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Der Mörder von Loch Ness | Ein britischer Cosy Crime (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
239 Seiten
dp Verlag
978-3-96817-396-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Mörder von Loch Ness | Ein britischer Cosy Crime -  Dawn Brookes
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Urlaub in den schottischen Highlands inklusive gemütlicher Spaziergänge, Teatime … und einer Leiche am See
Band 2 der lustigen Cosy Krimi-Reihe für Fans von The Thursday Murder Club

Nachdem Lady Marjorie Snellthorpe, ihre Cousine Edna und ihre neuen Freunde Horace Tyler und Frederick Mackworth ihren ersten Kriminalfall erfolgreich gelöst haben, ist es Zeit für einen gemütlichen Urlaub in den schottischen Highlands. Doch kaum sind die vier im idyllischen Hotel am Loch Ness eingetroffen, stolpert Marjorie über eine Leiche. Ausgerechnet Jock McGuire, ein Gast des Hotels der kurz vorher unangenehm aufgefallen ist, liegt erschlagen am Ufer. Und während die Polizei den Fall routiniert aufnimmt, wird schnell klar: Kaum jemand trauert um den Toten und es gibt jede menge Verdächtige. Von der aufgewühlten Hotelbesitzerin über geheimnisvolle Mitreisende bis hin zu einer Sportwagenfahrerin mit Hang zu hitzigen Wortgefechten – das Quartett rund um Lady Marjorie stürzt sich mit unerschütterlicher Neugier in die Ermittlungen. Zwischen Teegebäck, Highland-Nebel und unfreiwilligen Begegnungen mit aufbrausenden Inspektoren kommt nach und nach ein Geheimnis ans Licht, das besser verborgen geblieben wäre …

Dies ist eine überarbeitete Neuauflage des bereits erschienenen Titels Mord in den Highlands

Erste Leser:innenstimmen
„Dieser Wohlfühlkrimi wartet mit einer beeindruckenden Kulisse in den Highlands, charmanten Charakteren und unerwarteten Wendungen auf.“

„Beim Lesen dieses humorvollen Krimis musste ich immer wieder laut auflachen.“
„Lady Marjorie und ihre Freunde sind ein herrlich exzentrisches Ermittlerteam.“
„Dieser Cosy Krimi ist voller überraschender Twists und falscher Fährten.“



<p>Dawn Brookes hat einen MA in Kreativem Schreiben mit Auszeichnung und ist eine preisgekr&ouml;nte Bestsellerautorin von Cosy Crimes und Kriminalromanen. In den&nbsp;<i>Lady Marjorie Snellthorpe</i>-Krimis l&ouml;sen vier achtzigj&auml;hrige Freunde gemeinsam Mordf&auml;lle und verpackt sind die Geschichten mit jeder Menge Humor.&nbsp;</p> <p>Dawn ist seit 39 Jahren Krankenschwester und macht regelm&auml;&szlig;ig Kreuzfahrturlaub. Beim Schreiben verbindet sie ihre Reiseleidenschaft mit einer Vorliebe f&uuml;r klassische Krimis.</p> <p>Sie wuchs in Leicester auf, zog sp&auml;ter nach London und Berkshire, lebt aber jetzt in Derbyshire. Neben dem MA in Kreativem Schreiben hat Dawn einen Bachelor-Abschluss mit Auszeichnung und einen Master-Abschluss in P&auml;dagogik.</p>

<h2>1</h2> <p><span>Lady Marjorie Snellthorpe h&ouml;rte die Cousine ihres verstorbenen Mannes keuchen, w&auml;hrend sie darauf warteten, das Flugzeug verlassen zu d&uuml;rfen.</span></p> <p><span>Nachdem Marjorie und Edna Parkinton sich jahrelang nicht gesehen hatten, waren sie sich im letzten Jahr zu Beginn einer Flusskreuzfahrt in Amsterdam wiederbegegnet. Aufgrund einer Verwechslung, die bei Ednas Buchung entstanden war, hatten sich die beiden Frauen ein Zimmer teilen m&uuml;ssen.</span></p> <p><span>Der bevorstehende Urlaub in den schottischen Highlands war ihre dritte gemeinsame Reise, seit das Schicksal sie wieder zusammengef&uuml;hrt hatte. Wenn Marjorie ehrlich war, konnte sie das Gef&uuml;hl nicht absch&uuml;tteln, dass sie irgendwie in diese Freundschaft &ndash; oder Reisebegleitung &ndash; hineingeschlittert war. Fast gegen ihren Willen begann Marjorie, ihre angeheiratete Cousine zu m&ouml;gen, auch wenn ihr klar war, dass Edna ihre vulg&auml;ren Verhaltensweisen nie &auml;ndern w&uuml;rde. Aber ob sie sich jemals wirklich nahe stehen w&uuml;rden, hing davon ab, ob Marjorie den Schaden verzeihen &ndash; wenn auch nicht vergessen - konnte, den Edna der Liebe ihres Lebens zugef&uuml;gt hatte, die sie jeden Tag vermissen w&uuml;rde, bis auch sie aus dieser Welt schied.</span></p> <p><span>Die Durchsage des Piloten und das Schild &bdquo;Sicherheitsgurt ablegen&ldquo; signalisierten ihnen, dass sie das Flugzeug nun verlassen konnten.</span></p> <p><span>&bdquo;Komm, Marge &ndash; Zeit, Spa&szlig; zu haben&ldquo;, rief Edna und unterbrach ihre Gedanken.</span></p> <p><span>Marjorie atmete aus, als sie merkte, dass sie die Luft angehalten hatte. &bdquo;Gut&ldquo;, sagte sie.</span></p> <p><span>&bdquo;Soll ich die Stewardess um Hilfe bitten?&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie starrte irritiert in Ednas dunkelbraune Augen. &bdquo;Nein danke. Wie du wei&szlig;t, bin ich durchaus in der Lage, einen Flieger ohne fremde Hilfe zu verlassen. Aber ich w&auml;r dir dankbar, wenn du so freundlich w&auml;rst, mein Handgep&auml;ck aus dem Gep&auml;ckfach &uuml;ber dem Sitz zu holen.&ldquo;</span> <span>Mitunter war</span> <span>Marjories kleine Statur ein Hindernis, besonders wenn sie auf Edna angewiesen war, die sich dann gerne aufspielte.</span></p> <p><span>Ednas vorhersehbares Grinsen, w&auml;hrend sie im schmalen Gang stand, verriet Marjorie, dass sie recht hatte. Die breite Gestalt ihrer angeheirateten Cousine versperrte den G&auml;sten einer Junggesellinnenabschiedsparty den Weg aus dem Flugzeug. Edna holte das Handgep&auml;ck betont langsam heraus und blockierte den Gang. Zweifellos absichtlich verharrte Edna in dieser Position und wartete darauf, dass Marjorie von ihrem Sitz aufstand, w&auml;hrend die anderen Reisenden, die sich w&auml;hrend des gesamten Fluges laut unterhalten hatten, nun leise murrten. Ein paar von ihnen &auml;u&szlig;erten ihren Unmut.</span></p> <p><span>&bdquo;Beeilen Sie sich, gute Frau. Wir k&ouml;nnen hier nicht den ganzen Tag rumstehen&ldquo;, schrie ein M&auml;dchen weiter hinten.</span></p> <p><span>Edna drehte sich um und blaffte zur&uuml;ck: &bdquo;Im Gegenteil: Ihre Party f&auml;ngt doch erst um acht im Glenmoriston Townhouse an, nicht wahr? Und davor wollen Sie sich mit ein paar Jungs aus Inverness treffen. Schlie&szlig;lich ist es doch Carlas letzte Nacht als Junggesellin! Meiner Sch&auml;tzung nach bleibt Ihnen jede Menge Zeit.&ldquo;</span></p> <p><span>Die junge Frau direkt hinter Edna err&ouml;tete. &bdquo;Tut mir leid, wenn wir Sie genervt haben. Wir wollten nicht so laut sein.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Das macht nichts&ldquo;, warf Marjorie ein. &bdquo;Wir waren auch mal jung. Komm jetzt, Edna. Vielleicht brauche ich doch deine Hilfe beim Aussteigen.