. Wenn sein Mensch dann aber überhaupt nicht mehr positiv darauf reagiert und die hingehaltene Pfote einfach ignoriert, wird Ben nach ein paar vergeblichen Versuchen das Pfötchengeben einstellen. Denken wir uns nun eine Hundeschwester Emma für Ben. Auch sie wird für Pfötchengeben belohnt, aber nur manchmal. Manchmal wird sie gestreichelt und manchmal haben ihre Leute dazu gerade keine Zeit. Wenn nun Emmas Leute irgendwann entscheiden, dass sie auf das Pfötchengeben überhaupt nicht mehr reagieren wollen, wird Emma ausdauernder als Ben versuchen, die gewünschte Reaktion doch noch zu erreichen. Sie hält länger durch, schließlich gab es ja auch früher schon häufiger die Situation, dass ihr Verhalten ignoriert wurde.

Skinner untersuchte aber nicht nur einzelne Verhaltensweisen, sondern zeigte auch auf, wie komplizierte Verhaltensketten geformt werden können. Zunächst etwa belohnte er eine Taube, wenn sie sich überhaupt in ihrer Versuchsbox bewegte, dann wenn sie in die gewünschte Richtung trippelte, dann wenn sie zufällig auf den Hebel pickte usw. Diese Methoden werden bei Tierdressuren genutzt.

Vermeiden oder aushalten?

Sehen wir uns weitere Anwendungsfelder des operanten Konditionierens an. Auch in der Kindererziehung und in der Verhaltenstherapie wird darauf zugegriffen. So weiß man, dass nicht nur positive Zustände als Belohnung erlebt werden, sondern ebenso das Auflösen und Beenden eines negativen Zustandes – und darüber ist Vermeidungsverhalten zu erklären. Wenn beispielsweise ein Spinnen-Phobiker ein großes Exemplar dieser Tierart vor sich sieht, steigt seine Erregung deutlich an und er erlebt Ekel und Angst, was beides nicht angenehm ist. Wenn er aber vor der Spinne flüchtet und ihrem Anblick damit nicht mehr ausgesetzt ist, lässt seine innere Anspannung nach. Das ist angenehm und belohnt seine Fluchtreaktion, sodass sie auch in Zukunft als erste Wahl dasteht. Über diesen Mechanismus ist so manches irrational wirkende Angstverhalten zu erklären. Die verhaltenstherapeutische Methode der Exposition zielt entsprechend darauf ab, das Vermeiden nicht mehr zu gestatten. Stattdessen soll die innere Anspannung unter Begleitung des Therapeuten so lange ausgehalten werden, bis sie von selbst nachlässt – was sie in der Regel bald und dann auch immer schneller tut. Dieser Spannungsabfall in Anwesenheit der Spinne kann nunmehr als Belohnung für das mutige Aushalten der Situation erlebt werden. Aber diese Methode wird natürlich nur bei unnützen oder schädlichen Ängsten und zumeist mit schrittweiser Annäherung angewandt.

Wir haben nun eine Idee bekommen, wie Konditionierung funktioniert und wie sie unseren Alltag durchzieht. Es ist nicht zu leugnen, dass wir in unserem Verhalten durch Eltern, Lehrer, Freunde und Partner immer wieder konditioniert und geformt werden. Und auch wir selbst können uns sinnvolle Verstärker oder eben auch Strafen setzen. Wenn man sich etwa abverlangt, nach jedem nächtlichen Gang an den Kühlschrank noch einmal die Zähne zu putzen, wird das Verhalten der nächtlichen Küchenwanderung vermutlich seltener werden.

Der Mensch als Maschine?

Wir können uns also ein Stück weit selbst erziehen. Die Haupterziehungsarbeit liegt aber weiterhin in Elternhand. Wenn diese ihre Kinder an die Gepflogenheiten ihrer kulturellen Umgebung anpassen möchten, bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als angemessenes Verhalten zu belohnen,...

Erscheint lt. Verlag 14.11.2023
Mitarbeit Sonstige Mitarbeit: Matthias Feldbaum
Cover Design: Matthias Feldbaum
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Partnerschaft / Sexualität
Geisteswissenschaften Philosophie
Schlagworte Abraham Maslow • Affe • alte Seele • Behaviorismus • Bewusstsein • Bindung • Buddhismus • Dalai Lama • Denken • Depressionen • Existenzialismus • Gehirn • Globale Angst • Interdisziplinär • Irina Tweedie • Jean-Paul Satre • Leben • Lebensgestaltung • Leib-Seele-Problem • Materialismus • Meditation • Menschenbild • Münchhausen-Trilemma • Mystiker • Nahtoderfahrungen • Neuropsychologie • Neurowissenschaften • Paradigma • Persönliche Notlage • Philosophie • Platon • Plotin • Psychologie • Radha Mohan Lal • Religionen • Seele • Selbsterkenntnis • Simone Weil • Sinn • Sinnkrise • Sokrates • Spiritualität • Suchende • Sufismus • Traumdeutung • Unbewusstes • Viktor Frankl • Willigis Jäger • Wissenschaftstheorie
ISBN-10 3-384-06359-7 / 3384063597
ISBN-13 978-3-384-06359-5 / 9783384063595
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