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Paincakes und andere Kuriositäten (eBook)

Die Wanderjahre des Elyseo da Silva
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
220 Seiten
tolino media (Verlag)
978-3-7394-9445-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Paincakes und andere Kuriositäten -  Elyseo da Silva
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'Letztlich sind wir, egal wo wir leben, vor allem eins: Menschen.'

Romanschriftsteller Elyseo da Silva bereist drei Kontinente. Seine Ausrüstung: ein schmales Budget und ein breites Lächeln.

Er erwandert die 800 Kilometer des Camino de Santiago, fürchtet sich vor Pumas und Bären auf Vancouver Island, schlottert in indischen Nachtzügen vor Kälte, überlebt das Trampen über georgische Serpentinenstraßen und macht Bekanntschaft mit der berühmten persischen Gastfreundschaft.

In Paincakes und andere Kuriositäten erzählt er einfühlsam, ungeschönt und persönlich von diesen Reisen - und den Menschen, die ihm dabei begegnen: Seien dies Vijay, der Shoe-Shining-Boy aus Mumbai, der ihm das schönste Geschenk seines Lebens macht; die 80-jährige Helen, eine alleinreisende Dame, die in männlicher Gegenwart gern Anfälle akuter Gebrechlichkeit vortäuscht, oder andere liebenswerte Zeitgenossen.

Ein ums andere Mal aber begegnet er bei diesen Abenteuern vor allem einem: sich selbst.


Triggerwarnung: Im Kapitel 'Istanbul Teil II' wird auf den ersten drei Seiten explizit das Schlachten eines Tieres beschrieben.



<p>Elyseo da Silva, Jahrgang 1976, richtete sein Leben seit Ende der Schullaufbahn auf ein einziges Ziel hin aus: das Schreiben. </p> <p>Vielfältige Lebenskonzepte ermöglichten ihm über Jahre hinweg, seine Inspiration auf Reisen zu suchen. "Paincakes und andere Kuriositäten" gewährt dem Leser Einblick in diese "Wanderjahre".</p> <p>Im Jahre 2016 veröffentlichte Elyseo da Silva seinen Debüt-Roman "Mosaik der verlorenen Zeit".</p> <p>Derzeit lebt und schreibt er in Lissabon.</p>

Vancouver Island 2013


Vorbemerkung:


In den Jahren nach meiner Rückkehr aus Spanien arbeitete ich in Köln als freiberuflicher Deutschlehrer. Um mir genügend Zeit zum Schreiben einzuräumen, kaufte ich mich zweimal pro Jahr frei. Diese Zeit verbrachte ich im Ausland – mit Abstand am häufigsten in Lissabon – und widmete mich dem Schreiben meiner Romane.

Drei Jahre nachdem wir uns auf dem Camino de Santiago kennengelernt hatten, verbrachte ich in diesem Rahmen zwei Monate bei John und den Erins in British Columbia, Kanada. Da ich während meines Aufenthalts dort das Mosaik der verlorenen Zeit beendete, traten meine Aufzeichnungen über die Reise selbst in den Hintergrund. Dennoch habe ich mich entschieden, euch diese Bruchstücke nicht vorzuenthalten.

Blütenmeer und Umzugskartons


4. April 2013

24 Stunden von Tür zu Tür, dieser Reisemarathon liegt nun glücklicherweise hinter mir. Zunächst ging es von Düsseldorf nach Toronto, ein achtstündiger Flug, auf dem ich dummerweise den einzigen Platz erwischte, wo unter dem Vordersitz eine überdimensionierte Eisenbox ihr Zuhause gefunden hatte. Das bedeutete, dass ich über acht Stunden versuchte, meine Füße irgendwo hinzuquetschen, ohne mir dabei das Blut abzudrücken, was sich als Kunstform für sich erwies. Füße auf den Gang ging nicht – es sei denn ich wollte die vorbeilaufenden Stewards und Stewardessen zu Fall bringen. Unter dem Sitz wurde es also eng. Überhaupt konnte ich die ganze Situation nur lösen, indem ich ein Kissen zwischen Unterschenkel und Eisenbox platzierte. Hinzu kamen zwei ausgesprochen ungesellige Nachbarn zu meiner Linken, die während der acht Stunden kein einziges Wort wechselten, weder miteinander geschweige denn mit mir.

Zum Glück leben wir im 21. Jahrhundert und eine Auswahl an Filmen sorgte für Unterhaltung. In Toronto angekommen hatte ich zwei Stunden Zeit und nutzte diese produktiv, indem ich in Kettenrauchermanier meinen Nikotinspiegel in die Höhe trieb (drei Zigaretten in Folge wären mir unter normalen Umständen zu viel). Draußen blies ein eisiger Wind, gepaart mit gelegentlichem Schneefall.

