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San Francisco liegt am Rhein (eBook)

Eine Weltreise durch Deutschland
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
224 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2528-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

San Francisco liegt am Rhein -  Christoph Karrasch
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»Karraschs neuer ?Reiseführer? sorgt für Furore in Pandemie-Zeiten.« Andrea Kahlmeier, Express Noch nie schien die Welt so weit weg wie heute. Da es noch eine Weile dauern wird, bis wir wieder in ferne Länder reisen können, stillt Galileo-Reporter Christoph Karrasch sein Fernweh mit einer ganz besonderen Weltreise: In Deutschland liegen die Strände von Kalifornien und Brasilien direkt nebeneinander, von Russland kann man zu Fuß nach Amerika wandern - und an der Nordsee sieht man die Antarktis und Kamerun am selben Tag. Ganz ohne Reisepass fährt Karrasch Wasserski in der Südsee, singt in japanischen Karaokebars und erfüllt sich hinter den Alpen den Traum vom Fliegen. In der S-Bahn nach Dubai und auf dem Kalimandscharo findet er deutsche Geschichten und erzählt, mal skurril, mal liebenswürdig, von seinen Begegnungen vor Ort. Die deutsche Provinz und die große weite Welt in einem Buch!

Christoph Karrasch, Jahrgang 1984, ist Moderator und Fernsehreporter. 2015 erschien sein erstes Buch #10Tage, der dazugehörige Film wurde mit dem Columbus-Filmpreis ausgezeichnet. Heute steht Karrasch regelmäßig für das ProSieben-Magazin Galileo vor der Kamera und arbeitet als TV-Reiseexperte. Er lebt in Kiel.

Christoph Karrasch, Jahrgang 1984, ist Reisejournalist, Videoreporter und Blogger. Nach einem halben Jahrzehnt beim Radio entschied er sich dafür, die Welt zu bereisen und die Highlights auf seinem Video-Reiseblog "vonunterwegs" festzuhalten. Karrasch wurde mit dem Axel-Springer-Preis für junge Journalisten ausgezeichnet und für den Deutschen Webvideopreis nominiert. Er lebt mit seiner Familie in Kiel.

Der Anfang


Zisch. Fump. Krrrk. Zing.

Zisch. Fump. Krrrk. Zing.

Seit fast acht Stunden ertönte dieses Geräuschquartett neben meinen Ohren, ausgelöst durch die Machete in meiner langsam schwächelnden rechten Hand.

Zisch. Fump. Krrrk. Zing.

Ununterbrochen in genau dieser Reihenfolge, mit etwa zwei bis drei Sekunden Pause nach jedem Durchgang. Das Thermometer zeigte 35 Grad, mir lief der Schweiß ununterbrochen den Körper hinunter. Den Nacken hatte ich mir längst verbrannt, in meinen Handflächen vermischten sich Blut und Dreck. Ich stand irgendwo in Mexiko auf einem Feld, auf das die Sonne ohne Gnade herunterbrannte und dem ich mit jeder weiteren Bewegung noch mehr Schatten klaute. Cedric hielt mit seiner Kamera erbarmungslos drauf, Redakteurin Vanessa stand daneben und fragte frech, ob ich etwa aufgeben wolle.

Für eine Galileo-Reportage wollten wir bei diesem Dreh herausfinden, wie hart die tägliche Arbeit bei der Zuckerrohrernte ist. Das Ganze war als Challenge konzipiert: Als Reporter sollte ich mich der Aufgabe stellen, an einem Arbeitstag mindestens eine Tonne Zuckerrohr zu ernten. Ein Rohr ist bis zu zwei Meter lang und wiegt etwa ein Kilo. Wir sprechen hier also von rund eintausend Machetenhieben am Stück. Akkordarbeit in brütender Hitze, ein absoluter Knochenjob.

Zisch. Beim Schwungholen durchschnitt die Machete die Luft.

Fump. Ich rammte sie in den unteren Teil des Zuckerrohrs.

Krrrk. Das Zuckerrohr brach.

Zing. Beim Rausziehen der Machete tönte die Klinge kurz hell auf. Tausendmal hintereinander. Ich hatte schon angenehmere Jobs.

Das eigentlich Besondere an diesem Tag war aber nicht die Erkenntnis, dass Menschen am anderen Ende der Welt jeden Tag unglaublich harte Arbeit verrichten müssen, damit wir in Deutschland unser Leben so unbeschwert leben können, mit Annehmlichkeiten wie unbegrenzte Mengen Rohrzucker in unseren Supermärkten. Nein, das Besondere war, dass es Donnerstag, der 12. März 2020, war, Tag eins einer neuen Zeitrechnung. Am Tag zuvor hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO den Ausbruch des neuartigen Coronavirus zur weltweiten Pandemie erklärt. Von ihrem späteren Ausmaß hatte keiner von uns auch nur die geringste Vorstellung.

