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Pferdezeit -  Manuela Weichselbaumer

Pferdezeit (eBook)

Was ich in 40 Jahren von ihnen lernen durfte
eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
150 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-8192-8854-8 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,49 inkl. MwSt
(CHF 9,25)
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Ein Leben mit Pferden und ein Buch voller Geschichten, Erkenntnisse und Herzensverbindungen. In diesem einfühlsamen Rückblick auf vier Jahrzehnte mit Pferden nimmt dich Manuela Weichselbaumer mit auf eine ganz persönliche Reise: vom ersten Reitunterricht über prägende Begegnungen mit besonderen Pferden bis hin zu ihrer heutigen Arbeit als Reittherapeutin und Pferdetrainerin. Erfahrungen aus Reitunterricht, Bodenarbeit, Tierkommunikation und therapeutischem Reiten verweben sich mit bewegenden Lebensabschnitten, mal leise, mal laut, aber immer ehrlich und berührend. Ein Buch für alle, die Pferde lieben, mit ihnen wachsen und tief verstehen wollen, wie sehr sie uns Menschen spiegeln, lehren und verändern können. Ein Buch über die Magie der Pferde und darüber, wie sie unser Innerstes berühren.

Manuela Weichselbaumer, geboren 1972, lebt mit ihrer Familie im östlichen Landkreis München und blickt auf über 40 Jahre intensiver Pferdeerfahrung zurück. Was als Kindheitstraum begann, entwickelte sich über die Jahre zu einem ganzheitlichen Lebensweg im Zeichen der Pferde. Bereits während ihrer langjährigen Tätigkeit im Büro war sie nebenberuflich als Reitlehrerin und Voltigiertrainerin aktiv. Ihr Herz schlug schon damals für eine feinfühlige, achtsame Arbeit mit Mensch und Pferd. Ein Weg, der sie schließlich ganz aus dem Büroalltag hinaus und mitten in die Pferdewelt führte. Heute arbeitet sie als Reitpädagogin, Trainerin C Voltigieren mit Zusatzqualifikation Inklusion, Bodenarbeits-Trainerin, Tierkommunikatorin und Reittherapeutin mit dem Schwerpunkt auf Frühchenförderung und Kindern mit Ängsten. Gemeinsam mit ihrer Tochter führt sie den Pferdewohlhof, einen liebevoll gestalteten Offenstall, in dem pferdegerechte Haltung, Vertrauen, Beziehung und individuelles Lernen im Mittelpunkt stehen. Neben Reitunterricht und Voltigieren bietet sie dort auch reittherapeutische und tiergestützte Förderung an. Mit ihrem Buch Pferdezeit Was ich in 40 Jahren von ihnen lernen durfte teilt sie ihre persönliche Geschichte, ihre Entwicklung und die vielen stillen wie lauten Lektionen, die ihr Pferde auf ihrem Weg mitgegeben haben. Eine authentische, berührende Hommage an ein Leben mit Pferden und an das, was wirklich zählt.

Kapitel 3


Mit wippenden Ohren und klarer Botschaft


„Pferde sind nicht da, um uns zu tragen – sie sind da, um uns zu lehren.“
– Unbekannt

In meinem Reiterleben gab es viele Pferde, die mich geprägt haben – jedes auf seine ganz eigene Weise. Aber wenn ich heute zurückblicke, war es nicht der erste Galopp, nicht das erste eigene Pferd, das meine Sicht auf Pferde grundlegend verändert hat. Es war Tristan.

Tristan war kein spektakuläres Sportpferd, kein schwieriger Problempatient, den ich hätte korrigieren müssen. Und doch wurde er einer meiner wichtigsten Lehrer. Er war der Schimmel unseres Reitlehrers – groß, mit endlos langen Beinen und einer ganz besonderen Eigenart: seine Ohren. Diese Ohren, die beim Gehen scheinbar ein Eigenleben führten, seitlich wippten und für uns Kinder einfach nur lustig aussahen. Doch hinter diesem scheinbar harmlosen Detail verbarg sich viel mehr.

Denn Tristan war es, der mir zum ersten Mal zeigte, was es wirklich bedeutet, mit einem Pferd zu reiten – und nicht nur auf ihm. Er ließ mich begreifen, wie fein Pferde wirklich sind. Dass sie uns spiegeln, in allem, was wir tun – ganz gleich, ob wir es wahrnehmen oder nicht. Und diese Lektionen lernte ich nicht langsam und sanft, sondern – wie so oft im Leben – auf die harte Tour.

