Einsatzrecht kompakt - Wissenstrainer für die Grundausbildung (eBook)
150 Seiten
Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG
978-3-415-07181-0 (ISBN)
1.Fragen zum Polizeirecht
Frage 1
Was versteht man unter dem Begriff Verhältnismäßigkeit?
Lösung:
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt für das gesamte Handeln der Polizei (also auch für repressive Maßnahmen). Nach der Rechtsprechung des BVerfG[4] leitet sich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus dem Rechtsstaatsprinzip ab, Art. 20 III GG. Überdies auch aus dem Wesen der Grundrechte selbst. Diese dürfen nur so weit beschränkt werden, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unbedingt erforderlich ist.
Beispiel:
Wenn eine Identitätsfeststellung (präventiv/repressiv) vor Ort möglich ist, darf der Betroffene aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht mit zur Dienststelle genommen werden.
Merke:
- ■
- Bei präventiven Maßnahmen ergibt sich der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus § 15 BPolG[5].
- ■
- Bei repressiven Maßnahmen aus Art. 20 III GG.
- ■
- Für Zwangsmaßnahmen nach dem UZwG ergibt sich dieser aus § 4 UZwG.
Frage 2
Aus welchen Elementen bzw. Prüfungspunkten besteht die Verhältnismäßigkeit? Nennen Sie diese!
Lösung:
- ■
- Geeignetheit
- ■
- Erforderlichkeit
- ■
- Angemessenheit
Frage 3
Wie muss eine Angemessenheitsprüfung erfolgen (Prüfungspunkt 3 der Verhältnismäßigkeit)!
Lösung:
Die Definition dieses Prüfungspunktes lautet wie folgt:
Die Folge einer polizeilichen Maßnahme muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen. Es geht hier um die Güterabwägung.
| Auf der einen Seite muss die Frage beantwortet werden, in welche Grundrechte des polizeilichen Gegenübers man eingreift und wie intensiv man dies macht. | Auf der anderen Seite muss man diejenigen Individual- und Universalrechtsgüter benennen, die man durch den Eingriff schützen möchte. |
Insgesamt sollte die rechte Seite schwerer wiegen als die linke. Zudem muss auch betrachtet werden, wie intensiv (Zeit? Dauer der Maßnahmen) der Rechtseingriff ist. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, warum der Eingriff erst erforderlich ist. In der Regel setzt das polizeiliche Gegenüber die Ursache für das darauffolgende polizeiliche Einschreiten.
Frage 4
Was versteht man unter dem Opportunitätsprinzip?
Lösung:
Das Opportunitätsprinzip im Bereich der Gefahrenabwehr besagt, dass die Behörde (BPOL) ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen trifft, § 16 BPolG. Es stellt sich also die Frage, ob (sog. Entschließungsermessen) und gegen wen (sog. Auswahlermessen/Adressatenregelung) vorgegangen werden soll.
Man kann den Ermessensspielraum u. a. an den Wörtern „kann“, „darf“, „ist befugt“ erkennen.
Beispiel:
§ 14 I BPolG:
Die Bundespolizei kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach den §§ 1 bis 7 die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren […]
Die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zählt zwar zur Repression; jedoch handelt die Polizei auch hier nach pflichtgemäßem Ermessen, also nach dem Opportunitätsprinzip (s. § 53 OWiG).
Demgegenüber steht das Legalitätsprinzip, welches besagt, dass die Polizei bei einem Straftatverdacht die Sache verfolgen muss. Die dazugehörige Frage befindet sich unter dem Punkt Strafprozessrecht, allgemeine Fragen.
Frage 5
Ordnen Sie das Polizeirecht einem Rechtsgebiet zu!
Lösung:
Das Polizeirecht ist dem Öffentlichem Recht zuzuordnen. Dieses ist vom Privatrecht abzugrenzen. Zum Öffentlichen Recht gehören auch beispielsweise das Straf- oder Steuerrecht.
Frage 6
Nennen Sie die Bestandteile des Verwaltungsaktes i. S. d. § 35 S. 1 VwVfG!
Lösung:
Beispiele:
- ■
- Platzverweis gem. § 38 BPolG
- ■
- Unterlassungsverfügung nach § 14 I BPolG
Frage 7
Erläutern Sie die unterschiedlichen Ermessensarten!
Lösung:
Entschließungsermessen („Ob“):
Entschließungsermessen bedeutet, dass die Behörde die Möglichkeit hat, zu entscheiden, ob sie überhaupt handeln möchte.
Ermessensreduzierung auf Null:
Liegt eine Ermessensreduzierung auf Null vor, so hat die Behörde kein Entschließungsermessen mehr und ist gezwungen zu handeln. Dies liegt bei der Polizei im Regelfall bei einer konkreten Gefahr vor.
Auswahlermessen („Wie“):
Auswahlermessen bedeutet, dass die Behörde die Möglichkeit hat zu entscheiden, wie sie einen Sachverhalt lösen will. Sprich, welche Maßnahme sie einsetzt.
