Abräumer, Abstauber, Abenteurer. Band I (eBook)
412 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-22632-6 (ISBN)
Bernd Engel wurde am 1. Juli 1962 in Letmathe, heute Iserlohn, geboren. Nach Abitur, Zivildienst, M.A.-Abschluss Japanologie / BWL an der Ruhr-Universität Bochum folgten die beruflichen Stationen Marketing-Assistent in Düsseldorf, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Berlin (Freie Universität), Drehbuch-Autor und Konzeptioner für interaktive Medien sowie Inhaber einer kleinen Internet-Agentur in Hamburg. Seit etwa vier Jahren arbeitet Engel nur noch freiberuflich und vermietet an der Nordsee Ferienwohnungen. Neues bzw. reaktiviertes Hobby: Schreiben. Früher als freier Journalist (Japan-Themen) und Fachbuchautor (Wirtschaftsjapanisch). Mittlerweile ausschließlich nach Interesse und Neigung.
Bernd Engel wurde am 1. Juli 1962 in Letmathe, heute Iserlohn, geboren. Nach Abitur, Zivildienst, M.A.-Abschluss Japanologie / BWL an der Ruhr-Universität Bochum folgten die beruflichen Stationen Marketing-Assistent in Düsseldorf, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Berlin (Freie Universität), Drehbuch-Autor und Konzeptioner für interaktive Medien sowie Inhaber einer kleinen Internet-Agentur in Hamburg. Seit etwa vier Jahren arbeitet Engel nur noch freiberuflich und vermietet an der Nordsee Ferienwohnungen. Neues bzw. reaktiviertes Hobby: Schreiben. Früher als freier Journalist (Japan-Themen) und Fachbuchautor (Wirtschaftsjapanisch). Mittlerweile ausschließlich nach Interesse und Neigung.
Camillo Ugi
* 21. Dezember 1884 in Leipzig
† 9. Mai 1970 in Markkleeberg
Vereine (Spieler)
| 1898-1902 | Allgemeiner Turnverein Leipzig 1845 |
| 1902-1904 | Leipziger BC 1893 |
| 1905 | SC Germânia (Sao Paulo) |
| 1905-1906 | VfB Leipzig |
| 1906-1907 | Dresdner SC (Militärdienst in Dresden) |
| 1909-1911 | VfB Leipzig |
| 1911 | Stade Helvétique Marseille |
| 1911 | FSV Frankfurt |
| 1911-1912 | VfB Leipzig |
| 1912-1914 | Verein Breslauer Sportfreunde |
| 1916-1917 | Dresdner Fußballring 1902 |
| 1918 | Verein Breslauer Sportfreunde |
| 1918-1919 | FC Sportfreunde Leipzig |
| 1919-1923 | VfB Leipzig |
| 1924-1927 | FC Sportfreunde Leipzig |
Auswahl (Spieler)
| Zeitraum | Auswahl | Spiele | Tore |
| 1909-1912 | DFB-Nationalelf | 15 | 1 |
Abbildung 1: Camillo Ugi // Bild: be – eigenes Werk; CC BY-SA 4.0
Ein Wandervogel mit Heimweh
Leipzigs berühmtester Fußballsohn kehrt immer wieder heim
Er liebt den Sport, er liebt den Fußball. Aber er liebt auch Filmprojektoren und Kinematographen. Sein Leipzig lobt er sich, den VfB sowieso. Er ist aber stets offen für Abenteuer in Südamerika, an der französischen Mittelmeerküste, in Niederschlesien, im Hessischen, in Ostsachsen. Oder auch um die Ecke bei den Lokalrivalen des VfB. Obwohl er für eine gewisse Zeit sogar Rekordnationalspieler ist, will ihn als Trainer niemand. Im Wege steht das Obrigkeitsdenken, das nach Lizenzen und Zertifikaten fragt. Dabei schätzen ihn so gut wie alle für seinen Sportsgeist, seine Geradlinigkeit, seine Verlässlichkeit, seine Härte, seine Fairness. Und auch für seine Handstände auf Fußballtoren.
