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Sommer 1954 (eBook)

Fußball, Verbrechen und Agentenspiele
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
272 Seiten
Riva Verlag
978-3-7453-1602-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sommer 1954 -  Burkhard Riering
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4. Juli 1954. Deutschland wird Fußballweltmeister, die Menschen feiern. Doch hinter der allgemeinen Euphorie steckt ein Sommer voller Skandale und Affären. Spione diesseits und jenseits des Eisernen Vorhangs spinnen Intrigen. Kriminalität, Gewalt und Mord beherrschen Alltag und Schlagzeilen. Und zwischendrin: Sport und Dolce Vita - die Deutschen genießen die Früchte des beginnenden Wirtschaftswunders. Der Journalist Burkhard Riering lässt den Sommer 1954 wiederaufleben. In allen Facetten. Wir treffen auf Konrad Adenauer und den Boxer Bubi Scholz, auf Fritz Walter, die Sängerin Caterina Valente und den Geheimdienstler und Überläufer Otto John. Wir erfahren, was damals geschah - anhand von spannenden Bruchstücken und glänzenden Miniaturen. Zusammen bilden sie das Fresko eines einzigartigen Sommers.

Burkhard Riering, 1972 geboren, ist Chefredakteur der Automobilwoche und seit 25 Jahren Wirtschaftsjournalist. Er studierte Kommunikationswissenschaft, Geschichte und Germanistik an den Universitäten in Düsseldorf, Essen und Montpellier. Von ihm sind bislang die beiden wirtschaftshistorischen Porträtbücher Gründerväter und Schwäbische Pioniere erschienen.

Burkhard Riering, 1972 geboren, ist Chefredakteur der Automobilwoche und seit 25 Jahren Wirtschaftsjournalist. Er studierte Kommunikationswissenschaft, Geschichte und Germanistik an den Universitäten in Düsseldorf, Essen und Montpellier. Von ihm sind bislang die beiden wirtschaftshistorischen Porträtbücher Gründerväter und Schwäbische Pioniere erschienen.

Juni


Die Ostberliner behängen ihre Mauern, Ruinen und Zäune mit Transparenten. Es ist Pfingsten, das »Deutschlandtreffen der Jugend« in der Sowjetzone der geteilten Stadt beginnt, Schulen und Freie Deutsche Jugend (FDJ) feiern den Sozialismus mit einem mehrtägigen Fest. Tausende westdeutsche Kinder und Jugendliche mit linker Gesinnung oder linken Eltern kommen ebenfalls. Die Jugendlichen – es sollen an dem Wochenende 700 000 da sein – glauben an eine baldige Wiedervereinigung. Die Farbe Blau – wie die Hemden des kommunistischen Jugendverbands Freie Deutsche Jugend – beherrscht das Straßenbild.

Gegen elf Uhr marschiert die Gesellschaft für Sport und Technik über den Boulevard Unter den Linden, dann kommen die Fallschirmjäger, die Motorradabteilung, die Funker. Es gibt Bier und Bockwurst, es wird getanzt. Auf der Ehrentribüne sitzen die Oberen des Arbeiter- und Bauernstaats sowie Delegationen aus dem Ausland inklusive »des ruhmreichen Komsomols« (Neues Deutschland), der Nachwuchsorganisation der Kommunistischen Partei (KP) der Sowjetunion.

Die DDR will zeigen, dass sie erwachsen geworden ist. Es ist alles nicht mehr so improvisiert wie in den ersten Jahren nach dem Krieg. Der SED-Lenker Walter Ulbricht behauptet zur Eröffnung des Deutschlandtreffens im gleichnamigen Walter-Ulbricht-Stadion: »Freiheit existiert in Deutschland nur in der DDR. Die Kriegstreiber haben ihr verderbliches Spiel noch nicht aufgegeben.« 5000 junge Menschen marschieren ins Stadion, die Fanfaren ertönen, in ihren Körben haben sie Friedenstauben, die sie während der Veranstaltung frei lassen. Die Zeit kommentiert: »Dieses großartige Gefängnis des östlichen Berlins hat viel süßes Konfekt geworfen.« Die Besucher müssen vor dem Stadion allerdings eine achtfache Kontrolle über sich ergehen lassen. An den S-Bahnhöfen wird ebenfalls kontrolliert, um zu verhindern, dass FDJ-Mitglieder sich Richtung Westberlin absetzen. Die Blauhemden sollen schön da bleiben, wo sie sind – in Freiheit. Das Walter-Ulbricht-Stadion in Berlin-Mitte heißt später Stadion der Weltjugend, bis es Anfang der 1990er-Jahre abgerissen wird. Auf dem Gelände ist heute bezeichnenderweise der Bundesnachrichtendienst (BND) untergebracht.