Frage 8
Erläutern Sie die unterschiedlichen Ermessensfehler!
Lösung:
Ermessensnichtgebrauch:
Die Behörde missachtet, dass ihr eigentlich ein Ermessen zusteht.
Ermessensfehlgebrauch/-missbrauch:
Der Entscheidung der Behörde liegen sachfremde Erwägungen zugrunde oder diese weicht von der allgemeinen Verwaltungspraxis im Einzelfall ab.
Ermessensüberschreitung:
Die Behörde erlässt eine Verfügung, die das Gesetz nicht vorsieht.
Frage 9
Erläutern Sie kurz, warum ein Widerspruch bei polizeilichen Maßnahmen keine aufschiebende Wirkung hat!
Lösung:
Gemäß § 80 II Nr. 2 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bei unaufschiebbaren Anordnungen von Polizeivollzugsbeamten.
Eine Anordnung eines Polizeivollzugsbeamten ist dann unaufschiebbar, wenn ein sofortiges Eingreifen erforderlich ist.
Frage 10
Erläutern Sie kurz, warum ein Polizeibeamter bei der Wahrnehmung seiner originären Aufgaben auch Grundkenntnisse vom Privatrecht haben muss?
Lösung:
Grundkenntnisse sind insbesondere erforderlich
- ■
- zur Wahrnehmung der gesetzlichen Nebenaufgabe Schutz privater Rechte gem. § 1 IV BPolG (hier insbesondere auch der § 823 BGB – Schadensersatzpflicht)
- ■
- zum Verständnis für Straftatbestände wie z. B. Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder Diebstahl (§ 242 StGB) – hier: Tatbestandsmerkmal Sache → Legaldefinition gem. § 90 BGB
- ■
- zum besseren Verständnis der Begriffe Besitz (§§ 854 ff. BGB) und Eigentum (§§ 903 ff. BGB)
- ■
- im Zusammenhang mit vermissten bzw. ausgerissenen Minderjährigen → Elterliche Sorge gem. § 1626 BGB
- ■
- zur Abgrenzung zwischen strafrechtlichen und zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründen (z. B. § 227 BGB – Notwehr)
Frage 1
Nennen Sie die drei Hauptaufgaben der Polizei?
Lösung:
- 1.
- Gefahrenabwehr
- 2.
- Strafverfolgung
- 3.
- Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten
Frage 2
Welche gesetzlichen Hauptaufgaben der BPOL kennen Sie?
Lösung:
Die gesetzlichen Hauptaufgaben sind geregelt in den §§ 2 bis 7 BPolG. Diese sind:
- ■
- § 2 – Grenzpolizei
- ■
- § 3 – Bahnpolizei
- ■
- § 4 – Luftsicherheit
- ■
- § 4a – Sicherheitsmaßnahmen an Bord von Luftfahrzeugen
- ■
- § 5 – Schutz von Bundesorganen
- ■
- § 6 – Aufgaben auf See
- ■
- § 7 – Aufgaben im Notstands- und Verteidigungsfall
Frage 3
Welche gesetzlichen Nebenaufgaben der BPOL kennen Sie?
Lösung:
Die gesetzlichen Nebenaufgaben sind geregelt in § 1 BPolG.
Diese sind:
- ■
- § 1 III – Eigensicherung
- ■
- § 1 IV – Schutz privater Rechte
- ■
- § 1 V – Verhütung von Straftaten
Frage 4
Was versteht man unter der Nebenaufgabe „Schutz privater Rechte“ und unter welchen Voraussetzungen wird die BPOL hier tätig?
Lösung:
Der Schutz privater Rechte obliegt der BPOL im Rahmen ihrer Aufgaben nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne Hilfe der BPOL die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde.
Beispiel aus dem bahnpolizeilichen Aufgabenbereich:
Ein Bahnreisender beschädigt aus Versehen (durch Unachtsamkeit) den Koffer eines anderen Reisenden. Der Schädiger möchte dem Geschädigten keine Personalien geben. Eine Streife der BPOL wird hinzugezogen.
Mangels einer strafbaren vorsätzlich begangenen Sachbeschädigung gem. § 303 I StGB scheidet eine Strafbarkeit aus, da die fahrlässige Sachbeschädigung nicht strafbar ist. Es bleibt demnach „nur“ ein privater Schadensersatzanspruch des Geschädigten aus § 823 BGB „übrig“.
§ 823 BGB (Schadensersatzpflicht)
(1) Wer vorsätzlich...
| Erscheint lt. Verlag | 22.3.2022 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Schnell informiert |
| Verlagsort | Stuttgart |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Recht / Steuern |
| Schlagworte | Bundespolizei • Einsatzrecht • Fallbearbeitung • Grundausbildung • mittlerer Polizeivollzugsdienst • Ordnungswidrigkeitenrecht • Polizeirecht • Strafprozessrecht • Strafrecht • Wissenstrainer • Zwangsrecht |
| ISBN-10 | 3-415-07181-2 / 3415071812 |
| ISBN-13 | 978-3-415-07181-0 / 9783415071810 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich