Goslar 50.000 Einwohner • 255 m
Über 1500 Fachwerk- und Schieferhäuser, dazu Kunstschätze und Kirchen aus Romanik und Gotik, Museen, moderne Skulpturen und ein mächtiges Industriedenkmal am Rammelsberg - Goslar, die alte Kaiserstadt, ist ein bemerkenswerter Teil des Weltkulturerbes.
Nirgendwo sonst sind die Eigenheiten der Region - historischer Bergbau, Fachwerkhäuser und Spuren aus der frühen Kaiserzeit - so einzigartig vereint wie in Goslar: Da ist die gerade einmal einen Quadratkilometer kleine historische Altstadt mit Kopfsteinpflastergassen, mittelalterlichen Kirchen und Tortürmen (und einigen Bausünden aus der Nachkriegszeit). Südlich davon beeindruckt die mächtige romanische Anlage der Kaiserpfalz.
In den stillen Gässchen der Oberstadt herrscht Spätmittelalter pur. Einen spannenden Kontrast dazu setzen die in der Stadt verteilten zeitgenössischen Kunstwerke; sie stehen im Zusammenhang mit dem Kaiserring, einem bedeutenden Kunstpreis, der jährlich in Goslar vergeben wird (→ Kasten). Unter diesen Kunstwerken sind auch zehn mit einem Handabdruck versehene Erzbrocken von Christoph Wilmsen-Wiegmann: Diese „Hommage à Rammelsberg“ erinnert an zehn Jahrhunderte Bergbau am Rammelsberg. Das stillgelegte Bergwerk, heute ein einzigartiges Industriemuseum, befindet sich 2,5 km südöstlich der Stadt. Marktplatz mit Kaiserworth und Marktbrunnen
Mit der Entdeckung ergiebiger Silberadern am Rammelsberg Ende des 10. Jh. begann der Aufstieg der kleinen, 922 erstmals erwähnten Siedlung zu einer der bedeutendsten Städte des Kaiserreichs. Der Ottone Heinrich II. gründete hier 1015 eine Kaiserpfalz, es entstanden an die fünfzig Kirchen und Klöster, Silber- und Münzhandel blühten. Im 13. Jh. wurde Goslar Freie Reichs- und Hansestadt. Fast 100 Jahre lang waren sogar die Schürfrechte am Rammelsberg an die Stadt verpfändet, bis sie 1522 an das Herzogtum Braunschweig zurückfielen. Mit den Plünderungen im Dreißigjährigen Krieg setzte 1618 der Niedergang ein. Erst 1859, mit der Entdeckung neuer Erzlager ging es wieder voran. Im 1871 neu gegründeten Deutschen Reich wurde die Kaiserpfalz zum Nationaldenkmal, 1934 ernannten die Nazis Goslar zur „Reichsbauernstadt“, hier inszenierten sie ihre Paraden und Aufmärsche und ließen den Rammelsberg mit seinen kriegswichtigen Metallerzen groß ausbauen. Wegen Erschöpfung der Vorkommen kam für das Silbererzbergwerk 1988 das Aus. Seit 1992 zählen die Gruben und Übertageanlagen zusammen mit der Goslarer Altstadt zum Weltkulturerbe.
Rund um den Marktplatz
Der Marktplatz ist das Herzstück der Goslarer Altstadt und eine Augenweide. An seiner Westseite erhebt sich das gotische Rathaus, das rostrote Patrizierhaus links davon an der Platzsüdseite mit dem Türmchen samt Kaiseradler ist das Gildehaus Kaiserworth, das sich wohlhabende Fernhändler 1494 erbauen ließen. Namensgebender Zierrat sind die acht hölzernen Kaiserfiguren an der Fassade. Unterhalb des Erkers hat sich der Baumeister mit durchlöcherter Hose (als Symbol für seinen kargen Lohn) verewigt. An der Ecke zur Worthstraße hockt auf einer Konsole der kleine „Dukatenscheißer“, Sinnbild für den Reichtum der Fernhändler.
Marktkirche St. Cosmas und Damian
Das mit grauem Schiefer verkleidete Kämmereigebäude aus dem 18. Jh., heute das modern-urbane Hotel-Steakhaus „Schiefer“, zieht vier Mal täglich (9, 12, 15, 18 Uhr) alle Blicke auf sich. Sein Glockenspiel im Giebel stellt dann mit umlaufenden Figuren die Geschichte des Rammelsbergs zum Klang des Steigerliedes dar. Als Erster erscheint Ritter Ramm, dessen Pferd die Erzader entdeckt haben soll.
Strahlenförmig weist das Kopfsteinpflaster des Platzes schließlich auf den Marktbrunnen in der Mitte, dessen zwei Bronzeschalen aus dem 12./13. Jh. stammen. Er wird bekrönt von einem vergoldeten Reichsadler mit frech gespreizten Flügeln.
