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Secolo Im Wind des Lebens (eBook)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
280 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-6951-7997-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Secolo Im Wind des Lebens -  Martin Cereza
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SECOLO Im Wind des Lebens Die bezaubernde Geschichte einer eigenwilligen, hingebungsvoll lebenslustigen Frau, deren aufregendes Leben sich über ein ganzes Jahrhundert spannt. Kriege, Zwischenkriegszeit, Wiederaufbau, Wohlstand und Leid, alles kann sie nicht nur bezeugen, sondern musste es am eigenen Leib ertragen und erleiden. Entgegen allen Widrigkeiten, Rückschlägen und Enttäuschungen bewahrt sie ihren unbändigen Glauben an das starke Fundament der Familie. An die innige Liebe zur Heimat, den Respekt vor allen Menschen dieser Welt und den festen Glauben an die unendliche Kraft der Natur unserer Mutter Erde. Der Autor öffnet ein berührendes Schicksal, wobei ihm mit erzählerischem Feingefühl ein Wechselspiel aus Biografie und spannendem Roman gelingt. Ein wunderschönes Buch, das den Leser fasziniert bis zum Ende bleiben lässt.

martin cereza Ein Geschichtenerzähler Familie, Mountainbike, Golfschläger, drei Dinge, die ihn vom Schreiben seiner Werke fernhalten könnten. martin cereza liebt die einfache Sprache. Unterhaltsame Belletristik - gediegene Literatur zum Schmökern. Spannend, humorvoll, geistreich ... Das ist der Plan.

1


Eine milde Abendsonne wärmte die alte Dame im Lehnstuhl auf der Terrasse des in Hanglage neben dem Weingut erbauten Chalets, hoch über dem Südtiroler Unterland. Ein erster kühler Luftzug kündigte vorwitzig den Herbst an, obwohl man gerade einmal September des Jahres 2021 schrieb.

Nicht ungewöhnlich für die Welt in den Bergen, wo die Jahreszeiten anders wechseln als in den weiten Tälern und Ebenen. Einer der Gründe, warum eine warme Schafwolldecke auf die Knie der alten Dame gelegt worden war. Der zweite Grund war ihrem Alter geschuldet.

Einhundert Jahre war sie vor wenigen Wochen geworden, was mit der Großfamilie samt der ganzen Dorfgemeinschaft, zumindest mit jenen, die ihr gut gesinnt waren, gefeiert worden war.

Musikkapelle, Schützen und natürlich der Bürgermeister ehrten die Jubilarin.

Celia Obakirchler, Bäuerin und Wirtin, weit über die Grenzen des kleinen Südtiroler Dorfes bekannt, schmunzelte, zumal ihr die Stunden der Feierlichkeiten in Erinnerung kamen.

Dankbar war sie, ein so hohes Alter erreicht zu haben, glücklich über den Lebensabend, den sie hier verbringen durfte, aber auch nachdenklich über die Tatsache des nahenden Endes ihrer Zeit.

»Lucia, nimm mir ein Glas vom Lagreiner mit und setz dich zu mir.«

»Komme gleich, Nonna. Muss nur noch schnell was erledigen. Fünf Minuten, dann bin ich bei dir.«

Lucia, Enkelin und Liebling der Altbäuerin, stellte das mit hellrotem Lagreiner gefüllte Baucherl, so nannte Großmutter Celia zeit ihres Lebens das kleine Rotweinglas, auf den Tisch seitlich des Lehnstuhles, richtete die Decke und setzte sich.

»Alles gut mit dir? Ein schöner Abend, geradezu geschaffen für unser Vorhaben, was meinst du, Nonna? Ich bin schon gespannt und aufgeregt.«

»Genau weiß ich jetzt nicht, wo ich anfangen soll, ich versuche es halt einfach. Eines ist mir sehr wichtig, wir sind uns einig, dass ich bald diese Welt verlassen werde, das ist unausweichlich und gehört zum Kreis des Lebens, mein Kind.

Nicht traurig sein, wenn es so weit ist, nehmt es zur Kenntnis, aber behaltet mich in euren Herzen.

