Ausforschung und Rechtsdurchsetzung im Unionsprivatrecht
Herleitung und Ausgestaltung eines allgemeinen unionsrechtlichen Informationsrechts
Seiten
2026
Mohr Siebeck (Verlag)
9783162002204 (ISBN)
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- Noch nicht erschienen (ca. Mai 2026)
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Das deutsche Prozessrecht gewährt den Parteien nur begrenzte Möglichkeiten, die Gegenseite zur Offenlegung von Informationen anzuhalten. Der europäische Gesetzgeber hat hingegen eine Vielzahl neuer Offenlegungspflichten eingeführt, die Matteo Bruno Fontana erstmals umfassend systematisch darstellt und analysiert.
Das klassisch-liberale Leitbild des deutschen Zivilprozesses geht von einer Auseinandersetzung zwischen Ebenbürtigen aus. Entsprechend restriktiv haben Rechtsprechung und Lehre die Befugnisse der Parteien ausgestaltet, die Gegenseite zur Offenlegung von Informationen anzuhalten: Wo sich Bürger auf Augenhöhe begegnen, muss ihnen die Rechtsordnung nicht unterstützend mit prozessbezogenen Informationsrechten zur Seite springen. In der modernen Gesellschaft, in der große Plattformanbieter und Produkthersteller gegenüber Verbrauchern und Kleinunternehmern in der Zuliefer- oder Subunternehmerkette einen erheblichen Wissensvorsprung mit Blick auf ihre hochkomplexen Produkte haben, hängt dieses Leitbild vom Prozess als Zusammentreffen ebenbürtiger Akteure jedoch mittlerweile völlig schief. Auch der europäische Gesetzgeber hat die in einem Machtgefälle begründete Informationsasymmetrie zwischen den Parteien des modernen Zivilprozesses erkannt. Durch eine Vielzahl von Einzelrechtsakten, etwa im Bereich des Kartellschadensersatzrechts, des Produkthaftungsrechts oder im kollektiven Rechtsschutz, hat er einen auf den ersten Blick zusammenhangslosen Wildwuchs an Instrumenten zur Informationsbeschaffung im Zivilprozess geschaffen. Tatsächlich lassen sich die Offenlegungspflichten des Unionsprivatrechts im Wege einer rechtsaktübergreifenden Auslegung auf ein einheitliches Prinzip - der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts zum Zwecke der Mehrung des Wohlstandes in der Union - und einheitliche Auslegungsgrundsätze zurückführen. The traditional conception of German civil procedure is founded on the premise of a dispute between parties on equal footing. Accordingly, German case law and legal doctrine have historically adopted a restrictive approach to the parties' duties to disclose information: where two citizens meet as equals, the law need not intervene to assist either party with procedural rights to obtain information. In today's society, however, large platform providers and product manufacturers often possess a significant informational advantage over consumers and small businesses regarding the functioning of their highly complex products. The classical view of litigation as a clash between equals has thus become increasingly detached from reality. The imbalance of power - and consequently of information - between parties in modern civil proceedings was not lost on the European legislator. Through a range of directives, such as those concerning antitrust damages, product liability, and collective redress, the European Union has introduced what may initially appear to be a jungle of disparate disclosure obligations in civil litigation. Yet, these seemingly fragmented provisions on disclosure in EU private law can be traced back to a common underlying principle - the effective enforcement of EU law, aimed at fostering prosperity within the Union - and to uniform principles of interpretation.
Das klassisch-liberale Leitbild des deutschen Zivilprozesses geht von einer Auseinandersetzung zwischen Ebenbürtigen aus. Entsprechend restriktiv haben Rechtsprechung und Lehre die Befugnisse der Parteien ausgestaltet, die Gegenseite zur Offenlegung von Informationen anzuhalten: Wo sich Bürger auf Augenhöhe begegnen, muss ihnen die Rechtsordnung nicht unterstützend mit prozessbezogenen Informationsrechten zur Seite springen. In der modernen Gesellschaft, in der große Plattformanbieter und Produkthersteller gegenüber Verbrauchern und Kleinunternehmern in der Zuliefer- oder Subunternehmerkette einen erheblichen Wissensvorsprung mit Blick auf ihre hochkomplexen Produkte haben, hängt dieses Leitbild vom Prozess als Zusammentreffen ebenbürtiger Akteure jedoch mittlerweile völlig schief. Auch der europäische Gesetzgeber hat die in einem Machtgefälle begründete Informationsasymmetrie zwischen den Parteien des modernen Zivilprozesses erkannt. Durch eine Vielzahl von Einzelrechtsakten, etwa im Bereich des Kartellschadensersatzrechts, des Produkthaftungsrechts oder im kollektiven Rechtsschutz, hat er einen auf den ersten Blick zusammenhangslosen Wildwuchs an Instrumenten zur Informationsbeschaffung im Zivilprozess geschaffen. Tatsächlich lassen sich die Offenlegungspflichten des Unionsprivatrechts im Wege einer rechtsaktübergreifenden Auslegung auf ein einheitliches Prinzip - der effektiven Durchsetzung des Unionsrechts zum Zwecke der Mehrung des Wohlstandes in der Union - und einheitliche Auslegungsgrundsätze zurückführen. The traditional conception of German civil procedure is founded on the premise of a dispute between parties on equal footing. Accordingly, German case law and legal doctrine have historically adopted a restrictive approach to the parties' duties to disclose information: where two citizens meet as equals, the law need not intervene to assist either party with procedural rights to obtain information. In today's society, however, large platform providers and product manufacturers often possess a significant informational advantage over consumers and small businesses regarding the functioning of their highly complex products. The classical view of litigation as a clash between equals has thus become increasingly detached from reality. The imbalance of power - and consequently of information - between parties in modern civil proceedings was not lost on the European legislator. Through a range of directives, such as those concerning antitrust damages, product liability, and collective redress, the European Union has introduced what may initially appear to be a jungle of disparate disclosure obligations in civil litigation. Yet, these seemingly fragmented provisions on disclosure in EU private law can be traced back to a common underlying principle - the effective enforcement of EU law, aimed at fostering prosperity within the Union - and to uniform principles of interpretation.
Born in 1999; studied law in Munich; research assistant at the Chair of Civil Law, Commercial and Corporate Law, Private International Law, and Comparative Law at LMU Munich; legal clerkship; 2025 doctorate (Munich); master's degree at the University of Oxford.
| Erscheint lt. Verlag | 31.5.2026 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Veröffentlichungen zum Verfahrensrecht |
| Verlagsort | Tübingen |
| Sprache | deutsch |
| Maße | 155 x 232 mm |
| Themenwelt | Recht / Steuern ► EU / Internationales Recht |
| Recht / Steuern ► Privatrecht / Bürgerliches Recht | |
| Schlagworte | Discovery • Gewerblicher Rechtsschutz • Informationsasymmetrie • Informationsrechte • Kartellschadensersatz • KI-Haftung • Kollektiver Rechtsschutz • Lieferkettenrecht • Offenlegungspflichten • Präparatorische Informationsrechte • Produkthaftung • Rechtsdurchsetzung • Unionsprivatrecht • Verbraucherprozessrecht • Zivilprozess |
| ISBN-13 | 9783162002204 / 9783162002204 |
| Zustand | Neuware |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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