Rathaus: Der schlichte gotische Steinbau mit den Arkaden zum Marktplatz stammt weitgehend aus dem frühen 16. Jh. Er beherbergt im Erdgeschoss die Touristinformation und im Kellergewölbe ein interaktives Welterbe-Infozentrum (→ Information). Vor dem Eingang an der Südseite steht der „Goslarer Nagelkopf“ (1981), eine der typischen Kopfstelen von Rainer Kriester und Symbol für Verbohrtheit. Im Obergeschoss des Rathauses befinden sich eine riesige Rathausdiele (Däle) mit Sternenhimmel und beeindruckendem Geweihleuchter (15. Jh.), ein bis heute vom Rat der Stadt genutztes Sitzungszimmer sowie der Huldigungssaal, ein Kleinod spätgotischer Raumkunst. 1505-20 wurde er als Ratssitzungssaal eingerichtet und vollständig mit farbenprächtigen Holztafeln, Schnitzereien und Kassettendecke ausgekleidet. Heute kann der kostbare Saal leider nur noch über eine schmale Glaskanzel bestaunt werden. Auf einem interaktiven multimedialen Tisch bzw. via Tablets kann man sich über die Entstehung und das Bildprogramm des Saals informieren. ♦ Tägl. 11.30-16 Uhr. Eintritt 6 €, Kind 4 €. Rathausführung Mai-Okt. und Dez. tägl. 14 Uhr (Dauer 75 Min., 8/5 €). Markt 1, meingoslar.de.
Schuhhof: Der Platz nördlich des Rathauses ist der älteste der Stadt und von malerischen Fachwerkhäusern und den Arkaden des Schuhmacher-Gildehauses gesäumt. Im Sommer gefüllt mit den Tischen der umliegenden Cafés, verwandelt er sich zur Adventzeit in einen romantischen Weihnachtswald.
Marktkirche St. Cosmas und Damian: Goslars wichtigste Pfarrkirche ragt mit ihrem ungleichen Turmpaar hinter dem Rathaus auf. 1151 nach dem Vorbild des einstigen Domes erbaut, wurde sie im 14./15. Jh. um einen gotischen Chor und zwei Seitenschiffe erweitert. Beachtenswert sind die mit Bibelmotiven verzierte Renaissancekanzel (1581) und die neun im linken Seitenschiff ausgestellten, vor 1250 entstandenen romanischen Glasmalereien mit Szenen aus dem Leben der beiden Kirchenpatrone, die zu den ältesten in Deutschland zählen. Bei schönem Wetter lohnt es, die 233 Stufen zur Aussichtsplattform im Nordturm (mit der welschen Haube) aufzusteigen, der Ausblick ist fabelhaft.
♦ Tägl. 10-17 Uhr. Turm April-Okt. und Advent tägl. 11-17 Uhr, sonst nur Sa/So. Eintritt 3 €, Kind 2 €. marktkirche-goslar.de. Auf dem Hohen Weg zur Kaiserpfalz
Der Hohe Weg verbindet den Marktkirchhof mit der Kaiserpfalz. Er erhielt seinen Namen, weil er als Hauptzufahrt in den Pfalzbezirk aufgeschüttet wurde.
Kaiserworth, Reichsadler, Butterhanne
Bäckergildehaus, Brusttuch: Gegenüber den Türmen der Marktkirche stehen zwei imposante Fachwerkhäuser: rechts etwas zurückversetzt das Bäckergildehaus von 1557, links am Hohen Weg 1 das markante Brusttuch, ein Patrizierhaus von 1521, dessen Name sich vom trapezförmigen Grundriss ableitet. Im Erdgeschoss ein massiver Steinbau, zeigen die Schnitzereien im Fachwerkgeschoss Figuren aus Mythologie und Alltag, darunter ein Wahrzeichen Goslars, die „Butterhanne“: Die Magd, die mit einer Hand buttert und mit der anderen frech das Gesäß entblößt, ist die vierte Figur von links direkt unterhalb des Daches.
Großes Heiliges Kreuz: Das sehenswerte Ensemble liegt auf halbem Weg zwischen Marktkirche und Kaiserpfalz. Es wurde 1254 als Hospiz für Pilger, Kranke und Bedürftige gegründet, deren Schlafstätten in der Haupthalle (sog. Däle) gleich hinter dem Eingangstor lagen. Mit Balkendecke und Steinpflaster wirkt sie bis heute mittelalterlich. Gottesdienste fanden in der Johanneskapelle statt. Die kleinen, auf zwei Geschosse verteilten „Pfründnerstübchen“ auf der rechten Seite der Däle wurden in der Barockzeit eingebaut - Bürger konnten hier gegen Abtretung ihres Vermögens den Lebensabend verbringen. Heute dienen sie Kunsthandwerkern als Verkaufswerkstätten (→ Einkaufen). Von der Däle gelangt man links über den Hof zum einstigen Küchentrakt mit weiteren Ateliers und zum Betonfigurenpaar „Freut euch des Lebens“ (1997), einem originellen Sitzmöbel von Vera Keune. ♦ Mi-So 11-17 Uhr. Hoher Weg 7.
Großes Heiliges Kreuz: einst Hospiz, heute Kunsthandwerkerhof
Museumsufer: Ein Abstecher vom Hohen Weg entlang des in Mauern gefassten Flüsschens Abzucht führt zum sog. Kulturmarktplatz mit dem Goslarer Museum. Dieses informiert in einem Herrenhaus von 1514 umfassend über die Stadtgeschichte und Geologie der Region; Höhepunkte sind der Krodoaltar aus Rammelsberger Kupfer (12. Jh.) aus...