&ldquo;</span></p> <p><span>Als sie den Flieger verlassen hatten, war Marjorie froh, dass es zwischen Edna und den G&auml;sten der Junggesellinnenabschiedsparty keine weiteren Reibereien gab, au&szlig;er ein paar gemurmelten Bemerkungen, dass die &bdquo;alte Schachtel&ldquo; ihnen auf den Keks ging.</span></p> <p><span>Edna grinste. &bdquo;Denen hab ich es gezeigt. Sie brauchten nicht alle im Flieger wissen zu lassen, was sie vorhaben. Das n&auml;chste Mal werden sie sich besser benehmen.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Das bezweifle ich, und ich f&uuml;r meinen Teil hatte meinen Spa&szlig; an ihrer ungez&uuml;gelten Vorfreude. So was h&ouml;rt man heutzutage selten.&ldquo; <i>Weitaus angenehmer, als dir zuzuh&ouml;ren, wie du von deiner Zeit als S&auml;ngerin schw&auml;rmst</i>, dachte sie, ohne den Gedanken auszusprechen.</span></p> <p><span>&bdquo;Ich verstehe nicht, was so unterhaltsam an einem Haufen alberner junger Frauen ist, die den ganzen Flug &uuml;ber gackern. Aber wenn du meinst, Marge.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Und ich kann nicht nachvollziehen, warum du das Bed&uuml;rfnis hast, dich mit wildfremden Leuten wegen trivialen Dingen anzulegen. Das ist mir v&ouml;llig unbegreiflich.&ldquo;</span></p> <p><span>Edna dr&uuml;ckte Marjorie unsanft ihre Reisetasche in die Hand. &bdquo;Gehen wir. Ich freue mich schon auf Horace, und ich wette, du kannst es kaum erwarten, deinen Fred wiederzusehen.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Er hei&szlig;t Frederick.&ldquo; Marjorie biss die Z&auml;hne zusammen. <i>Und mein Name ist Marjorie</i>, dachte sie. Laut sagte sie: &bdquo;Worauf ich mich freue, ist, die Highlands n&auml;her kennenzulernen. Ralph hat Schottland geliebt, aber die meiste Zeit verbrachte er hier oben beim Angeln. Daher bin ich nur selten mitgekommen und habe ihn mit &hellip;&ldquo; Marjorie stockte; beinahe h&auml;tte sie ausgeplaudert, dass er mit seinem Chauffeur Johnson verreist war - was Edna mit Sicherheit an ihr vermeintliches Ungl&uuml;ck erinnern w&uuml;rde.</span></p> <p><span>&bdquo;Ich muss zugeben, dass die Extratage am Loch Ness aufregend werden k&ouml;nnen, solange wir uns nicht nachts drau&szlig;en aufhalten.&ldquo; Edna blies den Atem aus und wischte sich die Stirn.</span></p> <p><span>&bdquo;Das ist eine seltsame Bemerkung.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Was?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Schon gut.&ldquo;</span> <span> </span> <span>Auch Marjorie freute sich auf den verl&auml;ngerten Aufenthalt. Der Reiseplan war in der Woche vor der Abreise ge&auml;ndert worden, weil die zust&auml;ndige Beh&ouml;rde Renovierungsarbeiten im Hotel, in dem sie anschlie&szlig;end wohnen w&uuml;rden, angeordnet hatten. Ihre Reiseleiterin Faith Weathers hatte daraufhin vier statt zwei &Uuml;bernachtungen am Loch Ness organisiert. Anscheinend bot das Hotel einen Blick auf den gro&szlig;en See, den Marjorie schon seit vielen Jahren besuchen wollte. W&auml;re sie mit Ralph gereist, h&auml;tte er seine Angel mitgenommen und sie sich selbst &uuml;berlassen. Bei diesem Gedanken meldete sich leise ihr schlechtes Gewissen. Dennoch war der ge&auml;nderte Reiseplan aus ihrer Sicht ideal.</span></p> <p><span>&bdquo;Wo stecken denn alle?&ldquo; Edna sah sich suchend um.</span></p> <p><span>&bdquo;Mit allen meinst du sicher Horace? Faith ist da dr&uuml;ben.&ldquo;</span></p> <p><span>Ihre Reiseleiterin wartete schon feierlich mit einem gro&szlig;en Schild, auf dem stand: <i>Queen River and Land Tours, Highland-Tour</i>.</span></p> <p><span>&bdquo;Ist das Daisy, die neben ihr steht?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Richtig&ldquo;, sagte Marjorie, die sich freute, die junge Frau wiederzusehen. Daisy hatte sie auf der Amsterdam-Reise begleitet. Sie war j&uuml;nger als Faith, lebendig, entgegenkommend und freundlich.</span></p> <p><span>&bdquo;Machen Sie sich um Ihr Gep&auml;ck keine Sorgen, Lady Marjorie&ldquo;, rief Faith ihr zu. &bdquo;Die Koffer werden hergebracht und f&uuml;r Sie in den Bus geladen.&ldquo;</span></p> <p><span>Edna schnaubte und fragte beleidigt: &bdquo;Und was ist mit meinen?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Ihre auch, Edna.&ldquo; Faith l&auml;chelte herzlich, als sie zu ihr gingen, und hakte sie auf einer Liste ab. Die junge Daisy grinste am&uuml;siert, was Marjorie zeigte, dass sie sich noch gut an Edna erinnerte. <i>Einmal begegnet, nie mehr vergessen</i>.</span></p> <p><span>Faith sch&uuml;ttelte ihnen die Hand. &bdquo;Wir fahren in einer halben Stunde zum Busbahnhof, um den Rest der Reisegruppe abzuholen. Manche von ihnen sind mit dem Bus hergekommen. Bevor wir zum Loch Ness weiterfahren, halten wir an einem beliebten Aussichtspunkt, den Rogie-Falls-Wasserf&auml;llen.</span> <span> </span> <span>Wir mussten die Teilnehmer auf zwei Hotels verteilen &hellip; Ach, ich habe ganz vergessen, zu fragen, wie Ihr Flug war?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Laut&ldquo;, sagte Edna und warf Marjorie einen gereizten Blick zu.</span></p> <p><span>Faith zog die Augenbrauen hoch. &bdquo;Ach was?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Der Flug war v&ouml;llig in Ordnung&ldquo;, sagte Marjorie.</span></p> <p><span>Edna lachte gackernd. &bdquo;Wenn Sie gerne aufgedrehten jungen Tussis zuh&ouml;ren, die stundenlang &uuml;ber das andere Geschlecht reden.&ldquo;</span></p> <p><span>Daisy konnte ein Grinsen nicht verbergen.</span></p> <p><span>Faith nickte und ihr Gesicht erhellte sich. &bdquo;Fast h&auml;tte ich es vergessen &hellip; Horace Tyler ist vor ungef&auml;hr einer Viertelstunde angekommen und ins Caf&eacute; gegangen. Er sagte, wenn ich Sie sehe, soll ich Ihnen Bescheid sagen, wo er ist, falls Sie dazukommen m&ouml;chten.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Bei Horace kann man sich darauf verlassen, dass er es sich bequem macht. Kommst du mit, Marge?&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie hatte l&auml;ngst die Hoffnung aufgegeben, dass Edna irgendwann damit aufh&ouml;ren w&uuml;rde, sie mit der Kurzform ihres Vornamens anzusprechen. Nichts hatte bisher funktioniert &ndash; Edna machte so weiter, egal, ob sie es ignorierte oder sich weigerte, zu antworten.</span> <span> </span> <span>Edna w&uuml;rde sich nie &auml;ndern, und auch wenn es Marjorie in letzter Zeit eher nervte als &auml;rgerte, glaubte sie nicht, dass ihre angeheiratete Cousine etwas dagegen tun konnte. Sie verwendete nun mal Kurzformen, und das nicht nur bei Marjorie &ndash; also warum dagegen ank&auml;mpfen? &bdquo;Ich komme gleich. Geh schon mal vor.