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Die diskrete Gesellschaft (eBook)

Geschichte und Symbolik der Freimaurer
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
368 Seiten
StudienVerlag
978-3-7065-5761-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die diskrete Gesellschaft -  Dieter A. Binder
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Der Zeithistoriker Dieter Binder hat als Nicht-Freimaurer einen wertfreien Zugang zum Thema Freimaurerei. Historisch penibel werden Stärken und Schwächen dieses weltumspannenden Bundes dargestellt. Geschichte und Rituale werden eingehend kommentiert. Philosophische und psychologische Hintergründe der Bruderschaft werden ausführlich dokumentiert, Systeme und Lehrarten charakterisiert. Ein wertvoller Beitrag zum besseren Verständnis dieser 'diskreten Gesellschaft'.

Professor Dieter A. Binder; geb. 1953, lehrt an der Karl-Franzens-Universität Graz und der Andrassy-Universität Budapest Geschichte. Autor zahlreicher Publikationen zur Österreichischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, zu geschlossenen Gesellschaften, u.a. Mitautor des 'Internationalen Freimaurerlexikons' (2000) und zur Kulturgeschichte.

Professor Dieter A. Binder; geb. 1953, lehrt an der Karl-Franzens-Universität Graz und der Andrassy-Universität Budapest Geschichte. Autor zahlreicher Publikationen zur Österreichischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, zu geschlossenen Gesellschaften, u.a. Mitautor des "Internationalen Freimaurerlexikons" (2000) und zur Kulturgeschichte.

Die Mobilisierung der Gegner


Die angesprochene doppelte Frontstellung mußte mit dem raschen Ansteigen des freimaurerischen Ansehens, ihrem Einbruch in die gesellschaftlich aktivsten Gruppen virulent werden, wenn auch die Freimaurerei durchaus bereit war, wie in England nicht nur eine Stütze der herrschenden Gesellschaft, sondern auch ein Instrument deren Politik zu werden.

So wurden die Freimaurer erstmals 1735 in Holland und Friesland verboten55; 1736 wurde im calvinischen Genf die von den Engländern gestiftete Loge vorerst als „eine Hochschule des Unglaubens“ für gebürtige Genfer verboten, bis sie schließlich 1744 wegen der Gefährdung des Staates durch das „Geheimnis“ endgültig geschlossen wurde. Dieser Gegensatz zwischen Calvinisten und Freimaurerei in den Niederlanden bestand im 19. Jahrhundert weiter; so schreibt Faubel: „Der Calvinismus lehnt die freimaurerischen Lehren grundsätzlich ab. Viel von dem, was in unserer Grundsatzerklärung enthalten ist, wird von den Calvinisten verworfen, weil nach ihrer Auffassung der ‚bessere Mensch‘ nur durch die Allmacht Gottes geschaffen werden kann, durch Gott, zu Gott. Unsere Auffassung von der stufenweisen geistigen Entwicklung des Menschen widerspricht der calvinistischen Überzeugung, daß erneuernde und bessernde Eigenschaften im Menschen nicht vorhanden sind.“

Ebenfalls unter Berufung auf das staatsgefährdende Geheimnis ging 1737 die Polizei gegen eine Pariser Loge vor, während man in Mannheim den Staatsdienern den Eintritt generell untersagte und in der Toskana die Inquisition gegen die Maurer in Gang gesetzt wurde. Im Jahr darauf löste der Senat die Hamburger Loge auf, und das protestantische Schweden verhängte über die Freimaurer die Todesstrafe. Polizeimäßiges Sicherheitsdenken veranlaßte 1743 auch die Hohe Pforte, die Tätigkeit einer Diplomatenloge auf ihrem Territorium zu untersagen.

