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Genua - La Superba (eBook)

Streifzüge durch die Kulturstadt

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
400 Seiten
Hier und Jetzt Verlag für Kultur und Geschichte
978-3-03919-986-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Genua - La Superba -  Prisca Roth
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Das dunkle Gassenlabyrinth, der unmittelbare Industriehafen, die höfliche Distanziertheit der Bewohnerinnen und Bewohner, die farbigen Gewänder der Afrikanerinnen, das stille Lächeln der Transvestiten ... Genua ist nicht Venedig, Rom oder Florenz. Doch wer die ligurische Hafenstadt kennt, weiss, dass sie den berühmten italienischen Kulturstädten in nichts nachsteht. Dieses Lese- und Reisebuch führt in sechs thematischen Rundgängen durch La Superba, die Stolze, wie Genua auch genannt wird. Spektakuläre Kunstschätze in Kirchen und prunkvolle Palazzi, schmucke Piazze, verwunschene Parks und historische Geschäfte werden aufgesucht. Und es wird erzählt: von Kreuzrittern, Kaufmännern und Bankiers, die Genua zur Weltmacht aufsteigen liessen, von Architekten, welche die Stadt immerfort umgestalteten. Wir begegnen den Spuren von Bündner Zuckerbäckern, Innerschweizer Hotelköniginnen und Bergbahnpionieren, Tessiner Baumeistern und welschen Fussballern. Unterhaltsamer Lesestoff zu Kultur und Geschichte, mit informativem Serviceteil.

Die promovierte Historikerin Prisca Roth ist im Bergell aufgewachsen. Sie ist als freischaffende Historikerin und als Dozentin tätig. Seit einigen Jahren organisiert sie ebenfalls Reisen nach Genua. Sie lebt in Haldenstein und immer öfter in der ligurischen Hafenstadt.

Die promovierte Historikerin Prisca Roth ist im Bergell aufgewachsen. Sie ist als freischaffende Historikerin und als Dozentin tätig. Seit einigen Jahren organisiert sie ebenfalls Reisen nach Genua. Sie lebt in Haldenstein und immer öfter in der ligurischen Hafenstadt.

Das Denkmal sollte auf der Piazza Acquaverde einen wichtigen Platz einnehmen. Was es früher auch tat, als die kleinen Parks um das Denkmal noch gepflegt waren und keine Autos und Busse den Vorplatz des Bahnhofs verstopften.

Das Fundament des Denkmals wurde bereits 1846 gelegt, anlässlich eines in Genua stattfindenden Wissenschaftskongresses. Weil einige Baumeister und Steinmetze entweder durch herabstürzende Marmorstücke starben oder am Monument verzweifelten (einer der Hauptkünstler wurde wahnsinnig), dauerte es 16 Jahre, bis es fertiggestellt wurde – gerade rechtzeitig zum ersten Jahrestag der italienischen Verfassung. Und so thront auf einem vorstaatlichen Fundament der ganze Stolz einer Nation (zur Einigung der italienischen Nation siehe Kap. V).

Es passt: Kolumbus war ganz offensichtlich der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Der Kolumbus-Mythos ist ein gelungenes Beispiel, wie sich Welt-, Technik- und Kommunikationsgeschichte zu einer Sternstunde der Menschheit zusammenfügen konnten. Davon zehrte auch noch die junge Nation Italien.

Ritter, Pilger und Päpste


Wir verlassen nun den etwas chaotischen Bahnhofsplatz, überqueren die Via Balbi und biegen in die Salita San Giovanni ein, welche hinab in Richtung Meer verläuft. Wir spazieren vorbei an der Apsis der Kirche San Giovanni Battista und gelangen in die Via di Prè. Hier biegen wir rechts ab und stehen nach wenigen Schritten vor der Commenda, der Komturei.

Wir versuchen, die Autobahnbrücke hinter uns, die Sopraelevata, wegzudenken, und lassen den Verkehrslärm vom Klatschen der Wellen gegen die Schiffsplanken übertönen, vom Scheppern schwerer Rüstungen und schliesslich dem Geschrei einer fanatischen Menschenhorde mit einem «Deus lo vult» auf der Zunge. Im 11. Jahrhundert wuchs Europas Bevölkerung stark an, Seerepubliken wie Genua, Pisa und Venedig blühten dank intensivem Handel mit dem Orient wirtschaftlich richtiggehend auf, während die Muslime das christliche Byzantinische Reich immer mehr bedrängten. Seit 1077 befand sich sogar die Heilige Stadt Jerusalem in den Händen der Turkmenen. Die Historikerinnen und Historiker mögen sich darüber streiten, ob nun der römische Papst Urban II. dem byzantinischen Kaiser Alexios I. Komnenos aus christlicher Nächstenliebe zu Hilfe eilte oder ob er damit machtpolitische Ziele verfolgte. Tatsache ist, dass er massiv an Einflussmacht über das Byzantinische Reich verloren hatte. 1054 hatten sich der Papst und der Patriarch Konstantinopels nämlich gegenseitig exkommuniziert. Dieses Kirchenschisma wirkte wie eine Zäsur zwischen der Ost- und der Westkirche, die Papst Urban II. mit einer Annäherung oder vielleicht sogar Einverleibung des Byzantinischen Reichs nun beenden wollte. Jedenfalls warteten in Europa Zehntausende junge, vorwiegend adlige Männer darauf, ihren Glauben unter Beweis zu stellen und ihre Haushaltskassen aufzubessern. Sie waren bereit, für ein bisschen Abenteuer Kopf und Kragen zu riskieren.

Zuerst wurde 1096 jedoch das Fussvolk vorausgeschickt. Unter dem Deckmantel einer Pilgerfahrt einfacher Christen, auch «Volkskreuzzug» oder «Armenkreuzzug» genannt, marschierten Tausende Leute mit dem Ziel los, Jerusalem zu befreien und in der Heiligen Stadt auf das Jüngste Gericht zu warten. Auf ihrem Kreuzzug massakrierten sie unzählige jüdische Gemeinden und initiierten die ersten organisierten Judenpogrome des Abendlandes. Ihr Ziel, Jerusalem, erreichten sie nicht, und nur einige Tausend überlebten den türkischen Hinterhalt, in den sie in der Nähe von Nicäa gerieten. Nun setzte sich ein schlagkräftiges Heer in Bewegung, bestehend aus kampferprobten Herren aus dem Hochadel mit ihren Heerkontingenten. Ein Kreuzzugsheer setzte sich aus Adligen, Soldaten, Predigern, Bediensteten und Sklaven zusammen, eine sehr heterogene Gruppe, die sich mehr oder weniger zum gleichen Kriegsschauplatz begab und mit mehr oder weniger analogen Absichten unterwegs war. Die Teilnehmer schworen weder dem Papst noch sonst einem Herrn ihre Treue. Einzig ihr Glaube an Gott sowie familiäre und feudale Bindungen hielten diese Gesellschaft zusammen. Einmal losgezogen, liess sich ein solcher Kreuzzug nicht mehr kontrollieren. Nach monatelanger Belagerung der Stadt Antiochia (heute Antakya, Türkei) drangen die Kreuzfahrer endlich bis nach Jerusalem vor, doch die Einnahme der Stadt wollte zuerst nicht gelingen. Erst als ein genuesisches Kontingent zu Hilfe eilte, änderte sich die Situation. Der Mann der Stunde hiess Guglielmo Embriaco. Er stammte aus einer adligen Genueser Familie und war als Kaufmann im Orient unterwegs. Als er sich mit seiner kleinen privaten Flotte im Hafen von Jaffa (heute Tel Aviv-Jaffa) befand und erfuhr, dass eine mächtige ägyptische Flotte anrückte, beschloss er, seine Schiffe zu zerlegen und alles – Mannschaft, Proviant, Taue, Bretter, Schiffsgerüste etc. – im Landesinneren in Sicherheit zu bringen. So beladen, kam er in Jerusalem an, wo er sich den Kreuzrittern anschloss. Die Genueser Zimmermänner waren bekannt für ihre Fertigkeiten – und so zimmerten sie mit dem Material der zerlegten Schiffe fahrbare Holztürme und weitere Belagerungsgeräte.

Endlich gelang es den Kreuzrittern, die Heilige Stadt einzunehmen. Der Heldentat der Genuesen soll mit goldenen Lettern über dem Altar der Kapelle des heiligen Grabes gedacht worden sein: «Praepotens Genuensium Praesidium».

Santo Sepolcro, Heiliges Grab, so hiess auch die Kirche, die bis 1180 vor uns, anstelle der Commenda, stand. Darin wurde die Asche des Heiligen San Giovanni aufbewahrt, welche die Genuesen als Beute vom ersten Kreuzzug nach Hause zurückgebracht hatten. Das heutige dreigeschossige Gebäude mit den offenen Arkaden diente den Pilgern auf dem Durchmarsch ins Heilige Land – mittlerweile war der dritte Kreuzzug im Gang – als Unterkunft und Spital. Der Platz vor der Commenda mit der rechts angebauten zweistöckigen Kirche war während des ganzen Mittelalters die Drehscheibe von Genuas Hafen. Hier verkehrten Soldaten, Kaufmänner, Pilger, Geistliche und sogar Päpste, die zu unterschiedlichen Zwecken in Richtung Nordafrika unterwegs waren, in den Orient oder ins Heilige Land. Die Ritter bedienten sich sogar eines unterirdischen Gangs, der sie von der Commenda direkt zu den Bootsanlegestellen führte.

La Commenda

Die Commenda, wie sie heute vor uns steht, ist natürlich ein Produkt vieler Jahrhunderte. Mit dem im Jahr 1080 begonnenen Bau wurden die Magistri Antelami beauftragt. Diese waren ursprünglich eine Korporation aus dem Raum Lugano und Como (vorwiegend aus der heutigen Val d’Intelvi) stammender Baumeister, die ab dem 12. Jahrhundert in den wichtigsten Städten Norditaliens am Werk waren. In Genua sind sie omnipräsent.

Auch die späteren Maler und Stuckateure aus der Familie Carloni, denen wir noch mehrmals begegnen werden, stammen aus ebendieser Tradition. Als die Kreuzzüge abflauten, wurde die Commenda in erster Linie als Stadtspital genutzt und mit der Zeit zu einer wichtigen Institution, die mehrere Liegenschaften verwaltete – daher auch der Name «Commenda» (commendare bedeutet so viel wie verwalten). Ab dem 15. Jahrhundert überliess man viele Räume in der Commenda und Kapellen in den beiden Kirchen den Casacce. Casacce sind noch immer aktive katholische Bruderschaften, von denen es in der Erzdiözese Genua heute 180 geben soll. Sie führen im Laufe eines Jahres bis zu 200 Prozessionen durch. Mittelalterlich anmutende Mäntel hängen dann hier und da zum Auslüften von den Balkonen.

Vom damaligen Treiben, der Aufbruchsstimmung, dem Verhandeln des Preises für die Überfahrt, der Angst vor dem weiten Meer ist heute nichts mehr zu spüren. Ein Zeichen nur ist uns von damals geblieben: Das rote Georgskreuz auf weissem Hintergrund ist Genuas Flagge. Es ist das Symbol der Kreuzfahrer, die vor fast tausend Jahren hier die Segel hissten. Gewiss, auch England hat dieselbe Flagge, aber – und darauf sind die Genuesen noch heute stolz – nur dank freundlicher Genehmigung und natürlich gegen Bezahlung an die superbe Seerepublik.

Ein bisschen Istanbul, ein bisschen New York in Genua


Merken wir uns den Namen des Genueser Kreuzritters Guglielmo Embriaco, und machen wir uns auf zu neuen Ufern: Wir gehen der Via Antonio Gramsci entlang Richtung Porto Antico. Nach knapp 200 Metern sehen wir – halb verdeckt von der Sopraelevata – auf der gegenüberliegenden Seite der vierspurigen Strasse das Galata Museo del Mare.

Gàlata, Gàlata …

Irgendwoher ist uns dieser Name doch bekannt. Genau: Galatasaray Istanbul, 22 Mal türkischer Fussballmeister, werden die Kenner unter uns in die Runde werfen. Aber wie kam dieser Namenstransfer zustande? Galata, heute ein Quartier im östlichen Stadtteil Istanbuls, war während des Byzantinischen Reichs eine mit Mauern befestigte Stadt. Sie lag auf der Nordseite des Goldenen Horns, also auf jenem Meeresarm am Bosporus, auf dem alle Schiffe, die vom Marmarameer ins Schwarze Meer unterwegs waren, vorbeikamen. Und genau hier, an der Pforte zum Orient, entstand im 13. Jahrhundert die grösste genuesische Handelskolonie ausserhalb des...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2022
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik
Technik
Schlagworte Kultur- und Reiseführer mit ausführlichem Serviceteil • Lese- und Reisebuch • Sechs thematische Rundgänge
ISBN-10 3-03919-986-2 / 3039199862
ISBN-13 978-3-03919-986-0 / 9783039199860
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