Zum Hauptinhalt springen
Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Der Zusammenbruch - Band 243 in der gelben Buchreihe - bei Jürgen Ruszkowski (eBook)

Band 243 in der gelben Buchreihe
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
388 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7565-6160-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Zusammenbruch -  Band 243 in der gelben Buchreihe - bei Jürgen Ruszkowski -  Philipp Scheidemann
Systemvoraussetzungen
19,99 inkl. MwSt
(CHF 19,50)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
In diesem Buch schildert Philipp Scheidemann, der sozialdemokratische Politiker und spätere erste Ministerpräsident der Weimarer Republik, aus seiner Erinnerung und mit Texten aus seinem Tagebuch die Ereignisse und dramatischen Abläufe des ersten Weltkrieges von Anfang August 1914 bis zum bitteren Ende im November 1918. Besonders interessant für den historisch interessierten Leser sind die bis ins Detail beschriebenen wilden Kämpfe zwischen November 1918 bis 1920. Mit vielen Bildern und Zusatzinformationen wird dieser Band neu herausgegeben von Jürgen Ruszkowski. - Rezession: Ich bin immer wieder begeistert von der 'Gelben Buchreihe'. Die Bände reißen einen einfach mit. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. oder: Sämtliche von Jürgen Ruszkowski aus Hamburg herausgegebene Bücher sind absolute Highlights. Dieser Band macht da keine Ausnahme. Sehr interessante und abwechslungsreiche Themen aus verschiedenen Zeit-Epochen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt haben! Man kann nur staunen, was der Mann in seinem Ruhestand schon veröffentlicht hat. Alle Achtung!

Philipp Scheidemann, geboren am 26. Juli 1865 in Kassel, am 29. November 1939 in Kopenhagen verstorben, war gelernter Schriftsetzer, arbeitete aber ab 1895 als Journalist für verschiedene sozialdemokratische Zeitungen.  Schon gegen Abschluss seiner Lehre war er in die SPD eingetreten und wurde als 38-Jähriger Mitglied des Reichstags. 1911 wurde er zum Sekretär, 1913 in den Vorstand der SPD gewählt.  Damit erhielt er eine führende Rolle in der SPD-Fraktion im Reichstag

Philipp Scheidemann, geboren am 26. Juli 1865 in Kassel, am 29. November 1939 in Kopenhagen verstorben, war gelernter Schriftsetzer, arbeitete aber ab 1895 als Journalist für verschiedene sozialdemokratische Zeitungen.  Schon gegen Abschluss seiner Lehre war er in die SPD eingetreten und wurde als 38-Jähriger Mitglied des Reichstags. 1911 wurde er zum Sekretär, 1913 in den Vorstand der SPD gewählt.  Damit erhielt er eine führende Rolle in der SPD-Fraktion im Reichstag

Die Friedensinterpellation vom 6. Dezember 1915


Die Friedensinterpellation vom 6. Dezember 1915

Es war selbstverständlich, dass wir unsere Friedensarbeit nicht nur im stillen und in Verhandlungen mit dem Ausland durchführen konnten, sondern, dass wir auch offensichtliche Kundgebungen herbeiführen mussten, wenn wir auf die feindliche Öffentlichkeit Eindruck zu machen wünschten. Aus diesem Bedürfnis entstand unsere Friedensinterpellation vom 6. Dezember 1915, die ich zu begründen hatte. Um die Art zu skizzieren, in der wir bemüht waren, die Reichsregierung in unserem Sinn zu beeinflussen und dennoch nicht ein Tüpfelchen unserer pazifistischen Überzeugung aufzugeben, will ich eine Unterredung mit Bethmann Hollweg darstellen, die sich um seine und meine Rede bei dieser Interpellation dreht. Ich habe mir folgendes notiert und füge hier zugleich die Niederschriften über die Kanzlerrede hinzu, mit samt dem Eindruck, den sie auf der künftig „unabhängigen“ Seite machte.

3. Dezember. Büro. Ich skizziere meine Rede für die Interpellation. Nachmittags treffe ich Wahnschaffe im Reichstag. Er fragt, ob ich schon die Einladung zum Reichskanzler hätte? Er wünsche mich am nächsten Tage um 12 Uhr zu sprechen. Im Büro erfuhr ich dann, dass ich telefonisch gebeten worden sei, zum Reichskanzler zu kommen.

4. Dezember. Sonntag. Ich gehe zum Reichskanzler. Er ist sehr aufgeräumt und überaus liebenswürdig. Es sei schade, dass wir doch interpellierten. Na, nun komme es darauf an, nichts zu verderben, deshalb wolle er mit mir reden über seine und meine Reden. Er sei gerade dabei, seine zweite Rede auszuarbeiten, also die, die er auf meine Begründungsrede halten wollte. Ich lachte und sagte ihm dann, dass ich es nicht für richtig halte, wenn er hinten anfinge, er wisse ja gar nicht, was ich reden werde. Er: Na, so ungefähr glaube ich annehmen zu können, dass Sie uns keinen großen Schaden anrichten werden. Ich: Erlauben Sie, Exzellenz, keinen Schaden! Ich hoffe, großen Nutzen stiften zu können.

