Ich bin der Zorn (eBook)
495 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-2988-9 (ISBN)
In einer Strafanstalt in Arizona ereignet sich ein blutiger Amoklauf. Scheinbar wahllos erschießt ein Gefängniswärter mehrere Menschen. Zu seinem Motiv schweigt er.
Das ruft Bundesermittler Marcus Williams auf den Plan. Rasch findet er heraus, dass der Wärter von einem psychopathischen Killer erpresst wurde, der sich selbst Judas nennt. Um die Identität des Judaskillers aufzudecken, tut Marcus sich erneut mit seinem Bruder Francis Ackerman jr. zusammen, dem berüchtigtsten Serienkiller der Gegenwart: Marcus ermittelt außerhalb der Gefängnismauern, Ackerman jr. undercover unter den Häftlingen.
Was beide nicht ahnen: Der Judaskiller verfolgt weitaus größere Ziele als nur ein paar Morde...
Ethan Cross ist das Pseudonym eines amerikanischen Thriller-Autors, der mit seiner Frau und zwei Töchtern in Illinois lebt. Nach einer Zeit als Musiker nahm Ethan Cross sich vor, die Welt fiktiver Serienkiller um ein besonderes Exemplar zu bereichern. Francis Ackerman junior bringt seitdem zahlreiche Leser um ihren Schlaf und bevölkert ihre Alpträume. Ich bin der Zorn ist der vierte Band um den gnadenlosen Serienkiller und Marcus Williams.
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 02/2017) — Platz 12
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 51/2016) — Platz 14
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 50/2016) — Platz 10
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 49/2016) — Platz 8
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 48/2016) — Platz 2
- Spiegel Bestseller: Belletristik / Taschenbuch (Nr. 47/2016) — Platz 4
Ethan Cross ist das Pseudonym eines amerikanischen Thriller-Autors, der mit seiner Frau und zwei Töchtern in Illinois lebt. Nach einer Zeit als Musiker nahm Ethan Cross sich vor, die Welt fiktiver Serienkiller um ein besonderes Exemplar zu bereichern. Francis Ackerman junior bringt seitdem zahlreiche Leser um ihren Schlaf und bevölkert ihre Alpträume. Ich bin der Zorn ist der vierte Band um den gnadenlosen Serienkiller und Marcus Williams.
2.
Als Ray Navarro die Leiter von Turm 3 hinaufstieg, lauschte er dem Geräusch, das sein Ehering verursachte. Jedes Mal, wenn Ray die rechte Hand auf eine höhere Sprosse legte, klirrte der Ring gegen den Stahl, und der Klang von Metall auf Metall hallte die Betonmauern von Turm 3 hinunter.
Jeder Laut sandte neue Schockwellen von Bedauern und Zweifel durch Rays Inneres. Es kam ihm vor, als wäre die Welt auf den Kopf gestellt worden, sodass er in die Unterwelt hinabstieg, statt auf Turm 3 der Foxbury Correctional Treatment Facility, kurz FCTF, zu klettern.
Der Gefängniskomplex bestand aus einem alten Fabrikgelände und einem ehemaligen psychiatrischen Krankenhaus und war erst vor Kurzem in Betrieb genommen worden, als Teil eines Pilotprogramms für eine privat geführte »experimentelle Vollzugsanstalt«. Alle Wärter, Ray eingeschlossen, hatte man vor den ungewöhnlichen Arbeitsbedingungen im FCTF gewarnt. Das Programm war allerdings freiwillig. Ray hatte die Risiken gekannt, aber die Bezahlung war zu verlockend, zumal zu Hause zu viele offene Rechnungen und offene Münder warteten.
Am Ziel angekommen, drückte Ray Navarro die Falltür im Boden des Krähennestes auf und zog sich in den drei mal drei Meter großen Raum an der Spitze des Turmes hoch. Zigarettengeruch stieg ihm in die Nase, obwohl in den Krähennestern das Rauchen verboten war. An einer Wand quietschte und rumpelte eine kleine, unter dem Fenster installierte Klimaanlage vor sich hin.
Ray zog seine Jacke aus und krempelte sich die Ärmel hoch. Der Waffenschrank stand an der Wand links von ihm. Er entriegelte ihn mit geübten, beinahe automatischen Bewegungen, nahm das .30-06-Gewehr heraus und lud es mit Patronen, die gerade die richtige Mischung aus Treibladung und Geschoss enthielten – Feuer und Stahl, die man brauchte, um jemandem ein zollgroßes Loch ins Fleisch zu stanzen. Mit Hochleistungswaffen für große Entfernungen hatte Ray sich immer schon hervorgetan.
Im Waffenschrank befanden sich außerdem eine Pistole und eine halbautomatische Flinte. Auch im Umgang mit diesen Waffen war Ray ein Könner, aber er brauchte sie jetzt nicht. Er brauchte die schwere .30-06; deshalb hatte er danach gegriffen wie ein sportverrückter Collegeboy nach einem gut eingefetteten Baseballhandschuh.
