Giovanni, du stinkst
- Noch nicht erschienen (ca. März 2026)
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Christian Klinger, geboren 1966 in Wien, ist seit gut 20 Jahren als eines der ersten Mitglieder der krimiautoren.at fixer Bestandteil der österreichischen Krimilandschaft. Bekanntheit erlangte Klinger durch seine in Triest angesiedelten Romane, er veröffentlichte zudem auch Rätselkrimis in der Presse am Sonntag und Fortsetzungskrimis in der Kurier Freizeit-Beilage sowie Beiträge in Anthologien, erhielt 2005 den Luitpolt-Stern-Förderungspreis und war im Jahr 2011 auf der Auswahlliste des Agatha-Christie-Krimipreises.
Als Abteilungsinspektor Sinovats ins LKA in der Polizeidirektion zurückkehrt, sind in seiner Abteilung nur mehr Marlies Kracher und Gusti Berlakovits da. Sie hänseln den behäbigen Kollegen, der zwar weniger Sterne auf seinem Kragenspiegel hat als die beiden, aber dafür einen aus Gold. In die Uniform muss sich Sinovats jedoch zum Glück nur bei offiziellen Anlässen hineinzwängen, und auch da hat er zuletzt beim Landeshauptmann nur Anzug getragen, darunter immerhin ein Hemd und nicht das ausgewaschene T-Shirt von The Offspring, das er vor einigen Jahren am Nova Rock gekauft hat. Mehr oder weniger das einzige nicht von der Mutter spendierte Kleidungsstück, jetzt leider ausgewaschen. Sinovats geht an den beiden vorüber. Die sitzen vor dem Computer und sehen sich auf YouTube ein Video vom letzten Zeltfest in Oggau an. Mit wackeliger Kameraführung sieht man ein paar schwankende Jugendliche, die zu einem Lied eines bekannten italienischen Deejays ausländerfeindliche Parolen grölen, dabei die winkenden Arme in die Höhe reißen und sich den Zeigefinger der linken Hand quer über die Oberlippe legen. „Schau, das ist der Kasi, der woar scho in der Schul’ so deppert“, kichert die Marlies los und deutet auf einen der Be trunkenen. Die Farben des Bildschirms spiegeln sich in den leuchtenden Augen von Gusti, der den Arm auf Marlies’ Schulter ruhen hat. „Und des is’ der Herbie mit’m Flachsi, mit de zwa woar i a scho kegeln. Die san so lustig.“ „Und das da ganz rechts ist der Kollege Haslinger. Wenn das gemeldet wird, hat er ein Disziplinarverfahren oder eines wegen Wiederbetätigung.“ Sinovats teilt die Belustigung seiner Kollegen nicht. „Manst du des jetzt ernst?“, fragt der Gusti ungläubig. „Die sind blunzenfett“, führt die Marlies zur Verteidigung an, als würde der Alkohol dieses Verhalten legitimieren. Sinovats schüttelt den Kopf. „Ich hab genug Schreibkram mit dem Toten da vom See.“ Inspektor Berlakovits dreht sich im Sessel um und fragt: „Und, haben wir einen Pensionistenmörder?“ Sinovats macht eine wegwerfende Geste. „Schaut’s euch weiter die Trotteln im Video an. Ich kann noch gar nichts sagen, solange ich von der Gampenreiter kein Ergebnis der Obduktion habe.“ Sinovats legt ein Protokoll an und hält darin in recht freier Darstellung fest, was ihm die befragten Nachbarn alles erzählt haben. Einzig bei der Witwe Wolk versucht er sich etwas genauer zu erinnern. Notizen hat er keine gemacht. Wie immer. Nur die Personalien aufgenommen, wie immer, aber die stimmen wenigstens. „Gemma doch noch auf ein Bier ins Sailer-Stüberl“, schlägt Marlies vor und streckt dabei den beiden Kollegen ihre Cowboystiefel entgegen. „These boots are made for walking…”, beginnt Gusti den Hit von Nancy Sinatra zu intonieren. Der Gusti ist begeistert, doch Sinovats winkt ab. Zunächst. Am Ende lässt er sich dazu breitschlagen, dass er nachkommen werde. Aber er hat nicht vor zu kommen. Eine Finte, um die nervenden Kollegen loszuwerden. Nachdem sie abgezogen sind, greift er zum Hörer des Diensttelefons. Er wählt die Nummer. Nach zweimaligem Läuten hebt sie ab und meldet sich: „Doktor Gampenreiter.“ „Du, also ich…“, stammelt Sinovats ins Telefon. „Ich hab deine Nummer erkannt, sonst hätte ich um die Zeit nicht mehr abgehoben.“ „Also,“ Sinovats macht eine zu lange Pause, aber immer hin stottert er nicht mehr. „Du willst wissen, ob es schon ein Ergebnis gibt?