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Winterglück der Liebe | Eine winterliche Wholesome Romance (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 2. Ausgabe
215 Seiten
dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH (Verlag)
978-3-69090-379-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Winterglück der Liebe | Eine winterliche Wholesome Romance - Karin Bell
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Turbulente Weihnachtsvorbereitungen, eine neue Liebe und ein Familiengeheimnis …
Das weihnachtlich-romantische Finale im idyllischen Little Falls

Im sonst so ruhigen Little Falls steht Weihnachten kurz bevor und das bedeutet, dass jeder in der Kleinstadt bei den stressigen Vorbereitungen anpacken muss. Neben den zahlreichen Weihnachtsvorstellungen in seinem gemütlichen Kino hilft Matt daher gerne aus. Als ihm das Los zufällt, die angereiste Nichte der Bürgermeisterin Abigail von Weihnachten zu überzeugen, nimmt Matt die Herausforderung an. Ob es um das Schmücken des Baumes oder einer Privatvorstellung im Kino geht – Matt ist Feuer und Flamme. Und es dauert nicht nicht lange, bis der Funke überspringt. Doch zwischen Weihnachtszauber und romantischem Knistern taucht plötzlich Matts vermeintlicher Cousin auf und behauptet er wäre der wahre Erbe von Matts geliebten Kinos. Um es zu retten, müssen er und Abigail einem gut gehüteten Geheimnis nachgehen. Bald wird ihnen aber bewusst, dass hier nur noch ein Weihnachtswunder hilft …

Dies ist eine überarbeitete Neuauflage des bereits erschienenen Titels Ein Weihnachtswunder für Little Falls.

Erste Leser:innenstimmen
„Matt und Abigail sind ein tolles Duo und ihre Geschichte ist absolut fesselnd!“
„Dieser Weihnachtsroman ist ein wahres Lesevergnügen! Er bietet reichlich Emotionen – Romantik, Spannung und humorvolle Unterhaltung!“
„Die perfekte Story für romantische Leser:innen, die sich auch auf Weihnachten freuen!“
„Wer einen süßen, wholesome Liebesroman mit einem spannenden Geheimnis sucht, der ist hier genau richtig!“



<p>Karin Bell wurde 1980 in Siebenb&uuml;rgen geboren. Heute lebt sie mit ihrer Familie im Schwabenl&auml;ndle, doch ihr Herz schl&auml;gt seit vielen Jahren f&uuml;r Amerika.&nbsp;Ihren ersten Roman schrieb sie, nachdem sie als Jugendliche mehrere Wochen bei Verwandten in Michigan verbrachte. Seitdem l&auml;sst sie das amerikanische Lebensgef&uuml;hl nicht mehr los.</p>

<h2>1-Prolog</h2> <h2 id="abigail">Abigail</h2> <div class="style_time_loc"> <p>Sitka, Alaska</p> </div> <p>Weihnachten &ndash; die sch&ouml;nste Zeit des Jahres.</p> <p>F&uuml;r Abigail aber war es vielmehr die schlimmste Zeit des Jahres. Nicht nur, weil sich ihr Zuhause in den n&auml;chsten Tagen in ein lautes Motel f&uuml;r alle Verwandten und Anverwandten verwandeln w&uuml;rde, sondern auch, weil es kein Entkommen gab. F&uuml;r einen Moment fragte sich Abigail, ob ihre Familie wohl als Vorlage f&uuml;r den Film <i>Kevin &ndash; Allein zu Haus</i> gedient hatte. Sie hatte es nicht nur mit nervigen Geschwistern, Cousins und Cousinen zu tun, sondern auch mit Tanten, die gar nicht genug vom kollektiven Pl&auml;tzchenbacken und Kochen bekamen, w&auml;hrend ihre Onkel und ihr Vater das Haus und den Vorgarten mit Lichterketten schm&uuml;ckten. Es w&uuml;rde sie nicht weiter wundern, wenn man ihr Haus selbst vom Weltall aus sehen konnte, oder sich s&auml;mtliche Tiere im Umkreis von zehn Meilen panikartig in den Pazifik st&uuml;rzten.</p> <p>Aber am schlimmsten von allen war ihre Grandma Mathilda, die bereits seit einer Stunde im Zimmer nebenan ihre Posaune qu&auml;lte, als g&auml;be es kein Morgen. Schlie&szlig;lich musste jeder Ton von <i>Carol of the Bell</i> bis <i>White Christmas</i> sitzen, wenn schon bald Martha, ihre Zwillingsschwester aus Little Falls, eintraf.