Dass zwei amerikanische Militärflugzeuge über Walter-Ulbricht-Stadion (während Ulbrichts Rede) und Marx-Engels-Platz ihre Kreise ziehen, scheint ebenso übertrieben wie überflüssig zu sein. Als Provokation aber taugt es. Die jungen Demonstranten rufen: »Es lebe, es lebe, es lebe Wilhelm Pieck und unsere Deutsche Demokratische Republik, hurra, hurra, hurra!« Pieck, der SED-Vorsitzende, sitzt mit einem großen gelben Strohhut auf der Ehrentribüne und lauscht andächtig.

Bonner Politikern stößt es sauer auf, dass die SED westdeutsche Jugendliche über die Grenze lockt und infiltriert. Über Kritik aus dem Westen kann Honecker aber nur lachen. Honecker: »Diese Hetze ist ein Ausdruck der schlotternden Angst der Rüstungsmillionäre und Militaristen vor dem Verständigungswillen der Jugend und ihrem Zusammenschluss.«

Die westdeutsche FDJ wird noch 1954 durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verboten. Bereits an Pfingsten 1950 – nach dem ersten »Deutschlandtreffen der Jugend« – ließen die Westdeutschen die Jugendlichen nicht wieder in die Bundesrepublik einreisen. Das Argument: Seuchengefahr. Die Jungs und Mädchen harrten zwei Tage an der Grenze in Herrnberg bei Lübeck aus, dann durften sie wieder rein ins Land – ohne ärztliche Untersuchung.

Auch 1954 holen die Grenzbeamten die westdeutschen Jugendlichen aus den Zügen und durchsuchen sie. Noch einmal Neues Deutschland: »Es besteht kein Zweifel, dass die Freie Deutsche Jugend vor allem deshalb mundtot gemacht werden soll, weil sie seit ihrer Gründung konsequent und unbeirrbar für die Sache des Friedens, des Rechts der Jugend auf politische Mitbestimmung, auf Arbeit, auf Freude und Frohsinn kämpft.« Doch auch der »Terrorprozess« – gemeint ist das Verbotsverfahren – werde die FDJ nicht beseitigen, sie werde nur immer stärker.

Das Deutschlandtreffen der DDR zu Pfingsten wird übrigens kein Dauerbrenner. Insgesamt findet es in der Geschichte der DDR nur dreimal statt.

Unterdessen treffen sich ebenfalls an Pfingsten 300 Mitglieder deutscher Indianer- und Cowboy-Clubs im Dreisamtal bei Freiburg. Sie begrüßen sich mit einem »HauKola« und rauchen die Friedenspfeife. Drei Tage leben sie dort wie die großen Vorbilder aus North Dakota und Colorado. Sie wohnen in Zelten, bemalen sich und genießen ein Leben ohne Alltagsängste. Doch auch hier holt sie die Realität ein: Diebe schleichen sich in der letzten Nacht ins Dorf und stehlen aus einem Wigwam einen Koffer mit wertvoller Indianerkleidung. Obwohl das Indianerdorf von Sheriffs Tag und Nacht bewacht wird, können die Bleichgesichter fliehen. Auch die richtige Polizei kann nicht helfen.

* * *

An Pfingstmontag startet das Europäische Fernsehprogramm, an dem sich acht Staaten beteiligen. Die westeuropäischen Länder stellen sich gegenseitig Fernsehsendungen zur Verfügung. Die Eurovision ist geboren. Generationen wird es sich ins Hirn brennen, wenn bei einer Eurovisionssendung am Anfang das blaue Logo mit dem Sternenkreis erscheint und dazu das Präludium des »Te Deum« von Marc-Antoine Charpentier ertönt.

Erste Sendung in der Geschichte der Eurovision: das Narzissenfest im schweizerischen Montreux. Aber kaum ein Bundesbürger kann dieses floristische Highlight sehen, es gibt noch nicht viele Fernseher in Deutschland. Immerhin ist das Bild für die, die es sehen können, »klar und einwandfrei«, wie die Süddeutsche Zeitung vermerkt.

Im Hinterkopf haben die Intendanten schon ein anderes Ereignis: Die Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz soll über das europäische TV-Austauschprogramm gezeigt werden. Sport wird in der Folge 70 Prozent aller Übertragungen ausmachen. Für die Menschen ist es absolut neu, plötzlich Weltmeisterschaften und Olympische Spiele ins Wohnzimmer gesendet zu bekommen.

