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Rettet die Nacht! (eBook)

Die unterschätzte Kraft der Dunkelheit - Die Folgen der Lichtverschmutzung für Mensch und Natur
eBook Download: EPUB
2016
Riemann (Verlag)
978-3-641-18069-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rettet die Nacht! - Mathias R. Schmidt, Tanja-Gabriele Schmidt
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Licht braucht Lenkung!

Der Wechsel von Tag und Nacht ist einer der wichtigsten Taktgeber des Lebens. Doch unsere Nächte sind nicht mehr wirklich dunkel, und das stört das fein justierte System der Rhythmen von Menschen, Pflanzen und Tieren. Dies hat gravierende gesundheitliche und ökologische Folgen. Doch worin liegt die Kraft der Dunkelheit, warum hat sie uns schon immer fasziniert? Welche Beschwerden sind auf Lichtverschmutzung und gestörten Schlaf zurückzuführen? Und wie reagieren biologische Systeme, wenn die Dunkelheit fehlt? Die gute Nachricht: Dieses Umweltproblem lässt sich lösen, wenn man künstliches Licht richtig einsetzt.

Tanja-Gabriele Schmidt studierte Literaturwissenschaften und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Wirkungsweisen pflanzlicher Vitalstoffe. Sie ist zertifizierte Kräuter-Expertin (Phytotherapie). Mathias R. Schmidt promovierte in Amerikanistik und arbeitete lange Zeit als freier Autor für Sender der ARD. Er betreibt zusammen mit seiner Frau seit zwanzig Jahren eine Agentur für Kommunikation. Er ist Autor und Co-Autor erfolgreicher Ratgeber zu Gesundheit und Wohlbefinden, die er im Team mit seiner Frau erarbeitete und war Preisträger des Health Media Award 2010 (Kategorie Publizistik/ Aufklärung). Beide sind wohnhaft in Fulda und haben zusammen vier Kinder.

»Eine wichtige Naturerfahrung droht verlorenzugehen«

Im Gespräch mit dem Astronom Dr. Andreas Hänel

Dr. Andreas Hänel leitet seit 1986 das Planetarium im Osnabrücker Museum am Schölerberg, einem Naturkundemuseum. Seit er 1994 zu dem damals noch ungewöhnlichen Thema für die Umweltmesse in Osnabrück eine Ausstellung konzipierte, beschäftigt sich Hänel mit der Problematik der Lichtverschmutzung und hat sich über Deutschland hinaus als Experte einen Namen gemacht. Er ist Sprecher der Fachgruppe Dark Sky, der Vereinigung der Sternenfreunde e.V., die mit der International Dark-Sky Association (IDA) assoziiert ist. Für seinen fachlichen Input beim Aufbau der deutschen Sternparks wurde Hänel im Mai 2015 in Berlin mit der Grünen Palme von GEO Saison geehrt, einem renommierten Umweltpreis. Die IDA ehrte ihn mit dem Galilei- (2009) und dem David Crawford-Award (2015).

Schmidt: Vielen Menschen ist der Begriff »Lichtverschmutzung« noch nicht geläufig. Interessanterweise waren es nicht Umweltschützer, die dieses Problem erstmals thematisierten, sondern die Astronomen. Wann erkannten Sie und Ihre Kollegen, dass sich die Qualität des Nachtdunkels verschlechterte und sich damit nicht nur für die Astronomen ein Problem auftat?

Hänel: Das ist bereits eine lange Geschichte. Denn schon vor über hundert Jahren mussten Sternwarten aus den Städten in Randbereiche oder weiter nach draußen verlagert werden, zum Beispiel in Bonn und Berlin.

Schmidt: Bei den ersten Hinweisen auf die schleichende Lichtverschmutzung ging es demnach nicht um mögliche Gefahren für Mensch und Natur, sondern um die Verschlechterung der Rahmenbedingungen für die astronomische Forschung?

Hänel: Der Begriff »Lichtverschmutzung« wurde ja erst in den fünfziger Jahren geprägt. Aber negative Auswirkungen auf die Natur – etwa auf Vögel am Leuchtturm Helgoland – waren auch schon früher bekannt, man verwendete nur noch nicht den Begriff. Und Insektenkundler nutzen schon lange UV-Lampen, um Insekten anzulocken und zu fangen.

