Unterwegs in Lissabon
Im Zentrum Lissabons
Tour 1
Zwischen dem Rossio und der Praça do Comércio liegt das Geschäfts- und Bankenviertel Lissabons, die Baixa. Mit ihren nach dem Erdbeben von 1755 auf dem Reißbrett entworfenen Straßenzügen ist sie ein einzigartiges Beispiel der Architektur des 18. Jh. Oberhalb der Baixa stoßen wir auf den Chiado, das klassische Einkaufsviertel der Stadt.
Unterstadt trifft klassisches Einkaufsviertel
Baixa und Chiado
Bis zum Erdbeben von 1755 war die Baixa wie die Alfama ein Labyrinth aus kleinen Gässchen. Da die Unterstadt auf sumpfigem, dem Tejo abgerungenem Gelände erbaut worden war, zeigten hier die Erdstöße besonders verheerende Wirkung. Viele nach dem Beben noch stehen gebliebene Gebäude zerstörten der anschließende Großbrand und die Tsunami-Welle.
Anstatt die Unterstadt im gleichen Grundriss wiederaufzubauen, entschloss sich der damalige Premierminister Marquês de Pombal dazu, die Baixa im Geist der Aufklärung völlig neu zu gestalten (→ Kasten „Marquês de Pombal“). Die von ihm beauftragten Architekten entwarfen ein Schachbrett mit je neun Längs- und neun Querstraßen. Jede Straße war für die Ansiedlung eines bestimmten Gewerbes vorgesehen, wovon Namen wie Rua dos Sapateiros (Schuhmacherstraße) oder Rua dos Correeiros (Sattlerstraße) zeugen. Die einzelnen Häuser wurden weitgehend erdbebensicher in Ständerbauweise errichtet. Noch heute wird das Viertel zu Ehren seines Wiedererbauers Baixa Pombalina genannt. In den Straßen des z. T. verkehrsberuhigten Viertels findet man Juweliere und Modeboutiquen, Cafés und Restaurants, aber auch noch alte Kurzwarenläden. In der Rua Augusta, der zentralen Achse der Baixa, reihen sich exklusive Modegeschäfte, Andenken- und Delikatessenläden aneinander. Flanierende Menschen, Straßenhändler, aber auch Bettler bestimmen hier das Straßenbild. Im geschäftigen Durcheinander werden oft die kunstvollen schwarzen Muster auf dem weißen Straßenpflaster übersehen, in denen sich die Geschäfte verewigt haben.
Tagsüber herrscht reges Treiben, wenn die Geschäfte und Banken abends geschlossen sind, wirkt das Viertel dagegen deutlich leerer. Die zunehmende Umwandlung von Wohn- in Büroraum hat dazu geführt, dass kaum jemand mehr in der Baixa lebt. In den letzten Jahren ist aber durch neue Hostels, Hotels und Restaurants wieder mehr Leben in die Baixa gekommen.
Der Chiado war einst das Intellektuellen- und das vornehmste Einkaufsviertel Lissabons. Leider fielen hier 1988 die beiden berühmtesten Kaufhäuser Lissabons, Grandella und Grandes Armazéns do Chiado, einem Brand zum Opfer. Die Schäden sind unter Leitung des Stararchitekten Álvaro Siza Vieira behoben worden und neue Geschäfte in die restaurierten Gebäude gezogen. Trotz seines neuen Gewandes vermittelt der Chiado nach wie vor einen Eindruck seiner einstigen Ehrwürdigkeit. Gut zu spüren ist sie am Largo do Chiado. Der quirlige Hauptplatz des Viertels wird von zwei Kirchen gesäumt: auf der Seite zum Tejo von der neoklassizistischen Igreja da Encarnação und direkt gegenüber von der Igreja do Loreto aus dem 16. Jh. Dazwischen wurde der Namensgeber des Stadtteils, der Mönch und Volksdichter António Ribeiro Chiado (16. Jh.), in Form einer Statue verewigt.
Nicht weit davon entfernt sollte man an der Ecke Rua da Trindade/Largo Rafael Bordalo Pinheiro einen Blick auf die Hausfassade werfen. Sie hat der Künstler Rafael Bordalo Pinheiro (1846-1905) mit bemalten Fliesen, die in Portugal Azulejos genannt werden, verziert. Allegorische Figuren wie die Erde und das Wasser schmücken den 1., Industrie und Handel den 2. Stock. Ganz oben erblickt man einen achtzackigen Stern mit Auge und Pyramide - Symbole der Freimaurer.
