Die Haftung des Geschäftsführeres für Steuern und Abgaben
dbv-Verlag (Österreich)
978-3-7041-0662-9 (ISBN)
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Geschäftsführer zu sein ist ein gefährlicher Beruf. Ständig werden Geschäftsführer von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden nach der Bestimmung des § 9 der Bundesabgabenordnung zur Haftung für Abgabenrückstände der von Ihnen vertretenen Gesellschaften herangezogen. Dabei haftet der Geschäftsführer oft nicht nur für die während seiner Geschäftsführungsfunktion entstandenen und fällig gewordenen, sondern vielfach auch für die schon vor seiner Zeit nicht entrichteten Abgaben. Doch selbst der rechtmäßig zur Haftung herangezogene Geschäftsführer kann seine Haftungsschuld vermindern, wenn er im Haftungsverfahren seinen Behauptungs- und Beweispflichten nachkommt.
Dieses Praxishandbuch bildet als einziges Werk überhaupt die aus mehr als 400 Erkenntnissen bestehende jahrzehntelange Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Geschäftsführerhaftung nach § 9 der Bundesabgabenordnung vollständig ab.
Es richtet sich an Rechtsanwälte und Steuerberater sowie an die mit der Durchführung des Haftungsverfahrens betrauten Organe der Abgabenbehörden und der Verwaltungsgerichte und bietet sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich einen praxisnahen und fundierten Einblick in diese komplexe Rechtsmaterie.
Aus dem Inhalt:
• Der Haftungsbescheid und seine Wirkung für den Geschäftsführer
• Das Verhältnis der persönlichen Haftung des Geschäftsführers zum Abgabenanspruch der Gesellschaft
• Die Haftung des Geschäftsführers für die Abgabenschulden der Gesellschaft trotz Entschuldung der Gesellschaft im Sanierungsverfahren
• Die Behauptungs- und Beweispflichten des Geschäftsführers im Haftungsverfahren
• Die Ermittlungs- und Feststellungspflichten der Abgabenbehörde im Haftungsverfahren
• Das verwaltungsgerichtliche Rechtsmittelverfahren in Haftungssachen
• Das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in Haftungssachen
Vorwort
Kapitel 1Einleitung
1.1Allgemeines
1.2Wesen der persönlichen abgabenrechtlichen Haftung
1.3Geltendmachung der persönlichen abgabenrechtlichen Haftung
1.4Wirkung der persönlichen abgabenrechtlichen Haftung
1.5Verhältnis der persönlichen abgabenrechtlichen Haftung zum Abgabenanspruch
1.5.1Allgemeines
1.5.2Haftung ohne vorangegangenen Abgabenanspruchsbescheid
1.5.2.1Haftung ohne vorangegangenen Abgabenbescheid
1.5.2.2Haftung ohne vorangegangenen Abzugsteuerhaftungsbescheid
1.5.3Haftung bei vorangegangenem Abgabenanspruchsbescheid
1.5.3.1Haftung bei vorangegangenem Abgabenbescheid
1.5.3.2Haftung bei vorangegangenem Abzugsteuerhaftungsbescheid
1.6Sicherstellungsauftrag an den Haftungspflichtigen
1.7Übergang der Haftungsschuld bei Gesamtrechtsnachfolge
1.8Entlassung aus der Haftungsschuld
Kapitel 2Haftungsvoraussetzungen
2.1Allgemeines
2.2Abgabenforderung gegen die GmbH
2.2.1Allgemeines
2.2.2Entstehung
2.2.2.1Allgemeines
2.2.2.2Abgabenansprüche und Steuersubjekteigenschaft der GmbH
2.2.3Entrichtung
2.2.3.1Allgemeines
2.2.3.2Verrechnung von Zahlungen und Gutschriften auf dem Abgabenkonto
2.2.3.3Abrechnungsverfahren
2.2.4Löschung
2.2.5Nachsicht
2.2.6Verjährung
2.2.6.1Allgemeines
2.2.6.2Unterbrechung der Einhebungsverjährung
2.2.6.3Hemmung der Einhebungsverjährung
2.3Stellung als gesetzlicher Vertreter der GmbH
2.3.1Allgemeines
2.3.2Begründung der Geschäftsführungsfunktion
2.3.2.1Allgemeines
2.3.2.2Bestellung des Geschäftsführers durch Gesellschafterbeschluss
2.3.2.3Bestellung von Gesellschaftern zu Geschäftsführern im Gesellschaftsvertrag
2.3.2.4Bestellung des Geschäftsführers durch Gerichtsbeschluss
2.3.3Beendigung der Geschäftsführungsfunktion
2.3.3.1Allgemeines
2.3.3.2Erklärung des Rücktritts durch den Geschäftsführer
2.3.3.3Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafter
2.3.3.4Abberufung durch gerichtliche Entscheidung
2.3.4Beschränkung der Geschäftsführungsfunktion im Insolvenzverfahren der Gesellschaft
2.3.5Vertretung der aufgelösten Gesellschaft
2.3.6Exkurs: Faktischer Geschäftsführer
2.4Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei der GmbH
2.4.1Allgemeines
2.4.2Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit
2.4.3Feststellung der Uneinbringlichkeit
2.4.3.1Allgemeines
2.4.3.2Uneinbringlichkeit bei Abweisung eines Insolvenzantrages mangels Kostendeckung
2.4.3.3Uneinbringlichkeit im Konkursverfahren
2.4.3.4Uneinbringlichkeit im Sanierungsverfahren
2.5Pflichtverletzung des gesetzlichen Vertreters der GmbH
2.5.1Allgemeines
2.5.2Verletzung der Abgabenentrichtungspflicht
2.5.2.1Allgemeines
2.5.2.2Haftung für vor Begründung der Vertretungsfunktion fällig gewordene Abgaben
2.5.2.3Haftung für während der Vertretungsfunktion fällig gewordene Abgaben
2.5.2.4Haftung für nach Beendigung der Vertretungsfunktion fällig gewordene Abgaben
2.5.3Verletzung sonstiger abgabenrechtlicher Pflichten
2.6Verschulden des gesetzlichen Vertreters der GmbH an der Pflichtverletzung
2.6.1Allgemeines
2.6.2Unkenntnis in buchhalterischen und steuerrechtlichen Belangen
2.6.3Unzuständigkeit aufgrund interner Aufgabenverteilung bei mehreren Geschäftsführern
2.6.4Betrauung Dritter mit der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten
2.6.4.1Allgemeines
2.6.4.2Betrauung von Angestellten und Prokuristen mit der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten
2.6.4.3Betrauung eines Steuerberaters und Rechtsanwaltes mit der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten
2.6.4.4Betrauung einer Bank mit der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten
2.6.5Befugnisbeschränkung durch Gesellschafter oder durch Dritte
2.6.6Geschäftsführer "auf dem Papier" (Scheingeschäftsführung)
2.6.7Dispositionsunfähigkeit aufgrund von Krankheit
2.6.8Fehlende Kenntnis vom Bestehen einer Abgabenschuld
2.6.9Rechtsirrtum über das Bestehen einer Abgabenschuld
2.6.10Abgabennachforderung aufgrund einer Schätzung
2.6.11Fehlen jeglicher liquider Mittel zur Abgabenentrichtung
2.6.12Fehlen ausreichender liquider Mittel zur Abgabenentrichtung
2.6.12.1 Allgemeines
2.6.12.2 Eigene Abgaben der Gesellschaft
2.6.12.3Abzugsteuern
2.6.13Fehlende Dispositionsfähigkeit über eingehende Mittel
2.6.14Nichtzahlung aufgrund von Zahlungserleichterungen
2.6.15Nichtzahlung wegen Anfechtbarkeit
2.6.16Unterbliebene Überrechnung auf das Abgabenkonto
2.6.17Untätigkeit der Abgabenbehörde
2.6.18Sonstiges
2.7Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit bei der GmbH
2.7.1Allgemeines
2.7.2Ursächlichkeit bei Verletzung der Abgabenentrichtungspflicht
2.7.3Ursächlichkeit bei Verletzung sonstiger abgabenrechtlicher Pflichten
Kapitel 3Haftungsverfahren
3.1Allgemeines
3.2Erhebungen und Vorhaltung
3.3Ermittlungs- und Beweisverfahren
3.3.1Allgemeines
3.3.2Behauptungs- und Beweispflichten des Geschäftsführers
3.3.3Ermittlungs- und Feststellungspflichten der Abgabenbehörde
3.3.4Beweiswürdigung und Feststellungen durch die Abgabenbehörde
3.4Ermessensentscheidung
3.5Ausfertigung des Haftungsbescheides
3.5.1Allgemeines
3.5.2Spruch des Haftungsbescheides
3.5.3Begründung des Haftungsbescheides
3.5.4Rechtsmittelbelehrung
3.5.5Sonstige Bescheidbestandteile
3.5.6Bescheidbeilagen
3.6Bekanntgabe des Haftungsbescheides
Kapitel 4Rechtsschutz im Haftungsverfahren
4.1Allgemeines
4.2Beschwerde gegen den Haftungsbescheid
4.2.1Allgemeines
4.2.2Einwendungen gegen die Haftungsinanspruchnahme
4.2.3Einwendungen gegen die Richtigkeit des Abgabenanspruches
4.2.4Einwendungen gegen die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung auf dem Abgabenkonto der GmbH