Ebenfalls an Pfingsten ist Papst Pius XII. in dem Programm zu sehen, zwölf Minuten lang gibt er in sechs Sprachen seinen Segen, auch der Flimmerkiste. Doch sagt Gottes Stellvertreter auf Erden auch: »Kaum hat sich die weittragende Bedeutung dieses Werkzeugs zur Verbreitung von Kenntnissen und Wissen gezeigt, als sich schon gleich ein heikles Problem zu Wort meldet: Wie steht es um den sittlichen Wert der zum Teil neuen Welt?«

Der Spiegel hat noch ganz andere Sorgen mit der Eurovision. Das Magazin erwartet »ein Programm der Dürftigkeit«, es gebe keine Ereignisse von internationalem Interesse, das werde alles sterbenslangweilig. Eine Krönung wie die von Königin Elisabeth II. in England am 2. Juni 1953 findet eben nicht alle Tage statt. Als »Another coronation« (»Noch eine Krönung«) hätten die englischen Journalisten diese Mangelverwaltung bei einer Tagung zum künftigen Programm hinter vorgehaltener Hand bezeichnet. Die Deutschen bieten auf der Tagung einen »Sommerabend am Rhein« und eine Übertragung aus dem Millowitsch-Theater in Köln an, die Dänen laden zum »Rendezvous in Kopenhagen«. Die »Summer Season of European Television Programme Exchanges«, so der offizielle Titel des Projekts im Jahr 1954, erweist sich für die Verantwortlichen letztlich als Riesenerfolg.

Im Juni nimmt auch der Sender Freies Berlin (SFB) seinen Sendebetrieb auf. »Achtung, Achtung, hier ist Berlin«, tönt es um 4.55 Uhr zum ersten Mal von Intendant Alfred Braun aus dem Äther. Dann hört man das Geläut der Berliner Freiheitsglocke. Der Radiosender soll die Ansichten Westberlins in die Ostzone und nach Westdeutschland tragen. Lange hatte Ostberlin versucht, den Start des SFB zu unterbinden. Die Westberliner sind nun verpflichtet, die Wellen nach Westen hin abzuschirmen, so dass der Sender in der Bundesrepublik kaum empfangbar ist. Auch gegen den RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) hegt die DDR Argwohn, nicht selten wird er mit Störsendern bekämpft.

Auch das gemeinschaftliche ARD-Programm Deutsches Fernsehen ist bereits mit der TV-Ausstrahlung gestartet. Die Landessender sind nun per Richtfunkstrecke miteinander verbunden. Die Fernsehmacher wollen damit dem Kino die Zuschauer abspenstig machen. Die ARD hat im Fernsehen ein Monopol, weil es bis zum Start des ZDF noch fast neun Jahre dauern wird. Zunächst zeigt das Deutsche Fernsehen abends zwei Stunden Programm. Am 1. November 1954, dem offiziellen Start, kommt das Programm vom Nordwestdeutschen Rundfunk NWDR – dem einflussreichsten Sender – und umfasst die Tagesschau mit anschließender Wetterkarte, eine Sendung zu Allerheiligen und Allerseelen mit dem Titel Wenn die Blätter fallen in des Jahres Kreise … sowie den Beitrag Kunst der Gotik. Nach einer 15-minütigen Pause folgt von 21.15 Uhr bis 22 Uhr eine Übertragung vom englischen Fernsehen BBC von einer...

Erscheint lt. Verlag 10.10.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Zeitgeschichte ab 1945
Sachbuch/Ratgeber Sport
Schlagworte 1913 • 1954 • Adi Dassler • Bubi Scholz • Burkhard Riering • Caterina Valente • Das Wunder von Bern • Deutscher Fußball • Deutscher Fußballbund • Deutscher Fußball Bund • Deutschland 1954 • Deutschland 54 • Deutschland Geschichte • Deutschland nach 1945 • Die Helden von Bern • finale spiel • Florian Illies • Fritz Walter • Fußball • Fussball geschenk • fußball geschenk • Fußballspiel • Fussball sport • Fussballsport • fußball sport • Fußballsport • Fußballweltmeister • Fussballweltmeisterschaft • Fußballweltmeisterschaft • Fußballweltmeisterschaft 1954 • Gewalt • Hans Schäfer • Helmut Rahn • Horst Eckel • Josef Posipal • Karl Mai • Konrad Adenauer • Kriminalität • Kriminalität in Deutschland • Löschen • Mannschaft • Mannschaft Fußball • Max Morlock • Mord • Nationalmannschaft • Nationalmannschaft buch • Nationalmannschaft Ungarn • Nationalspieler • Nationalspieler deutschland • Ottmar Walter • Otto John • Sachbücher/Geschichte/Zeitgeschichte (1945 bis 1989) • Sepp Herberger • Skandale • Sommer 1954 • Sport • Sport allgemein • Sportgeschichte • Toni Turek • Ungarn Fussball • Ungarn Fußball • Walter Elf • Werner Kohlmeyer • Werner Liebrich • Wirtschaftswunder • WM 1954 • WM 1954 Buch • Wunder von Bern • Wunder von Bern Buch
ISBN-10 3-7453-1602-9 / 3745316029
ISBN-13 978-3-7453-1602-5 / 9783745316025
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