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Angst ist nichts für Feiglinge (eBook)

Mein Exit aus der Panik
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
240 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491227-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Angst ist nichts für Feiglinge -  Susanne Kaloff
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Neulich erzählte mir eine Freundin, sie kenne das auch mit der Panik. Erst kürzlich sei sie in einem Fahrstuhl steckengeblieben. Aber das ist nicht das, was ich mit Panikattacke meine, sagte ich. Stell Dir vor, dass alles, was Du dort empfunden hast - die Enge, die Angst, dieses blanke Entsetzen, das Herzrasen, das Zittern, das Schwitzen, die wackligen Beine - bei Menschen mit Panikattacken aus heiterem Himmel kommt. Sie stecken also immer in einem inneren Fahrstuhl fest, es braucht keinen äußeren Anlass. Das ist der Unterschied. Die beliebte Life-Style-Journalistin Susanne Kaloff beschreibt offen und ehrlich, wie es sich anfühlt, im Teufelskreis der Angst gefangen zu sein. Sie erzählt von ihren Angstmomenten, von ihrem Schweigen und Verstecken, von der Ratlosigkeit ihrer Freunde und Familie, von Umwegen, Rückschlägen, Therapien, von der Angst vor der Angst, dem Scheitern und dem Triumph über die Angst.

Bestsellerautorin Susanne Kaloff, Jahrgang 1969, schreibt seit zwanzig Jahren unter anderem für die »Welt am Sonntag«, »Emotion«, »Brigitte« und »Myself«. Sie ist außerdem seit acht Jahren wöchentliche Kolumnistin der »Grazia«. Ihr letztes Buch »Nüchtern betrachtet war's betrunken nicht so berauschend« erschien 2018. Susanne Kaloff lebt in Hamburg.

Bestsellerautorin Susanne Kaloff, Jahrgang 1969, schreibt seit zwanzig Jahren unter anderem für die »Welt am Sonntag«, »Emotion«, »Brigitte« und »Myself«. Sie ist außerdem seit acht Jahren wöchentliche Kolumnistin der »Grazia«. Ihr letztes Buch »Nüchtern betrachtet war's betrunken nicht so berauschend« erschien 2018. Susanne Kaloff lebt in Hamburg.

lesenswert, auch für die vermeintlich Starken

Ein sehr persönliches Buch, das, ohne Ratgeber zu sein, trotzdem hilfreich ist.

selten kam ein Buch wohl zu einem richtigeren Zeitpunkt auf den Markt als dieses

ein intimer, bewegender Zugang

persönlich und subjektiv

ein Buch aus eigener Erfahrung

Die Journalistin Susanne Kaloff berichtet sehr persönlich und heiter von ihrer Angsterkrankung und wie sie es heraus geschafft hat.

Sie hat ihre Panikattacken überwunden und beschreibt jetzt ihre eigenen Erfahrungen.

Wenn es so weit ist, kannst du dich immer noch fürchten


Man hat nicht immer vier Tage, um sich was zu trauen. Manchmal nicht mal vier Minuten. So wie vorletztes Jahr in Australien, ich war auf einer Pressereise, einer der Programmpunkte lautete »Schwimmen mit den Buckelwalen«. Große Aufregung im Vorfeld, eine Kollegin, hieß es, habe kurzfristig abgesagt, weil sie sich das doch nicht zutraute. Ich sagte selbstverständlich zu. Große Klappe erst, klar mache ich das, dann verstanden, dass Buckelwale die Maße eines Omnibusses haben und dich mit einem Flossenschlag umhauen können, aber das sei sehr unwahrscheinlich, las ich bei meinen gründlichen Recherchen. Je näher der Tag rückte, an dem wir aufs Meer fuhren, über uns Helikopter, die die Wale sichten sollten, umso nervöser wurde ich. Am Tag selbst war mir schlecht vor Aufregung, es gab Butterkekse und schwarzen Tee an Bord, die Neoprenanzüge wurden verteilt, meiner war zu weit, der zweite zu stramm, mein ganzer Körper sagte Nein, bevor es überhaupt losging. Meine Kolleginnen wirkten so aufgekratzt, als würden wir gleich in eine Outlet-Mall gehen, dabei ging es immer weiter aufs offene Meer. Der Himmel war dunkel, das Wasser war dunkel, ich war bleich. Bevor es losging, gab es eine Einweisung von einem jungen Typ, der offenbar ganzjährig allein auf dem Boot lebte, später scherzten seine weiblichen Kolleginnen, er habe Schwimmhäute zwischen den Fingern. Wir mussten ein Trockentraining absolvieren, in der Nähe des Bootes schnorcheln mit Flossen, um zu beweisen, dass wir die Basics draufhaben. Man bot mir eine Schwimmnudel an, weil ich offenbar so unsicher wirkte, als könne ich nicht mal schwimmen. Ich sagte: »Ich kann schwimmen, es ist nur so, dass ich Angst habe, auf dem offenen Meer zu schwimmen.« Was ich nicht erwähnte, war, dass ich mit sechs Jahren in den Sommerferien sechs Wochen lang täglich einen Schwimmkurs im Freibad absolviert hatte. Nach den sechs Wochen hatte ich meiner Mutter erklärt, es habe bloß deshalb so lange gedauert, bis ich schwimmen konnte, weil mich der böse Bademeister immer so ruppig von hinten an meinem Badeanzug hochgezogen habe, damit ich oben bleibe. Wenn jemand von außen eingreift in meine Welt, in meine Wahrnehmung, jemand sagt, wie ich es machen soll, wenn man mir nicht die Zeit und Zuversicht gibt, in einer mir angemessenen Geschwindigkeit meine eigenen Erfahrungen zu machen, werde ich unsicher. Braucht nicht jeder Vertrauen, um sich was zu trauen? Nicht nur Vertrauen in sich selbst, sondern auch von außen? Die Info, dass ich später nur das Seepferdchen ergattert hatte, weil auch die Schwimmlehrerin in der Grundschule ein alter Drache war, der Spucke in den Mundwinkeln hatte, einen Damenbart und eine moosgrüne Badeshorts aus Wolle trug, ließ ich auf dem australischen Dampfer unter den Tisch fallen. Auch scheiterte meine Schwimmkariere an meiner mangelnden Kooperation, als der Drache in rüdem Tonfall befahl, vom Dreimeterbrett zu springen. Ich stand dort oben, und drehte wieder um. Danach betrat ich nie wieder ein Dreimeterbrett. Hat man was verpasst, wenn man niemals von einem Dreimeterbrett gesprungen ist?

