Glücksgedichte (eBook)
156 Seiten
BoD - Books on Demand (Verlag)
978-3-6951-4992-6 (ISBN)
Iwobrand ist ein Dichter, Forscher und bildender Künstler aus dem süddeutschen Raum.
AUFBRUCH
Die Schlange streift durch Stock und Stein,
Der Wolf auch wandelt wild im Wald,
So eil auch ich durchs All all-ein.
Die Lust am Lauf mich lässt nicht los,
Denn Harm mir heißt Verharrn und Halt,
Im Gange glänzt mein Glück mir groß.
WODANSWANDERN
Wie schon Wodan weit gewandert,
So auch meine Bahn mäandert,
Läuft durch lust- und leid’ge Lande.
Schicksalsfrauen knüpfen Bande,
Seid mir hold, euch Heil ich sende!
Wunsch ich werf in Wald und Wege.
Wo ich auch zu gehen pflege,
Gern der Götter Gaben greifend,
An dem Baum des Lebens reifend.
DES LEBENS RÜCKKEHR
Der Sonnenstrahl sah nun in sämtliche Ritzen,
Es taut, es tropft, der Tag sich wärmt.
Gehst du dann im Dämmern noch dort an den Waldrand,
Dann horche hin – jetzt hie, nun da –
Es regt sich ein Rascheln, zurück kehrt das Leben.
Schon bald auch bricht aus blassem Laub
Die kühnfrohe Knospe und kehrt sich dem Lichte.
Die wilde Wiese wächst und dampft,
Aus uraltem Erdreich steigt ewige Jugend,
Der Bäume Blüten brechen auf.
Die Arme der aschgrauen Esche sind kahl noch,
Doch klebrig künden Kraft die Triebe,
Wie Rehfüße ragen die reifenden Äste
Und Nacht wird’s, noch ist nicht der Tag,
Noch finden der Finsternis Fäden zusammen.
Ein Mädchen liegt müde im murmelnden Haine,
Auf Blatt und Blüte bettet sie
Die glattweißen Glieder, es glitzert das Bächlein,
Ein früher Vogel flötet leis:
„Wer ruht da im Reiche der Raben und Lerchen?
Es ist wohl eine edle Frau.“
Doch nahst du dem Nickeplatz nur dich ein wenig.
Da streckt die Schöne schläfrig sich
Und schlüpft in die Schatten der schwarzgrünen Bäume,
Ins wild verwunschne Wunderreich.
Wer glitt da, ist’s gar eine Göttin, ins Astreich?
Uns Erdverehrern in der Flur,
Uns Sterblichen streut sie die Stürme ins Sinnen
Und lockt zur Liebe leicht uns hin,
Schon bald uns zu baden im Brande der Sonne.
SCHATTENSPRUNG
Du Einsamkeit, mein großes Leid,
Komm, leiste mir Gesellschaft,
Und sei bei mir in Waldes schier
Unendlich verrinnender Quellkraft,
Wo meine Väter, Ahnen später,
Durch die Schatten gingen,
Der schlanken Bäume, Wutherrs Räume,
Und deine Beredsamkeit fingen.
Du Einsamkeit, ging lange Zeit
Ich auch unter die Leute,
Fall doch am End in deine Händ’
Aus Moosen und Winterlaub heute,
Nun blüh für mich, entfalte dich
In Frühlings bunten Farben,
Zeig in der Schlucht des Lebens Frucht,
So heilen auch grässliche Narben.
Da unten, wo mit düstrem Droh
Die Buche starrt und nein sagt,
Stand immer schon der Ewigthron,
Der Dunkelpfad nur führt ins Heimatland.
WERDEN UND SEIN
Auf rastlosem Rollwagen rennen Mann
Und Zeit, dem Ziele zu, nie dort.
Wohin geht die Hatz, all das hastige Tun?
Aus Furcht und Vorsicht fleußt solch Wahn.
Vergangenheit, Gegenwart, garstige Zeit,
Die Zukunft zeiht uns zögerlich,
Doch muss sie die Menschen stets mahnen im Sinn.
Vergessen gönnt man Göttern nur.
IM HINTERLAND
Ich wandere, wo keiner ist,
Im Hinterland daheim ich bin.
Ob mich wohl jemand wo vermisst?
Es muss nicht kümmern meinen Sinn.
In dichten Wäldern steht mein Thron,
… Vergessne Pfade sind mein Lohn.
HOHENRECHBERG
Im Zwinger liegt das späte Licht,
Wo wild die Brombeerranke sticht,
Und Vögel fliegen lautlos schwirrend
Zwischen Mauern alt und grau.
Im Steingewölbe flattert irrend
Noch ein Rotschwanz ohne Rast,
Und sucht den Schacht ins helle Blau,
Wo in Ruinen wir zu Gast.
Im Ahnensaal da saßen Herren,
Ratklug hier auf hohem Berg.
Im Tale zogen Pferd’ und Kärren,
Bauern pflagen Tages Werk.
Jetzt sitzen wir auf rauen Zinnen,
Einsam still über der Welt.
Die Sonne sinkt, es dunkelt drinnen,
Mond zu Bäumen sich gesellt.
Jahrhunderte hast du gesehn
Und bleibst noch immer standhaft stehn,
Wo näher kam der dunkle Wald
Und Blitz dich schlug, doch blickst du hier
Aus deinen Fenstern auf die Alb.
Hinab, durch dunkelgrüne Gänge,
Steigen wir und winken dir
Ade, durch späte Nachtgesänge.