Er begann dann an der Hand seiner in ein großes Folio-Heft mit in der Mitte geknickten Bogen und mit Bleifeder geschriebenen Rede: „Wenn der Herr Abgeordnete Scheidemann gemeint hat, bei den Forderungen unserer Gegner handle es sich um Bluffs, so irrt er; ebenso geht er zu weit, wenn er sagte, dass die bürgerliche Presse des Auslandes der wirklichen Volksstimmung nicht entspreche –“. Ich fiel ihm ins Wort: „Wenn Sie wünschen, dass ich Ihnen Gelegenheit gebe, das sagen zu können, bin ich gern bereit, weil ich mir dabei nichts vergebe.“ Er fuhr fort, zu skizzieren; ich fand, dass er recht verständig disponiert hatte. Ich fiel ihm schließlich wieder ins Wort, als er sagte, dass die kaiserliche Regierung jedem vernünftigen Friedensvorschlag gern nähertreten werde. Ich opponierte gegen das Wort „vernünftig“; entweder solle er es fortlassen, oder ein anderes wählen. Er sagte ohne weiteres zu.

Das Telefon klingelt. Er: „Das ist der Kaiser, der will mich sprechen.“ Ich: „Bitte, ich werde solange in ein Nebenzimmer gehen!“ – „Ich bin Ihnen sehr dankbar!“ Nachher holte er mich aus dem Zimmer: „Herr Scheidemann, das ist eine Sache, ich rede mit dem Hauptquartier, und das ist gerade, als spreche ich hier im Zimmer mit dem Herrn.“ Ich: „Ja, 1870 war's noch anders.“ Er: „Ach, ich würde gern mit 70 tauschen.“ Ich: „Ja, leichter war's auf alle Fälle.“

Ich sagte ihm nun: „Exzellenz, wär's nicht besser, wenn Sie mir zunächst Ihre erste Rede skizzieren wollten? Darauf muss ich doch vielleicht mit einigen Worten eingehen. Es ist aber besser, wenn ich auch da nicht alles aus dem Handgelenk zu machen brauche.“ Er: „Sehr gern. Ich werde vor Eintritt in die Tagesordnung ungefähr ¾ Stunden reden. Über Bulgarien und Griechenland, soweit das möglich ist, dann über die Lebensmittelfrage. Schließlich werde ich darauf hinweisen, wie unsere Gegner noch immer den Vernichtungskrieg gegen uns predigen. Festes Zusammenhalten sei deshalb geboten usw. Ich bin da wirklich erst bei dem dürftigsten Skizzieren. Wie lange gedenken Sie zu reden, Herr Scheidemann, und wie haben Sie disponiert?“ Ich skizzierte mit einigen Strichen, las ihm aber wörtlich vor, was ich als Friedensgrundlage aussprechen würde:

„Wenn der Reichsregierung sich die Möglichkeit bietet, einen Frieden zu schließen, der dem deutschen Volk die politische Unabhängigkeit, die Unversehrtheit des Reiches und die wirtschaftliche Entwicklungsfreiheit sichert, dann fordern wir, dass sie Frieden schließt.“

„Ja – ja! Ganz einverstanden.“

Das fand er passabel. „Das geht.“ Er habe nur die Befürchtung, dass die übrigen Parteiredner wieder Annexionspläne vortragen würden, wenn ich gegen „Annexionen“ spreche. Vielleicht gehe es, dass ich nur von der Vergewaltigung fremder Völker rede und so ähnlich. – Er werde auf die Zertrümmerungsabsichten der anderen verweisen. Wenn jene diese Pläne aufgäben, dann werde sich erst verhandeln lassen. Deutschland strebe nicht nach einer Weltherrschaft, der Krieg sei immer noch ein Verteidigungskrieg. Wir haben keinen Hass geschürt. Unser Ziel sei, den Krieg durch einen Frieden zu beenden, der die Wiederkehr eines gleichen Überfalles verhütet. Dem Hass der Gegner entsprechend müsse der Schutzwall sein, den wir gebrauchen. Die kleinen Völker müssten als Vorwerke Englands unschädlich gemacht werden durch militärische, politische und wirtschaftliche Sicherung. Die kaiserliche Regierung sei bereit, wenn man ihr mit geeigneten Vorschlägen komme.

Ich machte Einwendungen u. a. wegen der kleinen Völker. Das sei sehr leicht zu missdeuten in Holland, Dänemark usw. Diese Partie seiner Rede sei der kitzlige Punkt. Das gab er ohne weiteres zu. Er werde eifrigst nach möglichst einwandfreier Fassung suchen. Annektieren wolle er Belgien nicht, aber als Vorposten Englands –? Das gehe nicht.