</p> <p>Beim Gedanken an Martha und ihren Mann Eugene hellte sich Abigails Gesicht schlagartig auf. Gleichzeitig fragte sie sich, wer so verr&uuml;ckt war, sich freiwillig in einen Flieger zu setzen, einmal quer &uuml;ber den Kontinent zu fliegen, um schlie&szlig;lich im abgelegensten Teil der USA Weihnachten zu feiern. Hier gab es weder eine anschauliche Main Street noch einen h&uuml;bsch geschm&uuml;ckten Pavillon wie in der Kleinstadt in Connecticut, die sie nur von Fotos und Erz&auml;hlungen kannte.</p> <p>Eugene dagegen konnte gar nicht genug von all der Abgeschiedenheit und vom Mount Edgecumbe &ndash; einem inaktiven Vulkan &ndash; bekommen. Ihr Gro&szlig;onkel hatte sich eigens f&uuml;r seine seltenen Besuche in Sitka eine Art &bdquo;&Uuml;berlebensanzug&ldquo; gekauft, falls er in den verschneiten W&auml;ldern verloren gehen sollte. Doch Abigail bezweifelte, dass ihn der gef&uuml;tterte Thermoanzug mit Signallichtern auch vor hungrigen Tieren sch&uuml;tzte. Zumindest h&auml;tte er bei seinen Wanderungen viel Ruhe, bei einer Bev&ouml;lkerungsdichte von einem Einwohner je Quadratkilometer.</p> <p>Abigail schnappte sich ihren Ugly-Christmas-Sweater aus der Kommode, z&ouml;gerte einen Augenblick, dann zog sie sich das flauschige Etwas, das ihre Grandma h&ouml;chstpers&ouml;nlich mit viel Liebe gestrickt hatte, &uuml;ber den Kopf. Okay, so <i>ugly</i> war er nun auch wieder nicht. Ihre Grandma hatte sich gl&uuml;cklicherweise an ihre Vorgaben gehalten &ndash; Rudolph mit einer rot leuchtenden Nase, die per Knopfdruck sogar blinkte.</p> <p>Sie hoffte nur, dass die Verwandten aus Little Falls ebenfalls an ihre Pullis dachten. Nicht auszudenken, wenn sie am Weihnachtsmorgen ohne passende Garderobe aufschlugen. Mathilda w&uuml;rde ihnen glatt die Geschenke verweigern oder sie zum K&uuml;chendienst verdonnern &ndash; und bei den Sinclairs gab es viel zum Sp&uuml;len, sehr viel.</p> <p>&bdquo;Fr&uuml;hst&uuml;ck ist fertig!&ldquo;</p> <p>Abigails Herz setzte vor Schreck einen Schlag aus, als ihr Cousin Bernie ins Zimmer st&uuml;rmte.</p> <p>&bdquo;Hey, hab ich dir nicht gesagt, dass du anklopfen sollst?&ldquo; Sie konnte nicht mehr mitz&auml;hlen, wie oft sie dem kleinen Qu&auml;lgeist schon erkl&auml;rt hatte, dass sie viel Wert auf Privatsph&auml;re legte. Immerhin war sie dreizehn und wollte nicht permanent von irgendjemandem &uuml;berrascht werden. Erst gestern Abend war Onkel Marv hereingeplatzt, um sich ihre Lupe auszuleihen, weil er seine Lesebrille zu Hause vergessen hatte.</p> <p>&bdquo;Tut mir leid, Abby&ldquo;, kam es nun kleinlaut zur&uuml;ck.</p> <p>Warum erinnerte sie der kleine Bernie immerzu an Simon von den Chipmunks? Wahrscheinlich lag es daran, dass er wie das Eichh&ouml;rnchen aus dem Film ebenfalls eine Brille trug und noch dazu ziemlich schlau war. Okay, und er liebte ebenfalls die Farbe blau.</p> <p>&bdquo;Schau mal, Grandma hat mir das Kr&uuml;melmonster auf den Pulli gen&auml;ht!&ldquo;</p> <p>Auch wenn der Kleine ziemlich nervte, und das tat er in den zwei Wochen seines Besuchs zweifelsohne, konnte Abigail ihm nicht b&ouml;se sein. Mit einem liebevollen L&auml;cheln erwiderte sie: &bdquo;Der sieht toll aus und dann noch in deiner Lieblingsfarbe.&ldquo;</p> <p>Ihr Blick fiel auf die zwei angen&auml;hten Augen, die so gro&szlig; waren wie Ping-Pong-B&auml;lle und sie anglotzten.</p> <p>&bdquo;So einen hat sonst niemand&ldquo;, fuhr Bernie mit Stolz fort. &bdquo;Nur Gro&szlig;tante Martha.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Tante Martha hat auch das Kr&uuml;melmonster?&ldquo;, hakte Abigail &uuml;berrascht nach.</p> <p>Bernie kicherte &uuml;berm&uuml;tig. &bdquo;Nein, aber auch jemanden aus der Sesamstra&szlig;e.&ldquo; Der Kleine sah sich kurz um, ob sie ungest&ouml;rt waren, dann fuhr er in verschw&ouml;rerischem Ton fort. &bdquo;Sie bekommt Miss Piggy.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Was?