&ldquo;</span></p> <p><span>Edna eilte durch die Halle und r&uuml;ckte dabei ihre rote Per&uuml;cke zurecht, von der sie &uuml;berzeugt war, dass sie f&uuml;r Schottland am passendsten war, als sie sie heute fr&uuml;h vor ihrer Abreise aufgesetzt hatte. Marjorie schluckte den Klo&szlig; in ihrem Hals hinunter und wandte sich an Faith. &bdquo;Ich habe vergessen, Sie zu fragen, bevor ich Major Jeffries gro&szlig;z&uuml;giges Angebot annahm: Werden Edna und ich in getrennten Zimmern untergebracht?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Die urspr&uuml;ngliche Buchung sah eigentlich ein Doppelzimmer vor, aber ich habe sie ge&auml;ndert und Ihnen ein zus&auml;tzliches Zimmer besorgt. Die Besitzerin von <i>Nessie&rsquo;s Lochside Hotel</i>, wo die H&auml;lfte unserer Reisegruppe untergebracht ist, war sehr entgegenkommend, vor allem, nachdem ich unseren Aufenthalt verl&auml;ngert habe. Das Hotel wurde gerade erst er&ouml;ffnet, daher half sie uns nur zu gern aus.&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie sp&uuml;rte, wie sich die Spannung in ihrem Nacken l&ouml;ste. &bdquo;Das ist wunderbar.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Schwieriger war, unsere Buchung f&uuml;r die Extran&auml;chte im zweiten Hotel zu verl&auml;ngern, was bei Touristen sehr beliebt ist. F&uuml;r die zus&auml;tzlichen Tage haben sie einige unserer G&auml;ste in ihren Lodges f&uuml;r Selbstversorger untergebracht und angeboten, die Mahlzeiten im Hotel zu servieren, aber das betrifft Sie nicht. Daisy wird bei dieser H&auml;lfte der Gruppe bleiben und wir werden die organisierten Touren gemeinsam durchf&uuml;hren. Nach den wenigen Telefonaten, die ich mit Nessa gef&uuml;hrt habe, klingt sie wie ein Energieb&uuml;ndel. Ich glaube, wir werden uns hier wohlf&uuml;hlen.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;<i>Nessie&rsquo;s Lochside Hotel</i>, sagten Sie? Wird das Ungeheuer von Loch Ness nicht so genannt?&ldquo;</span></p> <p><span>Faith kicherte. &bdquo;Ja. Die Besitzerin hat es nach dem ber&uuml;chtigten Ungeheuer benannt. Unsere beiden Hotels liegen nahe am Ufer von Loch Ness und es ist die Erf&uuml;llung ihres Kindheitstraums. Ich bin sicher, wir werden mehr &uuml;ber die Gegend erfahren, wenn wir sie kennenlernen.&ldquo;</span></p> <p><span>Ein paar andere Teilnehmer kamen, um sich bei den beiden Reiseleiterinnen zu melden und sich zu erkundigen, wie es weiterging. Marjorie beobachtete einen m&uuml;rrisch wirkenden, schlaksigen Mann, der Daisy bissig anfuhr. Faith griff ein. Danach hie&szlig;en beide die G&auml;ste willkommen und hakten ihre Namen von den Listen ab. Der Anblick von Faith und den Klemmbrettern vermittelte Marjorie ein Gef&uuml;hl von Sicherheit und Vertrautheit. Faith war f&uuml;r ihren Beruf perfekt geeignet: Sie war effizient und sympathisch, eine Frau, die mit jedem umgehen konnte. Selbst Marjorie, die eine erfahrene Gastgeberin von Dinnerpartys war, bewunderte sie daf&uuml;r. Von Frederick, nach dem sie Ausschau hielt, auch wenn er nicht <i>ihr Fred</i> war, womit Edna sie immer aufzog, war keine Spur zu sehen. Sie hoffte, dass er es sich nicht anders &uuml;berlegt und die Reise abgesagt hatte. Er und Horace waren unterhaltsame Begleiter und hielten Edna davon ab, ihr zu sehr auf die Nerven zu gehen.</span></p> <p><span>Marjorie ging hin&uuml;ber in die Kaffeebar.</span></p> <p><span>Horace stand auf, um ihr die Hand zu sch&uuml;tteln. &bdquo;Sch&ouml;n, dich wiederzusehen, Marjorie. Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass ich f&uuml;r dich schon eine Kanne Tee bestellt habe. Die Bedienung ist langsam und ich wollte verhindern, dass du nichts zu trinken bekommst.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Ich freu mich auch, dich zu sehen&ldquo;, erwiderte Marjorie. &bdquo;Und es macht mir nicht im Geringsten etwas aus.&ldquo; Sie betrachtete missbilligend den Becher. Sie trank zwar lieber Tee aus einer Tasse, doch es war eine nette Geste und sie durfte nicht pingelig sein.</span> <span>Edna und sie kannten</span> <span>Horace schon seit der Amsterdam-Reise, w&auml;hrend sie Frederick erst vor Kurzem im Urlaub und auf einer Flusskreuzfahrt in Rum&auml;nien kennengelernt hatten. Ein dankbarer Teilnehmer hatte ihnen die jetzige Reise geschenkt, nachdem sie einen Mord aufgekl&auml;rt und seine Unschuld bewiesen hatten.</span></p> <p><span>&bdquo;Fred kommt mit dem Bus aus Glasgow, wo er seinen Sohn besucht hat. Bald ist die Viererbande wieder zusammen.&ldquo; Horace zwinkerte und Edna schnaubte am&uuml;siert.</span></p> <p><span>&bdquo;Ich m&ouml;chte keiner Bande angeh&ouml;ren. Au&szlig;erdem z&auml;hle ich Faith dazu; daher sind wir vielleicht eher eine Erwachsenenversion von Enid Blytons <i>F&uuml;nf Freunden</i>.&ldquo;</span></p> <p><span>Edna gluckste. &bdquo;Guter Witz, Marge. Sie hat Sinn f&uuml;r Humor, wenn sie nicht gerade ein Snob ist.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Du auch, wenn du mal keine Chaotin bist&ldquo;, gab Marjorie zur&uuml;ck.</span></p> <p><span>Horace lachte laut und schnaubte dabei ebenso belustigt wie Edna. &bdquo;Ich h&auml;tte nichts dagegen, ein Mitglied eurer Bande zu sein, Lady Marjorie, aber die <i>Vier Freunde</i> reichen mir auch, solange es keine Morde gibt.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Das kann ich leider nicht garantieren, vor allem nicht, da wir am nebligen Ufer des Loch Ness wohnen&ldquo;, gluckste sie und schalt sich gleichzeitig insgeheim, als Edna blass wurde. <i>Bei unserer Vorgeschichte sollten wir mit so was lieber nicht spa&szlig;en.</i></span></p> <h2>2</h2> <p><span>W&auml;hrend Edna und Horace miteinander plauderten, trank Marjorie Tee und vertrieb sich die Zeit damit, die Leute zu beobachten. Sie schaute zu, wie sich weitere Teilnehmer ihrer Reisegruppe anschlossen, indem sie zu Faith und Daisy gingen. Der schlanke Mann, der Daisy angeblafft hatte, lief unruhig auf und ab. Hin und wieder schaute er &ndash; wie sie &ndash; heimlich nach, wer eincheckte, und schien nach jemandem Ausschau zu halten. Vielleicht wartete er auf einen anderen Reisegast. Marjorie hoffte, dass er in dem anderen Hotel, das Faith erw&auml;hnt hatte, untergebracht war. Sein finsterer Blick eignete sich kaum f&uuml;r einen entspannten Urlaub.