Finnland (eBook)
168 Seiten
tredition (Verlag)
9783347016286 (ISBN)
Geboren 1959 in Bonn. Nach dem Abitur endete ein Studium der Politikwissenschaften, Philosophie und osteuropäischen Geschichte in Bonn und Genf mit einem MA-Abschluß und es begann ein bunter beruflicher Lebenslauf zwischen Politik und Kultur. Nach erfolgreichen Jahren als Unternehmerin ist Katharina Füllenbach mittlerweile im Ruhestand und mehrere Monate im Jahr als alleinreisende Frau in der Welt unterwegs. Die von Katharina Füllenbach herausgegebene Buchreihe REISEPOSTILLEN umfasst inzwischen 9 Bände. Bisher erschienen sind Reiseberichte zu: OSTTÜRKEI - Frühjahr 2016, IRAN - Herbst 2016, TOGO - Winter 2016, KIRGISTAN - Frühjahr 2017, die KRIM - Herbst 2017. RUSSLAND - Herbst 2018, UGANDA - Wiinter 2018, USBEKISTAN - Herbst 2019, KATAR - WINTER 2019. Im Mai/Juni 2020 erscheint als 10. Buch Füllenbachs Bericht über eine sechswöchige Reise durch ERITREA.
Geboren 1959 in Bonn. Nach dem Abitur endete ein Studium der Politikwissenschaften, Philosophie und osteuropäischen Geschichte in Bonn und Genf mit einem MA-Abschluß und es begann ein bunter beruflicher Lebenslauf zwischen Politik und Kultur. Nach erfolgreichen Jahren als Unternehmerin ist Katharina Füllenbach mittlerweile im Ruhestand und mehrere Monate im Jahr als alleinreisende Frau in der Welt unterwegs. Die von Katharina Füllenbach herausgegebene Buchreihe REISEPOSTILLEN umfasst inzwischen 9 Bände. Bisher erschienen sind Reiseberichte zu: OSTTÜRKEI - Frühjahr 2016, IRAN - Herbst 2016, TOGO - Winter 2016, KIRGISTAN - Frühjahr 2017, die KRIM - Herbst 2017. RUSSLAND - Herbst 2018, UGANDA - Wiinter 2018, USBEKISTAN - Herbst 2019, KATAR - WINTER 2019. Im Mai/Juni 2020 erscheint als 10. Buch Füllenbachs Bericht über eine sechswöchige Reise durch ERITREA.
Turku
Schon vor zwei Tagen habe ich im Hauptbahnhof die Bahnfahrkarte von Helsinki nach Turku gekauft und bin dort wieder der entspannten, zurückhaltenden Freundlichkeit begegnet, die bisher alle kennengelernten Einheimischen auszeichnet: Keine gestresste Wortarmut, sondern große und freundliche Bereitwilligkeit, der Orts- und Systemunkundigen Auskunft zu geben und ziemliche Langmut bei den endlosen Rückfragen, die genau diese Ahnungslosigkeit unterlegten. Alles einfach sehr sehr nett.
Meine Abreise aus der bisherigen Unterkunft, ein Zwei-zimmer-Hotelappartement mit Küchenzeile und Bad, ist unkompliziert und wird nur durch meine haltlose Neigung erschwert, wirklich jeden Programmzettel, jede noch so kleine Broschüre aufzubewahren und am Ende mit nach Hause zu nehmen. Es gibt Menschen, die einfach alles sammeln und ich bin einer davon. Wieder daheim werden diese Ephemera in der Regel nie wieder angeschaut, aber auch nach Jahren bringe ich es nicht übers Herz, eine wiedergefundene Tüte oder einen zufällig geöffneten Schuhkarton voller inzwischen überholter Zettel und Prospekte wegzuwerfen. Ich stelle mir immer vor, dass man irgendwann, in einer mittelfernen Zukunft, in einem knarzigen alten Behältnis diese gedruckten Belege früherer Welten und Reisen findet und sich wundert, was die Menschen damals alles als materialisierte Information weitergegeben haben, wo man doch heutzutage - also in der mittelfernen Zukunft - lediglich den Zeigefinger mit dem implantierten Chip an die Schläfe hält und so die Antwort auf eine bloß gedachte, noch nicht einmal ausgesprochene Frage erhält. Die zukünftigen Generationen werden sich also vielleicht über diese Relikte einer vergangenen Welt freuen und meine Zettelkiste in ein Online-Museum und digitales Archiv aufnehmen, aus dem heraus jeder Interessierte sie dann mit dem Zeigefinger an der Schläfe vor seinem inneren Auge durchblättern kann. Ich sammele all diese Papiere also nicht für mich, sondern für die Nachwelt und deswegen darf nicht der kleinste Kassenabschnitt oder Infofetzen weggeworfen, sondern muss stattdessen mit- und heimgeschleppt werden. _
Genug der futuristischen Abschweife und zurück nach Finnland. Der gebuchte Zug nach Turku fährt in Helsinki auf die Minute genau ab und kommt genauso pünktlich zwei Stunden später nach Durchquerung einer dauerbesiedelten, aber baumreichen Strecke in Turku an. Für den Aufenthalt habe ich diesmal über airbnb ein Zimmer gebucht, das als Untervermietung in einer Studenten-WG angeboten wird. Tatsächlich stellt sich bei der Ankunft heraus, dass die beiden inserierenden Jungs diese Wohnung in einem achtstöckigen Wohnhaus in Stadtzentrum zu ihrer eigenen Wohnung dazu gemietet haben und mit der Kurzzeit-Vermietung der so verfügbaren drei Zimmer einen soliden Zuverdienst generieren.