Schmidt: Wenn heute von Lichtverschmutzung die Rede ist, dann in den meisten Fällen ökologisch motiviert. Mit der Botschaft: Vorsicht, wir gefährden oder zerstören etwas, was für Menschen, Tiere und Pflanzen wichtig ist. Wann kam diese ökologische Dimension zu den astronomischen Motiven hinzu?

Hänel: Wie gesagt waren diese Auswirkungen bereits länger bekannt. Klarer wurde es in Deutschland 1999 durch eine Tagung des Bundesamtes für Naturschutz auf der Insel Vilm51 und seit der von Catherine Rich und Travis Longcore 2002 veranstalteten Los-Angeles-Konferenz und der Publikation des Konferenzberichts.

Schmidt: Ist die Problematik inzwischen bei den Menschen angekommen? Wird das ernst genommen? So wie man vor ein paar Jahrzehnten die Themen »Luftverschmutzung« und »Wasserverschmutzung« zunehmend als dringlich empfand und irgendwann niemand mehr bezweifelte, dass Handlungsbedarf bestand.

Hänel: Viele kennen den Begriff, haben jedoch oft keine genaue Vorstellung davon, was es genau ist, wie es entsteht und vor allem welche Gegenmaßnahmen man ergreifen kann, die meist sehr einfach sind.

Schmidt: Viele der heutigen Großstädter haben ihr gesamtes Leben unter einer nächtlichen Lichtglocke verbracht und zumindest an ihrem Wohnort gar keinen natürlichen Nachthimmel mehr erlebt. Da müssen dann Nordstern, Sirius & Co. reichen.

Hänel: Ich weiß natürlich nicht, wie die Menschen denken. Aber ich finde, dass ihnen eine ganz wichtige Naturerfahrung fehlt.

Schmidt: Ein Problem zu erkennen und zu benennen ist die eine Seite. Es zu lösen die andere. Hat sich da schon etwas getan?

Hänel: Viele reden inzwischen von Lichtverschmutzung und meinen, etwas dagegen zu tun – oft ist dem aber leider nicht so. Energieeffizientere Beleuchtung beispielsweise bedeutet meist mehr Lichtverschmutzung, obwohl man damit viel Energie einsparen könnte …

Schmidt: Nun sind ja Sternwarten und astronomische Forschungseinrichtungen auf einen möglichst dunklen Nachthimmel angewiesen. Was bedeutet die künstliche Aufhellung für die Astronomie in Deutschland? Müssen Sie auswandern?

Hänel: Das geschieht ja bereits, aber nicht etwa allein wegen der Lichtverschmutzung. Moderne Observatorien sind inzwischen kostenträchtige Investitionen, die möglichst effizient genutzt werden müssen. Da ist das mitteleuropäische Klima mit wenigen klaren Nächten kaum geeignet. Aber selbst in den abgelegenen Wüstengegenden, wo heute große Observatorien errichtet werden, ist ein Schutz gegen Lichtverschmutzung notwendig.

Schmidt: Spätestens bei der Luftverschmutzung haben wir gelernt, dass viele Umweltprobleme keine lokalen oder regionalen Phänomene sind und auch an Landesgrenzen nicht haltmachen. Das würde bedeuten, dass bei der Lichtverschmutzung deutschlandweit, wahrscheinlich europaweit gehandelt werden muss. Mit übergreifenden Zielen und klaren Vorgaben, zum Beispiel hinsichtlich der Lichtfarbe und Lichtlenkung. Können wir uns da Hoffnungen machen?

Hänel: In Deutschland ist das Problem noch nicht so gravierend wie in anderen Ländern, etwa Italien, Spanien oder Frankreich. Deswegen sind dort bereits Regulierungen notwendig geworden. Allerdings ist es oft fraglich, ob sie effektiv genug sind. Auf jeden Fall dürfen wir nicht aufhören, darüber zu informieren, wie man mit künstlichem Licht und der dafür nötigen Energie umgeht. Das wird hoffentlich Wirkung zeigen.

Schmidt: Auf der anderen Seite sind wahrscheinlich auch kleine Schritte bereits ein Gewinn. Jede optimierte Straßenbeleuchtung, jedes abgeschirmte Haustürlicht ist doch gut für das unmittelbare natürliche Umfeld. Oder machen wir uns da etwas vor?