Sehenswertes
Uferpromenade zum Flanieren
Ribeira das Naus
Über eine breite Promenade kann man am Ufer des Rio Tejo vom Bahnhof Cais do Sodré bis zur Praça do Comércio schlendern. In ihrer Mitte befand sich bis Anfang des 20. Jh. die Werft der königlichen portugiesischen Marine, der Arsenal Real da Marinha. Die lange verschütteten Trockendocks hat die Stadt 2014 wieder freigelegt, als sie den Uferbereich fußgängerfreundlich umgestaltet hat. Am östlichen Ende der Avenida da Ribeira das Naus kann man sich auf die Treppen des Cais das Colunas, des „Säulenkais“, setzen, den an- und ablegenden Fähren zuschauen und die Flussluft schnuppern. Vor allem bei Sonnenuntergang ein romantisches Szenario, bei Ebbe riecht es hier allerdings auch stark nach Brackwasser.
(M) Cais do Sodré und (M) Terreiro do Paço.
Einer der schönsten Plätze Europas
Praça do Comércio
Wie zum Zeichen der engen Verbundenheit Lissabons mit dem Tejo ist der quadratische Platz auf seiner Südseite zum Fluss hin geöffnet. Die anderen drei Seiten sind von Gebäuden mit prächtigen Arkadengängen gesäumt, in denen sich zahlreiche Restaurants und Cafés sowie einige Ministerien befinden.
Für viele ist er der eleganteste Platz Lissabons und einer der schönsten Europas. An seiner Westseite stand bis zum verheerenden Erdbeben von 1755 der Königspalast. Entsprechend wurde er damals noch Terreiro do Paço (Palastplatz) genannt, eine Bezeichnung, die sich bis heute im Volksmund gehalten hat.
In der Platzmitte erhebt sich ein 1774 errichtetes Reiterstandbild von König Dom José I., der seinen Blick auf den Tejo richtet. Unterhalb von Reiter und Pferd ist auf einem Medaillon der Erbauer der Baixa, Sebastião José de Carvalho (alias Marquês de Pombal), verewigt. Die Statue wird gerne als Treffpunkt genutzt und lohnt einen genauen Blick: Man entdeckt neben dem Pferd auch einen Elefanten und Schlangen.
(M) Terreiro do Paço.
Triumphbogen
Arco da Rua Augusta
Auf der Nordseite der Praça do Comércio bietet der erst 1873 fertiggestellte Triumphbogen Zugang zum Zentrum der Baixa. Auf ihm haben wichtige Persönlichkeiten der portugiesischen Geschichte ihren Platz gefunden: rechts der Marquês de Pombal und Vasco de Gama, links der Lusitanerheld Viriato und Nuno Álvares Pereira, der Heerführer bei der Schlacht von Aljubarrota im Jahr 1385 gegen die Spanier.
Mit dem Aufzug gelangt man von einem Nachbarhaus auf der Ostseite der Rua Augusta in den 2. Stock. Über enge Stufen (beim Auf- und Abgang das Ampelsystem beachten) erreicht man die Aussichtsplattform auf dem Triumphbogen. Hier bietet sich ein sehr sehenswerter Rundblick auf das gitterförmig angelegte Straßennetz der Baixa, die Praça do Comércio sowie die beiden gegenüberliegenden Hügel der Alfama und der Oberstadt Bairro Alto.
Im Gegensatz zu den anderen Aussichtspunkten Lissabons schwebt der Beobachter hier weniger „über den Dingen“, er ist vielmehr „mittendrin“.
Rua Augusta, 2-10, Tel. 210998599, visitlisboa.com. (M) Terreiro do Paço. Tägl. 10-19 Uhr. Letzter Einlass 30 Min. vor Schluss. Eintritt 3,50 €, bis 5 J. frei. Stadtgeschichte audiovisuell
Lisboa Story Centre
Die Ausstellung präsentiert die Stadtgeschichte anhand von lebensgroßen Figuren und Videos - geführt wird man per Audioguide (auch auf Deutsch). Leider ist der Großteil der Ausstellung sehr oberflächlich, ganz im Gegensatz zum tiefen Griff in den Geldbeutel, der für die Eintrittskarten nötig ist. Skandalös unkritisch wird das Zeitalter der Entdeckungsfahrten präsentiert: Die Sklaverei wird gar nicht erwähnt, die Kolonialisierung der Gebiete in Afrika, Asien und Amerika ausschließlich positiv geschildert.
Lohnend ist dagegen der umfangreiche Bereich zum Erdbeben von 1755. Ein Kinofilm auf drei Leinwänden macht Erschütterungen, Feuersbrunst und Tsunami sehr anschaulich. Karten verdeutlichen, welchen städtebaulichen...