Ich heirate mich selbst (eBook)
184 Seiten
Scorpio Verlag
978-3-95803-497-6 (ISBN)
Claudia Wuttke, Jahrgang 1966, war lange Jahre die Programmverlagsleitung eines großen Publikumsverlages, bevor sie vor zwei Jahren einen kompletten Neuanfang wagte. Nach einer Ausbildung zum Gateless Writing Teacher 2019 in den USA begab sie sich auf einen zunehmend spirituellen Weg, der sie zu neuer Lebensfreude und Selbstliebe führte. Heute arbeitet sie als Life-Coach und Autorin.
Claudia Wuttke, Jahrgang 1966, war lange Jahre die Programmverlagsleitung eines großen Publikumsverlages, bevor sie vor zwei Jahren einen kompletten Neuanfang wagte. Nach einer Ausbildung zum Gateless Writing Teacher 2019 in den USA begab sie sich auf einen zunehmend spirituellen Weg, der sie zu neuer Lebensfreude und Selbstliebe führte. Heute arbeitet sie als Life-Coach und Autorin.
Kapitel 1
DIE TRAUMATISIERTE SEELE
Wir alle, ausnahmslos, leben in einer zutiefst traumatisierten Gesellschaft. Ich selbst gehöre noch der Generation der Kriegsenkel an. Meine Eltern mussten mit meinen Großeltern während des Zweiten Weltkrieges aus Schlesien fliehen. Nach nunmehr fast achtzig Jahren Frieden machen sich die meisten von uns keinen Begriff davon, was es heißt, nur mit ein paar Taschen und dem Nötigsten versehen Heim und Hof zu verlassen, um in eine völlig unbekannte Zukunft aufzubrechen. Die Angst zu verhungern, die Angst, erschossen zu werden, durch Krankheit Kinder oder Eltern zu verlieren, sich keine neue Existenz aufbauen zu können und so weiter, war ganz sicher omnipräsent in einer Generation, die über Jahre nur damit beschäftigt war, das nackte Überleben zu sichern.
Und gerade heute scheint unser Frieden erneut so bedroht wie nie. Ganz in unserer Nähe findet ein Völkermord statt. Erneut verlassen viele Menschen Heim und Hof, weil sie um ihr Leben fürchten müssen. Mitten in Europa sind wir umgeben von Gewalt und Krieg. Wieder mal. Und das macht etwas mit uns.
Der Mensch im Dauerstress
Die Amygdala ist der Teil unseres limbischen Systems im Gehirn, der für die Gefahrenanalyse zuständig ist. Und im Grunde befand oder befindet sie sich ununterbrochen im »Fight or Flight«-Modus, ist also auf Kampf oder Flucht geschaltet. Um Körperkräfte zu mobilisieren, sorgt sie dafür, dass jede Menge Adrenalin, das sogenannte Stresshormon, ausgeschüttet wird. Die Pulsfrequenz erhöht sich, der Atem wird flacher. Dauert die Situation länger an, unterstützt die Nebennierenrinde diesen Prozess mit der Ausschüttung von Cortisol, das punktuell ebenfalls die körpereigenen Abwehrkräfte steigert.
Das Problem daran ist: Fokussieren wir uns nicht bewusst und achtsam darauf, dem Gehirn zu signalisieren, wenn die Gefahr, zumindest temporär, vorbei ist, hängen sich Körper und Geist irgendwann im Dauerstressmodus auf – oft ohne dass wir es überhaupt merken.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaflosigkeit und die Schwächung des Immunsystems können die Folge sein, aber was in unserem Zusammenhang noch viel wichtiger ist: Es kommt zu einer kompletten Konzentration auf das Außen. Wer sich daran gewöhnt hat, ständig nach Gefahrenquellen Ausschau zu halten, um im Zweifelsfall zu flüchten oder zu kämpfen, der wird ganz sicher nicht auf die Idee kommen, die Augen zu schließen und in der Innenschau Entspannung und heilende Verbindung mit sich selbst zu suchen. Und so nimmt das Drama seinen Lauf …
Ein Mensch im Dauerstress rennt wie ein kopfloses Huhn durch die Gegend – von einer vermeintlichen Gefahrenquelle zur nächsten, unfähig, sich oder andere wirklich zu spüren und entsprechend die eigenen Bedürfnisse oder die von anderen überhaupt wahrzunehmen.
