Liebe finden (eBook)
352 Seiten
mvg Verlag
9783961216963 (ISBN)
Die Verhaltensforscherin und Dating-Coachin Logan Ury ist eine international anerkannte Expertin für moderne Liebe. Als Director bei der Dating-App Hinge leitet Logan ein Forschungsteam, das sich der Unterstützung von Menschen bei der Suche nach Liebe widmet. Nach ihrem Psychologiestudium in Harvard leitete sie das verhaltenswissenschaftliche Team von Google - the Irrational Lab - und erstellte die beliebte Interviewreihe 'Talks at Google: Modern Romance'. Logan lebt mit ihrem Ehemann Scott in der Bay Area. Sie schreibt ihren Beziehungserfolg den Techniken zu, die in 'Liebe finden' beschrieben werden. N/A
Die Verhaltensforscherin und Dating-Coachin Logan Ury ist eine international anerkannte Expertin für moderne Liebe. Als Director bei der Dating-App Hinge leitet Logan ein Forschungsteam, das sich der Unterstützung von Menschen bei der Suche nach Liebe widmet. Nach ihrem Psychologiestudium in Harvard leitete sie das verhaltenswissenschaftliche Team von Google – the Irrational Lab – und erstellte die beliebte Interviewreihe "Talks at Google: Modern Romance". Logan lebt mit ihrem Ehemann Scott in der Bay Area. Sie schreibt ihren Beziehungserfolg den Techniken zu, die in "Liebe finden" beschrieben werden. N/A
TEIL II
GEH RAUS!
8
WEISST DU WIRKLICH, WAS DU WILLST?
Wie du die Tücken des Onlinedatings umgehst
Ich habe Scott auf Tinder tatsächlich einmal nach links gewischt.
Ich habe dir ja schon erzählt, wie ich ihn kennengelernt habe – an der Uni –, und wie wir uns dann Jahre später an der Bushaltestelle der Google-Zentrale wieder begegnet sind. Aber ich habe verschwiegen, dass ich sein Bild schon mal auf Tinder gesehen hatte, bevor er mir Nachhilfe im Programmieren gab. Ich blätterte seine Fotos durch und sagte: »Nein.«
Das war 2014, und ich saß im Shuttle-Bus nach San Francisco, mitten im dichten Verkehr der Stadt. Tinder präsentierte mir ein Foto, und ich hatte das Gefühl, den Typ von irgendwoher zu kennen. Wir hatten viele gemeinsame Freunde, also war klar, dass wir an derselben Uni studiert hatten. Und er trug seine Baseballkappe mit dem Schirm nach hinten. Ein ärmelloses T-Shirt. Er blinzelte mit zusammengekniffenen Augen in die Sonne. Der Kumpeltyp halt. Nicht mein Geschmack. Einmal nach links gewischt.
Warum hatte ich diesen Mann – der mich später sehr glücklich machen sollte – abgelehnt, als ich ihn online sah? Was waren die Gründe für einen derartigen Fehlschluss?
Ich dachte, ich wüsste, was ich will und was mich auf Dauer glücklich machen würde. Und ich glaubte, dass mir ein paar Fotos genügten, um jemanden richtig einschätzen zu können.
In beiden Punkten hatte ich mich getäuscht.
Und ich bin nicht die Einzige, die zu falschen Einschätzungen gelangt. Bei vielen meiner Klienten läuft es eigentlich gut. Sie haben alles – eine interessante Persönlichkeit, Freunde, Hobbys und so weiter. Trotzdem bleiben sie Single. Warum? Sie daten falsch. Und daran sind sie nicht einmal selbst schuld. Du übrigens auch nicht. Häufig sind es die Apps, die wir benutzen, die uns zu Irrtümern verleiten.
Michael J. Rosenfeld, Professor für Soziologie an der Universität Stanford, hat Paare befragt, wo sie sich kennengelernt hatten. Die häufigste Antwort lautete: »online«.78 An zweiter Stelle stand: »in einer Bar oder einem Restaurant«. Und an dritter: »über gemeinsame Freunde«. (Weniger häufige Antworten waren »beim Rodeo«, »während ich mich bei einem Fremden über diese verdammten Dating-Apps beschwert habe« oder »im Red Lobster«.)
Das digitale Daten ist in den letzten 20 Jahren förmlich explodiert. Laut Rosenfeld lernten sich 1995 nur zwei Prozent der Paare online kennen, heute sind es 39 Prozent.79 Und da immer mehr digital daten, lernen immer weniger Menschen ihren Partner durch ihr soziales Netzwerk kennen – Freunde, Familie und Arbeit – oder in ihren jeweiligen Gemeinschaften, zum Beispiel in Schule oder Kirche.