Ich durfte ein volles Jahrhundert lang mein Leben mit unglaublich vielen Höhen, aber auch nicht wenigen Tiefen gestalten, erleben, genießen und manchmal verfluchen. Du bist mittlerweile in der Mitte eines, lass es mich so sagen, normalen Lebens angekommen.

Die Zeit ist reif, dir meines mit all seinen guten, oftmals schlechteren, manchmal gar sündigen Seiten zu erzählen. Du bist die Einzige, vor der ich diese Beichte, ja, so will ich es nennen, Beichte, ablege. Warum ausgerechnet du? Von allen meinen Kindern, Enkel und Urenkel sind keine meiner Art so ähnlich wie du, daher weiß ich mit Sicherheit, du, Lucia, du wirst meinen Lebensweg verstehen, meine Werte weitertragen, meine Geschichte in Ehren halten.

Und natürlich auch deshalb, weil du mich danach gefragt hast. Ich merke, speziell die wunderbare Zeit mit Lorenzo, deinem Opa, interessiert dich. Alles, was ich dir in den vielen Jahren während unseres Zusammenlebens erzählt habe, versuche ich noch einmal zusammenzufassen.

Ich denke mir, es ist eine spannende Geschichte. Ein gelegentlich rührseliger, manchmal lustiger, jedoch immer der vollen Wahrheit geschuldeter Roman. Ja, ein Roman, der den Stoff in sich trägt, erzählt zu werden.

Ich lege die Geschichte, alle Worte und Wendungen, in deine jungen Hände, denn du sollst wissen, wie ich wirklich war und warum ich so war, wie ich war. Du sollst Antworten geben können, wenn diejenigen, die es immer schon besser wussten, über mich urteilen werden. Allerdings werden sie es erst nach meinem Tod wagen, dieses zu tun. Glaube mir, Lucia, bis jetzt hat sich keiner dieser Besserwisser getraut, auch nur einen Krümmel Kritik an mir zu üben.

Die Schilderungen meiner Zeit als Säugling hat mir meine Adoptivmutter genau so erzählt, wie ihr von meiner leiblichen Mutter nach deren Gefühlen berichtet worden war.

Meine real gefühlte Erinnerung greift nur langsam. So ab dem fünften Lebensjahr verdichtet sich diese von Jahr zu Jahr, wie es die Natur im heranwachsenden Geist der Kindheit regelt.

Ich habe meine leibliche Mutter nie zu Gesicht bekommen, zumindest nie so, dass ich dies hätte realisieren können. Sie war, wie erwähnt, als Untersteirerin Angehörige der deutschsprachigen Volksgruppe. Ich denke, sie wollte die ständigen nationalistischen Reibereien im neu geschaffenen Königreich der Serben nicht länger ertragen, weshalb sie sich für die Flucht in das neue, noch junge Österreich, ihr Vaterland, entschloss.

Es muss eine unsagbar schwierige Zeit für sie gewesen sein.

Mit nichts als den notwendigen Dingen am Körper und mir als vier Wochen alten Säugling im Arm gelangte sie nach mehreren Tagen hungrig und verstört über Kärnten nach Osttirol und von dort schließlich weiter in das Tiroler Unterland.

In einem Dorf, an der Hauptstraße gelegen, bettelte sie bei einer kleinen Bauernwirtschaft um Brot für sich und etwas Milch für mich.

Die Menschen dort waren sehr arm, nahmen aber Mutter mit Kind großherzig auf. Sie boten uns Essen und Schlafstelle an, halfen uns damit aus höchster Not.

Eineinhalb Jahre war ich alt, als meine Mutter erkrankte und ins Spital gebracht wurde.

Ich sah sie nie wieder. Sie verstarb einsam im Krankenhaus, ließ mich alleine auf dem Bauernhof zurück.

Theresia Schnöller, die Kleinbäuerin, hatte selbst eine Tochter in meinem Alter. Maria-Anna war ihr Name, später nannten sie alle Mariandl.

Theresias Mann Johann war im Ersten Weltkrieg als Kaiserjäger am Monte Grappa in der Region Venetien gefallen.

Resl, wie alle Theresia nannten, war bald klar, dass ich von der Jugendfürsorge in ein Kinderheim verfrachtet werden würde. Es gelang ihr, nach einem Spießrutenlauf durch unzählige Behörden, mich zu adoptieren.