Nun kannst du – solltest du ein jüngerer Mensch sein – natürlich sagen, du hast mit dieser Kriegsgeneration nichts zu tun, in deiner Familie gab es diese offensichtlichen Traumata nicht und bei dir ist das alles weniger »krass«. Das mag so sein und das ist an sich ja auch ganz wunderbar. Trotzdem hältst du dieses Buch in der Hand.
Die Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie definiert den Begriff Trauma, griechisch »Wunde«, als eine »seelische Verletzung«, ausgelöst von »einer Überforderung der psychischen Schutzmechanismen durch ein traumatisierendes Erlebnis«. Damit sind in erster Linie gemeint: »Unfälle, Erkrankungen und Naturkatastrophen, aber auch Erfahrungen erheblicher psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt sowie schwere Verlust- und Vernachlässigungserfahrungen«.
Laut international geltenden Klassifikationen von Krankheiten, kurz ICD (von englisch »International Classification of Disease«), finden unter dem Begriff aber in Wirklichkeit nur Erlebnisse ihren Niederschlag, die mit »außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß« einhergehen. Oder, auf der subjektiven Ebene, die bei »fast jedem eine große Verzweiflung hervorrufen würden«.
Sprich: Unter Trauma verstand die Wissenschaft bis vor wenigen Jahren wirklich »nur« für jedermann nachvollziehbare, massive Bedrohungen und Angriffe auf Leib und Seele. Diese enge Sichtweise hat sich zum Glück inzwischen geändert und vor allem spirituelle oder ganzheitlich orientierte Lehrer, aber auch Psychotraumatologen wie etwa Luise Reddemann haben dazu beigetragen, das Verständnis für eine traumatisierte Persönlichkeitsentwicklung deutlich weiter zu fassen.
Eckpfeiler einer solch schleichenden oder subtileren Form der Traumatisierung können etwa Konditionierungen sein, die dir in deiner Kindheit in Form von so simplen Erziehungssätzen wie diesen begegnet sind:
- Sei lieb!
- Sei leise!
- Gib Tante XY ein Küsschen!
- Sei nicht so vorlaut!
- Hör auf zu zappeln!
- Was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?
Ganz einfache Sätze, wie wir sie in der einen oder anderen Form sicher alle gehört haben, die aber dennoch dazu führen, dass wir uns irgendwie »falsch« fühlen, nicht angenommen, nicht gesehen oder sogar auf eine Art körperlich dominiert.
In der Regel, und weil diese Dinge eben in den ersten Lebensjahren passieren, ziehst du dich in dich zurück, spaltest Bedürfnisse oder Wünsche ab, versuchst dich anzupassen oder wirst erst recht laut. Wie auch immer du reagierst – du wirst versuchen, dein Verhalten so zu korrigieren, dass du das bekommst, was du dir wirklich wünschst: Liebe, Aufmerksamkeit, Wärme, Geborgenheit, Vertrauen.
Dabei bist du auf dem besten Weg, genau das zu verlieren, nur, um dich noch mehr anzustrengen, es irgendwie doch zu erhalten.
Ein Teufelskreis.
Weitere Konditionierungen, die ein solches Entwicklungstrauma hervorrufen können, finden auf der emotionalen Ebene statt, und wir reden hier wieder von vermeintlich unbedeutenden Situationen:
- Du hast schlecht geträumt, wachst auf, und niemand ist da, der dich tröstet.
- Du hast etwas Tolles gebastelt, wirst aber nicht beachtet.
- Du erlebst, dass die Arbeit deiner Eltern immer Vorrang hat.
- Deine Mutter schickt dich in dein Zimmer, weil sie noch so viel zu erledigen hat.