“ „Ja, das auch.“ Jetzt ist ihm die Antwort leichtgefallen. Er nimmt einen Schluck Wasser aus dem Glas auf seinem Schreibtisch, hofft, dass damit die Worte aus seiner feuchten Kehle flutschen, setzt das Glas aber schnell wieder ab, als er sich ausmalt, wie viel Staub und Sonstiges an kaum sichtbarer Materie sich darin angesammelt haben muss in den letzten Stunden. Manchmal ist er von einem Anflug an Tiefgründigkeit beseelt. Aber selten, wenn es um die Arbeit geht, das erschwert sie nur. „Aha, oder willst du vielleicht auch fragen, ob es so etwas wie eine Wiederholung zwischen uns geben könnte?“ Sinovats spürt, wie eine Hitzewallung durch seinen Körper schießt, als hätte jemand in seinen Venen Zündschnüre entfacht, so schnell steigt sie auf. Im geröteten Gesicht treten kleine Schweißtröpfchen durch die Poren, sein Shirt klebt am Körper. Das ist der Moment, in dem seine Mutter zuhause sagen würde: „Giovanni, du stinkst, geh duschen!“ Dabei stinkt er doch nie. Immerhin geht er zweimal am Tag duschen, und das alle 365 Tage im Jahr, außer es ist ein Schaltjahr, dann sind es 366. Sinovats nickt ganz leicht mit dem Kopf, nein, er nickt mit dem gesamten Oberkörper. Er wippt wie eine Weide im Wind, doch bevor er eine Antwort findet, die Worte kleben ihm bamstig auf seiner Zunge, hat die Gampenreiter sie schon für ihn gegeben: „Vergiss es. Ich hab mir gleich gedacht, als ich festgestellt hab, dass wir wieder eine Leiche miteinander haben, dass du dir vielleicht Hoffnungen machst, aber noch einmal, das wird nicht passieren. Und zu dem Toten kann ich dir frühestens morgen etwas sagen. Guten Abend.“ Aufgelegt, denkt sich Sinovats und starrt den Hörer an. Er greift sich an den Ausschnitt seines Shirts. Der Stoff um den Hals schneidet ihm die Luft ab und pickt auf seiner Haut, er will jetzt nur noch nach Hause. Zum Glück hat er nicht weit. Die Wohnung, die er mit seiner Mutter teilt, ist vor wenigen Jahren etwas außerhalb des Zentrums auf einem brachliegenden Acker von der Gemeinde errichtet worden. Zu Fuß sind es keine zehn Minuten weg von der Direktion. Aber wer geht im Burgenland schon zu Fuß? Er parkt den Wagen auf einer der gekennzeichneten Stellflächen vor dem Haus und fährt mit dem Lift in den dritten Stock. „Giovanni, bist du es?“, hört er seine Mutter aus dem Wohnzimmer, als er die Eingangstür aufsperrt. „Wer denn sonst, Mama?“ Sinovats betritt das Wohnzimmer, wo seine Mutter sich auf dem Sofa vor dem Fernseher ausgebreitet hat. Sie trägt ein für ihr Alter unpassendes Kleid. Zu kurz und zu tief aus geschnitten. Offenbar vom World Wildlife Fund, denn mehr freie Wildbahn für Mutters Busen gibt es nicht. „Und wenn’s mein Liebhaber wär?“, fragt sie kokett. Er beugt sich zu ihr hinab, vermeidet den Blick aufs Unvermeidliche (er scheitert – das üppige Fleisch offenbart sich ihm wie eine Sünde aus Dantes Inferno) und drückt ihr einen Kuss auf die Wange. „Giovanni, du stinkst. Geh duschen!“ Er kann es nicht mehr hören. Er spürt, wie es in seinem Inneren zu brodeln beginnt. Wie in einem Vulkan, der kurz davor ist, auszubrechen. Einem Feuersturm gleich lodert es in ihm. Doch an die Oberfläche kommt nur ein kleines Bläschen, das sofort platzt. „Ist gut“, sagt er und verschwindet im Bad
| Erscheint lt. Verlag | 4.3.2026 |
|---|---|
| Reihe/Serie | K&S Kremi |
| Verlagsort | Wien |
| Sprache | deutsch |
| Maße | 135 x 205 mm |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Historische Kriminalromane |
| Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller | |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Affären • Burgenland • Dorf • Dorfgemeinschaft • Gas, Regionalkrimi • Heimatkrimi • Humor • Idylle • Ironie • Klischees • Kremi • Lokalkolorit • Österreich • Pächter • Paradies • Pensionisten • Regionalkrimi • See • Sommer • sonderbar |
| ISBN-13 | 9783218014953 / 9783218014953 |
| Zustand | Neuware |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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