Leipzig im Dezember 1884. In der Talstraße freuen sich Hermann Heinrich Ugi und seine Frau Auguste, 26 und 28 Jahre alt, auf ihr erstes Kind. Drei Tage vor Weihnachten ist es soweit. Ein kleiner Junge erblickt im Seeburgviertel das Licht der Welt. Die Eltern entscheiden sich für den Namen Camillo, was aber einem sächsischen Beamten wohl zu exotisch klingt, und er deshalb „Camill“ in die Geburtsurkunde einträgt.
Camillo Ugi wird in eine Handels- und Kulturstadt hineingeboren, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts prosperiert und gedeiht. Leipzig ist die Stadt der Schriftsteller und Dichter, erinnert sei an Lessing, Klopstock, Schiller, Goethe. Und es ist die deutsche Buch-Kapitale. Renommierte Verlage wie Reclam, Baedeker, Breitkopf & Härtel, E.A. Seemann, F.A. Brockhaus oder Oscar Brandstetter, zumeist im Graphischen Viertel zu Hause, sind umgeben von 350 Buch-, Kunst- und Musikalienhandlungen, 82 Druckereien, 72 lithografischen Anstalten und 200 Buchbindereien1.
Abbildung 2: Deutsches Buchhändlerhaus / Buchhändlerbörse im Graphischen Viertel um 1900. Das Gebäude wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört.// Bild: Autor unbekannt - ID ppmsca.00964 in der Library of Congress, USA; CC0 gemeinfrei
Vater Ugi kommt ursprünglich aus dem Badischen, aus Lahr am Westrand des Schwarzwalds, und nicht aus Italien, wie Heidi Lehnert, die jüngste Tochter von Camillo Ugi, und Leipzig-Chronist Dr. Detlev Schröter in ihrem Buch „Camillo Ugi: Leipzigs Weltklassefußballer“ nachdrücklich festhalten:
„In diesem Zusammenhang lohnt es sich mit der Mär aufzuräumen, dass Camillo Ugi der direkte Nachfahre eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter sei.“
Als gelernten Buchbinder hat es den Badener Ugi in die sächsische Bücherstadt verschlagen. Hier bietet sich ihm eine verlässliche Berufsperspektive für ein auskömmliches, bürgerliches Leben. Hier lernt er seine Frau kennen; hier werden nach Camillo noch drei weitere Kinder (zwei Söhne, eine Tochter) das Familienleben der Ugis bereichern.
Zunächst geht es in den Turnverein
Camillo entdeckt früh seine Freude an der Bewegung, am Sport. Mit 13 Jahren wird er Mitglied im Allgemeinen Turnverein (ATV) Leipzig von 1845, in dem er sich zunächst dem Turnen, der Leichtathletik, dem Schwimmen widmet. Diese sportliche Grundausbildung wird ihm später noch oft zugutekommen. Allerdings werden auf Ugis Interessenskala die traditionellen Individualsportarten recht bald von der Trendsportart Fußball verdrängt. Mit 15 Jahren hat ihn der runde Ball endgültig infiziert. 1902 notiert er liebevoll in seinem Notizbuch einen ersten kurzen Bericht zum Spiel seiner ATV-Fußballer gegen den FC Vorwärts. Ein Duell, das schiedlich-friedlich 1:1 endet.
Abbildung 3: Freundschaftsspiel VfB Leipzig – Richmond Association Football Club auf dem Sportplatz Leipzig, 1902. // Bild: Autor unbekannt in Illustrierte Zeitung, Weber, Leipzig 1902; CC BY-SA 4.0
Noch im gleichen Jahr möchte Ugi seine neue Leidenschaft vertiefen und schließt sich dem reinen Fußballclub Leipziger BC 1893 in Lindenau an. Der LBC ist nach dem SV Lipsia 1893 der zweitälteste Fußballverein Leipzigs und einer der DFB-Gründungsvereine. Er spielt in der damals schon recht ordentlich organisierten Gauliga Nordwestsachsen, in der sich vorwiegend Leipziger und Hallenser Vereine tummeln. Ugi zählt nach überzeugenden Darbietungen und der Fürsprache des LBC-Kapitäns Paul Matthes, der später zu einem der ersten Nationalspieler aufsteigen wird, rasch zu den Stammkräften der Lindenauer. Wie später auch in anderen Mannschaften wird er hier gleich auf der zentralen Mittelläufer-Position eingesetzt. Ugi gilt als harter, unerbittlicher, aber auch fairer Spieler. Bereits 1903 erfolgt eine erste Berufung in die Mitteldeutsche Auswahl.
Parallel beendet Ugi 1904 seine Ausbildung zum Feinmechaniker in einem Unternehmen für Filmvorführgeräte. Die neue Technik hat ihn vom ersten Tage an begeistert. Auch diese Faszination wird ihn ein Leben lang begleiten.
Nach seiner Lehre arbeitet Ugi zunächst in einem Plagwitzer Unternehmen. Doch unvermittelt bietet sich ihm eine andere Gelegenheit, empfohlen von einem früheren ATV-Vereinskameraden namens Gehlert. Eine Gelegenheit, die Ugi die Möglichkeit bietet, Fußball und Beruf in exotischen Gefilden zu kombinieren. Gehlert erzählt von einer gut dotierten Anstellung in São Paulo und einer attraktiven sportlichen Option beim ortsansässigen Fußballclub SC Germânia. Dieser Verein wurde 1899 vom Hamburger Hans Nobiling und anderen fußballbegeisterten deutschen Einwanderern aus der Taufe gehoben und war in den ersten Jahren maßgeblich am Aufbau eines Verbandes und eines funktionierenden brasilianischen Ligabetriebs beteiligt. Inzwischen, nach Überwindung diverser Kinderkrankheiten, sucht der SC Germânia, heute EC Pinheiros, sportliche Verstärkungen, gerne auch aus Deutschland.
Die Abenteuerlust muss bei Ugi nicht lange geweckt werden. Zumal das Risiko überschaubar erscheint, denn die Reisekosten sind gedeckt. Im April 1905 schifft er sich nach Südamerika ein und erreicht mit dem Postschiff S.S. Prinz Sigismund am 3. Mai São Paulo. Ugi ist auf dem Platz und in der Kabine des SC Germânia schnell integriert. In sieben Spielen, in denen Ugi mitwirkt, gewinnt der SC Germânia fünfmal. Allerdings funktioniert es mit der gut dotierten Stelle nicht so recht, da die mangelnden Sprachkenntnisse eine Barriere bilden. Stattdessen arbeitet er als einfacher Mechaniker für das Telegraphenbau-Unternehmen Siemens & Halske.
Abbildung 4: Mannschaftsfoto des SC Germania in Sao Paulo, 1904. // Bild: Autor unbekannt – Herkunftsland Brasilien; CC0 gemeinfrei
Im Zeitverlauf verträgt Ugi das brasilianische Klima und Essen zunehmend weniger, was seine sportliche Leistung mindert und seine Stimmung niederdrückt. Im Sommer zieht Ugi Bilanz und entscheidet sich für eine Rückkehr nach Leipzig.
Der VfB ist erwacht
Zurück in Sachsen führt ihn – nach kurzer Stippvisite beim Leipziger BC – sein Weg schnurstracks zum mittlerweile führenden Leipziger Verein, zum VfB Leipzig. Dieser hat in den vergangenen zehn Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Gegründet im Mai 1896 in...
| Erscheint lt. Verlag | 30.4.2021 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Abräumer, Abstauber, Abenteurer. | Abräumer, Abstauber, Abenteurer. |
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport ► Ballsport |
| Schlagworte | 1. FC Nürnberg • Alemannia Aachen • Borussia Dortmund • Conen • DFB • Dresdner SC • Fußball • Hamburger SV • Harder • Herberger • Hirsch • Hofmann • Karlsruher FV • Kuzorra • Lenz • Münzenberg • Nationalmannschaft • Nerz • NS-Zeit • Schalke 04 • Siffling • Stuhlfauth • Stuttgarter Kickers • SV Waldhof • UGI • VfB Leipzig • Weimarer Republik |
| ISBN-10 | 3-347-22632-1 / 3347226321 |
| ISBN-13 | 978-3-347-22632-6 / 9783347226326 |
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