Ray klappte das Zweibein des Gewehrs aus, positionierte die Waffe und suchte auf dem Gefängnishof nach seinem ersten Opfer.
Das Fadenkreuz des Zielfernrohrs huschte über die Männergesichter hinweg. Roy bemerkte zwei der prominenten Gefängnisinsassen. Leonard Lash, den berüchtigten Bandenchef, sowie Oren Kimble, den Irren, der fünf Jahre zuvor in einem Einkaufszentrum ein Blutbad angerichtet hatte.
Navarros Blick bewegte sich weiter und blieb an den Gestalten zweier Wärter haften, die am Rand des Häftlingsbereichs patrouillierten wie Cowboys, die eine Herde bewachten. Die Männer schienen in ein Gespräch versunken – ein weiser grauhaariger Veteran, der einen jüngeren Schüler anleitete. Ray kannte den älteren Schwarzen gut. Wie Ray war auch Bill Singer ein Kriegsveteran und ehemaliger Scharfschütze. Als Ray ins Zivilleben zurückgekehrt war, hatte er sich in Selbstzweifeln verloren und war auf dem besten Weg gewesen, zum Trinker zu werden – bis er Bill Singer kennenlernte, der heute sein bester Freund war. Inzwischen war Ray seit fünf Jahren trocken und hatte sogar die damals bröckelnde Beziehung zu seiner Frau gekittet.
Ray runzelte die Stirn, denn Bill hätte bis Sonntag gar nicht im Dienst sein sollen. Offenbar war ihm etwas dazwischengekommen, denn da stand er und schien dem jüngeren Kollegen eine Gardinenpredigt zu halten.
Der jüngere Mann, Jerry Dunn, war gerade erst zu ihrer Truppe gestoßen. Jerrys hervorstechendstes Merkmal war sein trippelnder Gang; es sah aus, als machte er drei Schritte, wenn ein normaler Mann zwei machte. Diese Tippelschritte waren nicht das Einzige, was Jerry bei seinen Kollegen den Spitznamen »Gimp« – Krüppel – eingetragen hatte: Jerry blinzelte ständig und stotterte leicht.
Nicht dass Ray etwas gegen Jerry gehabt hätte, im Gegenteil. Es ging ihm sogar gegen den Strich, wie mies viele andere Wärter den Jungen behandelten. Ein leichtes Hinken, nervöse Augenlider und eine schleppende Sprechweise besagten ja nicht, dass Gimp seine Arbeit nicht machte oder machen konnte – und nach allem, was man so hörte, war der junge Wärter tüchtig und seinem Job mehr als gewachsen.
Ray hoffte, dass der Nächste, der die Leiter zur Turmspitze hinaufstieg, weder Bill Singer noch Jerry »Gimp« Dunn waren. Am liebsten wäre ihm, wenn überhaupt keiner zu ihm raufkäme. Es war eine Sache, auf feindliche Soldaten zu schießen – oder auf einen Häftling, wenn keine andere Wahl blieb –, aber das hier war etwas ganz anderes. Es war ungeschminkter Mord an Männern, die seine Kollegen waren, seine Freunde.
Kaltblütiger Mord.
Bei diesem Gedanken erbrach Ray sich würgend auf den Boden des Krähennests an der Spitze von Turm 3.
Als er wieder Luft bekam, fluchte er leise und keuchte: »Sie oder du. Sie oder du …«
Wieder suchte er sich sein Ziel, ließ das Fadenkreuz über das Herz des Mannes gleiten und langsam zu seinem Kopf hinaufwandern. Normalerweise zielte er auf die Brust, weil sie ein größeres Ziel bot und ein Treffer genauso vernichtend war wie ein Kopfschuss. Aber da es gut sein konnte, dass dies hier seine letzte Handlung auf Erden war, schadete es wohl nichts, ein bisschen anzugeben und auf das schwierigere Ziel zu feuern.
»Sie oder du.«
Ray wiederholte den Satz wie ein Mantra.
Sein Finger krümmte sich um den Abzug.
»Sie oder du!«
Ray feuerte.
*
Bill Singer beobachtete Jerry, der vor ihm her humpelte, wobei das Hinken ihn kaum zu behindern schien. Obwohl für Jerry jeder Schritt schmerzhaft sein musste und ihn mindestens doppelt so viel Anstrengung kostete wie andere, hatte er das Beste aus seinem Handicap gemacht. Bei dem Gedanken, welchen Schwierigkeiten Jerry sich in Anbetracht seiner angeborenen körperlichen Nachteile hatte stellen müssen, kam Bill nicht umhin, seinen jungen Kollegen zu bewundern, zumal er selbst in einem Alter war, in dem man erkannte, wie groß die Schulden waren, die für jede falsche Ernährungsentscheidung und für jedes Jahr ohne regelmäßigen Sport abgestottert werden mussten.