Ähnlich wie alle anderen Social-Media-Giganten können auch einschlägige Apps gute Beziehungen stiften. Aber sie können eben auch zu Fehlschlüssen verleiten, sogenannten kognitiven Verzerrungen. Da mittlerweile so viele Menschen online daten – selbst App-Verweigerer gehen mit Leuten aus, die zur Nutzergemeinde zählen –, üben die App-Programmierer einen subtilen, aber erstaunlichen Einfluss auf unser Liebesleben aus. Schließlich schaffen sie die Rahmenbedingungen für unsere Datingentscheidungen. Und dadurch beeinflussen sie auch die Entscheidung selbst.
Die klassische Wirtschaftswissenschaft geht davon aus, dass Menschen gleichbleibende, konstante Vorlieben hegen. Verhaltensökonomen wissen jedoch, dass das nicht stimmt. Tatsächlich unterliegen wir ständig Umwelteinflüssen. Das Umfeld, in dem wir unsere Entscheidung treffen, beeinflusst uns dabei, egal, ob das ein physischer Ort oder eine digitale Landschaft ist. Wofür wir uns entscheiden, wird stark davon beeinflusst, wie die Optionen präsentiert werden. Wir denken vielleicht, dass unsere Vorlieben gleichbleibend sind. Tatsächlich sind sie aber recht wandelbar.
Hier ein Beispiel, das mit unseren Leibspeisen zu tun hat. Vor einigen Jahren diagnostizierte Google bei seinen Mitarbeitern eine »M&MSucht«.80 Um die Leute zu motivieren, sich in puncto Ernährung für gesündere Alternativen zu entscheiden, machte sich ein Team daran, eine andere Form der Präsentation für die Snacks zu entwickeln. Die bunten Schokolinsen wurden nicht mehr in riesigen, transparenten Behältern angeboten, sondern kamen in beschriftete, undurchsichtige Gefäße, in denen sie weniger verlockend sind. Gesündere Snacks, wie getrocknete Feigen und Pistazien, wurden gleich daneben in Glasschalen angeboten.
Bei den Google-Mitarbeitern handelt es sich samt und sonders um lauter hochintelligente Techies. Sie wussten natürlich, dass auch gesunde Snacks zur Auswahl standen. Doch erst das veränderte Umfeld der Präsentation führte dazu, dass allein in der New Yorker Zweigstelle über einen Zeitraum von sieben Wochen 3,1 Millionen weniger M&M-Kalorien konsumiert wurden. Die Washington Post, die das Experiment journalistisch begleitete, schrieb: »Das heißt, dass jeder der 2000 Mitarbeiter der Zweigstelle neun Päckchen in Automatengröße weniger verzehrte.« Die Vorlieben der Google-Mitarbeiter waren die gleichen geblieben. Allein die Tatsache, dass die bunten Linsen nicht mehr auf dem Präsentierteller dargeboten wurden, hatte diese Verhaltensänderung bewirkt. Insofern hat das Umfeld die Entscheidung der Mitarbeiter beeinflusst.
Beim modernen Daten stellt die Dating-App unser Entscheidungsumfeld dar. Wir werden beeinflusst von der Art, wie und in welcher Reihenfolge die App uns passende Partner präsentiert. Das ist der Grund, warum manche meiner Klienten einen Vorschlag in der einen App wegwischen, ein paar Wochen später in einer anderen App aber annehmen. Kleine Unterschiede im Umfeld haben enormen Einfluss auf unsere Wahl.
Eines möchte ich aber klarstellen: Ich bin nicht gegen Dating-Apps. Apps haben Millionen glücklicher Paare zusammengebracht, die sich anders wohl nie kennengelernt hätten. Von ihnen profitieren vor allem Singles in sogenannten »engen Märkten« mit einem begrenzten »Angebot«: zum Beispiel die LGBTQ-Community, Menschen in dünn besiedelten Gebieten und Partnersuchende über 50.81 Außerdem ist Dating-App nicht gleich Dating-App. Ich bin ein großer Fan von Apps, die ihre Anwender dabei unterstützen, sich ins wirkliche Leben hinauszuwagen.
