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Klinische Interkulturelle Psychotherapie -

Klinische Interkulturelle Psychotherapie (eBook)

Migration und Fluchterfahrung in der therapeutischen Arbeit - Ein Lehr- und Praxisbuch

Yesim Erim (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
384 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-034609-3 (ISBN)
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Die Zahl der Migranten und Geflüchteten, die als Patienten psychosoziale Einrichtungen aufsuchen, nimmt - entsprechend ihrem wachsenden Anteil an der Bevölkerung - beständig zu. Dieses Werk zielt darauf ab, Psychotherapeuten zu einer effektiven interkulturellen psychotherapeutischen Arbeit zu befähigen. In der 2. Auflage wurde der Fokus auf Geflüchtete ausgeweitet, wie es die Kriege in Syrien und der Ukraine und die darauffolgenden Fluchtbewegungen erfordern. Somit beschreibt dieses Lehr- und Praxisbuch die Psychotherapie mit den größten Migrantengruppen im deutschsprachigen Raum: türkisch, polnisch, ehem. jugoslawisch, syrisch und ukrainisch. Dabei werden die Lebenswelten und ethnosoziokulturellen Hintergründe dieser Migranten ebenso in den Blick genommen wie die kulturelle Prägung psychischer Symptombildung sowie interkulturelle kollektive Übertragungsmechanismen. Neben einer Übersicht über die sozial- und migrationspsychologische Theoriebildung enthält das Buch eine Zusammenfassung aktueller Forschungsergebnisse und anschauliche Fallberichte.

Prof. Dr. med. Yesim Erim, Fachärztin für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Psychoanalytikerin, ist Leiterin der Psychosomatischen und Psychotherapeutischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen sowie Trägerin des Höffmann-Wissenschaftspreises 2022 für interkulturelle Kompetenz.

Vorwort und Danksagung


»Klinische Interkulturelle Psychotherapie« liegt nun in der zweiten Auflage vor. Schon der Titel verweist auf die wichtigste Erweiterung, die ergänzt wurde: »Migrations- und Fluchterfahrung in der psychotherapeutischen Arbeit«. Neben der Psychotherapie mit Arbeitsmigranten, die bei der ersten Auflage im Jahr 2009 die größte Gruppe kulturell diverser Personen darstellten, wird in der zweiten Auflage schwerpunktmäßig die psychotherapeutische und die psychosoziale Behandlung von Geflüchteten fokussiert. Das Buch verfolgt das Ziel, einheimische und bilingual-ethnische Therapeuten für die Arbeit mit Migranten zu befähigen. Autoren des Werkes sind seit vielen Jahren in der psychotherapeutischen Versorgung von Migranten klinisch tätig und haben sich mit der interkulturellen Psychotherapie in diversen Veröffentlichungen befasst. Das Werk beinhaltet neben Berichten und Empfehlungen dieser Experten aktuelle Forschungsergebnisse und enthält anschauliche Kasuistiken.

Fragestellungen, die sich in meiner psychotherapeutischen Arbeit mit Migranten oder in den Fortbildungsveranstaltungen, die ich seit 1997 regelmäßig am Universitätsklinikum in Essen und später im Rahmen der Lindauer Psychotherapiewochen anbiete, als behandlungsrelevante Themen abgebildet haben, werden in 24 Kapiteln untersucht. Nach der Fluchtbewegung aus Syrien hat sich meine Arbeitsgruppe in der psychosomatischen Abteilung in Erlangen mit der psychischen Gesundheit von Geflüchteten beschäftigt, seit 2016 wird auch eine spezialisierte Sprechstunde angeboten, diese Ergebnisse flossen in das Buch ein. So werden neben Behandlungs- und Forschungsergebnissen aus Projekten in Deutschland mit Geflüchteten aus Syrien auch internationale Studien aus Regionen mit kriegerischen Konflikten referiert. Hierzu sind viele neue Kapitel entstanden, neben den Übersichtskapiteln, nach den Entitäten, erstens PTBS, Angst und Depression und zweitens somatoformen Störungen aufgeteilt, präsentieren zwei weitere Kapitel spezifische psychotherapeutische Vorgehensweisen der psychosomatischen Arbeitsgruppen in Heidelberg und Viersen-Düsseldorf.