Weiter ging es dann in Richtung Vancouver, diesmal nicht mit der Lufthansa, sondern mit Air Canada, wo man nur gegen Entgelt mit einer Mahlzeit versorgt wurde. Unterdessen war ich jedoch so müde, dass es mir gelang, ein wenig zu schlafen. So verging die Zeit bis zum spektakulären Landeanflug auf Vancouver verhältnismäßig rasch.

Die kanadischen Einreiseformalitäten hatte ich bereits in Toronto hinter mich gebracht, dass in Vancouver niemand mehr meinen Pass sehen wollte und John bis ans Gepäckband kommen konnte, um mich in Empfang zu nehmen, überraschte mich allerdings.

Fast schon angekommen, dachte ich – die Fährfahrt hinüber auf die Insel würde bloß anderthalb Stunden dauern. Wie naiv ich war. Die Fähre legte natürlich nicht direkt vom Flughafen ab (hätte ich mir eigentlich denken können). Insofern hieß es zunächst mit Skytrain und Bus zur Fähre zu gelangen, dann die Fährfahrt hinüber auf die Insel und, wer hätte es geahnt, eine weitere Busfahrt von knapp einer Stunde bis nach Victoria. Zu diesem Zeitpunkt allerdings schockte mich nichts mehr, ich war erschöpft und nickte immer wieder ein, Kopf nach hinten, Mund weit geöffnet. Nun hatte ich es aber tatsächlich beinahe geschafft.

Was einige Stunden Schlaf für die Laune bewirken können!

Zunächst erwachte ich gegen fünf Uhr nachts, schaffte es aber bis halb neun weiterzuschlafen, nachdem ich mir im Kopf eine To-do-Liste für den folgenden Tag zurechtgelegt hatte. Dies nicht ohne Grund: John war erst tags zuvor in die Wohnung eingezogen, sodass wir gemeinsam umgeben von Stapeln von Umzugskartons auf einer Matratze auf dem Boden nächtigten. Ich hatte keinerlei Vorstellung, wie wir in diesem Chaos leben sollten!

Wenn ich das Gefühl habe, vor einem diffusen Berg nicht zu bewältigender Aufgaben zu stehen, helfen solche Listen mir dabei, nicht den nötigen Optimismus zu verlieren.

So auch gestern – John meinte zunächst, er sei kein Listentyp, freundete sich aber schnell mit dem Gedanken an, vor allem, da Kaffeetrinken und Frühstücken ganz oben auf meiner Liste standen.

Wir gingen in ein hübsches Restaurant und ich bestellte mir Pancakes mit Ahornsirup, was, wie John mir schnell klarzumachen verstand, hauptsächlich in meinem Kopf ein typisch kanadisches Frühstück war. Das war mir allerdings gleich und ich genoss das Gefühl, das mir die Pancakes vermittelten, nämlich nach langer Zeit wieder in Amerika zu sein.

Unser beider Stimmung war nach vier Kaffee auf dem Höhepunkt und wir starteten einen ausgesprochen produktiven Tag, der dazu führte, dass wir nun ein Bett und eine Schlafcouch in der Wohnung haben, zudem ein Bücherregal, Grundnahrungsmittel und einen Aschenbecher. Außerdem habe ich jetzt einen eigenen Schlüssel, was sofort dazu beitrug, dass ich mich mehr zu Hause zu fühlte.

Hier ist es wunderschön, was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass alles blüht und ich gestern im Pulli draußen herumlaufen konnte, ohne zu frieren. Die Menschen sind herzlich und offen. Bislang vermittelt mir jeder den Eindruck, willkommen zu sein.

Von unserer Wohnung bis zum Meer ist es eine Viertelstunde zu Fuß, sodass ich gestern Abend, obwohl ich nach unserem vollgepackten Tag hundemüde war, noch einen kleinen Spaziergang dorthin unternahm. Am Strand beobachtete ich einige Otter, die im Wasser planschten, über mir kreisten Möwen und für den Fall, dass ich einem Bären begegnen würde, hatte ich mir bereits Johns Strategie angeeignet: bellen und mich groß machen, um den Unhold in die Flucht zu schlagen. Zugegebenermaßen stand dies gestern Abend nicht zu befürchten. Auf dem Nachhauseweg begegnete mir ein Mann, der über einen Zaun hinweg etwas zu beobachten schien. Neugierig blieb ich stehen und fragte ihn, was er da sähe. „Eulen“, erwiderte er und deutete mit dem Finger ins Halbdunkel. Ich kniff die Augen zusammen, konnte jedoch nichts erkennen. Verdammt! Ich hatte noch nie Eulen gesehen!