ELBSANDSTEINGEBIRGE
An Erzgebirgs Flanke, am Hochlauf der Elbe,
Zeigt uns unsre Erde ein Innengefilde,
Mit mächtigen Säulen aus rauhem Gefelse,
Durchherrschendes, tragendes Urgrundgebilde.
Seit Urmeeres Tagen noch immer dasselbe,
Sich hoben und senkten die Erdplattenschilde.
Und so stehn die Bauten an Dresdens Gestaden,
Die Türme aus Sandstein, die schlug man vom Berge,
Geflößt auf dem Elbkahn talabwärts geladen
Dem Fluss folgt’ durch Birken und Kiefern der Ferge
Vom Winde geschwärzt jetzt ihr Eisen, sie ragen
Empor aus dem Pflaster, wir Menschen nur Zwerge.
So schuf man aus Felsgebirgs Bild diese Stätte,
Ein Hegort für Herrschaft und Wissen und Künste,
Der Fürstenzug weist der Jahrhunderte Kette.
Dies Stammrecht den heimischen Menschen begünst’ge,
Den bargen die Felsen als Urzeitverstecke.
Als Waldspross und Steinkind besteh er das Künft’ge.
EINZELGANG
Wo grün aus Busch und Blatt es funkelt,
Ach, so kühl winkt dieser Hag,
Lockt jener Abweg, wenn’s schon dunkelt,
Nach dem heißen Sommertag.
Da ruft im Dämmern eine Brise
Hoch zum Fels im Dorngesträuch, –
Der ist im Märchen wohl ein Riese,
Leis er raunt: „Ich trage euch!“
Vom Sonnenstrahl noch warm, ein Fluchtort.
Unberührt liegt still der See,
Was birgt am Wasser jene Bucht dort,
Wo allein vorbei ich geh?
Ich kann mich freuen nicht der Sonne,
Noch an Mondes rotem Schein,
Versagt ist mir der Vögel Wonne
Und die kühle Lust im Hain.
Was gilt mir all das volle Glühen,
Pulsen reiner Lebenslust,
Wenn dieser Welt Gedeihn und Blühen
Mir nicht schlägt in meiner Brust?
Wenn ihr mein Herz doch ist versiegelt,
Regt mich alle Schönheit nicht, –
Denn ihre Zweisamkeit nicht spiegelt
Seelenkraft, die einsam ist.
Doch wie erfüllt mich jeder Regen
Mit der Sehnsucht junger Pein,
Da in des Rauschens feuchtem Hegen
Wäre Mund mit Mund allein,
Entrückt und Raum und Zeit entglitten.
Wilde Pracht und Klang von drauß –
Sind schmerzlich mir und längst verlitten,
Drum ich lieber bleib zu Haus.
Hab meine Jugend ich verschlafen,
Mich verirret und verzählt,
Am Ort, wo nach des Tages Strafen
Sommernacht mich grausam quält?
DEIN PFAD
Aus Blut und Sternen
Kannst du lernen
Schicksals Pfad
Im Weltenrad.
DAS PECH
Wenn nichts der Mühe wert noch scheint,
Wenn schwerer Mut mein Herz erdrückt,
Es ist kein Sinn, kein Kampf, kein Feind,
Nur Seelenleere, qualentrückt.
Ich achte nicht mehr meines Pfads.
Ihr betet an Vernunft und auch
Entsagung. Doch der Schwung des Rads,
Der kommt vom giergen Vorwärtslauf.
Frau Säligkeit ich stets verpass,
So bleibe ich bei Nacht allein,
Hinabgezogen, trüb und blass,
Das schwarze Pech mir klebt am Sein.
Schon wieder ist nichts gut genug,
Ich bin in falsche Zeit verirrt.
Und schwärzer wird mein schweres Blut
Von Galle, drin das Eis schon klirrt.
RECKENWEISE
Zerbrich den Bann, vom Bett spring auf,
Mein Freund! Wir fahrn zu Freunden, hei!
Zu wildem Weg wird Wortes Hauch,
Wo Recken reisen rasch vorbei,
Und unter uns die Erde alt.
Geheimnis hegt der heitre Wald,
Uns wilden Wandrern wird sein Lohn,
Von Busch zu Baum fliegt Botschafts Ton:
„Aus Natters Nest kriecht neue Zeit!“
ALLES WÄCHST
Durch Schatten streift noch die Katze, wo ich sitze,
Und kaum klingt ein Laut durch die Gassen,
In Ferne zucken vom Himmel schon stumme Blitze,
Bringt Donar den Regen, den nassen.
Die Gräser schießen empor, die Bäume blühen,
Es rufen die blumigen Weiden,
Vergilt der nachtklare Wind vergangne Mühen,
Weckt er wohl auch neuerlich Leiden.
Die Wonnezeit schenkt ihre Kraft, mir Atem.
Es sieget der König der Sonne.
Ich war getrieben, dumpf in Gram geraten,
Doch komme nun, Klarheit, nun komme!
Lass mich, wenn es tot und karg ist, nie dann
Dieses vergessen, dies Leben.
Ist auch in diesen stillen Hallen niemand,
Die Norne mag Glück mir hier...
| Erscheint lt. Verlag | 28.10.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Lyrik / Gedichte |
| Schlagworte | Gedichtband • Germantik • Skaldik • Stabreim • Zaubersprüche |
| ISBN-10 | 3-6951-4992-2 / 3695149922 |
| ISBN-13 | 978-3-6951-4992-6 / 9783695149926 |
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