Das Buch startet mit einer Zusammenfassung theoretischen Wissens zur psychischen Entwicklung und soziokulturellen Adaptation nach der Migration. Ein kleines Glossar sozial- und migrationspsychologischer Begriffe rundet diese theoretische Einführung ab. Das nächste Kapitel behandelt Grundlagen der interkulturellen Psychotherapie. Hierzu gehört nicht nur die Untersuchung besonderer Konstellationen der Übertragung und Gegenübertragung zwischen Migranten und Einheimischen, sondern z. B. auch kultur- oder migrationsspezifische Besonderheiten in der Biografie und im Erleben der Patienten. Hier geht es u. a. um kollektiv geprägte Übertragungsbereitschaften in der interkulturellen Psychotherapie und um Besonderheiten der biografischen Anamnese im Kontext der Migration sowie um Kontextsensibilität und interkulturelle Kompetenz.

Das Thema der Benachteiligung der Frauen taucht in Psychotherapien von Migrantinnen als biografisches Merkmal und in der konkordanten, ängstlich vermeidenden Haltung und Gegenübertragung der Behandler häufig auf. Meine Erfahrungen in der Psychotherapie von Migrantinnen habe ich im Kontext der Gruppentherapie und der Einzeltherapie dargestellt. In diesem Zusammenhang habe ich diskutiert, ob Zweisprachlichkeit und Bikulturalität in Form einer Überidentifikation mit der konservativen Herkunftskultur eine besondere Abwehrform darstellen. Welchen Einfluss die religiöse Zugehörigkeit der Patientinnen auf deren Selbst und Körpererleben nehmen kann, habe ich in einem gesonderten Kapitel diskutiert. In der Zwischenzeit seit 2009 hat Gewalt gegenüber Frauen grausame Formen angenommen, die den Beobachter erschüttern. Beispiele dafür, die weltweit zu Solidaritätsbekundungen führen, sind die Aggressionen gegenüber Frauen durch den islamischen Staat im Syrienkrieg und durch Repressalien des Staates gegenüber der Emanzipationsbewegung im Iran. Auch in Deutschland sind die Übergriffe gegenüber Frauen und Migrantinnen angestiegen. Die Ausführungen in diesem Kapitel sollen nicht dazu verleiten, dass Vorurteile und Vorannahmen bestärkt werden, sondern zu einem besseren psychodynamischen Verständnis der Patientinnen beitragen. Die schwierigen politischen Debatten nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der Hamas auf israelische Siedler haben gezeigt, wie kompliziert die Zusammenhänge sind. Eine parteiergreifende Perspektive, hier für die Rechte der Frauen, die notwendig und unumgänglich erscheint, kann leider auch zur Bildung von neuen Stereotypen führen. Dieses Risiko bin ich als Autorin nach vielen Überlegungen eingegangen.

Der Beitrag von Norbert Hartkamp befasst sich mit der Psychotherapie der türkischen Männer. Hartkamp führt aus, dass die gesellschaftliche Normvorstellung, wie ein Mann zu sein habe, heute noch sehr viel strikter festgelegt sei und sehr viel weniger Ausweichmöglichkeiten bereithalte, als dies für Frauen üblicherweise der Fall sei. Überdies würden dysfunktionale Verhaltensweisen häufig durch eine spezifische Form von Männlichkeitsideologie in ihrem Bestand gefestigt. Nach einer Beschreibung der kulturellen Wertvorstellungen von Ehrenhaftigkeit und Ehrbarkeit beschreibt er, wie Geschlechtsrollenstereotypen in der Psychotherapie mit türkischen Männern zu berücksichtigen sind.2