Bill hatte ein weiches Herz für den jungen Kerl; deshalb hatte er ihn unter seine Fittiche genommen. Bill und seine Frau waren kinderlos, aber er schätzte sich glücklich, schon mehrere junge Kollegen betreut zu haben, die ihm wie Söhne ans Herz gewachsen waren. Jerry war einer von ihnen; ein anderer war Ray Navarro, der, wie Bill wusste, gerade auf Turm 3 Wache hatte. Dazu kamen noch weitere, die Bill bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in der Klinik kennengelernt hatte. Seine Jungs, wie er sie gern nannte.
Doch Jerry Dunn war ein besonderer Fall. Er erinnerte Bill eher an einen Therapiepatienten als an einen Gefängniswärter wie etwa Ray Navarro. Jerry war ein verletztes Waisenkind, Ray ein verwundeter Krieger. Beide hatten auf ihre Weise Schwierigkeiten, die ihnen nicht anzulasten waren, aber die Unterschiede zeigten sich deutlich im unterschiedlichen Auftreten beider Männer.
Jerry hatte Bill seine Geschichte schon am ersten Abend erzählt, an dem sie sich zu scharf gewürzten Hähnchenflügeln und kaltem Bier getroffen hatten. Der Junge hatte Bill anvertraut, dass seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, als er erst acht Monate alt gewesen war.
Ein paar Kollegen hatten Jerry zwar ihr Mitgefühl bekundet, dann aber weiter hinter seinem Rücken über ihn gespottet. Und natürlich gab es in der Belegschaft auch Idioten, die Jerry sogar in seinem Beisein »Gimp« nannten, was sehr schmerzhaft für ihn sein musste, zumal er ohnehin schon viel Schmerz mit sich herumtrug, was immer der Grund dafür sein mochte. Das war Bill als Erstes aufgefallen, als er sich mit dem jungen Wärter angefreundet hatte.
Nun hielt Jerry in seinem Trippelschritt inne, machte auf dem Absatz kehrt und ließ den Blick über den Hof schweifen. Bill, der ihn weiterhin beobachtete, schüttelte den Kopf über das Aussehen des jungen Mannes. Jerrys glatte schwarze Haare hingen ihm bis über den Kragenrand und schienen seit Tagen nicht gewaschen und gekämmt worden zu sein. Jerrys Haut war so blass, wie Bills Haut dunkel war, und er verströmte einen wenig anziehenden Geruch, ein Gemisch aus Körperausdünstungen und dem Duft eines billigen Deos, mit dem er offenbar glaubte, sich vor dem Baden drücken zu können.
»Ich langweile mich zu Tode, Bill«, sagte Jerry. »Komm, lass uns wetten. Dahinten, die beiden Schlägertypen, siehst du sie? Der Dinosaurier und sein kleinerer Kumpel. Der Dino will auf der Bank gerade eine Million Tonnen stemmen. Ich wette zwei Dollar, dass der Typ es nicht schafft. Hältst du dagegen?«
Bill folgte Jerrys Blick und sah den hünenhaften weißen Schlägertypen, der sich im Bankdrücken an einem beeindruckenden Gewicht versuchte. Neben ihm stand ein kleinerer Mithäftling und achtete darauf, dass dem Riesen die Stange mit den Gewichten nicht auf die Brust krachte, sollten ihn die Kräfte verlassen.
Bill lächelte. Jerry schätzte die Situation völlig falsch ein. Der Riese würde niemals schlappmachen. »Ich nehme die Wette an, aber sagen wir … zwanzig Dollar.«
Jerry schien die Erhöhung des Einsatzes im ersten Moment zu beunruhigen, aber das hielt ihn nicht davon ab, die Wette einzugehen.
»Okay. Abgemacht.«
»Dein Pech.« Bill grinste und ließ den Blick auf den beiden Männern ruhen. Alles entwickelte sich genau so, wie er vermutet hatte. Der größere Mann stemmte das Gewicht so...
| Erscheint lt. Verlag | 11.11.2016 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Ein Shepherd Thriller | Ein Shepherd Thriller |
| Übersetzer | Dietmar Schmidt |
| Verlagsort | Köln |
| Sprache | deutsch |
| Original-Titel | Shepherd Novel 4 |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik | |
| Technik | |
| Schlagworte | 20. - 21. Jahrhundert • blutig • Blutlinie • Cody McFadyen • Dan Brown • ethan cross • Fitzek • Gänsehaut • Psycho • Psychothriller • Schlitzer • Serienmörder • Serienmörder-Thriller • Spannung • Thriller • todeskünstler • USA • Vatikan • Verschwörung |
| ISBN-10 | 3-7325-2988-6 / 3732529886 |
| ISBN-13 | 978-3-7325-2988-9 / 9783732529889 |
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