Zwischen den Bahnhof und dieses Appartement hat die Stadtverwaltung Turku ein bemerkenswertes Hindernis in Gestalt einer riesigen Baugrube an genau der Stelle inszeniert, wo sich den Beschreibungen zufolge bis vor wenigen Jahren noch der zentrale Marktplatz von Turku befand. Ein provisorischer Fußgängertunnel an der Baustelle vorbei endet in einer Anmutung von U-Bahnstation, die sich als Eingang eines Einkaufszentrums entpuppt, durch das man komplett hindurch läuft, um am anderen Ende wieder aufs Trottoir zu gelangen und die Straße weiter hinunter zu gehen. Klingt vollkommen absurd? Das ist es! Man muss sich das Ganze wie eine Art Potsdamer-Platz-Baustelle für Kleinstädte vorstellen: Eine auf allen vier Seiten umbaute gigantische Krater-, Wühl- und Buddellandschaft, in der menschliches Leben jenseits von Baggerfahrern und Arbeitern einfach nur stört. Dem Vernehmen nach existiert die Baustelle seit drei Jahren und dem Augenschein zufolge wird es mindestens drei weitere Jahre dauern, bis dieser Platz für die Bewohner der Stadt wieder nutzbar sein wird. Und solange läuft man eben von Hausnummer 13 zu Hausnummer 17 durch das besagte Einkaufszentrum. _
Für die Stadt Turku existiert zwar keine offizielle Gründungsurkunde mehr, es gilt aber als gesichert, dass ihre Existenz auf Ende des dreizehnten Jahrhunderts zurückgeht und sie damit eine der ältesten Städte Finnlands ist. Ihre von Anbeginn vorhandene Bedeutung für die Region und die schwedischen Herrscher lässt sich unter anderem an dem bereits im Jahr 1300 geweihten Dom und der Errichtung der Burg von Turku ablesen, deren Baubeginn ebenfalls auf Ende des dreizehnten Jahrhunderts datiert wird. Der Dom, zu Beginn als katholische Kirche und Sitz des Bischofs von Finnland geweiht, erlebte die nordische Zuwendung zum lutherischen-evangelischen Glauben eins zu eins. Als Schweden im frühen sechzehnten Jahrhundert den Wechsel zum Protestantismus vollzog, wurde auch der Dom umgewidmet und alle katholischen Attribute entfernt. Unter anderem baute man die Figuren der katholischen Heiligen ab und lagerte sie in der Sakristei, was ihnen bei den teilweise großen Stadtbränden in den folgenden Jahrhunderten das Artefakte-Leben rettete. Heute kann man Teile von ihnen in dem kleinen Dommuseum anschauen, das in einem Seitenchor untergebracht ist und auch sonst lohnt sich der Besuch des Gotteshauses, das in seiner aktuellen Form aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammt und mit einer mächtigen klaren Form den Besucher beeindruckt. (Mir persönlich hat allerdings nicht zuletzt die Dame am Eingang der Kirche imponiert, die mich in Unkenntnis meiner diesbezüglichen Unfähigkeiten nicht nur zum Eintreten, sondern auch zum Singen im Kirchenschiff aufforderte. Dies mit dem Hinweis, die Akustik sei so grandios. Ich habe ihr die schlechte Erfahrung mit meiner Sangeskunst erspart. Nicht aus Rücksicht, sondern weil ich mich ob aller falschen Töne selbst in meinem Alter immer noch rechtschaffen schäme, wenn sie einem anderen zu Ohren kommen.)
