GeoForum MV 2023 (eBook)
188 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-98310-6 (ISBN)
Prof. Dr.-Ing. Ralf Bill studierte Geodäsie an der FH Mainz (1972-1975) und den Universitäten Berlin (1975-1976) und Karlsruhe (1976-1979) und war anschließend Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Karlsruhe (1979-1985, Promotion 1982). 1985-1989 arbeitete er als GIS-Entwicklungsingenieur bei Wild (Heerbrugg/Schweiz). 1989-1994 baute er als Senior Scientist am Institut für Photogrammetrie der Universität Stuttgart die Lehre und Forschung in der Geoinformationsverarbeitung im Studiengang Vermessungswesen auf. Seit 1994 ist er Universitätsprofessor für Geodäsie und Geoinformatik an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock. Seit 1999 leitet er zudem das Steinbeis-Transferzentrum für Geoinformatik Rostock, in dem GIS-Entwicklungen für Wirtschaft und Verwaltung stattfinden.
Prof. Dr.-Ing. Ralf Bill studierte Geodäsie an der FH Mainz (1972–1975) und den Universitäten Berlin (1975–1976) und Karlsruhe (1976–1979) und war anschließend Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Karlsruhe (1979–1985, Promotion 1982). 1985–1989 arbeitete er als GIS-Entwicklungsingenieur bei Wild (Heerbrugg/Schweiz). 1989–1994 baute er als Senior Scientist am Institut für Photogrammetrie der Universität Stuttgart die Lehre und Forschung in der Geoinformationsverarbeitung im Studiengang Vermessungswesen auf. Seit 1994 ist er Universitätsprofessor für Geodäsie und Geoinformatik an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock. Seit 1999 leitet er zudem das Steinbeis-Transferzentrum für Geoinformatik Rostock, in dem GIS-Entwicklungen für Wirtschaft und Verwaltung stattfinden.
Zur Analyse von Stadtstrukturen – basierend auf offenen Geodaten und urbanen Masken in Europa
Ulrich Schumacher
Universität Rostock, Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät (extern),
Justus-von-Liebig-Weg 6, 18059 Rostock,
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), Weberplatz 1, 01217
Dresden, U.Schumacher@ioer.de
Abstract. Angesichts der international zunehmenden Urbanisierung ist es geboten, die Analyse und Bewertung räumlicher Siedlungsstrukturen zu verbessern. Urbane Kernräume im Sinne der ATKIS-Ortslage (Bebauung, innerörtlicher Verkehr und Siedlungsgrün) bilden dafür eine wichtige Referenzgeometrie. Eine vergleichbare urbane Maske auf europäischer Ebene wäre im Rahmen des Copernicus Urban Atlas wünschenswert, ist allerdings nicht als Open Data verfügbar, obwohl offene Geodaten auf allen Ebenen an Bedeutung gewinnen. Zur Ableitung urbaner Masken wurde ein GIS-Algorithmus entwickelt und an 30 europäischen Städten getestet. Schließlich werden zwei Anwendungsbeispiele mit planerischer Relevanz vorgestellt (urbane Zerschneidung und urbane Baumbedeckung).
1 Einführung
Angesichts der international zunehmenden Urbanisierung ist es geboten, die Analyse und Bewertung räumlicher Siedlungsstrukturen zu verbessern, um die nachhaltige Gestaltung der damit verbundenen Transformationsprozesse zu unterstützen. Dabei können Geodaten und die daraus abgeleiteten Karten wesentlich zum Verständnis der Ausprägung siedlungsstruktureller Merkmale beitragen. Urbane Räume mit einer Konzentration von Siedlungselementen bilden in diesem Kontext eine wichtige Referenzgeometrie (urbane Maske). Sie enthält die physischen Hauptkomponenten Bebauung, innerörtlicher Verkehr und Siedlungsgrün. Mit diesem Raumbezug wurde ein komplexer Analyse- und Bewertungsansatz von Stadtstrukturen im Spannungsfeld von Kompaktheit, Effizienz und Umweltqualität von Autoren des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR) entwickelt und als Buch publiziert (Deilmann et al., 2017). Dazu wurde die physische Gestalt ausgewählter Städte in Deutschland (darunter Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern (MV)) mithilfe von Messgrößen im Sinne von urbaner Metrik GIS-gestützt analysiert. Als Datengrundlage diente das ATKIS Basis-DLM, wobei die vereinigten Ortslagen einer Stadt leicht generalisiert als urbane Maske für alle betrachteten städtebaulichen Wirkungszusammenhänge verwendet wurden.