Zeit, der Eitelkeit abzuschwören und meine Brille zu tragen. Hier gibt es Tiere. Und ich will sie sehen, verdammt noch mal! Das heißt also, ab sofort Brille.

Während John abends noch ausging, musste ich dringend schlafen – habe offenbar Jetlag. Dafür war ich heute bereits um halb sieben Uhr morgens joggen, das erste Mal seit Monaten. Gut, dies hier gleich zu Beginn wieder angefangen zu haben. Die Lage unserer Wohnung ist dafür ideal – bis zum Beacon Hill Park sind es hundert Meter. Der Park selbst führt direkt bis zum Ozean. Ich wäre selbst schuld, wenn ich diese Gelegenheit ungenutzt ließe.

Revoltierende Omis und menschenfressende Raubkatzen


14. April 2013

Ich kann revoltierende deutsche Großmütter auf Kanadas Straßen sehen. Mit zornesroten Gesichtern protestieren sie gegen Milch- und Käsepreise.

Was ist aus dem guten, alten Milchsee geworden? Wo ist der Butterberg abgeblieben? Und wie in Gottes Namen heißt das Äquivalent dazu in Käseform?

Vor den Regalen kanadischer Supermärkte jedenfalls lobe ich mir die viel gescholtene EU-Agrarsubventionspolitik. Offenbar scheint sie doch eines zu verhindern, nämlich radikale Preissteigerung durch Monopol-Bildung. (Interessant in diesem Zusammenhang, dass es 37 Jahre dauerte, bis ich verstand, dass der Name des beliebten Brettspiels Monopoly nichts anderes bedeutet als Monopol – wie offensichtlich müssen Dinge sein?)

Dem Discounterpreis-gewohnten Deutschen jedenfalls schaudert, wenn es zuschlagen heißt, weil das Kilo Käse on sale ist und dementsprechend nur 25 Dollar kostet (was in etwa 20 Euro entspricht).

Glücklicherweise schaffe ich es unterdessen, kaum noch darüber nachzudenken und einfach sorgenfrei zu konsumieren, wie sich das für einen Mitteleuropäer schickt. Außerdem kaufe ich prinzipiell Mengen ein, die die durchschnittliche kanadische Großfamilie ernähren könnten – das ist nämlich billiger. Mein Mitbewohner aus Köln, der mich unlängst fragte, ob ich Anteile an einem Molkereibetrieb erworben hätte, als er den Milchvorrat im heimischen Kühlschrank begutachtete, wird bestätigen können, dass es kein Problem für mich ist, vier Liter Milch zu vertilgen. Weshalb also nicht gleich im Kanister kaufen?

Meine anfängliche Panik vor finanziellem Ruin jenseits des großen Teiches hat sich unterdessen in eine subtile Furcht verwandelt, die ich immer besser in den Griff zu bekommen lerne. Nein, ich werde nicht Opfer des amerikanischen Alb-Traumes werden, denn ich war ja niemals Millionär. Meine Teller wasche ich ohnehin, diesbezüglich steht also keine Verschlimmerung zu befürchten.

Habe ich kurz nach meiner Ankunft noch in höchsten Tönen den kanadischen Frühling gelobt, muss ich dieses Urteil leider als voreilig revidieren. Gewiss, es gab da diesen ersten Tag, heute nenne ich ihn gerne den Tag vor dem Wintereinbruch.

Die Kälte kehrte zurück.

Trotzdem grünt und blüht alles. Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht von Sonne, über Regen, Sturm, blauen Himmel, grauen Himmel bis hin zu Hagel alles haben.

Nach ein paar Tagen gewinne ich erste Eindrücke von kulturellen Unterschieden zwischen Deutschland und Kanada.

Uns Deutschen wird ja oft emotionale Kälte nachgesagt, nicht selten gepaart mit einem Mangel an Begeisterungsfähigkeit. Ich habe mich schon oft gefragt, weshalb wir so wahrgenommen werden. Nachdem ich mich nun, nach beinahe siebzehn Jahren, wieder auf...

Erscheint lt. Verlag 27.4.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
Reisen Reiseberichte
Schlagworte Armenien • Camino de Santiago • Georgien • Gesellschaftskritik • Indien • Iran • Kanada • Reisen als Homosexueller • Selbstfindung • Tagebuch
ISBN-10 3-7394-9445-X / 373949445X
ISBN-13 978-3-7394-9445-6 / 9783739494456
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