Ich erinnere mich noch genau an ihn. Für mich – damals ein Kind – wirkte er riesig. Doch es war nicht nur seine Größe, die ihn so unverwechselbar machte. Es waren seine Ohren. Diese langen, wippenden Ohren, die er scheinbar lässig zur Seite hängen ließ, während sie bei jedem Schritt im Takt mitschwingen wollten, als hätte er einen eigenen Rhythmus im Kopf. Wer jedoch dachte, das sei ein Zeichen von Müdigkeit oder gar Abgestumpftheit, der lag falsch. Tristan konnte seine Ohren sehr wohl aufstellen – und tat es auch. Vor allem dann, wenn unser Reitlehrer sprach, waren sie wie zwei gespitzte Antennen, exakt auf ihn ausgerichtet.

Natürlich gab es diese Momente, in denen er müde oder gelangweilt wirkte – besonders, wenn er in der Halle auf dem Hufschlag im Schritt außen herumtrotten musste. Aber mal ehrlich: Welches Pferd wäre da mit Feuereifer bei der Sache? Doch sobald es hieß, die Gangart zu wechseln, war er hellwach. Dann standen seine Ohren wie gespannte Pfeile in die Höhe. Im Gelände zeigte sich dasselbe Bild: Im Schritt hingen die Ohren locker, wippten heiter vor sich hin, fast amüsiert – doch sobald es flotter wurde, waren sie auf Empfang geschaltet, ganz der aufmerksame Tristan.

Wir Kinder fanden seine Ohren einfach zum Schießen – und vielleicht war es auch genau diese Eigenart, die ihn für mich so besonders machte. Doch Tristan war weit mehr als nur „das lustige Pferd mit den wippenden Ohren.“ Er wurde mein erster, echter Lehrmeister.

Ich gehörte zu den wenigen Kindern, die die Pferde unseres Reitlehrers reiten durften. Meistens war es Tristan, zumindest in der Halle. Er war das Tête-Pferd, der Anführer der Abteilung. Mit seinem großen, heute würde man sagen „raumgreifenden“ Schritt gab er das Tempo vor. Für mich war das ein Geschenk. Ich wollte mehr als nur im Kreis reiten – ich wollte wirklich reiten. Und genau das bedeutete: Verantwortung.

Denn Tristan verzieh keine Unklarheiten. Wenn ich unruhig im Sattel saß, mit den Beinen zappelte oder meine Gedanken woanders waren, dann spiegelte er das gnadenlos. Gerade Linien? Nur, wenn ich wirklich steuerte. Hufschlagfiguren? Fehlanzeige, wenn ich nicht bewusst lenkte. Und ein korrekter Gangartwechsel? Nur mit präziser Hilfe.

Meine erste Reitstunde mit Tristan war eine Lektion in Demut. Ich war unheimlich stolz – fast schon ein wenig überheblich. Schließlich war es eine Auszeichnung, eines der Pferde des Reitlehrers reiten zu dürfen. Doch mein Hochmut wurde schneller bestraft, als mir lieb war.

Ich sollte die Abteilung anführen. Ich war aufgeregt, wollte alles richtig machen. Dann kam der Moment: „Durch die ganze Bahn wechseln!“ Ein Befehl, den ich kannte. Ich nahm die Zügel auf, lenkte – dachte ich zumindest. Doch Tristan hatte andere Pläne.

Statt gerade über die Diagonale zu schreiten, bewegte er sich in geschwungenen Linien – wie eine träge Schlange, die ihren Weg nicht finden konnte. Eine doppelte Schlangenlinie, völlig unkontrolliert. Und als wäre das nicht genug, setzte er am Ende der Diagonale noch zum Angaloppieren an.

„WAS SOLL DAS SEIN? WAS REITEST DU DA?! HALT GEFÄLLIGST DEINE BEINE RUHIG!“

Die donnernde Stimme des Reitlehrers hallte durch die Halle. Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. Ich hätte am liebsten alles stehen und liegen lassen, mich vom Pferd geschwungen und im Reithallenboden versenkt.

Doch aufgeben? Niemals.

Ich biss die Zähne zusammen, schluckte meine Tränen hinunter und richtete innerlich – wenn auch zittrig – meine Krone. Ich wollte das lernen. Ich wollte verstehen. Also machte ich weiter, nahm mir jede Anweisung zu Herzen. Ruhige Beine, klare Hilfen, den Blick dorthin richten, wo ich hinreiten wollte.

