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Plausibel, logisch, falsch -  Peter Gritzmann

Plausibel, logisch, falsch (eBook)

Auf den Holzwegen des gesunden Menschenverstandes
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
217 Seiten
Verlag C.H.Beck
978-3-406-81426-6 (ISBN)
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So, wie es optische Täuschungen gibt, so gibt es auch logische. Die 24 Geschichten dieses unterhaltsamen, leicht lesbaren Buches stammen aus der Welt der alltäglichen Entscheidungen, etwa der Medizin, der politischen Wahlsysteme, der Werbung, der Corona-Impfung oder der Schlankheitsdiäten. Was auf den ersten Blick völlig einleuchtend zu sein scheint, kann dennoch komplett in die Irre führen. Plausibel, logisch, falsch zeigt uns, wie wir Pseudo-Wahrheiten durchschauen, und gibt uns die Mittel an die Hand, die Holzwege des gesunden Menschenverstandes zu vermeiden.

Peter Gritzmann ist Prof. em. für Mathematik an der Technischen Universität München. Längere Gastprofessuren führten ihn in die USA und nach Frankreich. Für seine Arbeiten wurde er mehrfach international ausgezeichnet. Heute berät er Wissenschaftseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen im In- und Ausland.

Das perfekte Restaurant


Nächsten Samstag ist es endlich wieder so weit. Ihr lange geplantes, mehrfach verschobenes und freudig erwartetes Wiedersehen mit neun alten Freunden kann endlich stattfinden. Sie treffen sich seit Jahren endlich mal wieder zum Abendessen, und es gibt bestimmt viel zu erzählen.

Für dieses Wiedersehen wollen Sie ein besonders schönes Lokal aussuchen. Sie denken dabei entweder an das neue, etwas stylische, argentinische Restaurant, das zünftige bayerische Gartenlokal oder an das chinesische Restaurant mit dem großen Rundaquarium voller exotischer Zierfische. Sie selbst finden alle drei Optionen hervorragend – aber was wird wohl den anderen am besten gefallen? Sicherlich kämen auch für jeden ihrer Freunde alle drei Restaurants in Frage. Spezielle Allergien oder grundsätzliche Abneigungen gegen eine der drei Kategorien hat keiner von Ihnen.

Aber Julia würde, so wie Sie sie kennen, in jedem Fall das argentinische Lokal bevorzugen, Bayerisch wäre ihre zweite Wahl, während sie kein ausgesprochener Freund der chinesischen Küche ist. Axel hingegen würde ebenfalls am liebsten ins argentinische Lokal gehen, Chinesisch käme auf Platz 2, während Bayerisch seine dritte Wahl wäre. Wenn nur diese beiden zum Abendessen kämen, wäre die Wahl klar: Sie würden in das argentinische Lokal gehen.

Es gibt aber unter den sieben anderen Gästen noch ganz andere Vorlieben. Sie gehen die Liste aller Ihrer Freunde einzeln durch. Um sich einen Überblick zu verschaffen, notieren Sie deren Präferenzen in einer Tabelle. Der Einfachheit halber sind Ihre Gäste dort durchnummeriert, F1 bis F9, d.h. Freund 1 bis Freund 9. Julias Vorliebe ist unter F1 zu sehen, A vor B vor C, d.h. Argentinisch vor Bayerisch vor Chinesisch, von oben nach unten. Axels Präferenzen sind in Spalte 2 angegeben, A, C, B, also Argentinisch vor Chinesisch vor Bayerisch.

Die Tabelle gibt einen klaren Überblick, wie Ihre neun Freunde die drei Optionen A, B, C auf ihre Plätze 1, 2 und 3 setzen.

F1

F2

F3

F4

F5

F6

F7

F8

F9

A

A

A

A

B

B

B

C

C

B

C

C

C

C

C

C

B

B

C

B

B

B

A

A

A

A

A

Was ist aber nun aufgrund dieser «Datenlage» die beste lukullische Entscheidung?

