Normsatzstruktur des IPR
Zur rechtstheoretischen Einordnung des Befehls der "Anwendung" ausländischem Recht entnommener Normsätze im autonomen deutschen IPR
2007
Mohr Siebeck (Hersteller)
978-3-16-151201-8 (ISBN)
Mohr Siebeck (Hersteller)
978-3-16-151201-8 (ISBN)
Im IPR herrscht die Idee einer von Geltung verschiedenen, bloßen 'Anwendbarkeit' ausländischen Rechts im Inland. Boris Schinkels entfaltet, warum die Verweisungsprodukte des autonomen IPR in der deutschen Rechtsordnung geltendes deutsches Recht darstellen. Er bewertet Sachnorm- und Gesamtverweisung neu und zieht daraus verfassungsrechtliche Konsequenzen.
Nach traditioneller Sicht produziert der Verweis einer autonomen deutschen Kollisionsnorm auf fremdes Recht kein in Deutschland geltendes Recht. Obwohl fremdem Recht entliehene Normsätze im Inland als normativer Maßstab für das entscheidende Gericht verbindlich sind, seien diese in einer Rechtsfigur sui generis nur "als ausländisches Recht anwendbar, ohne in Deutschland zu gelten". Zwar ist diese Unterscheidung von 'Geltung' und bloßer 'Anwendbarkeit' eines Normsatzes nicht weniger als der "dunkle Fleck in der Theorie des IPR" (Lüderitz). Dennoch steht man bis heute insbesondere dem Kelsenschen Stufenbaudenken für die Zwecke des IPR überwiegend skeptisch bis klar ablehnend gegenüber. Dies hat zur Folge, dass auch heute noch die verfassungsrechtliche Kontrolle kollisionsrechtlicher Anwendungsbefehle und ihrer Produkte durch das BVerfG einem "Ritt in dichtem Nebel" (Wengler) gleichkommt. Boris Schinkels analysiert zunächst die Widersprüchlichkeit der herrschenden Doktrin. Sodann entfaltet er die These, dass die Produkte der Inbezugnahme durch deutsche Kollisionsnormen in der deutschen Rechtsordnung geltendes Recht darstellen. Innerhalb einer auf dieser Grundannahme ruhenden, rechtstheoretischen Rekonstruktion des autonomen deutschen IPR ordnet er die Sachnormverweisung als dynamische Verweisung und die Gesamtverweisung als besonderen Fall einer Delegation von Gesetzgebungskompetenzen ein. Letztere bewertet er innerhalb des verfassungsrechtlichen Ausblicks aufgrund fehlender Ermächtigungsgrundlage als mit dem Grundgesetz unvereinbar. According to the traditional view, a German choice of law rule that orders the judge to apply foreign law does not result in the making of German law. Instead, foreign law is believed to be merely "applicable" and not to be valid German law. In this work, Boris Schinkels shows that, contrary to the traditional view, it is impossible to distinguish between "binding applicability" and "validity." In accordance with legal theory and Kelsenian thinking, he concludes that by ordering the application of foreign law the German choice of law rules do in fact produce domestic German law. Based on this, Schinkels develops a new theoretical classification which distinguishes between choice of law rules that refer directly to foreign private law and those choice of law rules that take into account foreign choice of law rules as well (renvoi). He comes to the conclusion that due to the lack of a statutory basis for law-making the latter is incompatible with the German constitution.
Nach traditioneller Sicht produziert der Verweis einer autonomen deutschen Kollisionsnorm auf fremdes Recht kein in Deutschland geltendes Recht. Obwohl fremdem Recht entliehene Normsätze im Inland als normativer Maßstab für das entscheidende Gericht verbindlich sind, seien diese in einer Rechtsfigur sui generis nur "als ausländisches Recht anwendbar, ohne in Deutschland zu gelten". Zwar ist diese Unterscheidung von 'Geltung' und bloßer 'Anwendbarkeit' eines Normsatzes nicht weniger als der "dunkle Fleck in der Theorie des IPR" (Lüderitz). Dennoch steht man bis heute insbesondere dem Kelsenschen Stufenbaudenken für die Zwecke des IPR überwiegend skeptisch bis klar ablehnend gegenüber. Dies hat zur Folge, dass auch heute noch die verfassungsrechtliche Kontrolle kollisionsrechtlicher Anwendungsbefehle und ihrer Produkte durch das BVerfG einem "Ritt in dichtem Nebel" (Wengler) gleichkommt. Boris Schinkels analysiert zunächst die Widersprüchlichkeit der herrschenden Doktrin. Sodann entfaltet er die These, dass die Produkte der Inbezugnahme durch deutsche Kollisionsnormen in der deutschen Rechtsordnung geltendes Recht darstellen. Innerhalb einer auf dieser Grundannahme ruhenden, rechtstheoretischen Rekonstruktion des autonomen deutschen IPR ordnet er die Sachnormverweisung als dynamische Verweisung und die Gesamtverweisung als besonderen Fall einer Delegation von Gesetzgebungskompetenzen ein. Letztere bewertet er innerhalb des verfassungsrechtlichen Ausblicks aufgrund fehlender Ermächtigungsgrundlage als mit dem Grundgesetz unvereinbar. According to the traditional view, a German choice of law rule that orders the judge to apply foreign law does not result in the making of German law. Instead, foreign law is believed to be merely "applicable" and not to be valid German law. In this work, Boris Schinkels shows that, contrary to the traditional view, it is impossible to distinguish between "binding applicability" and "validity." In accordance with legal theory and Kelsenian thinking, he concludes that by ordering the application of foreign law the German choice of law rules do in fact produce domestic German law. Based on this, Schinkels develops a new theoretical classification which distinguishes between choice of law rules that refer directly to foreign private law and those choice of law rules that take into account foreign choice of law rules as well (renvoi). He comes to the conclusion that due to the lack of a statutory basis for law-making the latter is incompatible with the German constitution.
Geboren 1971; Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Bielefeld; 2001 Promotion; 2002 LL.M. (Cambridge); seit 2002 wiss. Assistent am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg; 2007 Habilitation; Sommersemester 2007 Lehrstuhlvertretung in Heidelberg.
| Erscheint lt. Verlag | 10.8.2007 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Jus Privatum |
| Verlagsort | Tübingen |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Recht / Steuern ► Allgemeines / Lexika |
| Recht / Steuern ► EU / Internationales Recht | |
| Recht / Steuern ► Privatrecht / Bürgerliches Recht ► Internationales Privatrecht | |
| Schlagworte | IPR • Mohr Siebeck • Normsatzstruktur |
| ISBN-10 | 3-16-151201-4 / 3161512014 |
| ISBN-13 | 978-3-16-151201-8 / 9783161512018 |
| Zustand | Neuware |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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