2 Offene Geodaten
In den letzten Jahren hat sich das Thema Offenheit in unserer Gesellschaft, der Verwaltung, der Wirtschaft sowie der Wissenschaft immer mehr etabliert. Das ist als grundsätzlicher Paradigmenwechsel zu verstehen und betrifft Daten im Allgemeinen sowie Geodaten im Besonderen (Bill, 2018). Im Hinblick auf die Möglichkeit zur Ableitung urbaner Masken werden folgende Anforderungen an die Geodaten gestellt:
• Abbildung der Landnutzung bzw. Bodenbedeckung
• hinreichende Differenzierung der Klassifikation im urbanen Raum
• geometrische Genauigkeit im topographischen Basismaßstab (1:10.000 … 1:25.000)
• Vektor als vorzugsweiser Datentyp (Orientierung an ATKIS-Ortslage)
• einheitliche Datenstruktur auf europäischer Ebene
• regelmäßige Erhebung bzw. Fortschreibung als Voraussetzung für die Raumbeobachtung (Monitoring)
• freie Zugänglichkeit (Open Data)
Zur Abbildung urbaner Strukturen werden nun relevante Geodaten im Überblick vorgestellt – mit Fokus auf Vektordaten im mittleren Maßstabsbereich, welche tendenziell frei zugänglich sind (Open Data). Das Spektrum reicht von der lokalen Ebene (Realnutzungskartierung Rostock; HRO, 2022) über die nationale Ebene (ATKIS Basis-DLM; AdV, 2018), die europäische Ebene (Copernicus Urban Atlas; EU, 2020) bis zur globalen Ebene (Open Street Map; Wiki OSM, 2023). In folgender Übersicht wird neben grundsätzlichen Datenmerkmalen die prinzipielle Möglichkeit zur Ableitung urbaner Masken eingeschätzt (Tabelle 1).
Tabelle 1: Geodaten zur Abbildung urbaner Strukturen im Vergleich
3 Urbane Masken
Eine vergleichbare urbane Maske zur ATKIS-Ortslage auf europäischer Ebene wäre im Rahmen des Copernicus Urban Atlas wünschenswert. Hier gibt es für die Baumbedeckung im urbanen Raum den sogenannten Street tree layer (STL), der mithilfe einer urbanen Maske abgegrenzt wird. Diese Maske ist jedoch nur intern und nicht als Open Data verfügbar. Deshalb wurde vom Autor ein GISgestützter Algorithmus zur Generierung eines solchen Layers aus den Daten des Urban Atlas entwickelt (Schumacher, 2021). Das Verfahren wurde an 30 europäischen Städten getestet, welche ein breites Spektrum urbaner Strukturen aufweisen. Am Beispiel von Rostock soll diese Maske aus den aktuellen Copernicus-Daten 2018 mit einer ebenfalls generierten Maske aus der städtischen Realnutzungskartierung (RNK) sowie mit den vereinigten Ortslagen aus zeitlich entsprechenden ATKIS-Daten von MV verglichen werden (Abbildung 1).
Abbildung 1: Urbane Masken der Hansestadt Rostock im Vergleich
Die Karte zeigt insgesamt nur relativ geringe Abweichungen in der Flächenausdehnung der drei urbanen Masken – trotz unterschiedlicher Datenquellen bzw. Verfahren der GIS-Bearbeitung. Setzt man die Flächensumme aller ATKIS-Ortslagen im Rostocker Stadtgebiet auf 100 %, dann beträgt die Fläche der urbanen Maske aus dem Copernicus Urban Atlas 98,3 % und aus der RNK 95,4 %. Dabei gibt es geometrische Abweichungen bei den Konturen der Masken, vor allem in peripheren Bereichen des Siedlungskörpers. Dies weist sowohl auf Klassifikationsprobleme bei einzelnen Objekten als auch auf Abrundungseffekte bei der Generalisierung hin.