</span></p> <p><span>Da ihr nun manche Teilnehmer die Sicht auf den Mann versperrten, beobachtete Marjorie andere G&auml;ste, die n&auml;her am Fenster vorbeigingen. Zwei Polizeibeamte kamen herein und setzten sich an einen Tisch, wo sie sich leise miteinander unterhielten. Der Polizist nahm seine Kappe ab, unter der blonde Locken und ein St&uuml;ck trockene Haut am Haaransatz zum Vorschein kamen. Er schien seiner Kollegin, die Marjorie den R&uuml;cken zuwandte, nur mit halbem Ohr zuzuh&ouml;ren. Marjorie fragte sich, ob auch er nach jemandem Ausschau hielt oder sich einfach nicht f&uuml;r das interessierte, was seine Kollegin erz&auml;hlte.</span></p> <p><span>&bdquo;Marge?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Entschuldige, meinst du etwa mich?&ldquo; Marjorie sah Edna an.</span></p> <p><span>Edna verdrehte die Augen. &bdquo;Es ist Zeit, aufzubrechen. Faith winkt uns schon seit Ewigkeiten zu sich.&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie erw&auml;hnte lieber nicht die Tatsache, dass sie doch noch gar nicht so lange im Caf&eacute; sa&szlig;en, und ignorierte Ednas &Uuml;bertreibung.</span> <span>Sobald</span> <span>sie aus dem Bahnhof traten, nahm Marjorie einen tiefen Atemzug der k&uuml;hlen, aber belebenden schottischen Herbstluft und genoss ihre Frische.</span></p> <p><span>Die Reisegruppe, die sich bisher versammelt hatte, bestand aus Teilnehmern, die auf drei verschiedenen Fl&uuml;gen angereist waren. Wie Horace ihnen bereits gesagt hatte, kam er aus Gatwick, Marjorie und Edna waren von Manchester aus geflogen, und der Rest war vom Flughafen Heathrow aus gestartet. Faith erkl&auml;rte, dass die Passagiere des Fluges aus Heathrow mitsamt ihrem Gep&auml;ck aufgrund eines technischen Defekts des ersten Fliegers in ein anderes Flugzeug umsteigen mussten. Faith und Daisy versammelten alle Reiseg&auml;ste, darunter mehrere Nachz&uuml;gler, zu denen auch der hochgewachsene Mann geh&ouml;rte, den Marjorie in der Bahnhofshalle wahrgenommen hatte.</span></p> <p><span>Nachdem sie in den Luxusbus eingestiegen waren, suchten sich Marjorie, Edna und Horace bequeme Sitze in der Mitte aus. Edna war froh, dass Marjorie sich ans Fenster setzte, weil sie sich auf diese Weise mit Horace, der alleine sa&szlig;, unterhalten konnte.</span></p> <p><span>&bdquo;Ich halte den Platz f&uuml;r Fred frei&ldquo;, sagte er und stellte eine Tasche auf den Fenstersitz neben sich. Der Bus war nur halb voll, also war es nicht wirklich notwendig.</span></p> <p><span>&bdquo;Er hei&szlig;t Frederick&ldquo;, murmelte Marjorie leise, aber es war sinnlos, sich deswegen zu streiten. Horace und Edna waren sich so &auml;hnlich, dass sie Blutsverwandte sein k&ouml;nnten. Sie zu korrigieren w&auml;re so sinnlos, wie zwei Teenager davon abhalten zu wollen, den Unterricht zu st&ouml;ren. Trotzdem war sie froh dar&uuml;ber, dass sich Horace und Edna so gut verstanden, denn dadurch war ihre angeheiratete Cousine gen&uuml;gend abgelenkt, um sie nicht allzu sehr zu nerven.</span></p> <p><span>Endlich waren sie auf dem Weg zum Busbahnhof. Horace und Edna unterhielten sich weiter angeregt, w&auml;hrend Marjorie aus dem Fenster schaute.</span></p> <p><span>Als sie wieder einmal von Ednas Gekicher und Horaces Schnauben gest&ouml;rt wurde, verdrehte sie die Augen. Manchmal sch&auml;mte sich Marjorie f&uuml;r ihr Verhalten gegen&uuml;ber Edna, doch jedes Mal, wenn sie glaubte, dar&uuml;ber hinwegsehen zu k&ouml;nnen, tat oder sagte ihre angeheiratete Cousine etwas, das sie aufregte &ndash; ob absichtlich oder nichts ahnend, war Marjorie immer noch ein R&auml;tsel. Sie waren in verschiedenen Welten aufgewachsen, doch das war nicht der Grund. Marjorie hatte noch nie auf Menschen wegen ihres gesellschaftlichen Stands oder ihrer Erziehung herabgesehen. Neben ihren unterschiedlichen Vorgeschichten gefiel ihr Ednas laute, unbedachte Art nicht. Edna machte den Mund auf, ohne vorher nachzudenken. Dies f&uuml;hrte h&auml;ufig zu Konflikten wie dem mit den jungen Frauen im Flugzeug. Manchmal kam es ihr so vor, als w&auml;re ihre angeheiratete Cousine auf Streit aus.</span> <span> </span> <span>Marjorie fragte sich, ob Edna wom&ouml;glich noch immer einen Groll wegen des harten Lebens ihrer Mutter hegte, f&uuml;r das sie Ralphs Gro&szlig;vater, seinen Vater und Ralph selbst verantwortlich machte, weil dieser das Familienverm&ouml;gen geerbt hatte. Andererseits war es auch m&ouml;glich, dass Edna immer noch um ihren verstorbenen Mann trauerte. Das konnte Marjorie verstehen und daf&uuml;r Mitgef&uuml;hl aufbringen. Als nach Ralphs Tod die tiefe Trauer nachgelassen hatte, die Marjorie nicht zeigen durfte, weil es sich nicht schickte, wurde sie pl&ouml;tzlich ohne Grund w&uuml;tend. H&auml;tte sie nicht jahrzehntelang gelernt, ihre Gef&uuml;hle unter Kontrolle zu halten, was ihre Geburt in den Adelsstand vorschrieb, h&auml;tte sie leicht ausrasten k&ouml;nnen.</span></p> <p><span>Als Frau eines weiteren Aristokraten und angesehenen Gesch&auml;ftsmanns hatte die Pflicht immer Vorrang vor den Gef&uuml;hlen gehabt, doch ohne Zweifel verbarg sich hinter der Maske ein gebrochenes, aber noch schlagendes Herz.</span> <span>H&auml;tte</span> <span>Marjorie nicht ihre junge Freundin Rachel Prince &ndash; jetzt Jacobi-Prince &ndash; kennengelernt, w&auml;ren die letzten Jahre f&uuml;r sie unertr&auml;glich gewesen. Rachel ahnte nicht, welche heilende Wirkung ihre Freundschaft hatte, und jetzt war sie so etwas wie Marjories Enkeltochter, die einen besonderen Platz in ihrem Herzen hatte. Auch war Rachel pflichtbewusst &ndash; nicht nur aufgrund ihres christlichen Glaubens und ihrer Arbeit als Polizistin, sondern weil sie dies von ihren Eltern gelernt hatte; ihr Vater war Dorfpfarrer und ihre Mutter eine Pfarrersfrau, die die gleiche Rolle &uuml;bernommen hatte wie Marjorie selbst, wenn auch unter anderen Umst&auml;nden. M&ouml;glicherweise hatten Marjories Reaktionen auf Edna &ndash; neben den seelischen Verletzungen, mit denen sie sich in den letzten Tagen besch&auml;ftigt hatte &ndash; auch etwas mit Elementen der Trauer zu tun, die sie nie zeigen durfte.</span></p> <p><span>Der Bus hielt an und unterbrach Marjories Erinnerungen. &bdquo;Gott sei Dank&ldquo;, sagte sie.</span> <span>Gleich darauf</span> <span>stie&szlig; Edna sie an, wie um zu beweisen, dass sie die ewige Nervens&auml;ge war.</span></p> <p><span>&bdquo;Was hast du, Marge? Denkst du an deinen Fred?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Er ist nicht <i>mein</i> Fred.&ldquo; Sie machte sich nicht die M&uuml;he, noch einmal zu erw&auml;hnen, dass der Mann Frederick hie&szlig;. &bdquo;Und sprich bitte leiser.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Wie du willst, Marge.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Hier kommt der Mann, von dem wir gerade gesprochen haben&ldquo;, sagte Horace.