Ab dem sechzehnten Jahrhundert residierten die schwedischen Großfürsten in Turku und führten dort ein großzügiges und höfisches Leben. Turkus Aufstieg zur wichtigsten Stadt Finnlands nahm im siebzehnten Jahrhundert weiter Fahrt auf, als unter anderem im Jahr 1623 ein Hofgericht gegründet wurde und 1640 die Akademie von Turku ihre Arbeit als Lehr- und Forschungseinrichtung aufnahm. Im achtzehnten Jahrhundert wiederrum intensivierte Schweden die wirtschaftlichen Aktivitäten in der Region, siedelte zahlreiche Manufakturen an und gründete eine erste Werft, die der Stadt zusätzlichen wirtschaftlichen Auftrieb gab.
Im schwedisch-russischen Krieg fiel Turku 1808 kampflos an Russland und wurde, wie der Rest des Landes, im Friedensvertrag von 1809 von Schweden endgültig an das Zarenreich abgetreten. Turku blieb für den Moment Hauptstadt des damit neugeschaffenen Großfürstentum Finnland innerhalb des russischen Reiches, verlor diese Position aber bereits 1812, als Zar Alexander I. das für seine Bedürfnisse deutlich näher an St. Petersburg gelegene Helsinki zur neuen Hauptstadt dekretierte. Über die in diesem Zusammenhang wegweisenden Bauaktivitäten Carl Ludwig Engels in Helsinki wurde schon berichtet. Sie führten dazu, dass bereits 1819 der Umzug der Verwaltung erfolgte und Turku damit von jetzt auf gleich viel von seiner Wichtigkeit verlor. Ein weiterer schwerer Schub hinein in die Bedeutungslosigkeit stellte ein katastrophaler Brand im Jahr 1827 dar, bei dem Dreiviertel aller Häuser der Stadt innerhalb eines Tages vernichtet wurden. Diese Tragödie war dann auch Anlass für eine Verlegung der Akademie von Turku nach Helsinki, wo sie ab diesem Moment als Universität von Helsinki weitergeführt wurde. Carl Ludwig Engel wiederum wurde mit dem Wiederaufbau Turkus beauftragt. Er konzipierte einen schachbrett-brandsicheren Grundriss für die Stadt und sorgte dafür, dass ausschließlich Steinhäuser im schönsten Klassizismus errichtet wurden.
Erst nach der Unabhängigkeit erhielt Turku im Jahr 1918 mit der Abo-Universität, der einzigen Finnlands, in der auf Schwedisch unterrichtet wird, wieder eine Hochschule. Zwei Jahre später folgte die finnisch-sprachige Universität Turku. Heutzutage sind beide Hochschulen kooperativ nebeneinander im Lehr- und Forschungsbereich aktiv. Die schwedische Universität mit fünftausendfünfhundert Studenten bei eintausendeinhundert Angestellten und einem überwiegend geisteswissenschaftlich orientierten Lehrangebot ist dabei aber bei weitem kleiner aufgestellt als die finnische Universität mit knapp zwanzigtausend Studenten, dreitausendvierhundert Angestellten und einem Fächerangebot, das auch die Natur- und Rechtswissenschaften umfasst. Selbstredend sind zurzeit beide Einrichtungen und alle ihre Institute geschlossen und der Lehrbetrieb findet ausschließlich online statt. _
Aus schwedischer Zeit sind im Stadtzentrum einige wenige Häuser mit maximal zwei Geschossen übriggeblieben. Zudem finden sich, über die Innenstadt verteilt, die Augen streichelnde Bauten von Carl Ludwig Engel aus der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts und einzelne Straßenzüge mit hinreißenden Jugendstilgebäuden. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft erschrickt man in der Turkuer Innenstadt allerdings auch über unzählige gesichtslose Wohnblöcke mit...
| Erscheint lt. Verlag | 25.1.2021 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Reisepostillen | Reisepostillen |
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber |
| Reisen ► Reiseführer | |
| Schlagworte | Ateneum • Die Oodi • Engels • Finnisches Design • Frauenwahlrecht • Fraunereise • Helsinki • Jyväskylä • Kuopio • Lenin Museum • Mannerheim • Mikkeli • Minna Canth • Museum für Design • Oulu • Parvoo • RIISA • Rovaniemi • Taide Museo • Tampere • Tempelkirche Helsinki • Turku • Uspenski Kathedrale • Victor Barsokevitsch |
| ISBN-13 | 9783347016286 / 9783347016286 |
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