4.2.5Einwendungen zum Erlöschen von Zahlungsverpflichtungen durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes durch die GmbH
4.3Beschwerde gegen dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Abgabenanspruchsbescheide
4.4Beschwerdevorentscheidung durch die Abgabenbehörde
4.4.1Allgemeines
4.4.2Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid
4.4.3Beschwerdevorentscheidung über Beschwerden gegen dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Abgabenanspruchsbescheide
4.5Verwaltungsgerichtliches Beschwerdeverfahren
4.5.1Allgemeines
4.5.2Ermittlungs- und Feststellungspflichten
4.5.3Mündliche Verhandlung
4.5.4Entscheidung über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid
4.5.4.1Allgemeines
4.5.4.2Entscheidung über Einwendungen
4.5.4.3Begründung der Beschwerdeentscheidung
4.5.4.4Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung
4.5.4.5Rechtswirkungen der Beschwerdeentscheidung
4.5.5Entscheidung über dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Abgabenanspruchsbescheide
Kapitel 5Revision im Haftungsverfahren
5.1Revision
5.2Revisionsentscheidung
AnhangStichwortverzeichnis
Der Verwaltungsgerichtshof hat seit 1980 fast 400 Mal mit Erkenntnis über die Rechtmäßigkeit der Heranziehung von Geschäftsführern zur Haftung durch das Finanzamt entschieden. Mehr als 150 Mal musste der Verwaltungsgerichtshof auch über die Rechtmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme von Geschäftsführern nach § 7 WAO entscheiden. Auch wenn die Grundrichtung der Rechtsprechung des Ver-waltungsgerichtshofes zu verschiedenen Fragestellungen der Geschäftsführerhaftung schon an den beiden von verstärkten Senaten getroffenen Erkenntnissen (1995 und 1999) erkennbar ist, macht es die Fülle der Entscheidungen oft schwierig, Antworten auf einzelne Fragen zu finden. Das vorliegende Buch möchte deshalb dem Rechtsanwender eine vollständige und zusammenhängende Darstellung der Rechtsprechung zur Geschäftsführerhaftung nach § 9 BAO bieten. Es hat sich zur Aufgabe gemacht, dem Rechtsanwender sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich einen praxisnahen und fundierten Einblick in die komplizierte Rechtsmaterie der abgabenrechtlichen Geschäftsführerhaftung zu verschaffen. Dabei will es mehr sein als eine bloße Rechtssatzsammlung, bildet es doch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von mehreren Jahrzehnten thematisch geordnet ab. Der Autor hat sich erlaubt, die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den verfahrensrecht¬lichen Rechten und Pflichten der Behörden und des Haftungspflichtigen im Kapitel über das (abgabenbehördliche) Haftungsverfahren darzustellen, auch wenn diese Rechtsprechung zumeist zum „zweitinstanzlichen“ Haftungsverfahren ergangen ist; diese Rechtsprechung gilt nämlich für beide Verfahrensstufen gleichermaßen. Der Autor hat sich auch erlaubt, das eine oder andere Mal zur Klarstellung kleine Ergänzungen einzufügen, die jedoch zur Erkennung in eckige Klammern gesetzt sind. Bewusst hat der Autor weitgehend da-rauf verzichtet, die Verweise des Verwaltungsgerichtshofes auf Bestimmungen der Konkursordnung oder der Ausgleichsordnung im Text durch die entsprechenden aktuellen Bestimmungen der Insolvenzordnung zu ersetzen. Der langjährige Praktiker wird sich dennoch auskennen! Manche Aussage wird der Praktiker nicht als „offiziellen“ Rechtssatz im Rechtsinformationssystem (RIS) finden, weil sie erst von ihrer engen Verbindung mit dem Sachverhalt im Erkenntnis durch vorsichtiges Abstrahieren von diesem gelöst wurde. Erkennbar sind diese abstrahierten Rechtssätze an dem „vgl“ vor dem Erkenntnis-Zitat. Einige Aussagen waren jedoch wegen ihrer besonders engen Verbindung mit dem Sachverhalt keiner solchen Abstrahierung zugänglich und wurden deshalb als „Beispiele aus der Rechtsprechung“ auszugsweise wiedergegeben. Mein Dank gilt dem Verlag, der die Publikation bestens betreut hat. Graz, im Oktober 2016Michael Rauscher