&ldquo;, entfuhr es Abigail laut. Sie wusste ja, dass sich die Zwillingsschwestern gerne kabbelten, aber Miss Piggy ging nun wirklich zu weit. Auch wenn sie verstehen konnte, dass ihre Grandma es Martha immer noch nachtrug, dass sie nicht zu ihrem Geburtstag erschienen war &ndash; das Stadtfest in Little Falls war wichtiger gewesen. Aber Martha war nun mal eine viel besch&auml;ftigte Karrierefrau, mal abgesehen davon, standen zw&ouml;lf Stunden Flug und mindestens drei Zwischenstopps in keinem Verh&auml;ltnis zu einer Feier, die sich jedes Jahr wiederholte.</p> <p>&bdquo;Das bleibt aber unter uns.&ldquo; Bernie strahlte sie an.</p> <p>&bdquo;Ja, sicher doch. Dann komm, lass uns nach unten gehen.&ldquo;</p> <p>Abigail nahm den Kleinen an die Hand und schloss vorsichtshalber hinter sich die T&uuml;r mit dem Schl&uuml;ssel ab, nur f&uuml;r alle F&auml;lle, falls seine Geschwister w&auml;hrend ihrer Abwesenheit auf die Idee kamen, sich ungefragt umzusehen. Abigail horchte auf. Na endlich. Endlich hatte ihre Grandma ihre schr&auml;ge &Uuml;bungsstunde beendet &ndash; vermutlich roch sie ebenfalls den gebratenen Bacon. Schnell zog sie sich die beiden St&uuml;cke Ohropax aus den Ohren, die nun zusammen mit dem Schl&uuml;ssel in ihrer Hosentasche landeten. Mittlerweile und nach jahrelangem Training war sie ger&uuml;stet f&uuml;r diese Familientreffen, die immer im Haus ihrer Eltern stattfanden. Sitka war ja so viel weihnachtlicher und authentischer als Texas oder Kalifornien &ndash; und so viel n&auml;her am Nordpol. Als ob sich Santa freiwillig bei den Sinclairs blicken lassen w&uuml;rde. Bei dieser Lautst&auml;rke w&uuml;rde sein Radar bereits &uuml;ber Kanada oder Russland ausschlagen, je nachdem von welcher Seite er kam, und er w&uuml;rde diesen Bereich weitl&auml;ufig umfliegen.</p> <p>Als Abigail mit Bernie die K&uuml;che erreichte, stieg ihr sofort der Duft von Pancakes und Kaffee in die Nase. Bei diesem Gewusel w&uuml;rde es sicher niemandem auffallen, wenn sie sich heute heimlich einen Schluck Kaffee mit viel warmer Milch genehmigte. Irgendwie musste sie den Tag ja &uuml;berstehen, wenn sie bereits am Morgen durch Posaunenmusik geweckt wurde. Okay, jetzt h&ouml;rte sie sich an wie ihre Mom.</p> <p>&bdquo;Guten Morgen, Abby!&ldquo;, kam es beinahe im Chor, als sie die K&uuml;cheninsel erreichte, die unter dem Angebot an Platten und Karaffen fast zusammenbrach. Neben Waffeln, Pancakes und French Toast gab es auch allerlei Herzhaftes wie Bacon, Eier und Baked Beans.</p> <p>Ja, das konnten die Sinclairs, gut auftischen und essen. Besonders ihre Grandma Mathilda und Gro&szlig;tante Martha.</p> <p>&bdquo;Schaut nur, sie hat schon ihren Pulli an und das einen Tag vor Weihnachten&ldquo;, kam es von Bernies Vater. Ihr Onkel m&uuml;tterlicherseits schenkte ihr einen r&uuml;hrseligen Blick. O nein, sie kannte diesen Ausdruck, diesen Hoffnungsschimmer, dass man ihr den Grinch doch noch irgendwie austreiben konnte. H&auml;tte sie sich gestern Abend doch nur nicht zum weihnachtlichen Karaoke-Battle hinrei&szlig;en lassen. Ihre Teilnahme hatte ihn sicher noch in seinem guten Glauben best&auml;rkt. Besonders nachdem sie haushoch mit <i>Santa Baby</i> gewonnen hatte. Doch Onkel Harrys Worte gingen im Ger&auml;uschpegel und im Kampf um die letzte Waffel unter.</p> <p>&bdquo;Hey, die geh&ouml;rt mir. Du hast schon drei gegessen!&ldquo;, holte sie die Stimme ihres &auml;lteren Bruders in die Wirklichkeit zur&uuml;ck, der mal wieder nichts weiter trug als Boxershorts &ndash; weihnachtliche Boxershorts. Herrgott, waren hier denn alle verr&uuml;ckt? F&uuml;r einen Moment starrte sie auf das einzelne dunkle Haar auf seiner Brust, das sich seit Kurzem darauf kr&auml;uselte. Nein, so etwas wollte sie weder beim Fr&uuml;hst&uuml;ck sehen noch sonst wo.</p> <p>&bdquo;Aber die waren nicht f&uuml;r mich, sondern f&uuml;r Grandma&ldquo;, kam es prompt von Bernie zur&uuml;ck, der sich von seinem &auml;ltesten Cousin Buddy nicht einsch&uuml;chtern lie&szlig;. Ein Gl&uuml;ck war <i>sie</i> nicht nach einem TV-Elfen getauft worden. Ihre Eltern hatten Will Ferrell in seiner Rolle geliebt und da ihr Bruder bereits mit zarten blonden L&ouml;ckchen auf die Welt gekommen war wie der Schauspieler &hellip;</p> <p>&bdquo;Ja, klar. Du wei&szlig;t aber schon, was mit Kindern passiert, die L&uuml;gengeschichten erz&auml;hlen&ldquo;, holte Buddy sie aus ihren Gedanken. &bdquo;Santa setzt sie f&uuml;r immer auf seine <i>Die-B&ouml;sen-Liste</i> und sie bekommen nie wieder etwas zu Weihnachten!