Hänel: Einige umgerüstete Straßenzüge oder einzelne optimierte Leuchten bringen noch nicht sehr viel. Aber das darf uns nicht entmutigen. Nach dem Motto »Steter Tropfen höhlt den Stein« ist jede Leuchte, die man hinsichtlich der Lichtmenge optimiert und nur dann einsetzt, wenn sie gebraucht wird, lokal ein Gewinn für den Schutz der Nacht.

Schmidt: Sie selbst ziehen seit einigen Jahren durch Deutschland und werben allerorts für einen verantwortungsvolleren Umgang mit Licht, vor allem im Bereich der öffentlichen Beleuchtung. Hört man Ihnen zu?

Hänel: Ich hoffe, dass ich offene Ohren finde, aber wichtiger ist, dass vielfach die Augen geöffnet werden.

Schmidt: Die bereits angesprochenen großen Umweltprobleme wie die Luft- und Wasserverschmutzung konnten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich reduziert werden. Weil man viel Geld in die Hand nahm, zum Beispiel für Filter- und Aufbereitungssysteme. Das Problem der Lichtverschmutzung hingegen scheint gar nicht so sehr eine Frage des Geldes zu sein.

Hänel: In der Tat ist es wesentlich einfacher, viel Geld zu sparen, wenn man eben bedarfsorientierter mit der künstlichen Beleuchtung umgeht. Wie wäre stattdessen folgende Pointierung: »Richtig. Hier muss überhaupt nicht viel Geld in die Hand genommen werden, sondern man kann im Gegenteil mit richtiger Beleuchtung sogar viel Geld sparen«?

Schmidt: Was wäre Ihr Forderungskatalog für die nächsten Schritte? Was müsste in welcher Reihenfolge geschehen, um die Lichtverschmutzung wenigstens teilweise in den Griff zu bekommen?

Hänel: Die Verantwortlichen (für öffentliche Beleuchtung, für Baugenehmigungen, für Anlagenplanung) müssten über die Problematik der künstlichen Beleuchtung verstärkt informiert werden. Händler müssten auf gute Beleuchtung hingewiesen und angeregt werden, sie in ihr Programm aufzunehmen.

Schmidt: Wie kann man die Lichtverschmutzung messen? Gibt es da ein anerkanntes Verfahren?

Hänel: Man kann die Beleuchtungsstärke von Lichtanlagen mit einfachen Luxmetern messen und mit Normvorgaben vergleichen. Die Beleuchtungsstärke in Hauptstraßen braucht nicht heller als 10 bis 20 Lux zu sein. In Wohnstraßen können 1 bis 2 Lux ausreichen. Die Himmelsqualität kann man einfach anhand der Anzahl der sichtbaren Sterne ermitteln (Globe at Night, Verlust-der-Nacht-App). Exakter ist die Messung mithilfe des sogenannten Sky Quality Meter (SQM).

Schmidt: Welches sind die dunkelsten Regionen im stark besiedelten Mitteleuropa?

Hänel: In Deutschland natürlich die Sternenparks Westhavelland und Rhön, aber auch noch einige andere Regionen, wie der Nationalpark Eifel, die Schwäbische Alb oder der Pfälzer Wald. In Frankreich habe ich gerade den Parc Naturel Régional de Millevaches en Limousin als Gegend mit einem besonders eindrucksvollen Sternenhimmel kennengelernt.

Schmidt: Gibt es ein anerkanntes Referenzwerk, zum Beispiel eine Karte, auf der man online ablesen kann, wie es mit der Lichtverschmutzung am Heimatort bestellt ist?

Hänel: Der neue Weltatlas ist gerade in der Vorbereitung. Hilfreich ist aber die Website www.lightpollutionmap.info.

Schmidt: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Hänel.Die International Dark-Sky Association (IDA)

Da das Phänomen Lichtverschmutzung am meisten die beobachtenden Astronomen beeinträchtigt, ist es nicht verwunderlich, dass sie sich als Erste dagegen organisiert haben. Der Astronom Dr. David Crawford vom Kitt-Peak-Observatorium und der...

Erscheint lt. Verlag 31.10.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Natur / Ökologie
Technik
Schlagworte Biologie • Bio-Rhythmus • eBooks • Elektrizität • Gesundheit • Kunstlicht • Lichtverschmutzung • Melatonin • Schlafstörungen • Sternenpark • Tag-Nacht-Rhythmus
ISBN-10 3-641-18069-4 / 3641180694
ISBN-13 978-3-641-18069-0 / 9783641180690
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