Zisch. Fump. Krrrk. Zing.

Im Sekundentakt der Geräusche, die ich mit der Machete verursachte, landeten neue Meldungen und Entwicklungen zu Covid-19 auf unseren Smartphones. Die Nachrichten aus Deutschland überschlugen sich, gerade war die Rede davon, Restaurants und Schulen zu schließen, man dachte über weitreichende Einreiseverbote nach. Alle sprachen rund um die Uhr über nichts anderes mehr, aber keiner hatte Ahnung oder einen Durchblick.

»Shit«, sagte Cedric in einer Drehpause. »Ich will im April mit meiner Freundin nach New York.«

»Ach, da mach dir mal keine Sorgen«, wiegelte ich ab. »In zwei, drei Wochen sieht das alles schon wieder ganz anders aus.«

Was für eine erstaunlich naive und wirklich völlig realitätsferne Äußerung, im Rückblick. Ich meinte sie in dem Moment aber absolut ernst, weil ich mir – wie viele andere auch – nicht vorstellen konnte, dass es wirklich möglich sein würde, weltweit das öffentliche Leben lahmzulegen. Undenkbar, ausgeschlossen. Nicht zuletzt wegen der Gelassenheit, die auch die Mexikaner um uns herum beim Thema Corona ausstrahlten. Hier war die Pandemie gefühlt noch gar nicht angekommen, es gab gerade mal zwei Dutzend bestätigter Fälle. In Mexiko war Corona zu diesem Zeitpunkt noch immer vor allem ein Bier – und kein Virus, das den Menschen an den Kragen will.

Als wir mit der Arbeit auf dem Feld fertig und zurück in Mexiko-Stadt waren, wurde alles plötzlich sehr hektisch. Wir saßen in einer Hotellobby und mussten mit der Redaktion in Deutschland abstimmen, wie es für uns nun weitergehen sollte. In der Heimat war es bereits mitten in der Nacht, das machte die Kommunikation nicht leichter. Für mich war eigentlich noch ein weiterer Dreh in Mexiko mit einem Kamerateam aus den USA vorgesehen, danach sollte ich mich erneut mit Cedric und Vanessa in Bolivien und Brasilien treffen.

Erste schlechte Nachricht: Die amerikanischen Kollegen sagten mir kurzfristig ab, weil die berechtigte Befürchtung bestand, dass sie später nicht wieder in die USA einreisen dürften. Damit war der Mexiko-Dreh geplatzt. Zweite schlechte Nachricht: Wir erfuhren, dass Bolivien soeben seine Grenzen für Europäer dichtgemacht hatte, also konnten wir auch das knicken. Und der Brasilien-Dreh sollte im tiefsten Amazonas-Dschungel stattfinden. Erst ein Langstreckenflug in die Amazonas-Hauptstadt Manaus, dann ein Propellerflug über den Regenwald und anschließend noch eine mehrstündige Bootsfahrt auf einem Amazonas-Arm, bis wir am Drehort ankommen würden. Vanessa, Cedric und ich schauten uns an und ahnten, dass wir unsere Pläne vergessen konnten.

»Wenn die Einschläge weiterhin so schnell näher kommen«, sagte ich zweifelnd, »dann dürfte es ziemlich unwahrscheinlich sein, dass wir von dort später wieder wegkommen werden.« Die anderen nickten zustimmend. Schließlich stand die Entscheidung fest: Ich sollte den nächsten Flieger nach Hause nehmen. Vanessa und Cedric hingegen wollten noch einen verabredeten Dreh in Rio de Janeiro wahrnehmen, für den sie mich nicht brauchten.

Am 14. März landete ich wieder in Deutschland, vier Tage später die anderen beiden. Sie hatten gerade noch so zwei Plätze ergattern können – in der vorletzten Maschine von Rio nach Deutschland für sehr, sehr lange Zeit.

Dann stand alles still.

Lockdown.

Grenzen dicht, Flugzeuge am Boden. Schulen und Kindergärten geschlossen, genauso Restaurants, Clubs und Kinos. Das öffentliche Leben lag tatsächlich lahm, Deutschland blieb zu Hause. Die Nachrichten blieben auch in den nächsten Tagen und Wochen laut, aber das Leben war so leise wie noch nie. Auch mein Leben. Alle um mich herum waren gesund, das war das Wichtigste. Aber mein Beruf als Auslandsreporter lag schlagartig auf Eis. Eben noch 35 Grad im Schatten, jetzt tiefgefroren. In den letzten zehn Jahren war ich nie länger als ein paar Wochen am Stück zu Hause gewesen. Mein Alltag war aufs Unterwegssein ausgelegt, weil neue Reportagen nicht am Schreibtisch gedreht werden können. Während alle ins Homeoffice gingen, ging ich einfach nur home. Daran musste ich mich erst gewöhnen. Aber mit den Wochen lernte ich, die Zeit in meiner Heimatstadt Kiel als gewonnene Zeit zu verstehen. Ein ungeplantes Runterfahren, ein Zwangs-Sabbatical. Ein Durchatmen, wenn auch ab jetzt nur noch mit Mund-Nase-Bedeckung.

Vielen Menschen in meinem Umfeld kamen Gedanken über eine Neuausrichtung. Ruhe schafft Raum zum Nachdenken. Was habe ich eigentlich? Was mache ich eigentlich? Und macht es mich glücklich? Ein Freund aus der Veranstaltungsbranche sprach plötzlich davon, endlich ein Hostel mit Surfschule in Portugal aufzumachen. Eine Kollegin vom Radio kündigte, um sich endlich ihrer eigentlichen Leidenschaft, der Garten- und Landschaftsarchitektur, zu widmen. Eine Bekannte wollte jetzt endlich beginnen, ihren Roman zu schreiben. In all dem endlich schwang eine große Sehnsucht mit, so oft: »Warum habe ich nicht längst...?«

Pandemie erzeugt Fantasie.

Ich bemerkte bei vielen in der Stille dieser Tage eine sehr inspirierende Energie, weshalb auch ich anfing, meinen Status quo zu hinterfragen. Ich kam allerdings recht schnell zu der Erkenntnis, dass ich genau das mache, was ich machen möchte: unterwegs sein, Reportagen drehen, über das Erlebte berichten. Ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen! Nur leider konnte ich ihn mir gerade wirklich nur vorstellen, und so musste auch ich mich gewissermaßen neu ausrichten. Neue Ansätze finden, neue Ideen schöpfen.

Der Sommer nahte und mit ihm die Gewissheit, dass auch mein Sommerurlaub ins Wasser fallen würde. Die lange geplante USA-Reise konnte nicht stattfinden. Ich musste umdisponieren und fand im Internet ein Ferienhaus an einem See in Ostfriesland. Auch ganz schön, dachte ich. Ostfriesland statt Ostküste. Nordsee statt Niagarafälle. Emden statt Boston. Und »Friesenjung« von Otto statt »Englishman in New York« von Sting.

Durch Zufall entdeckte ich, dass in Ostfriesland zwei Ortschaften direkt nebeneinanderliegen, die Rußland und Amerika heißen. Stimmt, dachte ich, davon habe ich schon mal gehört. Bei mir an der Ostsee, in der Nähe von Kiel, gibt es Kalifornien und Brasilien. Und plötzlich ertappte ich mich dabei, wie ich weitere solcher Orte in Deutschland suchte – und fand: Sibirien und Südsee, Ägypten und Rom, Alpen und Japan. Man kann eine ganze Weltreise durch Deutschland machen! Es gibt Orte, die so heißen wie die große weite Welt – und es gibt andere, die so aussehen. Was also läge näher, als die Welt einfach in Deutschland zu entdecken, wenn die echte gerade so weit weg ist?

So ein Trip führt über weite Teile in die Provinz. Da muss die Frage erlaubt sein, was es dort wohl zu erleben gibt. Bethlehem im Allgäu ist gerade mal 350 Meter lang, in Brasilien an der Ostsee leben keine zwanzig Menschen. Wie hoch darf die Erwartung sein, die man an diese kleinen Weltorte hat? Auf der anderen Seite aber erscheint mir Deutschland oft so ganz und gar entdeckt. Warum also nicht einfach mal ganz...

Erscheint lt. Verlag 31.5.2021
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseberichte Deutschland
Reisen Reiseführer
Schlagworte Brasilien • Deutsche Bahn • Deutschland • Heimat • Kalifornien • Neuseeland • regional • Reisen Deuschland • Rheinbrücke Emmerich • Rom • Sommerurlaub 2021 • staycation • Südsee • Tokio • Welt • Weltreise
ISBN-10 3-8437-2528-4 / 3843725284
ISBN-13 978-3-8437-2528-6 / 9783843725286
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