</span></p> <p><span>Da Marjorie klein war und die Kopfst&uuml;tzen ihr die Sicht versperrten, sah sie Frederick erst, als er fast bei ihnen war. Er war so vern&uuml;nftig, einen Filzhut zu tragen, der seinen kahlen Kopf vor den Elementen sch&uuml;tzte, und wirkte genauso elegant wie vor sechs Wochen, als sie sich zum ersten Mal in Rum&auml;nien begegnet waren. <i>Er sollte sich jedoch wirklich andere Hemden zulegen.</i> Das war das Einzige, was sie an ihm auszusetzen hatte. Frederick trug unter seinen Anzugjacken immer karierte Hemden, die selten dazu passten &ndash; vor allem, wenn er sich wie jetzt auch noch eine gestreifte Krawatte umgebunden hatte.</span></p> <p>&bdquo;Hallo zusammen.&ldquo; Seine grauen Augen bekamen sch&uuml;chterne Lachf&auml;ltchen, als sein Blick auf Marjorie fiel, und ihr Herz fing an, leicht zu pochen.</p> <p>Hastig ermahnte sie sich, sie solle sich zusammenrei&szlig;en, und nickte zur Begr&uuml;&szlig;ung. &bdquo;Hallo. Ich hoffe, die Fahrt hierher war angenehm.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Oh ja, sie war herrlich. Die Landschaft auf dem Weg hierher ist wundersch&ouml;n.&ldquo; Die Sonne spiegelte sich in seinen Augen und lie&szlig; sie tanzen, als er erneut l&auml;chelte.</p> <p>&bdquo;Unser Flug war okay, danke der Nachfrage&ldquo;, unterbrach Edna ihn, die es nicht ausstehen konnte, aus einem Gespr&auml;ch ausgeschlossen zu werden. &bdquo;Das hei&szlig;t, abgesehen von den lauten Teilnehmerinnen an einem Junggesellinnenabschied.&ldquo;</p> <p>&bdquo;&Uuml;berfall den Mann doch nicht gleich, Edna&ldquo;, sagte Horace und stand auf, um Frederick die Hand zu sch&uuml;tteln, nachdem andere Passagiere vorbeigegangen waren. &bdquo;Hier, ich habe einen Platz f&uuml;r Sie freigehalten. Ich nehme an, es macht Ihnen nichts aus, am Fenster zu sitzen? Edna und ich bringen uns gerade auf den neuesten Stand.&ldquo;</p> <p>Marjorie musste sich davon abhalten, den Vorschlag zu machen, dass sie ihre Pl&auml;tze ja komplett tauschen k&ouml;nnten, doch das h&auml;tte zu forsch gewirkt und Frederick sollte nicht den falschen Eindruck von ihr bekommen. Und noch wichtiger war, dass sie Edna nicht noch mehr Munition liefern durfte, die diese wieder an sie abfeuern k&ouml;nnte.</p> <p>&bdquo;Das macht mir &uuml;berhaupt nichts aus. Danke, dass Sie an mich gedacht haben. Faith sieht erholt aus, nicht wahr? Entspannter als auf der letzten Reise.&ldquo;</p> <p>Horace wich ein paar Schritte auf dem Gang zur&uuml;ck, um Platz f&uuml;r Frederick zu machen, damit der sich auf den Fenstersitz setzen konnte. &bdquo;Beim letzten Mal hatte sie viel um die Ohren, nicht wahr?&ldquo; Er zwinkerte. &bdquo;Au&szlig;erdem hilft ihr die junge Daisy auf dieser Tour. Wir haben Daisy auf der Reise nach Amsterdam kennengelernt, als wir uns angefreundet haben. Ein nettes junges Ding und dazu noch h&uuml;bsch.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Und viel zu jung f&uuml;r dich, Horace Tyler&ldquo;, schimpfte Edna ihn. &bdquo;Man kann es einem Mann nicht &uuml;bel nehmen, sich zu w&uuml;nschen, er w&auml;re ein paar J&auml;hrchen j&uuml;nger&ldquo;, grinste Horace.</p> <p>&bdquo;Ein paar J&auml;hrchen! Du bist schon einige Jahrzehnte &auml;lter, mein Freund.&ldquo; Edna gluckste und Horace schnaubte am&uuml;siert.</p> <p>Marjorie hoffte nur, dass ihr n&auml;chstes Ziel diese Reise lohnenswert machen w&uuml;rde.</p> <h2>3</h2> <p>Nach etwa einer halben Stunde bog der Bus auf den Parkplatz f&uuml;r die Rogie Falls ab und parkte an der Seite neben dem Ausgang. Au&szlig;er ihrem Reisebus standen dort nur ein paar Autos und ein Wohnmobil, was auch gut war. Marjorie vermutete, dass der Fahrer das gro&szlig;e Fahrzeug sonst nicht so einfach h&auml;tte einparken k&ouml;nnen. Faith sprach durch ein Mikrofon von der Vorderseite des Busses zu den Reiseg&auml;sten. Marjorie konnte sie vom Fensterplatz aus zwar nicht sehen, aber sie h&ouml;rte ihre Worte.</p> <p>&bdquo;Wir sind auf dem Parkplatz der Rogie Falls angekommen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das ist doch glasklar&ldquo;, sagte Edna.</p> <p>Marjorie musste l&auml;cheln. &bdquo;Das ist doch glasklar&ldquo; geh&ouml;rte zu den Lieblingsausdr&uuml;cken ihrer angeheirateten Cousine.</p> <p>Faith fuhr fort: &bdquo;Ich werde den Salmon Trail nehmen, der eine L&auml;nge von etwa einer halben Meile hat und somit der k&uuml;rzeste Weg zu den Wasserf&auml;llen ist. F&uuml;r diejenigen unter Ihnen, die mich begleiten m&ouml;chten: Es ist ein ziemlich ebener Schotterpfad bis zu den Wasserf&auml;llen, wo es einen Aussichtspunkt gibt. Es geht ziemlich steil bergab; wenn also jemand unter Ihnen stattdessen auf den Waldwegen n&auml;her am Parkplatz laufen m&ouml;chte, kann er dies gerne tun. Wer lieber eine anspruchsvollere Wanderung auf unebenem und schlammigem Gel&auml;nde macht, kann sich Daisy anschlie&szlig;en, die den Riverside Trail &uuml;bernimmt. Er ist nur etwa eine Dreiviertelmeile lang, aber daf&uuml;r m&uuml;ssen Sie relativ fit sein und stabile Schuhe anziehen. Auf dem Parkplatz hier befinden sich Toiletten, falls Sie diese statt der WCs im Bus benutzen m&ouml;chten, die sich besser f&uuml;r die Zeit eignen, in der wir unterwegs sind. Beide Gruppen werden in etwa zehn Minuten starten, sodass Sie gen&uuml;gend Zeit haben, bei Bedarf auf die Toilette zu gehen und sich die Beine zu vertreten. F&uuml;r was auch immer Sie sich entscheiden &ndash; wir treffen uns in zwei Stunden wieder auf dem Parkplatz. Sie k&ouml;nnen Ihre schwereren Taschen an Bord lassen oder, wenn Sie m&ouml;chten, im Bus bleiben, da der Fahrer hier auf uns warten wird.&ldquo;</p> <p><span>&bdquo;Ich habe geh&ouml;rt, dass die Rogie Falls zu dieser Jahreszeit atemberaubend sch&ouml;n sind, deswegen will ich einen Spaziergang machen. Durch das Herbstlaub im Wald wird es noch atemberaubender aussehen&ldquo;, sagte Horace.</span></p> <p><span>&bdquo;Willst du damit etwa sagen, dass du noch nie hier warst?&ldquo;, gab Marjorie neckend zur&uuml;ck. Horace neigte zum Angeben, doch aus gutem Grund, wie sie zugeben musste. Er war schon viel herumgekommen und gesch&auml;ftlich sowie privat an vielen Orten gewesen. Im Vergleich dazu verblassten ihre eigenen Reisen um die Welt. In ihrem letzten Urlaub hatten sie erfahren, dass seine Mutter Rum&auml;nin war, doch er wollte sich nicht n&auml;her &uuml;ber seine Vergangenheit &auml;u&szlig;ern. Zweifellos w&uuml;rde Edna sie eines Tages aus ihm herausbekommen. Horace Tyler besa&szlig; eine Luftfahrtelektronikfirma, an deren Leitung er trotz seines Alters von achtundsiebzig Jahren anscheinend immer noch beteiligt war. Manche M&auml;nner wollten offensichtlich die Z&uuml;gel nicht aus der Hand geben. Allerdings traf dies auch auf manche Frauen zu. Marjorie selbst &uuml;berwachte das Unternehmen, das Ralph aufgebaut hatte und an dem sie die Mehrheitsanteile hielt.