In diesem Klima entstand schließlich die päpstliche Bulle „In eminenti“ vom 28. April 1738, in der erstmals ein striktes Verbot seitens der katholischen Kirche ausgesprochen wurde. Es ist dabei rechtlich irrelevant, ob nun die Bulle auf Wunsch des Papstes, Clemens XII., mit dessen vollem Wissen und in Absprache mit ihm redigiert worden ist oder nicht; es ist zwar für die Entstehungsgeschichte von großem Interesse zu sehen, wie hier eine Gruppe von Kardinälen – Neri Corsini, Pietro Ottoboni, Antonio-Felice Zondadari und Giovanni Battista Spinola II. – und der oberste Inquisitor der Toskana, Ambrosio Ambrogi, die Arbeit für einen hilflosen Greis erledigt haben, aber für die rechtliche Konsequenz ist dies bedeutungslos, selbst wenn man Charles von Bokor56 folgt: „Der altersschwache Blinde, der kaum noch lichte Momente hatte und bereits ein Kind des Todes war, der Greis ... wußte sicherlich nichts über die Hintergründe, die zur Verurteilung der Freimaurerei führten. Er nahm an den Diskussionen der Kongregation keinen Anteil und wurde über die in seinem Namen veröffentlichte Bulle57 wahrscheinlich gar nicht informiert.“

Faßt man die einzelnen Beschuldigungen zusammen, ergeben sich folgende Schwerpunkte:

–   Die Freimaurerei stelle eine Vereinigung von Menschen „aller Religionen und Sekten, die mit einer gewissen Art von natürlicher Rechtschaffenheit zufrieden sind“, dar.

–   Ihr Zusammenleben werde durch „ein enges und geheimnisvolles Bündnis nach festgelegten Gesetzen und Statuten“ geregelt und vor der Öffentlichkeit geheimgehalten, wozu sie sowohl „durch einen auf die Heilige Schrift abgelegten Eid als auch durch die Androhung schwerer Strafen“ verpflichtet seien.

–   Derartige Zusammenschlüsse verursachen „schwere Schäden“ an „der Ruhe des Staates“, weshalb „die erwähnten Gesellschaften von den weltlichen Obrigkeiten als für die Sicherheit des Staates gefährlich geächtet“ worden sind.

–   Diese „schweren Schäden“ würden auch dem Seelenheil zugefügt.

–   Und „auch aus anderen Uns bekannten, gerechten und vernünftigen Gründen“ verbiete man

–   allen Christen, „sowohl Laien wie Welt- und Ordensgeistlichen“, derartigen Gesellschaften in irgendeiner Form beizutreten, diese zu unterstützen oder diesen Möglichkeiten zur Zusammenkunft zu bieten, „unter der Strafe der Exkommunikation“, von der nur der Papst loszusprechen vermöge.

Als Beweis einer für Staat und Kirche gleichsam gültigen Unrechtsvermutung wird grundsätzlich die durch Eid und Strafandrohung statuierte Verschwiegenheitspflicht der Freimaurer festgehalten, denn „wenn sie nichts Böses täten, so würden sie nicht so sehr das Licht hassen“. Als zusätzlichen religiösen Aspekt der Verurteilung führt die Bulle die Vereinigung von Menschen „aller Religionen und Sekten, die mit einer gewissen Rechtschaffenheit zufrieden sind“, an. Damit wird deutlich, daß man von römischer Seite zumindest die Alten Pflichten von 1723 genau gekannt hat.58 Dort heißt es im ersten Abschnitt, daß der Maurer zu der Religion verpflichtet sei, in der alle Menschen übereinstimmen, und daß er „durch seinen Beruf“ verpflichtet sei, „dem moralischen Gesetz zu gehorchen“. Auffallend und schwer deutbar ist der – so Mellor59 – kleine, dunkle Satz von den anderen „bekannten, gerechten und vernünftigen Gründen“, der unmittelbar vor der Verurteilung und Strafandrohung steht.

Die Bedeutung des Geheimnisses und der damit verbundenen Verschwiegenheitspflichten spiegelt sich im Eid, den der Suchende bei seiner Aufnahme abzulegen hat und der zeitbedingt barocke Wucht besessen hat.

„Ich schwöre und gelobe hiemit feierlich, in Gegenwart des Allmächtigen Gottes und dieser sehr ehrwürdigen Versammlung, daß ich die Geheimnisse und die Geheimhaltung der Maurer oder der Maurerei, die mir enthüllt werden sollen, wahren und verbergen und niemals enthüllen werde, außer einem wahren, rechten Bruder, nach gehöriger Prüfung, oder in einer gerechten, ehrwürdigen Loge von wohlversammelten Brüdern.

Ich verspreche und gelobe überdies, daß ich sie nicht schreiben, drucken, zeichnen, schnitzen oder gravieren oder in Holz oder Stein schreiben, drukken usw. lassen werde, so daß ein sichtbares Zeichen oder Eindruck eines Buchstaben erschiene, durch den das Geheimnis unberechtigt in Erfahrung gebracht werden könnte.

Alles das unter keiner geringeren Strafe, als daß mir der Hals abgeschnitten, meine Zunge aus dem Mund entfernt, mein Herz unter meiner linken Brust ausgerissen werde, um im Sand des Meeres vergraben zu werden, in der Entfernung eines Kabeltaues vom Ufer, wo die Gezeiten zweimal in 24 Stunden kommen und gehen, mein Leib zu Asche verbrannt und meine Asche auf der Erdoberfläche verstreut werde, so daß von mir unter Maurern keine Erfahrung mehr bleibt. – So wahr mir Gott helfe.“

Der erste Absatz dieses bereits 1730 in der klassischen Schrift von Prichard publizierten Eides umschreibt die absolute Geheimhaltung des sogenannten „maurerischen Geheimnisses“ innerhalb der Arkandisziplin, während der zweite Abschnitt lediglich die Ausdehnung der Verschwiegenheitspflicht auf die damals bekannten Publikationsmöglichkeiten und Techniken zum Ausdruck bringt. Der dritte Abschnitt ist der symbolischen Strafandrohung im Falle des Eidbruches gewidmet, die Anrufung Gottes schließt den Eid ab.

Eugen Lennhoff und Oskar Posner machen darauf aufmerksam, daß die Einführung des Eides auf Hals, Herz und Eingeweide in den englischen Logen erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts erfolgt ist60, wobei die gradspezifischen Zeichen, die auch heute noch im Lehrlings-, Gesellen- und Meisterzeichen wiederholt werden, gleichsam die Teile der Strafandrohung verdeutlichen. Neben einer ausdrücklichen Bestrafung jenes Bereiches, der den Eid bricht (Kopf, Verstand; Zunge für das Sprechen), kommt es zu der Friedloslegung des Herzens (als Sitz des Geheimnisses) und des restlichen Körpers, von dem im Sinne einer „damnatio memoriae“ nichts, ja nicht einmal eine Begräbnisstätte übrigbleiben soll.

Die Bilderwelt findet auch in den Bereichen des Rituals ihren Niederschlag, die um das freimaurerische Geheimnis angesiedelt sind. Nach Prichard gibt die Antwort auf die Frage „Welches sind die Geheimnisse eines Maurers?“ folgende Wechselrede im Lehrlingsgrad:

„Zeichen, Merkmale und verschiedene Worte.

–   Wo verwahrt Ihr die Geheimnisse?

–   Unter meiner linken Brust.

–   Habt Ihr einen Schlüssel zu den Geheimnissen?

–   Ja.

–   Wo verwahrt Ihr ihn?

–   In einer knöchernen Büchse, die nur durch elfenbeinerne Schlüssel kann geöffnet und verschlossen werden.

–   Hängt er oder liegt er?

–   Er hängt.

–   Woran hängt er?

–   An...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2016
Reihe/Serie Edition zum rauhen Stein
Verlagsort Innsbruck
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Allgemeines / Lexika
Geisteswissenschaften Geschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Freimaurer • Freimaurerei • Geschichte • Masonerie
ISBN-10 3-7065-5761-4 / 3706557614
ISBN-13 978-3-7065-5761-0 / 9783706557610
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