Natürlich klappte es nicht auf Anhieb – und schon gar nicht perfekt. Aber ich kämpfte mich durch die Stunde. Vielleicht saß ich am Ende etwas steif auf Tristan, so darauf bedacht, bloß keine unruhigen Bewegungen mehr zu machen. Aber ich hatte etwas Wichtiges begriffen: Ein Pferd läuft nicht einfach geradeaus. Es braucht eine klare Führung, feine Signale und einen Reiter, der weiß, wohin er will.

Die Strenge unseres Reitlehrers wäre heute kaum noch vorstellbar. Doch die Lektionen, die ich durch Tristan lernte, waren unbezahlbar. Ich lernte, dass ich Verantwortung tragen muss – nicht nur für mein Tun, sondern für das ganze Miteinander. Dass ich nicht einfach oben sitze und das Pferd „macht schon“, sondern dass jede Bewegung, jedes Zögern, jede Unklarheit eine Wirkung hat.

Und genau deshalb bleibt Tristan mein erster richtiger Lehrmeister.

Damals war der Unterricht streng. Hart. Nicht selten flossen Tränen. Unser Reitlehrer kannte kein Pardon. Respekt – vielleicht sogar ein bisschen Angst – gehörte zum Reitalltag. Heute, in einer Zeit, in der sich der Umgang mit Pferden wie mit Reitschülern stark gewandelt hat, wäre diese Art des Unterrichts wohl nicht mehr denkbar. Auch mein eigener Stil hat sich längst davon entfernt.

Und doch: Diese Zeit hat mich geprägt. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, bewusst zu reiten. Den Blick klar zu richten, zu wissen, was man will – und dabei ruhig zu bleiben. Ein ruhiges Bein kann Wunder wirken. Diese Erfahrungen gebe ich heute an meine Schüler weiter. Doch auf eine andere Art. Ohne Gebrüll. Ohne harsche Worte.

Neulich musste ich wieder an Tristan denken. Eine junge Schülerin in einer Reitstunde, ganz am Anfang ihres Weges, mühte sich ab, ihr Pony auf einer geraden Linie zu halten. Es lief kreuz und quer. Sie war unruhig, der Fokus fehlte. Ich beobachtete sie einen Moment, dann sagte ich leise:

„Schau dorthin, wo du hinreiten willst. Dein Pony folgt deinem Blick – und deine Beine bleiben ganz ruhig.“

Sie versuchte es. Und siehe da – plötzlich wurde ihre Linie klarer. Das Pony reagierte. Ihr Gesicht hellte sich auf. Ein kleines Lächeln stahl sich über ihre Lippen. Und ich? Ich schmunzelte still.

Wie anders das doch war als meine Lektionen mit Tristan – kein Brüllen, kein Donnerwetter. Und doch: Der Kern blieb derselbe.

Heute lasse ich meine Schüler selbst spüren, was passiert, wenn der Fokus fehlt oder die Beine unruhig sind. Ich erkläre, lasse sie ausprobieren, erleben. Ich arbeite mit Aha-Momenten, mit echtem Erkennen. Und mit dem Gefühl, wenn auf einmal alles zusammenpasst.

Denn genau das habe ich damals mit Tristan gelernt: Reiten ist mehr als Technik. Es ist Kommunikation. Es ist Feingefühl. Es ist eine stille Sprache zwischen zwei Lebewesen. Und genau diese Erfahrung möchte ich weitergeben – auf eine Weise, die Pferd und Mensch gleichermaßen respektiert.

Fazit


Manchmal brauchen wir Lehrer, die uns schonungslos ehrlich zeigen, worauf es wirklich ankommt. Tristan hat mir deutlich gemacht, dass Reiten nicht einfach geschieht – sondern dass jede Hilfe, jede Bewegung bewusst gesetzt werden muss. Damals habe ich gelernt, dass es eben nicht reicht, nur oben zu sitzen. Es kommt auf Klarheit, auf ruhige Hilfen und auf echtes Führen an. Diese Erfahrung hat mein Verständnis für Pferde nachhaltig geprägt – und bildet bis heute das Fundament für meinen eigenen Weg mit ihnen.

Mein Lernmoment mit Tristan


Manchmal beginnt die größte Erkenntnis genau dort, wo du dich am kleinsten fühlst. Pferde bringen uns nicht nur weiter – sie bringen uns zu uns selbst zurück.

Und doch war es nur der Anfang. Tristan hatte mir gezeigt, was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und ein Pferd bewusst zu führen. Doch ich ahnte nicht, dass mein nächster Wegbegleiter mich auf eine noch tiefere Reise mitnehmen würde...

Erscheint lt. Verlag 19.5.2025
Sprache deutsch
ISBN-10 3-8192-8854-6 / 3819288546
ISBN-13 978-3-8192-8854-8 / 9783819288548
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