Kapitel 1 Einleitung 1.1Allgemeines Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen, so auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen (Gesellschaften) für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können (§ 9 Abs 1 iVm § 80 BAO). Hinweis: Neben dem Haftungstatbestand nach § 9 normiert die BAO noch weitere Haf-tungstatbestände, so zB die Haftung von Personen, die auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen (§ 9a), die Haftung von rechtskräftig verurteilten Tätern und anderen an der Tat Beteiligten (§ 11), die Haftung von Gesellschaf-tern von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlich-keit (§ 12) und die Haftung des Erwerbers eines Unternehmens oder eines im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes im Ganzen (§ 14). Die Haftungsregelung des § 9 BAO gilt für alle öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden), soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind. Sie betrifft daher zB die Haftung für die von den Finanzämtern als Abgabenbehörden zu erhebenden Abgaben, wie Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, weiters gemäß § 6 KommStG 1993 auch die von den Gemeinden zu erhebende Kommunalsteuer sowie zahlreiche Landesabgaben. Nach der Bestimmung des § 7 Abs 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs 1 und 2 BAO; nach dem zuletzt genannten Absatz gehören zu den Nebenansprüchen insbesondere auch der Verspätungszuschlag, die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungszinsen, die Aussetzungszinsen, die Säumniszuschläge und die Kosten des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens (VwGH 29.7.2004, 2003/16/0137). Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung (deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt; VwGH 3.7.2003, 2000/15/0043) gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (VwGH 23.4.1998, 95/15/0145). Hinweis: Der Haftungstatbestand des § 9 Abs 1 BAO deckt sich nicht mit einem Straftatbestand des StGB (VwGH 25.11.2009, 2008/15/0263). 1.2Wesen der persönlichen abgabenrechtlichen Haftung Eine persönliche Haftung liegt vor, wenn eine Person mit ihrem gesamten Vermögen für eine bestehende Schuld [des Abgabenschuldners] einzustehen hat (VwGH 2.7.2002, 96/14/0023). Die Haftung nach § 9 BAO ist einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet, denn diese gesetzlich begründete Mitschuld hat ein pflichtwidriges Verhalten des Vertreters und einen dadurch bewirkten (zu befürchtenden) Einnahmenausfall der Finanzbehörde zur Voraussetzung. Durch die Normierung einer Mithaftung im Abgabenverfahren wird die Einbringung einer Schadenersatzklage entbehrlich (VwGH vS 22.9.1999, 96/15/0049). Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung. Haftungsvoraussetzung ist insoweit die objektive Uneinbringlichkeit der Abgabe (VwGH 8.7.2009, 2009/15/0013). Die Haftung des § 9 BAO ist subsidiär und akzessorisch. Eine Person darf demnach nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Hauptschuldner seiner Verbindlichkeit nicht nachkommt. Sie darf erst zur Leistung herangezogen werden, wenn die Abgabe beim Hauptschuldner uneinbringlich ist (Subsidiarität). Die Haftungsschuld ist weiters ihrem bloß sichernden Charakter zufolge in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig. Ist die Hauptschuld nicht (gültig) entstanden oder ist sie erloschen, ist auch eine Haftung für diese nicht denkbar, ihre Geltendmachung wäre unzulässig, die Haftung somit rechtswidrig begründet. Aus dem Wesen dieser Akzessorietät ergibt sich auch, dass die Haftung für mehr nicht besteht und für mehr nicht begründet werden kann, als der Hauptschuldner leisten muss (VwGH 