Auch dies sind komplett »normale« Ereignisse im Leben eines Kindes, aber wenn die Mutter das Kind am Abend nicht zum Beispiel zur Seite nimmt und ihm erklärt, warum sie einfach mal zwei Stunden für sich brauchte, und wenn der Papa sich nicht mal mit dem Kind hinsetzt und Fußball spielt oder mit ihm zum Ballett fährt, dann lernt es, dass es nicht wirklich wichtig ist.
Und noch mal: Auch unsere Eltern hatten schon Eltern und sind genau so groß geworden. Und in welcher Familie wurde und wird denn wirklich über Gefühle und Bedürfnisse gesprochen? Wer kann das überhaupt? Es kostet Jahre mühevoller Arbeit zu lernen, in sich hineinzuspüren und hinzuhören. Warum wohl ist ein Buch wie das von Stefanie Stahl, Das Kind in dir muss Heimat finden?1, so gigantisch erfolgreich? Doch wohl, weil wir alle mehr oder weniger ausgeprägt unter unseren Traumata leiden und sie gern heilen möchten.
Das heißt nun nicht, dass wir, wie oben beschrieben, alle auch kontinuierlich im Flight-oder-Fight-Modus wären; dass wir ständig völlig gestresst und mit hochgepeitschtem Puls durch unser Leben hetzen. Aber es heißt schon, dass wir dauernd dabei sind, unser Verhalten anzupassen und dem Erwartungsdruck von außen nachzugeben, obwohl es uns nicht guttut, über unsere Grenzen zu gehen; obwohl wir keine Bindungsmuster entwickeln wollen, die definitiv nicht gesund für uns sind; und obwohl es definitiv keine gute Idee ist, in Jobs auszuharren, die uns unglücklich machen.
In den unzähligen Workshops, die ich gegeben oder an denen ich teilgenommen habe, gab es bislang wirklich nur eine Teilnehmerin, eine von gefühlt fünfhundert(!), die glaubhaft versichern konnte, dass sie dankbar und glücklich sei und mit sich und ihrem Leben voll und ganz im Reinen. Eine! Bei allen anderen flossen ziemlich schnell die Tränen, weil sie mal wieder an die Grenze ihrer Selbstliebe gestoßen waren.
Übung: Selbstreflexion
Ich bitte dich, ab jetzt eine Woche lang Tagebuch zu führen und folgende Punkte zu notieren:
- Trage jede Situation ein, in der du dich gestresst gefühlt hast, egal welche, ob du zur Haltestelle gerannt bist, um den Bus noch zu kriegen, du dir Sorgen machst, ob du ein Projekt im Job noch rechtzeitig fertigbekommst, oder dir ein Blick deines Partners nicht aus dem Kopf geht, den du als geringschätzend erlebt hast. Schreib das alles einmal...
| Erscheint lt. Verlag | 27.10.2022 |
|---|---|
| Verlagsort | München |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
| Schlagworte | Achtsamkeit • Achtsamkeitstraining • Angst • Bindungsfalle • Depression • Einklang • Erfüllung finden • freudlose Jobs • frühkindliche Erfahrungen • Geheimrezept zum Glücklichsein • gesunder Selbstwert • Glaubenssätze • Glück • Glücklich sein • Glück und Leichtigkeit • Heilsteine • Human Design • Innere Balance • Liebe und Wertschätzung sich selbst gegenüber • Meditation • Mindset verändern • Positive Psychologie • radikale Bestandsaufnahme • Selbstabwertungsspirale entkommen • Selbstachtsamkeit • Selbstachtung • Selbstakzeptanz • Selbstehrlichkeit • Selbstfürsorge • Selbstheilung • Selbstliebe • Selbstliebe-Übungen • Selbstmitgefühl • Selbstsabotage • Selbstwertschätzung • Self-partnered • sichere Bindung • Spiritualität • Stress • Suchtverhalten • Tarot • toxische Beziehungen • Übung und praktische Tipps • Urvertrauen • Wunsch nach Anerkennung • Yoga |
| ISBN-10 | 3-95803-497-7 / 3958034977 |
| ISBN-13 | 978-3-95803-497-6 / 9783958034976 |
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