Das ist gar nicht so ganz klar. Für jede der drei Alternativen spricht durchaus etwas; einheitlich ist das Bild jedenfalls nicht. Natürlich könnten Sie sagen: «Dann entscheide eben ich, wohin wir gehen, schließlich bezahle ich das Essen ja auch.» Aber einen solchen Eindruck wollen Sie erst gar nicht aufkommen lassen. Sie versuchen ja wirklich Ihr Bestes, damit der Abend gelingt. Ihre Wahl soll daher so fair wie möglich und für alle klar nachvollziehbar sein. Schließlich könnten sich sonst vielleicht diejenigen Freunde benachteiligt fühlen, denen ein anderes Restaurant lieber gewesen wäre.

Bei Wahlen denkt man meistens zuerst an die große oder wenigstens kommunale Politik. Tatsächlich haben wir ja regelmäßig Kommunal-, Landtags-, Bundestags- und Europawahlen, die stets und völlig zu Recht auch eine große mediale und politische Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Bei der Bundestagswahl 2021 waren insgesamt 61.181.072 Wahlberechtigte[8] aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben. Mit der Zweitstimme konnte eine von 40 verschiedenen Parteien gewählt werden; die Erststimmen verteilten sich auf insgesamt 6211 Direktkandidaten[9] in 299 Wahlkreisen.

Das ist natürlich eine ganz andere Dimension als bei unserer «Essen-mit-Freunden»-Wahl mit ihren nur neun Wahlberechtigten und drei Kandidaten, und zugegebenermaßen ist das Ergebnis von Bundestagswahlen auch deutlich wichtiger. Allerdings ist die Aufgabe nicht wirklich so verschieden, wie es sich zunächst vermuten lässt. Jeder einzelne Wahlberechtigte hat Präferenzen für Parteien und ihre Kandidatinnen und Kandidaten und äußert diese auf den Stimmzetteln.

In politischen Wahlen können den Wahlberechtigten je nach Wahlsystem dabei durchaus verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten für ihren politischen Willen zur Verfügung stehen, vom einfachen Kreuzchen bis hin zum Kumulieren und Panaschieren.

Für Ihre Restaurant-Wahl kennen Sie die Präferenzen von jedem Ihrer neun Freunde: Julias Platz 1 ist Argentinisch, gefolgt von Bayerisch, und Chinesisch liegt auf Platz 3. Bei der Bundestagswahl hat man natürlich viel mehr als drei Alternativen. Zur Wahl 2021 waren 54 Parteien zugelassen. Hiervon nahmen 47 letztlich teil, 40 davon mit Landeslisten.[10]

Statt mehr als 60 Millionen Wahlberechtigter, die mit ihrer Zweitstimme eine von 40 Landeslisten wählen konnten, hat unsere kleine «Essen-mit-Freunden»-Wahl nur neun Wahlberechtigte, die ihre Präferenzen für die drei Alternativen A, B und C ausdrücken konnten. Natürlich geht es bei der Restaurant-Wahl auch nicht um die Zusammensetzung des Bundestags, also um eine möglichst gerechte Abbildung des Wählerwillens in parlamentarische Kräfteverhältnisse. Nein, viel, viel einfacher: Wir suchen ja nur das beste Restaurant für einen einzigen Abend.

Wenn aber der Unterschied doch gar nicht so grundsätzlich ist, können wir dann nicht einfach mal gängige politische Wahlsysteme zu unserer Entscheidungsfindung anwenden? Versuchen wir es!

Zu den gängigsten Wahlverfahren gehört sicherlich das der Mehrheitswahl, wie es etwa bei den Parlamentswahlen in England oder (mit Ausnahme von Georgia und Louisiana) bei den Senatswahlen in den USA angewendet wird. Die Präsidentschaft in Frankreich wird hingegen mittels einer absoluten Mehrheitswahl mit Stichwahl entschieden. Wenn auch weniger bei politischen Wahlen, so ist auch die «Punkte»-Wahl recht weit verbreitet, bei der Sie den Alternativen je nach Ihren...

Erscheint lt. Verlag 15.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Logik
Mathematik / Informatik Mathematik
ISBN-10 3-406-81426-3 / 3406814263
ISBN-13 978-3-406-81426-6 / 9783406814266
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