(Nachdem ich dieses Buch zu Ende geschrieben hatte, nahm ich eine Stellung als wissenschaftliche Beraterin bei der Dating-App Hinge an. Hinge hat sich zum Ziel gesetzt, seine Nutzer weg von der App und zu richtigen Dates zu bewegen – was sich auch im Motto der App ausdrückt: »Gemacht, um gelöscht zu werden«. Hinge hat mich engagiert, das zu tun, was ich auch mit diesem Buch versuche: Millionen Menschen in aller Welt beizubringen, wie sie effektiver daten können.)
Aber leider sind viele Dating-Apps darauf programmiert, Informationen so zu präsentieren, dass wir uns auf die falschen Dinge fokussieren.
Das muss aber nicht sein. Ich werde dir zeigen, wie du solche Apps zu deinem Vorteil nutzen und die Tücken des digitalen Datings umgehen kannst.
WIR DATEN FALSCH
Ich schrieb gerade eine E-Mail, als Jonathan an meine Tür klopfte. Er kam 15 Minuten zu spät zu seiner ersten Sitzung. Ich dachte, er würde gar nicht erst kommen.
»Sorry, sorry!«, sagte er und reichte mir seine riesige Hand. »Ich bin in der Arbeit hängen geblieben.«
Jonathan war groß, fit und charmant. Wenn er lächelte oder den Buchstaben »c« aussprach (wie in CEO, was sein aktuelle Berufsbezeichnung war), zeigten sich seine Grübchen. Er stammte aus dem Mittleren Westen und lebte seit fünf Jahren in San Francisco. Den Großteil dieser Zeit war er Single gewesen, von ein paar vielversprechenden Begegnungen mal abgesehen, die sich dann irgendwie doch in Luft auflösten. Nachdem er jahrelang mit Dating-Apps gekämpft hatte, war er nun zu mir gekommen.
Während unserer ersten Sitzungen erfuhr ich, dass Jonathan hohe Maßstäbe an sich selbst anlegte. Er war auch in anderen Bereichen seines Lebens erfolgreich: An der Uni war er Präsident der Studierendenvertretung gewesen. Er hatte mehrere internationale Preise gewonnen, war Rhodes-Stipendiat an der Uni Oxford gewesen und dergleichen mehr. Er war ehrgeizig, aber auch rücksichtsvoll und witzig. (Die Art von Mensch, die uns unsere Eltern immer als leuchtendes Beispiel hingestellt haben.)
Er meinte: »Ich bin ja auf den Apps unterwegs. Ich hatte unzählige Dates. Ich weiß, was ich will, aber ich habe ihn einfach noch nicht gefunden. Ich suche einen fitten Managertyp von mindestens 1,90 Meter. Können Sie mir helfen?«
»Ja, das kann ich«, antwortete ich. »Aber nicht so, wie Sie denken.«
Jonathan brauchte keinen Kontakt zu dem richtigen hochgewachsenen Geschäftsmann. Er musste lernen, sein Anforderungsprofil vernünftiger zu gestalten. Also schauten wir uns als Erstes an, wie die Dating-Apps auf ihn wirkten.
Problem Nr. 1: Unser Gehirn konzentriert sich auf messbare und leicht vergleichbare Daten. Apps präsentieren oberflächliche Merkmale und verstärken so diese Tendenz noch.
Wie wir im vorigen Kapitel sehen konnten, sind sich die Wissenschaftler, was das Dating angeht, einig: Kriterien für den langfristigen Erfolg einer Beziehung sind emotionale Stabilität, Güte, Loyalität und die Frage, wie wir uns in Gegenwart eines Menschen fühlen.
Doch in den aktuellen Dating-Apps taucht keines dieser Kriterien auf. Wie auch? Es ist schwer genug, Persönlichkeitsmerkmale genau zu messen, und noch schwerer festzustellen, was diese bei dir auslösen. Dating-Apps sind auf die Informationen beschränkt, die sich zuverlässig erfassen und katalogisieren lassen:...
| Erscheint lt. Verlag | 10.10.2021 |
|---|---|
| Übersetzer | Elisabeth Liebl |
| Verlagsort | München |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Partnerschaft / Sexualität |
| Schlagworte | Alleinsein • Allein Sein • Beziehung • beziehung buch • Beziehungsangst • Beziehungsratgeber • beziehungsunfähig • Beziehungsunfähig Buch • Dating • Dating App • dating ratgeber • einsam • glückliche beziehung • Liebe • Liebeskummer • Liebesratgeber • Löschen • partner finden • Partnerschaft • Partnerschaftsprobleme • Partnersuche • Partnersuche Buch • Selbstliebe • single app • Singlebörse • Single Buch • traumfrau finden • Traummann finden • Traumpartner finden |
| ISBN-13 | 9783961216963 / 9783961216963 |
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