</span></p> <p><span>&bdquo;Ich gebe es zwar nur ungern zu&ldquo;, antwortete Horace, &bdquo;aber ich habe in Schottland bisher nur Fabriken und Flugh&auml;fen besucht, und deshalb freue ich mich sehr darauf, nun als Tourist hier zu sein.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Ich wollte eigentlich hierbleiben, aber wenn ihr meint, dass sich die Anstrengung lohnt, schlage ich die k&uuml;rzere Strecke vor&ldquo;, sagte Edna z&ouml;gernd.</span></p> <p><span>Manchmal machte sich Marjorie Sorgen um Edna. Seit sich die beiden auf ihrer ersten gemeinsamen Reise wieder angen&auml;hert hatten, war ihr aufgefallen, dass ihre angeheiratete Cousine, die dicker war als sie, schon nach wenigen Hundert Metern Atemnot bekam. Auch wenn Ednas Gewicht sicher eine Rolle spielte, schien es Marjorie, als h&auml;tte dies eher mit dem Krebs zu tun, an dem die Cousine ihres Mannes erkrankt war, oder mit den Nachwirkungen der Behandlung. Sie bewunderte Ednas Entschlossenheit, das Leben trotzdem in vollen Z&uuml;gen zu genie&szlig;en und kein Mitleid erheischen zu wollen, obwohl sie nun eindeutig weniger beweglich war als vor der Krankheit. Au&szlig;erdem litt sie seit der Behandlung unter chronischem Haarausfall und besa&szlig; daher eine Riesenauswahl an Per&uuml;cken.</span></p> <p><span>&bdquo;Ich nehme gern die k&uuml;rzere Strecke&ldquo;, sagte Marjorie einf&uuml;hlsam.</span></p> <p><span>Doch jegliches Mitgef&uuml;hl verflog schnell, als Edna antwortete: &bdquo;Ich wei&szlig; nicht, ob dir zwei Stunden f&uuml;r den Hin- und R&uuml;ckweg reichen, Marge. Bist du sicher, dass du das schaffst?&ldquo;</span></p> <p><span>Horace schritt ein, bevor Marjorie dazu verleitet werden k&ouml;nnte, etwas zu sagen, was sie wom&ouml;glich hinterher bereute. &bdquo;Dann los jetzt. Gehen wir zu den anderen. Kommen Sie auch mit, Fred?&ldquo;</span></p> <p><span>Frederick verdrehte die Augen. Er konnte es genauso wenig leiden, Fred genannt zu werden, wie Marjorie, wenn sie mit Marge angesprochen wurde, doch er musste hinnehmen, dass Horace und Edna weiterhin die Kurzform seines Vornamens verwendeten, und sich nicht davon verr&uuml;ckt machen lassen.</span></p> <p><span>Sie stiegen aus dem Bus und schlossen sich einer Gruppe von f&uuml;nfzehn Mitreisenden an, die sich um Faith versammelt hatten. Daisy war schon mit einem kleineren Trupp gestartet, wie Faith ihnen sagte. Nachdem Faith die Teilnehmer gez&auml;hlt hatte, f&uuml;hrte die Reiseleiterin sie auf einem breiten Pfad durch einen lieblichen Wald voller Nadelh&ouml;lzer und Laubb&auml;ume.</span></p> <p><span>&bdquo;Halten Sie Ausschau nach Lachsen, wenn wir die Wasserf&auml;lle erreicht haben. Ich habe geh&ouml;rt, dass dies die beste Jahreszeit ist, um sie beim Springen zu beobachten.&ldquo;</span></p> <p><span>Faiths Stimme war in dem fr&ouml;hlichen Geschnatter der Touristen kaum h&ouml;rbar.</span></p> <p><span>Edna stie&szlig; Marjorie an: &bdquo;Lauf schneller, Marge &hellip; Nimm doch deinen Stock.&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie benutzte ihren Gehstock nur selten, aber sie war versucht, ihn bei ihrer angeheirateten Cousine anzuwenden. Nun musste sie sich jedoch heimlich eingestehen, dass es auf diesem unwegsamen Gel&auml;nde m&ouml;glicherweise angebracht war. Widerstrebend zog sie die zusammenklappbare Kr&uuml;cke aus ihrer gro&szlig;en Handtasche.</span></p> <p><span>Edna grinste, doch ausnahmsweise war sie klug genug, nichts zu sagen.</span></p> <p><span>Horace hob einen langen Ast vom Boden auf und st&uuml;tzte sich darauf, w&auml;hrend er vor ihnen weiterspazierte, wodurch sich Marjorie viel besser f&uuml;hlte.</span></p> <p><span>&bdquo;Komm, Edna. Fall nicht zur&uuml;ck&ldquo;, rief er ihr zu.</span></p> <p><span>Marjorie war froh, als ihre Begleiterin schneller ging, um ihn einzuholen. Auch wenn Edna auf den Anstiegen nach Luft schnappen musste, konnte sie h&uuml;gelabw&auml;rts mit den anderen Schritt halten, obwohl Faith f&uuml;r den Wandertrupp, der aus verschiedenen Altersgruppen bestand, ein gleichm&auml;&szlig;iges Tempo vorgab.</span></p> <p><span>Frederick unterhielt sich mit dem m&uuml;rrischen mageren Mann mittleren Alters, der Marjorie schon am Flughafen aufgefallen war. Er war f&uuml;r die Gegend und das Wetter genau richtig gekleidet: in einer Jagdjacke, einer marineblauen Daunenjacke und Wanderstiefeln. Der Fremde &uuml;berragte den kleineren Frederick. Marjorie selbst hatte sich bequeme, flache Schuhe und ihren dunkelbraunen Lieblingswintermantel &uuml;ber einen Wollpullover und Tweedrock angezogen. Den Rock trug sie auf Dr&auml;ngen ihrer Haush&auml;lterin Mrs. Ratton, die erkl&auml;rt hatte, dass er in den Highlands der Renner sein w&uuml;rde. Wie Marjorie zugeben musste, wirkte er nicht fehl am Platz und war mollig warm.</span></p> <p><span>Es war ein frischer, jedoch k&uuml;hler Herbsttag, und die tief stehende Sonne warf tanzende Lichtflecke durch die B&auml;ume, die den Weg s&auml;umten. Die Sonnenstrahlen malten sanft schaukelnde Schatten der &Auml;ste auf den Weg. Marjorie atmete tief ein und nahm den Geruch der Kiefern wahr, w&auml;hrend sie den Spaziergang in vollen Z&uuml;gen genoss.</span></p> <p><span>Ein P&auml;rchen, das direkt vor ihr ging, hatte nur Augen f&uuml;reinander. Die jungen Leute kicherten und unterhielten sich H&auml;ndchen haltend; offensichtlich nahmen sie nichts und niemanden um sich herum wahr.</span></p> <p><span><i>Junge Liebe</i>, dachte sie. <i>Es geh&ouml;rt alles zum Kreislauf des Lebens dazu. Ob ihre Beziehung wohl von Dauer sein wird oder nur eine von vielen auf dem Weg zu einem Seelenverwandten?</i> Ihre Gedanken wollten gerade in die Zeit zur&uuml;ckwandern, als Ralph und sie ihre Beziehung begannen, doch etwas lenkte sie ab. Die scharfe, aber nicht unfreundliche Stimme eines rundlichen Mannes, der Ende vierzig sein musste, ert&ouml;nte. Er nahm seine Kappe ab, unter der sch&uuml;tteres, schwarzes Haar sichtbar wurde.</span></p> <p><span>&bdquo;Vielleicht wollt ihr beide euch mal die Landschaft ansehen.&ldquo; Der charmante schottische Akzent in seinem Bariton war unverkennbar.</span> <span> </span> <span>Der Mann machte eine schweifende Geste mit den Armen, bevor er die H&auml;nde in die Taschen seines dicken schwarzen Mantels steckte.</span></p> <p><span>Das junge M&auml;dchen sagte schmollend: &bdquo;Das tun wir doch, Dad, aber hier gibt es nichts au&szlig;er B&auml;ume. Ich hab das alles schon gesehen.&ldquo;</span></p> <p><span>Sobald sie es ausgesprochen hatte, drang lautes Rauschen an ihre Ohren, als sie um eine Kurve gingen und sich dem Wasserfall n&auml;herten. Der tosende L&auml;rm fesselte ihre Aufmerksamkeit. Kurz darauf erreichten sie die Stelle, an der die restliche Wandergruppe bereits neben einer H&auml;ngebr&uuml;cke stehen geblieben war. Die kurze Br&uuml;cke &uuml;berquerte eine Schlucht und gab den unmittelbaren Blick auf den spektakul&auml;ren Wasserfall frei. Die Gischt spritzte an Marjories Nasenfl&uuml;gel.</span></p> <p><span>Als jemand sie von hinten anrempelte, w&auml;re sie fast zu Boden gest&uuml;rzt.</span></p> <h2>4</h2> <p><span>Marjorie wurde schwindlig, w&auml;hrend sie mit beiden H&auml;nden den Griff ihres Gehstocks umklammerte. Sie sah, wie ihr Angreifer in der Gruppe verschwand.</span></p> <p><span>Frederick tauchte neben ihr auf und nahm ihren Arm.</span></p> <p><span>&bdquo;Ist alles in Ordnung, Marjorie? Sie sehen blass aus.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Mir gehts gut. Ich habe wohl meinen Stock f&uuml;r einen Moment losgelassen.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Kommen Sie hierher. Da dr&uuml;ben sind Lachse.&ldquo; Frederick f&uuml;hrte sie von der Menge weg.</span></p> <p><span>Gew&ouml;hnlich interessierte sich Marjorie nicht sonderlich f&uuml;r Fische &ndash; das war eine Leidenschaft ihres Mannes gewesen &ndash;, doch Lachse springen sehen! Das war was ganz anderes. Frederick ging mit ihr weiter weg, w&auml;hrend ein paar der anderen schon in kleinen Gruppen die Br&uuml;cke &uuml;berquerten.</span></p> <p><span>&bdquo;Danke. Ich glaube nicht, dass ich mich so weit strecken kann, um mich da r&uuml;berzuschwingen&ldquo;, sagte sie. <i>Schon gar nicht jetzt</i>, dachte sie. Ihr Herz klopfte immer noch heftig und sie fragte sich, ob der Sto&szlig; absichtlich gewesen war, doch ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass es mit ziemlicher Sicherheit nur Ungeschicklichkeit war.</span></p> <p><span>&bdquo;Die Br&uuml;cke ist sicher genug, solange sie nicht zu viele Leute gleichzeitig &uuml;berqueren. Sehen Sie, da dr&uuml;ben, am Rand der Wasserf&auml;lle!&ldquo;</span></p> <p><span>Und tats&auml;chlich sah Marjorie erst einen, dann den zweiten Lachs den riesigen Sprung gegen das Wasser und die Schwerkraft wagen.</span> <span> </span> <span>&bdquo;Die Armen. Sie schaffen es nicht, oder?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Sie werden es schaffen, sonst sterben sie beim Versuch zu springen&ldquo;, erkl&auml;rte Frederick. &bdquo;Aber sie bekommen eine Hilfestellung. Da dr&uuml;ben wurde eine k&uuml;nstliche Lachstreppe aufgestellt. Manchmal ist es wichtig, ihnen eine helfende Hand zu reichen und ihre Fortpflanzung zu f&ouml;rdern, sonst werden sie &uuml;berfischt. Ich nehme an, wir werden in den n&auml;chsten paar Tagen ziemlich viel Lachs essen.&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie wollte ihn gerade fragen, woher er so viel &uuml;ber Lachse wusste, doch als ihr bewusst wurde, woher das Essen kam, stoppte sie sich. &bdquo;Ich wei&szlig;, es ist heuchlerisch, aber ich distanziere mich lieber von der Natur und dem, was auf meinem Teller landet.&ldquo;</span></p> <p><span>Als Frederick lachte, leuchteten seine Augen wieder. &bdquo;Nicht nur Sie. Jock und ich haben auf dem Weg hierher auch dar&uuml;ber geredet.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Wer ist Jock?&ldquo;</span> <span> </span> <span>Marjorie wollte nicht verraten, dass sie den Mann bemerkt hatte, mit dem sich Frederick unterhalten hatte &ndash; und der sie vor wenigen Augenblicken fast umgesto&szlig;en hatte.</span></p> <p><span>&bdquo;Ach, ein m&uuml;rrischer Kerl, den ich gerade kennengelernt habe. Er ist zwar interessant, aber ein bisschen schn&auml;pperisch, wie die Schotten sagen w&uuml;rden.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Mit schn&auml;pperisch meinen Sie nervig?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Eher bissig. Da dr&uuml;ben ist er.&ldquo; Frederick deutete auf den Mann mit der Tweedkappe.</span></p> <p><span>Marjorie musterte den unh&ouml;flichen Mann diesmal von vorne. Jock hatte einen hellbraunen, widerspenstigen Bart und Schnurrbart, deren Farbton zu den Zotteln passte, die unter seinem Hut hervorragten. Aus der N&auml;he war er sogar noch gr&ouml;&szlig;er und so schlaksig, wie sie bereits von Weitem gesehen hatte. Offensichtlich stritt er sich gerade mit einem Paar in seinem Alter. Vielleicht war es ganz gut, dass er nicht kr&auml;ftiger war, sonst h&auml;tte er sie ernsthaft verletzen k&ouml;nnen. &bdquo;Ich verstehe, was Sie mit bissig &ndash; oder schn&auml;pperisch &ndash; meinen. Reist er mit diesen Leuten zusammen?&ldquo; Marjorie fragte sich, ob sie es waren, nach denen er am Flughafen Ausschau gehalten hatte.</span></p> <p><span>&bdquo;Ich glaube nicht. Er hat mir gesagt, dass er allein unterwegs ist. Ich fand ihn deshalb interessant, weil er erw&auml;hnte, in einem Dorf in dieser Gegend aufgewachsen zu sein, einem Ort namens Scraghead, der noch n&auml;her an Loch Ness ist.&ldquo; Frederick senkte die Stimme.</span> <span> </span> <span>&bdquo;Er schreibt eine Enth&uuml;llung &uuml;ber das Leben rund um den See, wie er es nennt.&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie zog eine Augenbraue hoch.</span></p> <p><span>&bdquo;Wie viel davon reines Marketinggerede ist, kann ich nicht sagen&ldquo;, fuhr Frederick fort.</span></p> <p><span>&bdquo;Er schreibt also eine Art Autobiografie oder Memoiren&ldquo;, sagte Marjorie.</span></p> <p><span>&bdquo;Ich denke ja, aber eine, die Schmutz aufdeckt &ndash; jedenfalls seiner Meinung nach&ldquo;, f&uuml;gte Frederick hinzu.</span></p> <p><span>&bdquo;Na ja, hoffen wir, dass er keine Namen nennt, sonst endet er wom&ouml;glich noch wegen Verleumdung vor Gericht. Wie Sie sagen, h&ouml;chstwahrscheinlich ist es Marketinggerede. Es sei denn, er ist dem Ungeheuer von Loch Ness pers&ouml;nlich begegnet. Das w&auml;re tats&auml;chlich lesenswert.&ldquo; Marjorie gluckste. &bdquo;Aber im Ernst, ich gehe davon aus, dass ein gew&ouml;hnlicher Mensch, der seine Memoiren ver&ouml;ffentlichen will, sie auf die Spitze treiben muss. Es sei denn, es geht um eine Karriere oder etwas, das die Leute interessiert.</span> <span>Ansonsten d&uuml;rfte es schwer sein, die</span> <span>Leute dazu zu bringen, seine Memoiren zu kaufen. Ich nehme an, er ist nicht ber&uuml;hmt, aber das k&ouml;nnte er nat&uuml;rlich sein. Hat er gesagt, dass er noch was anderes verfasst hat?&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Dazu kam ich nicht mehr. Als wir die Wasserf&auml;lle erreicht hatten, schlich er sich davon, w&auml;hrend ich Faith zuh&ouml;rte, die Anweisungen gab und uns warnte, auf der H&auml;ngebr&uuml;cke vorsichtig zu sein.&ldquo;</span></p> <p><span><i>Bevor er mich anrempelte</i>, dachte Marjorie.</span></p> <p><span>&bdquo;Und dann sind Horace und Edna aufgetaucht.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Mein herzliches Beileid&ldquo;, sagte Marjorie lachend.</span></p> <p><span>&bdquo;Wohin starrst du, Marge?&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie zuckte zusammen und fragte sich, ob Edna ihr Gespr&auml;ch mitgeh&ouml;rt hatte, doch es schien nicht der Fall zu sein.</span></p> <p><span>&bdquo;Auf die Lachse.&ldquo; Marjorie wandte ihre Aufmerksamkeit von dem Mann ab, der Jock hie&szlig;, und konzentrierte sich wieder auf den beeindruckenden Fisch, der gegen die Elemente ank&auml;mpfte.</span></p> <p><span>&bdquo;Wir haben Riesengl&uuml;ck. Mick hat gesagt, dass man sie zu dieser Tageszeit selten sieht, aber er vermutet, es liegt an den Regenf&auml;llen in den letzten Tagen.&ldquo;</span></p> <p><span>&bdquo;Wer ist Mick?&ldquo;, fragte Frederick.</span></p> <p><span>&bdquo;Der gro&szlig;e Typ da dr&uuml;ben. Der mit den verliebten Teenagern. Er ist Witwer und sagt, er h&auml;tte fr&uuml;her zweimal im Jahr hier Urlaub gemacht. Anscheinend mochte seine Frau die Gegend gern, vor allem Loch Ness. Er hat uns auch gesagt, wir m&uuml;ssten uns vor dem Nebel auf dem See in Acht nehmen.&ldquo; Edna schauderte. &bdquo;Er kann im Nu auftauchen, dann sieht man nicht mehr, wohin man tritt. Du solltest es dir zur Gewohnheit machen, deinen Stock zu benutzen, Marge.&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie beobachtete den Mann, der das junge P&auml;rchen vorhin ermahnt hatte und schon wieder versuchte, sie dazu zu bringen, den Blick voneinander abzuwenden. Der arme Mann. Sie wandte sich wieder zu Edna um und sah, dass Horace auf sie zukam. &bdquo;Du gehst selbst nicht gerade leichten Fu&szlig;es &uuml;ber Stock und Stein, meine Liebe, aber ich freue mich schon darauf, durch den Nebel zu laufen, vor allem, wenn wir einen Blick auf Nessie erhaschen k&ouml;nnen.&ldquo;</span></p> <p><span>Edna runzelte die Stirn. &bdquo;&Uuml;ber solche Dinge sollte man nicht scherzen. Es ist keine gute Idee, das Schicksal herauszufordern.&ldquo;</span></p> <p><span>Marjorie riss verbl&uuml;fft die Augen auf.</span></p> <p>&bdquo;Edna glaubt, das Ungeheuer g&auml;be es wirklich.&ldquo; Horace senkte die Stimme. &bdquo;Sie ist wegen unseres verl&auml;ngerten Aufenthalts am See beunruhigt.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das hast du mir nie gesagt! Heute Morgen erz&auml;hltest du sogar genau das Gegenteil&ldquo;, gab Marjorie zur&uuml;ck.</p> <p>&bdquo;Ich hab nur so getan. Ich dachte, du w&uuml;rdest mich auslachen, wenn ich es dir sage, und ich wusste ja nicht, dass wir so nah am Ufer wohnen w&uuml;rden.&ldquo;</p> <p>Erstaunt fragte sich Marjorie, ob ihre angeheiratete Cousine &uuml;berhaupt die Info durchgelesen hatte, die ihr vor der Reise zugeschickt worden war.</p> <p>&bdquo;Auf alle F&auml;lle &ndash;&ldquo;, fuhr Edna fort und verschr&auml;nkte die Arme, &bdquo;&ndash; brauchst du nicht zu fl&uuml;stern. Mick ist auch meiner Meinung, so wie unz&auml;hlige andere im Internet.&ldquo; Edna sah Horace finster an, der sich bem&uuml;hte, nicht zu lachen.</p> <p>&bdquo;Na ja, wenn es im Internet steht, muss es wahr sein&ldquo;, neckte Frederick.</p> <p>&bdquo;Sie sollten besser vorsichtig sein. Ihre Glatze wird wie ein gro&szlig;er Fisch hervorstechen, daher w&uuml;rde ich dem Wasser fernbleiben, wenn ich Sie w&auml;re&ldquo;, gab Edna zur&uuml;ck.</p> <p>Marjorie wollte die Cousine ihres verstorbenen Mannes wegen ihrer Unh&ouml;flichkeit in die Schranken weisen, doch Frederick lachte nur und zog sich den Hut noch tiefer ins Gesicht. &bdquo;Ich werde dar&uuml;ber nachdenken.&ldquo;</p> <p>Nachdem sie eine angenehme halbe Stunde damit verbracht hatten, den Wasserfall zu bewundern und mehreren Lachsen dabei zuzusehen, wie sie es bis nach oben schafften, war es an der Zeit zu gehen. Faith versammelte die Gruppe wieder, um den R&uuml;ckweg anzutreten.</p> <p>Edna stellte Marjorie und Frederick Mick vor und zog dann mit Horace los. Als sie den Hang hinaufgingen, fand sich Marjorie am Ende der Gruppe wieder. Sie war froh, dass die beiden M&auml;nner in ein Gespr&auml;ch vertieft waren und daher nicht mitbekamen, dass sie langsamer ging, als sie einen Krampf bekam und nach Luft rang.</p> <p>Seit einer Lungenentz&uuml;ndung zu Jahresanfang wurde sie hin und wieder von Atemnot &uuml;berrascht. Ihre langsame Genesung hatte Marjorie im Sommer von Rachels Hochzeit ferngehalten, was ein schwerer Schlag gewesen war, doch sie hatte auf den Rat ihres Arztes geh&ouml;rt. Daf&uuml;r hatte sie ihren Chauffeur Johnson &uuml;berredet, sie nach Southampton zu fahren, um dem gl&uuml;cklichen Paar zum Abschied zuzuwinken, bevor sie die Hochzeitsreise antraten, und ihre Freundin mit einem Kabinen-Upgrade als Hochzeitsgeschenk zu &uuml;berraschen.</p> <p>Sie hatte vergessen, dass K&auml;lte die Anf&auml;lle ausl&ouml;sen konnte. Jedes Mal, wenn Marjorie glaubte, sie hinter sich zu haben, kam wie aus dem Nichts der n&auml;chste, doch normalerweise gingen sie rasch wieder vorbei. Edna wusste nichts von der Lungenentz&uuml;ndung - wie die meisten Menschen au&szlig;er denen, die ihr sehr nahe standen. Auf der Rum&auml;nienreise hatte sie trotz der Luftverschmutzung in Cluj Napoca keine Probleme mit Atemnot gehabt. Sie war sicher, dass die schottische Luft ihre Genesung vorantreiben w&uuml;rde. Sie blieb einen Augenblick lang stehen, um ruhiger zu werden, und nahm ein paar tiefe Atemz&uuml;ge, so wie der Physiotherapeut es ihr beigebracht hatte. Sie wusste, dass dies ihren Herzschlag verlangsamte und ihr helfen w&uuml;rde, sich von dem Krampf zu erholen. Marjorie hatte schon fast die Anh&ouml;he erreicht, als die Atemnot einsetzte, und f&uuml;hlte sich stark genug, um die verbleibende kurze Wanderstrecke zu bew&auml;ltigen.</p> <p>Als sich die Gruppe vor ihr immer mehr entfernte, beschlich Marjorie das unheimliche Gef&uuml;hl, nicht alleine zu sein.</p>

Erscheint lt. Verlag 11.12.2025
Reihe/Serie Lady Marjories Mordclub
Übersetzer Johanna Ellsworth
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Cosy Krimi • Ermittlerin • gemütlicher Krimi • humorvoller Krimi • Kleinstadt • Mord • Mordclub • Polizei Ermittlungen • weibliche Detektivin
ISBN-10 3-96817-396-1 / 3968173961
ISBN-13 978-3-96817-396-2 / 9783968173962
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