&ldquo;</p> <p>&bdquo;So etwas w&uuml;rde ich nie tun!&ldquo; F&uuml;r einen Moment starrte der kleine Bernie seinen Cousin an, w&auml;hrend sich seine Augen hinter den Brillengl&auml;sern mit Tr&auml;nen f&uuml;llten und seine Lippen leicht zitterten. Auf Santas Liste? Weihnachten ohne Geschenke? Es gab wohl kaum etwas Schlimmeres f&uuml;r ihn.</p> <p>&bdquo;Hu hu, guten Morgen!&ldquo; Abigail drehte sich nach ihrer Grandma um, die in diesem Moment in die K&uuml;che schwebte und einen Teller mit verr&auml;terischen Kr&uuml;meln und Sirupspuren auf dem Tresen abstellte. Selbst im Mundwinkel erkannte man noch die &Uuml;berreste ihres vorfr&uuml;hst&uuml;cklichen Snacks.</p> <p>&bdquo;Da, ich hab die Wahrheit gesagt!&ldquo; Blitzschnell schnappte sich Bernie die Waffel von Buddys Teller und suchte damit das Weite.</p> <p>&bdquo;Huch, nicht so wild, mein Schatz!&ldquo; Mathilda Sinclair fasste sich theatralisch an die ausladende Brust und sah dem Kleinen im Kr&uuml;melmonsterpulli schmunzelnd nach.</p> <p>Abigail, die ihre Chance witterte, schnappte sich unauff&auml;llig die Thermoskanne und goss sich einen gro&szlig;z&uuml;gigen Schluck des schwarzen Gebr&auml;us in die Tasse. Gerade in dem Moment, als sie die Kanne zur&uuml;ckstellte, drehte sich Mathilda zu ihr um.</p> <p>&bdquo;Guten Morgen, Abby. Ich hoffe, ich habe dich heute Morgen nicht zu sehr gest&ouml;rt mit meinem Getr&ouml;te?&ldquo;, hakte die &auml;ltere Dame mit einem entschuldigenden L&auml;cheln nach.</p> <p>&bdquo;Nein, Grandma, ich wei&szlig; doch, wie gerne du spielst, besonders zur Weihnachtszeit&ldquo;, erwiderte Abigail diplomatisch.</p> <p>&bdquo;Ich k&ouml;nnte mir ein Fest ohne gemeinsames Musizieren gar nicht vorstellen &hellip; ist es nicht toll, dass wir allesamt so musikalisch sind?&ldquo; Sie drehte sich zum gro&szlig;en Esstisch um, der mehrfach ausgezogen worden war und nun an die f&uuml;nf Meter ma&szlig; &ndash; eine Spezialanfertigung f&uuml;r die eine pr&auml;chtige Sitka-Fichte hatte sterben m&uuml;ssen. Doch der Tisch reichte l&auml;ngst nicht mehr f&uuml;r alle Sinclairs aus, sodass der Kampf um die begehrten Pl&auml;tze bereits vor dem Fr&uuml;hst&uuml;ck losging. Die Gl&uuml;ckspilze bekamen einen Stuhl an der langen Tafel, die Pechv&ouml;gel mussten auf die Couch. Solange sie nicht neben Onkel Herb sitzen musste, der laut schmatzte und ihr mit seinen langweiligen Geschichten das Ohr abkaute. Warum nur musste ihre Mom auch drei Br&uuml;der haben?</p> <p>&bdquo;Hu hu, Abigail, hast du mir &uuml;berhaupt zugeh&ouml;rt?&ldquo;, holte Mathilda sie aus den Gedanken.</p> <p>&bdquo;Ja, Grandma. Wir sind sehr musikalisch&ldquo;, erwiderte Abigail schnell und schnappte sich einen Teller vom Stapel, der auf dem Buffet bereitstand. Okay, wenn ihre Grandma damit Onkel Herbs Darmfl&ouml;te und Onkel Marvs Arschgeige meinte, schoss es ihr am&uuml;siert durch den Kopf, dann waren sie musikalisch. Sogar sie beherrschte einige schr&auml;ge Akkorde auf der Gitarre. Nur Gro&szlig;tante Martha war, was Musik anging, das schwarze Schaf in der Familie. Sie war nicht einmal im Stande, die Gl&ouml;ckchen im Takt zu spielen. Vermutlich waren solche F&auml;higkeiten f&uuml;r ihr Amt als B&uuml;rgermeisterin ohnehin unwichtig.</p> <p>Wie es wohl war, wenn man die alleinige Verantwortung f&uuml;r eine ganze Stadt trug? Insgeheim bewunderte Abigail ihre Gro&szlig;tante f&uuml;r das, was sie erreicht hatte. Im Gegensatz zu ihrer Zwillingsschwester war sie in ihrer Heimatstadt Little Falls geblieben und hatte Karriere gemacht. Ihre Grandma dagegen war bereits als junge Frau nach Alaska ausgewandert, weil sie sich Hals &uuml;ber Kopf verliebt hatte.</p> <p>Abigails Mund verzog sich zu einem liebevollen L&auml;cheln, als sie zu ihrem Grandpa Walther sah, der den besten Platz an der Tafel hatte. Er war nicht nur ihr Lieblingsmensch, sondern hatte in all den Jahren so ziemlich jeden Job ausge&uuml;bt, den man in den W&auml;ldern Alaskas aus&uuml;ben konnte. In jungen Jahren war er Wildh&uuml;ter gewesen, sp&auml;ter Rancher im Nationalpark und zwischenzeitlich flog er die kleine gelbe Propellermaschine, die Sitka mit der Au&szlig;enwelt verband.</p> <p>Abigail wandte sich wieder dem Buffet zu und verfolgte mit gro&szlig;en Augen, wie sich ihre Grandma einen zweiten Teller auflud. Dieses Mal mit French Toast und Baked Beans. Machte sich ihre Granny denn gar keine Sorgen um ihre Cholesterinwerte? Nicht dass Mathilda Sinclair je rank und schlank gewesen w&auml;re, aber besonders zur Weihnachtszeit nahm ihre Schlemmerei &uuml;berhand.</p> <p>Gerade als Abigail sich etwas R&uuml;hrei und Bacon auf den Teller lud, vernahm sie ein schiefes Tr&ouml;ten durch den Ger&auml;uschpegel von Stimmengewirr und Geschirrgeklapper. H&ouml;rte sie da etwa eine weitere Posaune?</p> <p>Mathilda klappte der Mund auf, sodass ihr Doppelkinn leicht bebte.</p> <p>&bdquo;Nanu, das kann unm&ouml;glich schon der Posaunenchor sein &hellip; die kommen doch erst morgen fr&uuml;h&ldquo;, bemerkte die &auml;ltere Dame leicht irritiert und warf einen skeptischen Blick zur T&uuml;r. Auch der Rest der Familie war augenblicklich verstummt und lauschte nun dem Tr&ouml;ten hinter der T&uuml;r, das vielmehr an einen Elefanten im Stimmbruch erinnerte.</p> <p>Ehe sich die Familie weiter wundern konnte, wurde die T&uuml;r von Bernie ge&ouml;ffnet. Kurz darauf sah dieser ungl&auml;ubig zwischen den Neuank&ouml;mmlingen und seiner Grandma hin und her. &bdquo;Ich glaub, mich tritt ein Elch!&ldquo; Erst da fiel Abigail wieder ein, dass Bernie bei ihrem letzten Besuch noch zu klein gewesen war, um sich an Mathildas Zwillingsschwester zu erinnern.</p> <p>&bdquo;Martha!&ldquo;, entfuhr es ihrer Grandma lautstark, als diese den Teller ablegte und schnell um den Tresen herumkam. &bdquo;Seit wann spielst du denn Posaune?&ldquo;</p> <p>Mathilda legte sich ergriffen die Hand auf die Brust, w&auml;hrend Freudentr&auml;nen in ihre Augen stiegen. Auch der Rest der Verwandtschaft war aufgestanden und staunte nicht schlecht, als eine weitere Dame mit Achtziger-Jahre-Dauerwelle &ndash; obwohl die Achtziger l&auml;ngst hinter ihnen lagen &ndash; in eine antiquierte Posaune schnaufte. Dazu trug sie einen gef&uuml;tterten roten Mantel, der perfekt mit den rosigen Backen harmonierte.</p> <p>&bdquo;Ist uns die &Uuml;berraschung gelungen?&ldquo; Eugene, Marthas Ehemann, strahlte bis &uuml;ber beide Ohren, w&auml;hrend die Gute immer noch das Instrument qu&auml;lte.</p> <p>&bdquo;Dann k&ouml;nnen wir endlich im Duett spielen!&ldquo; Mathilda hob ihre Hand und zeichnete einen imagin&auml;ren Titel in die Luft. &bdquo;Die Sinclair-Schwestern. Jetzt auf Tournee durch Alaska!&ldquo;</p> <p>Dieser Satz brachte Martha zum Lachen, sodass sie endlich von der Posaune ablie&szlig;. &bdquo;Hallo, mein Schwesterherz. Na, da staunst du.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Oh, Martha, du bist immer wieder f&uuml;r eine &Uuml;berraschung gut. Wie konntest du das nur vor mir geheim halten?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Du glaubst gar nicht, wie schwer es f&uuml;r mich war, dichtzuhalten.&ldquo;</p> <p>Die G&auml;ste aus Little Falls sch&uuml;ttelten sich den Schnee ab und betraten das Haus.</p> <p>&bdquo;Hu hu, alle zusammen. Wie ich sehe, sind schon alle da.&ldquo; Marthas Augen leuchteten auf, als sie sich einmal ringsum umsah. &bdquo;Und wie gut das hier duftet!&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ihr kommt genau rechtzeitig zum Fr&uuml;hst&uuml;ck&ldquo;, erwiderte Abigails Mutter Kate und nahm ihrer Tante das Instrument ab.</p> <p>&bdquo;Setzt euch und w&auml;rmt euch auf. Ihr m&uuml;sst ja v&ouml;llig m&uuml;de sein nach der langen Reise.&ldquo; Ihr Dad erhob sich schnell von seinem Stuhl, und auch Onkel Marv stand auf, um Platz zu machen.</p> <p>&bdquo;Bis eben war ich tats&auml;chlich etwas m&uuml;de, aber diese Propellermaschine sorgt doch immer wieder f&uuml;r einen kleinen Adrenalinkick&ldquo;, erwiderte Eugene mit ehrfurchtsvollem Blick.</p> <p>Abigail verkniff sich ein Grinsen, denn der Mann ihrer Gro&szlig;tante war wirklich zu komisch, wie er da in seinem &bdquo;&Uuml;berlebensanzug&ldquo; stand und wie das personifizierte Michelin-M&auml;nnchen aussah.</p> <p>&bdquo;Papperlapapp, du liebst doch die Aussicht &hellip; und eine Gruppe B&auml;ren haben wir auch schon entdeckt.&ldquo; Martha sch&auml;lte sich aus ihrem Mantel und lie&szlig; sich auf den freien Stuhl plumpsen. &bdquo;Hach, ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue, euch alle wiederzusehen.&ldquo;</p> <p>Abigail lief zum Buffet und f&uuml;llte zwei Becher mit Kaffee, die sie den beiden brachte. &bdquo;Ich freu mich auch riesig, Tante Martha, dass ihr endlich wieder hier bei uns in Alaska seid.&ldquo;</p> <h2>2</h2> <h2 id="matt">Matt</h2> <div class="style_time_loc"> <p>12 Jahre sp&auml;ter</p> </div> <p>Matt konnte kaum glauben, dass schon bald sein zweites Weihnachten in Little Falls bevorstand und wie sehr sich sein Leben in den letzten f&uuml;nfzehn Monaten ver&auml;ndert hatte. An manchen Tagen f&uuml;hlte er sich wie ein komplett anderer Mensch. Noch vor zwei Jahren hatte er sich nichts Sch&ouml;neres vorstellen k&ouml;nnen, als mit seiner Kamera unvergessliche Erinnerungen f&uuml;r die Ewigkeit festzuhalten. Brautpaare beim Anschneiden der Hochzeitstorte, Familienzusammenk&uuml;nfte und sogar Fellnasen in ihrem sch&ouml;nen Zuhause.</p> <p>Zu diesem Zeitpunkt hatte er in einer kleinen WG in Brooklyn gewohnt und sich selbst etwas vorgemacht. Denn all diese Fotos zeigten das, was er noch nicht gefunden hatte oder was er nicht mehr zur&uuml;ckholen konnte. Er hatte weder eine ernsthafte Beziehung noch Platz f&uuml;r einen ausgewachsenen Hund. Erst in Little Falls war ihm klar geworden, warum er sich so gerne unter die Hochzeitsg&auml;ste gemischt hatte &ndash; weil er diese Art von Familienbande nie kennengelernt hatte.</p> <p>Es gab weder Geschwister noch Cousins und Cousinen, er hatte nicht einmal eine nervige Tante oder einen Onkel, mit dem er &uuml;ber Football streiten konnte. Seine Gro&szlig;eltern m&uuml;tterlicherseits lebten in Europa und seinen Gro&szlig;vater v&auml;terlicherseits hatte er nie pers&ouml;nlich kennengelernt. Und seine Grandma June, zu der er regelm&auml;&szlig;ig Kontakt gehabt hatte, war nie wirklich der umsorgende Typ gewesen. Im Grunde waren sie immer nur zu dritt gewesen, seine Eltern und er &ndash; bis ein tragischer Unfall ihm alles auf der Welt genommen hatte. Seine Familie.</p> <p>F&uuml;nf Jahre waren seitdem vergangen und Matt konnte nicht mehr mitz&auml;hlen, wie viele Fotos er seitdem geschossen und entwickelt hatte. Von den unz&auml;hligen Bar-Mizwas im j&uuml;dischen Viertel in Williamsburg im Norden von Brooklyn mal ganz zu schweigen. Wie praktisch, dass er gleich um die Ecke wohnte und j&uuml;disches Essen liebte. Wahrscheinlich w&uuml;rde er immer noch als Fotograf arbeiten und sich innerhalb dieser Gemeinschaft bewegen, h&auml;tten ihn nicht eines Tages diese Briefe erreicht. Ein notarielles Schreiben aus New Haven und ein Schreiben der B&uuml;rgermeisterin aus Little Falls h&ouml;chstpers&ouml;nlich, in dem sie ihn ebenfalls &uuml;ber das Ableben seines Gro&szlig;onkels Al in Kenntnis gesetzt hatte. Der Onkel seines Vaters, den er nie pers&ouml;nlich kennengelernt und den seine Eltern kaum erw&auml;hnt hatten. Dieses Schreiben hatte nicht nur die Trauer um seine Eltern wieder an die Oberfl&auml;che gesp&uuml;lt, sondern ihn wachger&uuml;ttelt. Er musste schleunigst etwas &auml;ndern. Noch am selben Tag hatte er alle anstehenden Termine gecancelt und die Fotos der Goldberg Bar-Mizwa in einem Rutsch entwickelt. Eine Woche sp&auml;ter hatte er New York verlassen, um sein Erbe anzutreten.</p> <p>Mit einem stolzen L&auml;cheln sah sich Matt im weihnachtlich geschm&uuml;ckten Foyer des Kinos um, das er seit nunmehr f&uuml;nfzehn Monaten sein Eigen nennen durfte. Davor hatte Al das &bdquo;Hollywood&ldquo; &uuml;ber f&uuml;nfzig Jahre lang gef&uuml;hrt, bis er im Alter von neunzig Jahren verstorben war.</p> <p>Zum antiquierten Kino geh&ouml;rte eine Wohnung im ersten Stock, die ebenfalls in die Jahre gekommen, doch im Vergleich zu seiner letzten Bleibe riesig war. Obwohl ihn die zus&auml;tzlichen Kosten, die er zweifelsohne in sein Erbe hineinstecken musste, etwas abgeschreckt hatten, war er geblieben. Nicht weil die B&uuml;rgermeisterin ihn mit ihrem r&uuml;hrseligen Schreiben &uuml;berzeugt hatte, sondern weil er eine Kiste mit Erinnerungsst&uuml;cken gefunden hatte. Voll mit Tageb&uuml;chern und Fotos von unsch&auml;tzbarem Wert.</p> <p>Zu Beginn hatte er sich wie ein Eindringling gef&uuml;hlt, besonders als er die pers&ouml;nlichen Dinge seines Onkels durchgegangen war. Aber schon wenige Tage sp&auml;ter war dieses Gef&uuml;hl einer tiefen Verbundenheit gewichen. Nicht nur seinem Onkel gegen&uuml;ber, sondern auch den Menschen in Little Falls, die offensichtlich wie Familie f&uuml;r Al gewesen waren. Zum ersten Mal in seinem Leben f&uuml;hlte er sich als richtiger Teil einer Gemeinschaft.</p> <p>Einer sehr einnehmenden Gemeinschaft, die noch nie etwas von Privatsph&auml;re geh&ouml;rt hatte. Martha, die B&uuml;rgermeisterin, war die Erste gewesen, die ihn bei seiner Ankunft &uuml;berfallen und ihm das Kino in den h&ouml;chsten T&ouml;nen angepriesen hatte, trotz des zu offensichtlichen Verfalls und der altbackenen Ausstattung.</p> <p>Keine Stunde sp&auml;ter hatten die Golden Girls im Foyer gestanden, um ihm ihr Beileid auszudr&uuml;cken und ihn in Little Falls willkommen zu hei&szlig;en. Francis, Josephine und Dorothy. Drei toughe &auml;ltere Damen und Eigent&uuml;merinnen der B&auml;ckerei, des Buchladens und des B&amp;B. Am Abend im Diner hatte er schlie&szlig;lich die Cassidy-Br&uuml;der kennengelernt. Cole, Clayton und Chase, die zwischenzeitlich wie Familie f&uuml;r ihn waren.</p> <p>Mit Cole, dem &Auml;ltesten verstand er sich am besten. Was nicht zuletzt daran lag, dass er beinahe t&auml;glich den Diner besuchte, den Cole von seinem Grandpa Larry &uuml;bernommen hatte. Er kam nicht nur zum Fr&uuml;hst&uuml;ck vorbei, sondern auch zum Mittag- und Abendessen, wenn gerade keine Vorstellung im Kino lief. Und wo sonst, wenn nicht im Diner, konnte er sich unter die Einwohner mischen, um sie besser kennenzulernen? Schnell hatte er gelernt, dass die Menschen hier nicht nur sehr neugierig, sondern auch sehr herzlich und aufgeschlossen waren.</p> <p>Clayton, der im selben Alter war wie er, arbeitete als Bauleiter im elterlichen Betrieb. Zusammen mit dem mittleren Bruder hatte er sein Kino fit f&uuml;rs 21. Jahrhundert gemacht. Was wohl sein Gro&szlig;onkel Al zur neuen Technik und den bequemen Sesseln sagen w&uuml;rde? Selbstverst&auml;ndlich hatte er darauf geachtet, den urspr&uuml;nglichen Charme zu wahren, und nur jene Dinge ausgetauscht, die es wirklich n&ouml;tig hatten.</p> <p>Selbst die Au&szlig;enfassade im Stil der 50er-Jahre hatte er nahezu in ihrem Originalzustand belassen. Er liebte die verchromten T&uuml;rrahmen und das gro&szlig;e Leuchtschild &uuml;ber dem Eingang mit der Aufschrift &bdquo;Hollywood&ldquo;, das einladend leuchtete.</p> <p>Der t&uuml;rkisfarbene Verkaufstresen und die kleinen Wandl&auml;mpchen im Saal waren der Nostalgie wegen ebenfalls geblieben. Zwischenzeitlich funktionierte sogar die alte Popcornmaschine wieder &ndash; Larry sei Dank. Der Senior hatte lediglich den defekten Brenner und den Thermostat ausgetauscht und sich wie ein kleines Kind gefreut, dass es endlich wieder original hausgemachtes Popcorn geben w&uuml;rde.