So unterhielten wir uns eine Stunde und zwanzig Minuten unter vier Augen sehr angeregt.

Zum Schluss fragte er, wer die Putsche in Berlin anzettele. Ist das Liebknecht? Ich wehrte mich dagegen. Es seien uns die Vorkommnisse selbst sehr peinlich. Wer hinter der Sache stehe, wüssten wir nicht. Er: „Ja, ich mag nicht die Polizei mobil machen, die macht mir das zu ungeschickt. Aber schlimm ist die Sache. Und dass die Zettel in Ihren Zahlabenden verbreitet werden, ist doch bekannt.“ (Es handelte sich um kleine Zettel, die mit der Schreibmaschine geschrieben und vervielfältigt sind. Text: „Frieden! Frieden! Sonntag, den … um 2 Uhr Unter den Linden.“)

Ich wies auf die große Not hin. Die sei die Urheberin. Usw. usw. – Vor der Saaltür, an die er mich begleitete, begann er noch einmal zu reden: „Ich beneide die Abgeordneten immer, weil sie hinter dem hohen Pult reden können. Da können sie doch ihre Notizen hinlegen und benützen. An meinem Platz kann ich das nicht; ach, und das Memorieren macht doch eine furchtbare Arbeit; außerdem kostet es viel Zeit, und man wird auch immer älter! – Ich sagte ihm, dass er sein Redemanuskript doch in die Hand nehmen möge, das würde ihm niemand verargen. Dass ein Mann in seiner verantwortlichen Stellung derart wichtige Reden nicht aus dem Ärmel schüttle, weiß doch sowieso jeder. – Er: „Nein, nein, das geht nicht. Wenn ich zu viel ablese, ist es eben keine Rede mehr.“ – Ich sagte ihm darauf, dass ich niemals eine Rede würde halten können, wenn ich sie vorher auswendig lernen sollte.

8. Dezember. Vormittags besuchen mich Dr. David und Landsberg im Büro. Wels war schon bei mir. Wir besprachen meine Rede, die alle nach meiner Skizze lasen. Einige Bedenken zerstreute ich oder ließ sie gelten. Im Allgemeinen waren sie mit ihr zufrieden. Aber was sollte Landsberg noch reden? Ich hätte ihm alles vorweggenommen. Ich vertröstete ihn auf die Debatte, die werde ihm, ebenso wie die Kanzlerrede, Stoff genug geben. Ja, was wird der Reichskanzler sagen? Ich berichtete, was mir Bethmann Hollweg am Sonntag gesagt hatte. Landsberg wollte sehr gern selbst einmal mit dem Reichskanzler reden. – Auf meine sofortige Anfrage bat der Reichskanzler, dass wir nachmittags 4 Uhr zu ihm kommen möchten. – Bethmann Hollweg empfing uns sehr freundlich. Unterhaltung fast genau wie am Sonntag. Landsberg setzte ihm zu wegen der ausgebliebenen Gewerkschaftsvorlage. Außerdem presste ihm Landsberg das Zugeständnis ab, dass er in seiner Antwortrede auf meine Begründung der Interpellation einen Satz aus einer früheren Rede wiederholen solle: Dass wir kleine Nationen nicht unterdrücken wollten und so ähnlich. – Landsberg ging in die Universität, ich in den Reichstag.

Dort traf ich mit von Payer zusammen.

Friedrich von Payer, * 12. Juli 1847 – † 14. Juni 1931, war ein deutscher Politiker der Demokratischen Volkspartei, Fortschrittlichen Volkspartei.

Er: „Alle bürgerlichen Parteien haben sich auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt für morgen. Hier ist sie – es sind nur etwa zwanzig Zeilen. Spahn wird sie verlesen.“ – Ich: „Was steht denn darin? Das ist die Hauptsache für mich.“ Er: „Na, sie ist für mich auch kein Meisterwerk, aber wir haben sie schließlich geschluckt, da die anderen Parteien sie schon akzeptiert hatten.“ – Ich: „Ich lese da unten zufällig das Wort ‚Gebietserwerbung’ – also wohl eine Erklärung für Annexionen?“ – Er: „Nein, nein, aber freilich eine Ablehnung Ihres Standpunktes: unter keinen Umständen irgendeine Erwerbung! Was...

Erscheint lt. Verlag 4.8.2023
Reihe/Serie gelbe Buchreihe
gelbe Buchreihe
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Vor- und Frühgeschichte / Antike
Geschichte Allgemeine Geschichte Vor- und Frühgeschichte
Schlagworte Deutschland • Engöand • Frankreich • friedrich_ebert • Philipp_Scheidemann • Russland • Sozialdemokrat • U-Boot-Krieg • weimarer_republik • Weltkrieg
ISBN-10 3-7565-6160-7 / 3756561607
ISBN-13 978-3-7565-6160-5 / 9783756561605
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
E-Book Endkundennutzungsbedinungen des Verlages

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich