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Ich halte deine Hand: Von einem geliebten Menschen Abschied nehmen -  Erica Maria Meli

Ich halte deine Hand: Von einem geliebten Menschen Abschied nehmen (eBook)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
192 Seiten
Aquamarin Verlag
978-3-96861-252-2 (ISBN)
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Die Schweizer Sterbebegleiterin, die durch ihr Erstlingswerk „Sterben in Achtsamkeit“ einem breiten Publikum bekanntgeworden ist, geht in diesem Buch sowohl auf die seelisch-geistigen Prozesse ein, die sich bei jenen Menschen abspielen, die gerade ihre Erdenhülle verlassen, als auch auf die tiefen und bewegenden Gefühle jener, die einen geliebten Menschen in eine andere Welt gehen lassen müssen.
Dieses Werk ist ein Buch, das Mut macht, das Hoffnung schenkt und das wertvolle Hilfe bietet, um jene schicksalhaften Stunden am Ende eines Menschenlebens bewusst und achtsam zu durchleben. Der Tod ist nicht das Ende, sondern nur ein neuer Anfang. Doch dieser Anfang wird leichter für den, der sich verabschiedet, wenn die geliebten Menschen, die er zurücklassen muss, um die Prozesse wissen, die sich am Ende eines Lebenstages abspielen.
Ein wundervoll einfühlsames Buch zur Sterbebegleitung, das wertvolle Hilfestellung in schweren Stunden schenkt!

1
Erlebnisberichte und spirituelle Erfahrungen


Der Stern von Bethlehem


Eine Geschichte, die ich in der eigenen Verwandtschaft erleben durfte, hat mir einmal mehr bewusst gemacht, dass Menschen ihren Tod vorausahnen können.

Als mein Mann und ich in Begleitung von Verwandten den Weihnachtsgottesdienst besuchten, wurde in der Kirche das Lied „Das isch de Stärn vo Bethlehem“ (Das ist der Stern von Bethlehem) gesungen. Das Lied kommt im schweizerdeutschen, für einen Kinderchor geschriebenen und komponierten, Weihnachtsspiel „D Zäller Wiehnacht“ vor.

Die letzte Strophe des Liedes lautet:

Lobed und danked eusem Stärn

Folged ihm noh und folged gärn!

Eimal, dänn winkt er eus und trait

Über-n-eus i d’Ewigkeit,

Über-n-eus i d’Ewigkeit

(In der Schriftsprache: Lobt und dankt unserem Stern / folgt ihm nach und folgt ihm gern/ Einmal, da winkt er uns und trägt uns hinüber in die Ewigkeit.)

Meine Tante schubste mich leicht an und flüsterte mir zu: „Mich holt auch einmal der Stern von Bethlehem.“

„Ja, vielleicht, aber nicht gar so schnell, nicht wahr“, flüsterte ich zurück.

Zwei Jahre danach sollten sich die Worte meiner Tante erfüllen. Die alleinstehende Frau, die für die ganze Verwandtschaft immer viel getan hatte, wurde ernsthaft krank und brauchte Hilfe. Wir haben uns abwechselnd und so gut es eben ging um sie gekümmert, um ihr etwas von ihrer Liebe und Fürsorge zurückgeben zu können. Aber schließlich kamen wir alle an einen Punkt, von dem aus es einfach nicht mehr weitergehen konnte. Trotz besten Willens waren wir nicht mehr fähig, die immer anstrengender werdende Pflege zu bewältigen Der Zeitpunkt einer Verlegung ins Pflegeheim war gekommen.

Heiliger Abend, 17 Uhr: Der Lebenswille meiner Tante reichte nicht mehr aus, um gegen die Krankheit zu kämpfen. Es war meine Aufgabe, ihr dies bewusstzumachen.

Ich setzte mich ans Bett von Tante A.: „Schau, meine Liebe, Du weißt, dass wir Dich lieben, und Du weißt auch, das wir traurig sein werden, wenn Du uns verlässt. Aber Du spürst, dass Dein Körper kraftlos geworden und der Moment gekommen ist, da Du heimgehen darfst. Mein Mann und ich haben Dir versprochen, während der Weihnachtstage bei Dir zu bleiben. Aber ich muss Dir sagen, dass wir Dich nach den Feiertagen in ein Pflegeheim bringen müssen, weil die Pflege uns überfordert. Wenn Du in Deinem Haus und in unserer Gegenwart sterben und heimgehen möchtest, dann wäre jetzt der richtige Zeitpunkt. Gibt es einen schöneren Augenblick für den Übergang, als an Weihnachten ins ewige Licht zu gehen – dorthin, wo schon alle Deine Lieben auf Dich warten?“

Tante A. hat mich mit großen Augen nochmals lieb angeschaut und geflüstert: „Danke.“ Das war das letzte Wort, das sie gesprochen hat.

Um 18 Uhr ist die Krankenschwester gekommen. Wir haben Tante A. nochmals das Bett gerichtet und es ihr bequem gemacht. Sie hat alles still geschehen lassen. Danach hat die Krankenschwester Morphium gespritzt. Um 20 Uhr, als Tante A. ruhig und tief schlief, wollten mein Mann und ich Weihnachten feiern. Ich war jedoch so erschöpft, dass ich neben unserem Weihnachtsbäumchen weinte und sagte: „Ich möchte jetzt nur noch ein paar Stunden schlafen.“ So hat dann mein Mann Werner ganz alleine bei der Kranken gewacht. Um Mitternacht bin ich dann plötzlich aufgewacht. Werner versicherte mir, dass die Tante während der ganzen Zeit ruhig geschlafen habe. Ich spürte jedoch sofort, dass sich etwas verändert hatte. Da war kein Widerstand mehr. Die Schwerkranke hatte sich dem Willen Gottes anheimgegeben. Sie war bereit, ganz und gar loszulassen.

Es ist immer ergreifend, wenn ein Sterbender so weit ist, dass er sich vertrauensvoll Gott überantworten kann. Oft höre ich von Schwerkranken: „Ich will jetzt endlich sterben.“ Solange jedoch noch der eigene Wille regiert, ist ein Loslassen nicht möglich. Der Übergang ist erst dann möglich, wenn der Mensch seine Einwilligung gibt und sich in totaler Hingabe Gott anvertraut.

Nachdem ich die Wache am Krankenbett wieder übernommen hatte, stellte ich in den Morgenstunden fest, dass die Schmerzen und auch die Atemnot wieder eingesetzt hatten. Meine Tante wurde erneut unruhig. Eine zweite Morphiumspritze brachte Erleichterung. Als die Krankenschwester am Weihnachtsmorgen um 8 Uhr kam, war Tante A. nicht mehr bei Bewusstsein. Sie reagierte auf nichts und niemanden. Mein Mann und ich blieben nun dauernd bei ihr. Ich sah, dass es bald zu Ende gehen würde. Die Heimkehrende atmete schwer. Ihre Lippen hatten sich blau verfärbt. Um 10.15 Uhr, während die Kirchenglocken zum Festtagsgottesdienst einluden, ist Tan­te A. ganz ruhig, mit einem Lächeln auf dem Gesicht, von uns gegangen. Sie hat einfach zu atmen aufgehört. Der Weihnachts­stern hat sie ganz sanft hinüber begleitet. Wir erinnerten uns an ihr Lieblingslied, und dass sie am Weihnachtsgottesdienst vor zwei Jahren gesagt hatte: „Mich holt auch einmal der Stern von Bethlehem.“ Wir waren traurig, aber dennoch auch tief getröstet und beglückt.

Der Stern von Bethlehem…

Eimal, dänn winkt er eus und trait

Über-n-eus i d’Ewigkeit,

Über-n-eus i d’Ewigkeit

Es schwebte ein solcher Weihnachtsfrieden im Raum, und so viel Licht erfüllte das Zimmer. Die heiligen Energien um uns waren fast greifbar. Es wirkte so viel Liebe, eine solche göttliche Liebe im Raum, als die Seele sich anschickte, den Körper zu verlassen. Wir waren glücklich, dass unsere liebe Tante nun abgeholt worden war. Es war uns bewusst: In der Geistigen Welt existiert sie weiter und bleibt mit uns in Liebe verbunden. Diese Liebe stirbt nie und gibt uns Kraft in den Stunden des Abschieds.

Danach ging es darum, der Verstorbenen den letzten Liebesdienst zu erweisen. Mit der Spitex-Schwester haben wir Tante A. gewaschen und eingekleidet. Es ist für die Verarbeitung der Trauer sehr wichtig und heilsam, wenn dieser sinnliche Umgang mit dem toten Körper von den Angehörigen wahrgenommen und ausgeführt wird. Man braucht keine Angst zu haben vor dem Leichnam. Gewiss, es erfordert ein wenig Überwindung, um sich der Situation zu stellen. Aber mir wurde, nachdem ich mit Angehörigen diesen letzten Liebesdienst ausgeführt hatte, schon oft gesagt, dies sei eine wunderbare Erfahrung gewesen. Man habe viel Liebe gespürt, sie sei förmlich zwischen ihnen und ihrem liebsten Menschen hin- und hergeflossen. Natürlich kann von trauernden Menschen nicht verlangt werden, dass sie diesen letzten Liebesdienst übernehmen. Niemand sollte genötigt werden. Man kann auch im Hintergrund einfach still daran teilnehmen.

Weil wir keine frischen Blumen hatten, um den toten Körper zu schmücken, hat mein Mann das Christbäumchen ins Zimmer getragen und neben die friedlich daliegende Tante gestellt. Das Bild war so schön und hat uns tief bewegt. Es gab in diesem Moment keinen Platz für einen Abschiedsschmerz. Weihnachten im Himmel zu feiern, muss herrlich sein.

Als der diensthabende Arzt kam, um die Todesurkunde auszustellen, war auch er tief ergriffen. Er sagte zu uns: „Gibt es etwas Schöneres, als am Weihnachtsmorgen im Alter von fünfundneunzig Jahren zu Hause einschlafen zu dürfen?“ Ich glaube, wir waren uns alle einig, dass solch ein Sterben eine Gnade ist. Es gibt keinen Stachel des Todes. Ja, der Stern von Bethlehem hat Tante A. am Weihnachtsmorgen den Weg ins Licht gewiesen.

Biblisch gesehen, spielt der „Stern“ eine große Rolle. Die Drei Könige haben einen Stern gesehen und ließen sich von ihm leiten. Das Licht eines Sterns hat einen besonderen Glanz. Schon als Kind hatte ich große Freude, wenn der Nachthimmel voller Sterne leuchtete. Eines von meinen Lieblingsliedern war: „Weißt du wie viel Sternlein stehen.“ Auch uns weist der Stern von Bethlehem den Weg. Weihnachten lädt uns dazu ein, für andere zum Stern zu werden, der ihre Nacht erhellt und ihnen ein Gefühl von Geborgenheit schenkt.

Damals erlebten mein Mann und ich kein übliches Weihnachtsfest. Wir saßen nicht mit unseren Kindern und Enkelkindern in unserer Wohnstube beim Weihnachtsbaum. Haben wir etwas verpasst? Nein! Wir erlebten eine ganz außergewöhnliche Weihnacht: Der Weihnachtsstern ist in unseren Herzen aufgegangen. Sein Licht hat uns in diesen heiligen Stunden des Abschieds mit Himmel und Erde verbunden. Noch heute muss ich daran denken, wenn wir das Lied vom Stern von Bethlehem singen. In der Familie singen wir es jede Weihnacht, und auch unsere Enkel wissen genau, welche tiefe Bedeutung das Lied für uns hat.

In dieser Geschichte leuchtet der Stern von Bethlehem als tröstlicher Leitstern. In anderen Berichten hört man von trauernden Müttern und Vätern, dass sie ihren Kindern eine andere Sternenbotschaft mitgeben: „Schau, wenn du am Abend traurig bist, in den Sternenhimmel. Der Stern, der am hellsten glänzt, ist deine Mami oder dein Papa.“

Es ist die Sehnsucht nach unserer Heimat, die uns beim Anblick des Sternenhimmels daran erinnert, wo wir hingehören und wohin wir zurückkehren dürfen, wenn unsere Zeit auf Erden vollendet ist.

Sterben im Kreise der Familie


Daisy, eine unternehmungslustige Frau, eine Frohnatur, sah sich im Alter von siebenundvierzig Jahren mit der Diagnose Lungenkrebs konfrontiert. Ihre Schwester Zita erzählt von Daisys letzter Lebensphase.

Meine Schwester hat die Krankheit angenommen. Nie hat sie geklagt oder gehadert. Sogar in den schwersten Stunden leuchteten immer...

Erscheint lt. Verlag 23.9.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
ISBN-10 3-96861-252-3 / 3968612523
ISBN-13 978-3-96861-252-2 / 9783968612522
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