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Von einem, der daheim blieb, die Welt zu entdecken

Die Cosmographia des Sebastian Münster oder Wie man sich vor 500 Jahren die Welt vorstellte

(Autor)

Buch | Hardcover
328 Seiten
2004 | 1., Aufl.
Campus (Verlag)
9783593371986 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Von einem, der daheim blieb, die Welt zu entdecken - Günther Wessel
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Zu Beginn des 16. Jahrhunderts, in einer faszinierenden Zeit der Wissensrevolution, schrieb Sebastian Münster die Cosmographia - ein Buch, in dem er alles Wissen über die Welt zusammentragen wollte. Günther Wessel entdeckt eines der spannendsten Bücher der Weltgeschichte neu.

Günther Wessel ist lange durch Südamerika gereist und hat zahlreiche Reiseführer geschrieben. Aus dieser Zeit stammt seine Faszination für Sebastian Münsters Cosmographia. Später arbeitete er als Hörfunkkorrespondent in Washington, D. C., und schrieb die vielbeachtete Familienbiografie Die Allendes (Campus 2002). Heute lebt er mit seiner Familie in Brüssel.

Viel fehlt nicht mehr, aber trotzdem verlässt ihn langsam der Mut. Nun sitzt er schon wieder beim flackernden Kerzenlicht in seiner Studierstube wie jeden Abend in dieser Woche, wie jeden Abend seit Monaten. Er sitzt da und schreibt, tagsüber hat er kaum Zeit dafür gefunden. Zu viel war wieder zu erledigen; er musste zur Universität, die Einführungsvorlesung in die hebräische Grammatik halten, er musste zur Druckerei, die Probeabzüge der letzten Seiten korrigieren.Was waren da wieder für Fehler drin, obwohl er doch klar und deutlich geschrieben hatte. Statt Calicut musste er überall Calecut lesen, mitunter auch Calekuth - ärgerliche Versehen, die sie aber glücklicherweise noch einmal durchgehen lassen können. Deswegen muss der Bogen nicht neu gesetzt werden. Hatte dieser Setzer noch nie etwas von dem Gewürzparadies in Indien gehört? Dem Ort, den die Portugiesen erst Anfang des Jahrhunderts mühsam eroberten und von wo sie nun ihre Reichtümer holen? Wahrscheinlich hatte er sich an der Beschreibung fest gelesen, sich über den Tempel für den Affen und die Anbetung des Teufels gewundert oder sich an dem Frauentausch unter Freunden ergötzt, und darüber seine Arbeit vergessen.Aber er kann doch die Seiten nicht auch noch selbst setzen! Er muss lesen und schreiben, über die Entdeckung der Neuen Welt, die Geschichte der Alten, über Drachen in Asien und Kannibalen in Afrika, er muss noch einmal alle seine Texte mit den Quellen vergleichen und sich überlegen, wie er das Buch weiter bebildern soll. Es fehlen noch so viele Stadtansichten, und die neuen Bildvorlagen müssen alle noch inHolz geschnitten werden - eine langwierige Arbeit.Mitunter kommt er sich vor wie ein Laufbursche. Und das mit seinen 56 Jahren. Er schlendert nicht, wie es ihm zustehen würde, wie ein würdiger Professor über die gepflasterten Straßen von Basel, nein, er rennt mit wehendem Talar aus seiner Studierstube quer über den Kirchplatz in die Druckerei, wieder zurück in die heimische Stube, dann zur Universität, erneut zur Druckerei oder zur Goldschmiede, wo er die Beschriftungen für die Landkarten gießt. Keine Zeit zur Muße, gerade so viel, eine kurze Notiz an einen Freund zu verfassen und darin über zu viel Arbeit zu klagen: "Meist habe ich kaum soviel Zeit, in Ruhe zu essen."Das erste Halbjahr 1544, insbesondere der Mai, in dem er diesen Brief schrieb, war eine besonders arbeitsreiche Phase im Leben von Sebastian Münster.Im Herbst 1544 erscheint in Basel ein sehr dickes Buch. Es umfasst 660 Seiten und wird trotz seines stolzen Preises von anderthalb Gulden sofort zu einem Verkaufserfolg. Es heißt Cosmographia, und der Autor ist in Basel nicht unbekannt. Der Universitätsprofessor Sebastian Münster unterrichtet Hebräisch und zeitweise Theologie, arbeitet als Publizist und Verleger, schreibt über Sonnenuhren, deutsche Regionen und Geographie. Die Cosmographia - zu Deutsch Beschreibung der Welt, Beschreibung der Erde, Erdkunde - behauptet von sich, nicht weniger zu sein als eine komplette und genaue Darstellung der gesamten Erde und ihrer Geschichte. Über 20 Jahre hat Sebastian Münster an diesem Werk gearbeitet, dessen leicht modernisierter Titel in voller Länge lautet: Cosmographia. -Das ist die Beschreibung aller Länder durch Sebastian Münster, in welcher alle Völker, Herrschaften, Städte und namhaften Orte vorkommen, dazu die Sitten, Bräuche, die Rechtsordnung, der Glauben und der Umgang damit in der ganzen Welt und besonders in der Deutschen Nation. Dazu alles, was in jedem Land an Besonderem vorkommt und was darin geschehen ist. Das alles mit Bilder und schönen Landkarten erklärt, und dem Auge dargeboten. Gedrucktin Basel durch Heinrich Petri.Die Cosmographia wird ein Bestseller: Bis 1628 werden alles in allem 70 000 Exemplare verkauft. Allein die deutsche Fassung durchläuft 27 Auflagen, dazu kommen Übersetzungen in sechs Sprachen. Neben der Bibel wird die Cosmographia damit zum meistgelesenen Buch in Deutschland.

Zusatzinfo über 200 schw.-w. Abb.
Sprache deutsch
Maße 172 x 250 mm
Gewicht 795 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Allgemeines / Lexika
Schlagworte Cosmographia (Münster) • Geografie / Erdkunde, Geschichte • Geografie, Geschichte • Geographie • Geographie, Geschichte • Geschichte • HC/Sachbücher/Geschichte/Sonstiges • Münster, Sebastian • Weltbild von 1400 bis 1600
ISBN-13 9783593371986 / 9783593371986
Zustand Neuware
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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