Ab 1924, gerade drei Jahre alt, war mein Name Celia Schnöller.

Es begann eine unglaublich schwierige, sehr harte Zeit. Der kleine Hof lag direkt an einer Durchzug-Straße, was zur Folge hatte, dass täglich Menschen anklopften, um Nahrung bettelten, eine Bleibe suchten und immer wieder eine unserer braven Hennen aus dem Stall entwendeten.

Resl hatte ein großes Herz, gab immer etwas, auch wenn wir selbst Hunger litten. Wenigstens hatten wir unsere beiden Kühe, einmal pro Jahr kam ein Kalb, welches verkauft wurde. Neben der Weide unmittelbar hinter dem Hof lag etwas entfernt ein ebenes Stück Ackerland, worauf Weizen, Mais und Rüben für die beiden Schweine angebaut wurden. Für die schwere Feldarbeit spannten wir die ältere der beiden Kühe, ich erinnere mich gut, ihr Name war Raungerl, vor Pflug, Egge und Heuwagen.

Die Dinge wiederholen sich, Lucia, mir kannst du glauben. Sind die Zeiten schlecht, helfen sich die Menschen gegenseitig. Sind sie aber gut, herrscht Missgunst, Neid und Gleichgültigkeit.

So war es auch in diesen schwierigen Zwischenkriegsjahren. Die Menschen im Dorf halfen einander, respektierten einander und waren demütig und geduldig.

Mariandl und ich besuchten zusammen die Volksschule. Dazu mussten wir täglich drei Kilometer in den nächsten größeren Ort marschieren, in unserem Weiler gab es keine Schule. Besonders hart war es im Winter. Resl versuchte zwar unermüdlich, warme Kleider zu besorgen, was nicht immer gelang. So froren wir oft. Regnete oder schneite es, kamen wir klatschnass in die Schule. Dann durften wir unsere Mäntel neben dem gusseisernen Holzofen im Klassenzimmer auf den Boden legen, wo sie abtrocknen sollten.

Nicht so in der Religionsstunde. Der Herr Dechant konnte den Gestank, der von den nassen Lodensachen ausging, nicht ertragen, also mussten diese in den Gang hinaus zur dortigen Garderobe. Nach der Schule schlüpften wir in die klammen, halbtrockenen Kleider.

Es war wohl Gottes Wille, wie so vieles, das uns Hochwürden im Religionsunterricht einredete.

Heute weiß ich, dass der ehrwürdige Herr Dechant ein großartiger Märchenerzähler, oftmals jedoch ein ausgefuchster Lügner war.

Resl hielt im Gegensatz zu den meisten Frauen und Nachbarinnen nicht viel von den glattzüngigen, heuchlerischen Gesellen der Kirche, wie sie die Herren Priester zu nennen pflegte.

Ihrer Überzeugung folgend, könne es nie und nimmer Gottes Wille sein, dass die kirchlichen Granden und Pfaffen im Überdruss lebten. Erhielten sie doch ausreichend Spenden der tiefgläubigen Bauersleute, während andere Menschen schreckliche Not und Armut litten und manch verzweifelter Mutter ihr Kind am Arm verhungerte.

Sie verachtete alle Systeme der verschiedenen Religionsgemeinschaften. Nicht so ihren Herrgott, zu dem sie täglich abends bettete. Dies sei eben der große Unterschied, erklärte sie uns.

Die Kirche sei der Verein, der über Jahrtausende die Menschen mit Drohungen, wie dem Fegefeuer oder der gnadenlosen, furchtbaren Hölle, an der Stange hielt.

Gott aber ist Gott!

Vor ihm sind alle Menschen gleich.

Er alleine hat uns unsere Art zu leben aufgetragen. Aus gutem Grund auf dem Boden unserer göttlichen,...

Erscheint lt. Verlag 6.10.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bauernleben in Südtirol • Biografie einer Hundertjährigen • Ein Jahrhundert erlebt • Leben und Liebe über hundert Jahre • Weltkriegserlebnisse einer Krankenschwester
ISBN-10 3-6951-7997-X / 369517997X
ISBN-13 978-3-6951-7997-8 / 9783695179978
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