4 Anwendungsbeispiele
Für die Anwendung urbaner Masken sollen zwei ausgewählte Beispiele mit planerischer Relevanz vorgestellt werden – die urbane Zerschneidung sowie die urbane Baumbedeckung.
4.1 Urbane Zerschneidung
Beim Zerschneidungseffekt geht es um die Segmentierung des urbanen Raumes durch Hauptverkehrstraßen (Straße bzw. Schiene), deren Barrierewirkung die Lebensqualität in angrenzenden Gebieten beeinträchtigt. Methodisch gilt die prinzipielle Übertragbarkeit von Strukturanalysen zur Landschaftszerschneidung (z. B. Walz et al., 2022) auf den urbanen Raum. Eine Studie zu europäischen Städten belegt, dass die Zerschneidung des Siedlungskörpers durch Hauptverkehrstraßen anhand der Metrik „Effektive Maschenweite“ (Meff) im gesamtstädtischen Maßstab analysiert und gemessen werden kann (Schumacher und Deilmann, 2019). Als Bezugsgeometrie des urbanen Raumes wurde für jede Stadt eine urbane Maske mittels GIS konstruiert (ebenda beschrieben). Dieses Verfahren kann als Vorstufe des im Abschnitt 3 in Schumacher und Deilmann (2019) erwähnten Algorithmus betrachtet werden. Dabei kamen offene Geodaten des Copernicus Urban Atlas und von CORINE Land Cover sowie für die Zerschneidungsanalyse zusätzlich Open Street Map zum Einsatz. Zur Visualisierung können die Ergebnisse durch Erzeugung eines regelmäßigen Gitternetzes für eine durchschnittliche Größe von unzerschnittenen Räumen im Städtevergleich veranschaulicht werden (Städte mit Extremwerten in Abbildung 2). Hier zeigt die Stadt Malaga an der spanischen Mittelmeerküste ein wesentlich dichteres urbanes Hauptverkehrsnetz als die Stadt Tallinn an der baltischen Ostseeküste, was sich sowohl durch die naturräumliche Lage als auch durch die anthropogene Entwicklung beider Städte begründet.
Abbildung 2: Gleichmäßig zerschnittene urbane Masken durch Hauptverkehrsstraßen im Städtevergleich von Malaga und Tallinn (Quelle: Schumacher & Deilmann, 2019)
4.2 Urbane Grünstrukturen
Im Hinblick auf die Klimaerwärmung gewinnen urbane Grünstrukturen für die Gesundheit und Lebensqualität der Stadtbewohner essenziell an Bedeutung. Dies betrifft insbesondere die baumbestandenen Flächen in öffentlichen und privaten urbanen Kernräumen. Für europäische Städte ist in diesem Kontext der bereits erwähnte Street tree layer (STL) aus dem Copernicus Urban Atlas interessant. Der STL wurde aus verschiedenen Fernerkundungsdaten abgeleitet, polygonisiert und mit einer (unbekannten) urbanen Maske verschnitten. Die hier verwendete aktuelle Ausgabe 2018 ist teilweise validiert, siehe Validierungsreport (CLMS, 2021). Eine europäische Übersichtskarte baumbestandener Flächen innerhalb der urbanen Maske pro Kopf der Bevölkerung für 30 Fallstudienstädte...
| Erscheint lt. Verlag | 28.8.2023 |
|---|---|
| Reihe/Serie | GeoForum MV | GeoForum MV |
| Mitarbeit |
Sonstige Mitarbeit: Grit Zacharias |
| Verlagsort | Ahrensburg |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Mathematik / Informatik ► Informatik |
| Schlagworte | Geodaten • GeoForum MV • Geoinformatik • Konferenz • Smarte Geoinformation |
| ISBN-10 | 3-347-98310-6 / 3347983106 |
| ISBN-13 | 978-3-347-98310-6 / 9783347983106 |
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