Die absolute Geschäftsunfähigkeit auf dem Prüfstand
Eine rechtsvergleichende Untersuchung zu §§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 1 BGB
Seiten
2025
Mohr Siebeck (Verlag)
978-3-16-164686-7 (ISBN)
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- Noch nicht erschienen (ca. Dezember 2025)
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Das Konzept der absoluten Geschäftsunfähigkeit lässt Schutzlücken für Personen, die einfache, nicht aber komplexe Geschäfte verstehen - etwa bei Demenz. Silvia Deuring plädiert für ein relatives Modell, das Reformbedarf bei §§ 104 Nr. 2 und 105 Abs. 1 BGB aufzeigt und Schutz mit Selbstbestimmung vereint.
Das deutsche Zivilrecht folgt bislang dem Grundsatz der absoluten Geschäftsunfähigkeit: Eine Person ist entweder voll geschäftsfähig oder geschäftsunfähig. Dieses starre Konzept wird den tatsächlichen kognitiven Fähigkeiten vieler Betroffener - insbesondere von Menschen mit Demenz - nicht gerecht. Silvia Deuring zeigt auf, dass daraus erhebliche Schutzlücken entstehen, weil Personen, die einfache Geschäfte verstehen, aber bei komplexeren überfordert sind, vom Schutz des § 104 Nr. 2 BGB nicht erfasst werden. Sie entwickelt daher ein relatives Verständnis der Geschäftsunfähigkeit: Geschäftsfähigkeit soll sich nach dem Verständnis des konkreten Rechtsgeschäfts richten. Eine Person kann somit für bestimmte Geschäfte geschäftsfähig, für andere hingegen geschäftsunfähig sein. Dieses Modell, das sich an den Lösungen in Österreich und der Schweiz orientiert, trägt dem Prinzip der individuellen Autonomie besser Rechnung. Zugleich kritisiert die Autorin die strikte Nichtigkeitsfolge des § 105 Abs. 1 BGB. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot und ignoriert das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen. Stattdessen wird ein Zustimmungsmodell vorgeschlagen, das Rechtsgeschäfte mit Einwilligung der gesetzlichen Vertreter und Vertreterinnen ermöglicht. Schließlich zieht die Autorin Parallelen zu § 829 BGB und zeigt auf, dass in Ausnahmefällen eine begrenzte Haftung geschäftsunfähiger Personen sachgerecht sein kann - als Ausdruck einer verantworteten Selbstbestimmung. Under current German law, a person is either entirely capable or entirely incapable of conducting legal transactions. This absolute concept fails to reflect the diverse realities of cognitive capacity, particularly in cases of dementia. Silvia Deuring demonstrates that such rigidity leaves serious protection gaps: individuals who understand simple agreements but not complex contractual clauses fall outside the scope of § 104 No. 2 BGB (German Civil Code). Drawing on comparative perspectives from Austria and Switzerland, the author develops a relative concept of incapacity, where the decisive criterion is comprehension of the specific transaction rather than an abstract assessment of mental ability. This approach respects individual autonomy while ensuring necessary protection. Silvia Deuring also challenges the constitutional legitimacy of § 105 (1) BGB (German Civil Code), which renders all acts by incapacitated persons void. Such nullity neglects both the self-determination of affected persons and the legitimate expectations of others. The author advocates replacing it with a consent model that permits valid transactions with the approval of legal representatives. Finally, she argues - by analogy to § 829 BGB (German Civil Code) - that limited liability in exceptional cases could fairly balance autonomy with responsibility, ensuring justice for all parties involved.
Das deutsche Zivilrecht folgt bislang dem Grundsatz der absoluten Geschäftsunfähigkeit: Eine Person ist entweder voll geschäftsfähig oder geschäftsunfähig. Dieses starre Konzept wird den tatsächlichen kognitiven Fähigkeiten vieler Betroffener - insbesondere von Menschen mit Demenz - nicht gerecht. Silvia Deuring zeigt auf, dass daraus erhebliche Schutzlücken entstehen, weil Personen, die einfache Geschäfte verstehen, aber bei komplexeren überfordert sind, vom Schutz des § 104 Nr. 2 BGB nicht erfasst werden. Sie entwickelt daher ein relatives Verständnis der Geschäftsunfähigkeit: Geschäftsfähigkeit soll sich nach dem Verständnis des konkreten Rechtsgeschäfts richten. Eine Person kann somit für bestimmte Geschäfte geschäftsfähig, für andere hingegen geschäftsunfähig sein. Dieses Modell, das sich an den Lösungen in Österreich und der Schweiz orientiert, trägt dem Prinzip der individuellen Autonomie besser Rechnung. Zugleich kritisiert die Autorin die strikte Nichtigkeitsfolge des § 105 Abs. 1 BGB. Sie verstößt gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot und ignoriert das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen. Stattdessen wird ein Zustimmungsmodell vorgeschlagen, das Rechtsgeschäfte mit Einwilligung der gesetzlichen Vertreter und Vertreterinnen ermöglicht. Schließlich zieht die Autorin Parallelen zu § 829 BGB und zeigt auf, dass in Ausnahmefällen eine begrenzte Haftung geschäftsunfähiger Personen sachgerecht sein kann - als Ausdruck einer verantworteten Selbstbestimmung. Under current German law, a person is either entirely capable or entirely incapable of conducting legal transactions. This absolute concept fails to reflect the diverse realities of cognitive capacity, particularly in cases of dementia. Silvia Deuring demonstrates that such rigidity leaves serious protection gaps: individuals who understand simple agreements but not complex contractual clauses fall outside the scope of § 104 No. 2 BGB (German Civil Code). Drawing on comparative perspectives from Austria and Switzerland, the author develops a relative concept of incapacity, where the decisive criterion is comprehension of the specific transaction rather than an abstract assessment of mental ability. This approach respects individual autonomy while ensuring necessary protection. Silvia Deuring also challenges the constitutional legitimacy of § 105 (1) BGB (German Civil Code), which renders all acts by incapacitated persons void. Such nullity neglects both the self-determination of affected persons and the legitimate expectations of others. The author advocates replacing it with a consent model that permits valid transactions with the approval of legal representatives. Finally, she argues - by analogy to § 829 BGB (German Civil Code) - that limited liability in exceptional cases could fairly balance autonomy with responsibility, ensuring justice for all parties involved.
Born 1990; 2019 PhD (Mannheim, Paris 1 Panthéon-Sorbonne); 2024 Habilitation (LMU Munich); Lecturer at the Ludwig-Maximilians-Universität, Munich.
| Erscheint lt. Verlag | 31.12.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Jus Privatum |
| Verlagsort | Tübingen |
| Sprache | deutsch |
| Maße | 155 x 232 mm |
| Themenwelt | Recht / Steuern ► Allgemeines / Lexika |
| Recht / Steuern ► Privatrecht / Bürgerliches Recht | |
| Schlagworte | Betreuungsrecht • Bürgerliches Recht • Demenz • Geschäftsfähigkeit • Geschäftsunfähigkeit • Nichtigkeit • Österreich • Privatautonomie • Rechtsgeschäft • Rechtsvergleichung • relative Geschäftsfähigkeit • Schadensersatz • Schweiz • Selbstbestimmung • UN-Behindertenrechtskonvention • Zivilrecht |
| ISBN-10 | 3-16-164686-X / 316164686X |
| ISBN-13 | 978-3-16-164686-7 / 9783161646867 |
| Zustand | Neuware |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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