Zwei Störungsbilder, die Traumafolgestörungen und die somatoformen Störungen, nehmen einen großen Raum ein, weil Migranten meistens mit diesen Störungsbildern einen Psychotherapeuten aufsuchen. Ergebnisse zu Ätiologie, Epidemiologie und Psychotherapie wurden in zwei Kapiteln zusammengefasst. Dabei wurden im Besonderen die internationalen Bemühungen, den Mangel an psychosozialen Versorgungsstrukturen zu kompensieren dargestellt. Es geht dabei um Konzepte von transdiagnostischer Psychotherapie und task-shifting. Zur Vertiefung dieses Überblicks werden standardisierte Stabilisierungsübungen der Heidelberger Forschergruppe von Irja Rzepka und Christoph Nikendei vorgestellt, deren Akzeptanz und Wirksamkeit untersucht wurde. Joksimovic präsentiert das Konzept einer stabilisierenden psychodynamischen Traumatherapie. Möllering und Kallwitz stellen die Arbeit des psychosozialen Zentrums für Geflüchtete in Bielefeld vor, auch anhand von Kasuistiken. Gertrud Peschel-Krömker beschreibt die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung von traumatisierten Kindern und Jugendlichen, auch als unbegleitete junge Geflüchtete, an einem Traumazentrum. In einer Kasuistik wird die Behandlung eines Patienten 30 Jahre nach seiner Flucht dargestellt.

Ali Kemal Gün befasst sich mit Fragestellungen bzgl. der interkulturellen Öffnung von Institutionen. Gün gibt eine umfassende Beschreibung für die institutionellen Voraussetzungen der kulturellen Öffnung und fasst diese dann in einer Checkliste zusammen.

Die besonderen Probleme von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die einen großen Teil der jungen Bevölkerung in Deutschland darstellen, wurden von Toker und Schepker behandelt. Das Kapitel wurde mit Daten zu Kindern und Jugendlichen erweitert, die in Begleitung ihrer Familien oder unbegleitet als Geflüchtete nach Deutschland kommen. Die Autoren haben besonders deutlich herausgearbeitet, wie wichtig es in diesem Zusammenhang ist, durch eine kulturell offene Haltung ressourcenorientiert vorzugehen, Inanspruchnahmeverhalten, schicht-‍, migrations- und kulturspezifische Haltungen der Jugendlichen sowie ihrer Familien mit einer kulturellen Offenheit zu untersuchen.

Auch Fatih Güç befasst sich mit Migrantenfamilien und beschreibt die systemisch psychoanalytische Methode in der Familientherapie in diesem Kontext. Güç schildert die Bedeutung der Erhebung der Migrationserfahrungen aller Mitglieder der Familie und schlägt vor, die Familien in einer transkulturellen, einer kulturellen und einer individuell familiären Ebene wahrzunehmen und zu untersuchen. In seinem Beitrag wird auch die Problematik des fortgesetzten Migrationsstresses in Familien mit der Erfahrung der Heiratsmigration verdeutlicht.

Obwohl sie betonen, dass ein sozio-ethno-kultureller Leitfaden nicht die Auseinandersetzung mit der individuellen Konfliktdynamik der Patienten ersetzen darf, waren Ljiljana Joksimovic und Eva Morawa bereit, meiner Einladung zu folgen und für Migranten aus dem ehemaligen Jugoslawien und polnischstämmige Migranten entsprechende Orientierungsleitfäden zu schreiben. In diesen Kapiteln werden die historische und politische Entwicklung der betroffenen Ethnien und deren Auswirkung auf bestimmte kollektive Wahrnehmungen und Rollenbilder beschrieben. Hier wird dem US-amerikanischen Ansatz gefolgt, durch die Schilderung dieser Besonderheiten der einzelnen Ethnien, die immer auch stereotypisch sein müssen, eine erste Begegnung mit der spezifischen Beziehungswelt des Migranten und eine Sensibilisierung des Therapeuten für bestimmte kulturspezifische Konfliktmuster zu erreichen. Andrea Borho aus der Erlanger Arbeitsgruppe ergänzt diesen Blick auf die ethnisch-kulturellen Gruppen mit einem Beitrag mit Ergebnissen der...

Erscheint lt. Verlag 6.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
ISBN-10 3-17-034609-1 / 3170346091
ISBN-13 978-3-17-034609-3 / 9783170346093
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