26.6.1996, 95/16/0077; VwGH 19.3.2015, 2013/16/0200). Achtung: Der Abschluss eines (Zwangs-)Ausgleichs [durch die Gesellschaft] hat keinen Einfluss auf die Haftung nach § 9 BAO. Eine rechtskräftige Bestätigung eines (Zwangs-)Ausgleichs des Primärschuldners steht der Geltendmachung der Haftung nach den §§ 80 ff BAO auch für die die Ausgleichsquote übersteigenden Abgabenschulden [beim Haftungspflichtigen] nicht entgegen. Denn die Haftung ist nur insofern akzessorisch, als sie das Bestehen des Abgabenanspruchs zur Zeit der Verwirklichung des die Haftung auslösenden Sachverhalts voraussetzt (VwGH vS 22.9.1999, 96/15/0049). Die Haftung nach § 9 BAO ist eine verschuldensabhängige Haftung (VwGH 25.9.2001, 2001/14/0117). Voraussetzung für die Haftung nach § 9 BAO ist ein Verschulden als Geschäftsführer an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten der Gesellschaft (insb jener zur Abgabenentrichtung). Hinweis: Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten (VwGH vS 18.10.1995, 91/13/0037; VwGH 14.3.2016, Ra 2015/16/0124). Eine Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers oder einiger Gläubiger stellt eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den Vertreter dar, soferne dieses Verhalten eine Verkürzung der Abgaben bewirkt hat (VwGH vS 22.9.1999, 96/15/0049). Hinweis: Mit „Verkürzung der Abgaben“ meint der VwGH nicht das Ergebnis eines deliktischen Verhaltens im Sinne des FinStrG, sondern den Entgang von Abgaben. Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so trifft den Vertreter kein Verschulden iS des § 9 Abs 1 BAO (VwGH vS 22.9.1999, 96/15/0049). Achtung: Für Abzugsteuern (zB Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, Abzugsteuer bei bestimmten beschränkt steuerpflichtigen Einkünften) haftet der zum Auszahlungszeitpunkt verantwortliche Geschäftsführer jedoch stets in voller Höhe, und zwar auch dann, wenn die übrigen liquiden Mittel zur Abfuhr dieser Abgaben nicht oder nicht in ausreichendem Maß vorhanden waren (siehe Tz 2.6.12.3). Die Verletzung anderer (als abgabenrechtlicher) Pflichten durch den Geschäftsführer kann keine Haftung nach § 9 BAO begründen (siehe Tz 2.5). Hinweis: Ein Verschulden des Geschäftsführers am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ist für die abgabenrechtliche Haftung ebenso wenig von Bedeutung wie ein Verstoß gegen die Pflicht, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vertretenen zu stellen (VwGH vS 22.9.1999, 96/15/0049). Bei der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben und der schuldhaften Pflichtverletzung, die zum Abgabenausfall geführt hat, handelt es sich um Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um eine Person überhaupt als Haftende im Sinne des § 9 Abs 1 BAO in Betracht ziehen zu können. Deren tatsächliche Inanspruchnahme bleibt der sich daran anschließenden Ermessensentscheidung [der Behörde] vorbehalten (VwGH 25.3.2010, 2009/16/0104). Hinweis: Die Inanspruchnahme zur Haftung für Abgaben samt Nebenansprüchen fällt weder als „civil rights“ in den Anwendungsbereich der EMRK, noch in den Anwendungsbereich der EU-Grundrechte-Charta, Art 51 GRC (VwGH 18.3.2013, 2011/16/0187).
| Erscheinungsdatum | 12.10.2016 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Maße | 170 x 240 mm |
| Gewicht | 283 g |
| Einbandart | geklebt |
| Themenwelt | Recht / Steuern ► Steuern / Steuerrecht |
| Schlagworte | Abgabenanspruch • Abgabenbescheid • Abgabenschulden • Geschäftsführer • Geschäftsführerhaftung • Haftung • Haftungsbescheid • Insolvenz • Konkurs • Österreich • Rechtschutz • Revision |
| ISBN-10 | 3-7041-0662-3 / 3704106623 |
| ISBN-13 | 978-3-7041-0662-9 / 9783704106629 |
| Zustand | Neuware |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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