Die australische Meerjungfrau, die für unsere Truppe zuständig war, sah mich an, als hätte ich gesagt, ich könne nicht laufen, als ich die Sache mit dem offenen Meer zugab. Wir mussten im Vorfeld einen Fragebogen ausfüllen, ob und wie gut wir schwimmen könnten, ob es Probleme gebe mit »open waters«. Ich meine, was heißt das denn überhaupt »auf dem offenen Meer«, gibt es auch ein geschlossenes, fragte ich mich, während ich bereits mit den Wellen und meiner Furcht kämpfte, obwohl ich noch an einer Strippe befestigt probeweise ums Boot trieb. Ich hasse Flossen, wie soll ich in Flossen denn Froschbewegungen machen? Man erklärte mir wieder mal, dass man mit Flossen aber doch viel schneller vorankäme, man statt Froschbewegungen eben Fischbewegungen machen soll, aber ich mag das Gefühl nicht, in diesen Plastikfüßen gefangen zu sein, als seien meine eigenen gefesselt. Später, wenn es dann losgehen würde, sagte der Typ mit den Schwimmhäuten, müsse es schnell gehen. Er würde uns ein Zeichen geben, sobald er das Signal über Funk von den Kollegen im Helikopter bekäme, dann würde er Go, Go, Go rufen, und dann müssten wir echt auf Zack sein. Wenige Sekunden, höchstens. Er verzog keine Miene, als er das mehrmals wiederholte, keine Zeit für Witze. Mich stresste allein die ganze Atmosphäre. Außer uns, meine vier Kolleginnen und ich, waren noch drei Paare mit an Bord. Das eine Pärchen machte bereits übertrieben gut gelaunte Selfies, als sie noch in ihren brottrockenen Neoprenanzügen steckten, für jeden Schnappschuss Daumen hoch und Dauergrinsen. Daumen hoch für was, dass sie 500 Dollar pro Person geblecht hatten, um an Bord sein zu dürfen? Es war doch noch gar nichts passiert, sie hatten noch nicht mal einen Fuß benetzt. Das andere Paar wirkte ähnlich verstört wie ich, das dritte schaute professionell schweigend in die Ferne. Meine Schweizer Kollegin setzte sich neben mich und fragte, was los sei. »Ich kann das nicht, ich hab’ echt zu viel Angst.« Sie: »Vor was denn?« »Na, vor all den Dingen, die schiefgehen können. Was, wenn ich nicht schnell genug bin oder da draußen Panik bekomme?« Sie sah mich verständnislos an und meinte: »Wenn es so weit ist, kannst du dich immer noch fürchten. Aber doch nicht vorher.« Ich fand den Ansatz klug, so positiv, so weise, er klang so gut, aber er erreichte nicht meinen Kern. Im Kopf verstand ich ihn, im Rest des Körpers nicht. Und dann sagte sie noch: »Du machst doch Yoga!« Den Satz hatte ich schon mal gehört. Als sei Yoga ein Garant, um mit jeder Situation klarzukommen, als sei ich ein schlechter Yogi, weil ich trotz tiefer Bauchatmung nicht mit jeder Situation umgehen kann. Und es war ja auch was dran. Trotz all meines Yogawissens, der jahrelangen Praxis, meiner Erfahrung, der Atemübungen, der Millionen herabschauender Hunde, der Kopfstände, der stundenlangen Meditationen, die ich gemacht, die Ashrams, die ich besucht hatte, blieb ich im Kern ich: ein Hasenfuß. Was sie allerdings nicht wusste, war, wie mutig dieser Hasenfuß in anderen Bereichen des Lebens schon gewesen war. Bereiche, die sich nicht mal annähernd messen lassen mit einem Sprung ins kalte Wasser.

Ich ließ ihren Vorschlag, mich erst zu fürchten, wenn es so weit ist, kurz sacken. Wenn es so weit ist, wenn die Situation lebensbedrohlich ist, sagen wir, wenn ich während der Buckelwalverfolgung Panik bekäme, ich infolgedessen nicht mehr schwimmen könnte, wäre es doch bereits zu spät. Also muss ich gefährliche Situationen erkennen, sie umschiffen, gar nicht erst riskieren. Meine andere Kollegin raunte mir zu, sie habe auch Angst. Ich war erleichtert, nicht der einzige Schisser zu sein, und kämpfte mit mir: Soll ich sie davon überzeugen, dass sie zu Recht Angst hat und wir beide besser zurückbleiben auf dem Boot, ihr klarmachen, dass wir die beiden Einzigen sind, die noch richtig ticken? Sollen sich doch die anderen vom Wal erschlagen lassen, wir zwei wissen es besser. Hatte ich nicht gelesen, dass einmal sogar so ein riesiges Säugetier versehentlich und ohne böse Absicht bei einem seiner Sprünge in ein Beiboot gehüpft sei, in dem ausgerechnet ein kleiner Junge mit seiner Mama saß, um dem Schauspiel aus, nun ja, sicherer Entfernung beizuwohnen? Beide kamen dabei ums Leben. Und war das Unglück nicht auch in Australien geschehen? Oder soll ich ihr Mut machen, ihr sagen, ach was, du brauchst doch keine Angst zu haben. Ihr verraten, dass ich ein Sonderfall an Besorgtheit bin, soll ich ihr nicht lieber Go, Go, Go, Girl zurufen? Ich tat Letzteres, der Typ gab das Zeichen, alle sprangen hastig ins Wasser, als ginge es um Leben und Tod, auch meine junge Kollegin, die kurz zuvor drauf und dran war, abzuspringen. Ich war stolz auf sie, als sei sie meine Tochter, und blieb allein zurück an Deck. Sah die Truppe davonschwimmen, so hektisch, als seien sie in Not, der Guide vorneweg, winzig und verloren wirkten sie auf dem offenen Meer, in diesem bewegten Ozean, von dort oben, von meinem sicheren Ort neben dem Skipper. Sicherer Ort? Was, wenn der Wal bei einem seiner Luftsprünge in unser Boot plumpst? Ich war nicht ganz allein mit meiner Angst, eine Japanerin war auch zurückgeblieben, wir knipsten gequält gegenseitig witzige Fotos von uns. Ich sehe auf allen aus wie ein enttäuschter Einzelgänger, wie jemand, der beim Völkerball in keine Mannschaft gewählt wurde. Oder so wie damals in den Ferienspielen, als alle Kinder auf den Betreuer Michael sprangen, auf seinen Rücken kletterten, und ich es einfach nicht schaffte, auch so ein Kind zu sein, das keine Berührungsängste hat, das nicht in sich gefangen ist. Er hieß wirklich Michael, und es gibt einen Grund, warum ich mich heute, mehr als vierzig Jahre später, immer noch daran erinnere: Das Gefühl, nicht so sorglos zu sein wie die anderen, ist untrennbar mit diesem Namen verbunden.

Vom Deck des Schiffes sah ich, dass der ältere Mann, der vorher noch professionell schweigend in die Ferne geblickt hatte, nun Probleme hatte. Er winkte den Guide herbei, eines der kleinen Schlauchboote musste zu ihm fahren, ihn schnell rausholen, er habe einen Krampf im Bein, hieß es später. Ich dachte: Genau das meinte ich damit, was alles schiefgehen kann! Einen Krampf auf dem offenen Meer, na Halleluja! Außerdem glaubte ich ihm nicht, ich glaubte nicht, dass es ein Krampf war, sondern Angst. Wie ich darauf kam? Weil ich so was rieche wie ein Tier, weil ich Antennen habe für Angst. Aber Krampf klang besser, tippe ich. Zumal seine Partnerin so abenteuerlustig und furchtlos wirkte wie eine, die mit Löwen kämpft, die Schlangen mit den bloßen Händen abmurkst, die im...

Erscheint lt. Verlag 25.3.2020
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Psychologie
Schlagworte Achtsamkeit • Angst • Angst-Bewältigung • Ängste überwinden • Angststörunegn & Panikattacken • Annett Möller • Annika Ebenstein • Bewusstes Leben • Bewusst leben • Claudia Croos-Müller • Corona • Corona virus • Covid-19 • dass du gehst • Erzählendes Sachbuch • Feigheit • Freiheit • Gesundheit • konkrete Hilfe • Liebe • Liebe Angst • Liebe Angst, Zeit, dass du gehst • Memoir • Mut • Nur Mut! Das kleine Überlebensbuch • Panik • Panikattacke • Psychologie • sich seinen Ängsten stellen • Susanne Kaloff • Therapie • Yoga • Zeit
ISBN-10 3-10-491227-0 / 3104912270
ISBN-13 978-3-10-491227-1 / 9783104912271
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