</p> <p>Dieses bot Matt detailgetreu in rot-wei&szlig;-gestreiften T&uuml;ten an und servierte dazu leckere Milchshakes wie auch schon damals sein Gro&szlig;onkel Al.</p> <p>Pl&ouml;tzlich heulte der Wind, der seit einigen Stunden tobte, laut auf und r&uuml;ttelte so heftig an den alten verchromten T&uuml;ren, dass Matt &uuml;berrascht aufsah.</p> <p>Aus den leichten Flocken hatte sich ein richtiges Schneegest&ouml;ber entwickelt. Fasziniert lief er auf die Scheibe zu, die alles andere als doppelwandig und ged&auml;mmt war, und sah hinaus.</p> <p>Doch durch die dicken Schneeflocken, die wild durcheinandergewirbelt wurden, konnte er kaum etwas erkennen. Sein Blick fiel auf eine der Stra&szlig;enlaternen, die man wie jedes Jahr traditionsgem&auml;&szlig; mit Tannenkr&auml;nzen und roten Schleifen geschm&uuml;ckt hatte.</p> <p>Na, hoffentlich fliegt uns die Deko heute nicht um die Ohren, schoss es ihm durch den Kopf, als der Kranz gef&auml;hrlich durchgesch&uuml;ttelt wurde.</p> <p>Ein Gl&uuml;ck, dass man noch nicht damit begonnen hatte, den Pavillon und die Main Street herzurichten. Matt schmunzelte, als er sich an letztes Jahr erinnerte. Little Falls hatte f&uuml;r vier Wochen ausgesehen wie Christmas Town!</p> <p>Matt verlie&szlig; seinen Posten am Fenster und kehrte wieder zum Tresen zur&uuml;ck, auf dem bereits <i>seine</i> Kiste mit Weihnachtsdekorationen stand. Ein Sammelsurium an Erbst&uuml;cken, die Al ihm hinterlassen hatte, und neue Dekoartikel und Lichterketten, die er in New Haven, zusammen mit den Popcornt&uuml;ten, besorgt hatte.</p> <p>Nat&uuml;rlich w&uuml;rde er, wie jeder Gesch&auml;ftsinhaber in Little Falls, seinen Teil zur Dekoration beitragen. Nicht nur weil es Tradition war, dass jeder sein Schaufenster schm&uuml;ckte, sondern weil es ihm auch einen Riesenspa&szlig; machte. Wie praktisch, dass er so viel Platz hatte, um sich auszutoben. Matt holte einen batteriebetriebenen Weihnachtsmann aus dem Karton, der auf Knopfdruck mit den H&uuml;ften wackelte. Auf Als alten Fotos hatte er gesehen, dass diese Figur stets ihren Platz auf dem Tresen gefunden hatte, um die Kinobesucher mit einem T&auml;nzchen zu begr&uuml;&szlig;en. Als er den Weihnachtsmann wieder genau auf seinen Posten stellte, bildete sich ein dicker Klo&szlig; in seinem Hals, der ihm das Schlucken schwer machte. Wie gerne h&auml;tte er seinem Onkel gezeigt, was er aus dem kleinen Kino gemacht hatte. Gleichzeitig bedauerte er, dass er den alten Mann nie pers&ouml;nlich kennenlernen konnte. Wie so oft beschlich ihn wieder das Gef&uuml;hl, dass sein Gro&szlig;onkel ihm das Kino nicht ohne Grund hinterlassen und ihn so nach Little Falls gelockt hatte. Bereits als er den Karton mit den Erinnerungsst&uuml;cken durchsah, war da dieses Gef&uuml;hl gewesen, als ob ihm der alte Mann irgendetwas mitteilen wollte. Doch warum hatte er sich nie zu Lebzeiten bei ihm gemeldet?</p> <p>Matt fischte einen weiteren, leicht angestaubten Dekoartikel aus dem Karton und strich vorsichtig mit der Hand dar&uuml;ber, um ihn vom Staub zu befreien. Es handelte sich um ein altes Blechschild mit der Aufschrift &bdquo;Driving Home for Christmas&ldquo;. Tr&auml;nen traten in seine Augen, denn zum ersten Mal seit einer langen Zeit konnte er wirklich behaupten, dass er ein richtiges Zuhause und wieder eine Familie hatte. Selbst wenn er sich im Kokon der j&uuml;dischen Gemeinde in Brooklyn sehr wohl gef&uuml;hlt hatte.</p> <p>Auch dieses Andenken stellte er an seinen bestimmten Platz &ndash; direkt neben die Popcornmaschine. Onkel Al w&auml;re sicher sehr stolz auf ihn, wenn er sehen k&ouml;nnte, dass er die Traditionen weiter pflegte und nicht zu viel ver&auml;nderte, immerhin waren es die Menschen hier so gewohnt.</p> <p>Josephine, die Buchh&auml;ndlerin, hatte ihn bereits letztes Jahr r&uuml;hrselig in die Arme geschlossen und ihm gedankt, dass er das Kino nicht in einen futuristischen 3-D-Palast verwandelt hatte, wie es sie heutzutage &uuml;berall gab. Sie bekam von den 3-D-Brillen n&auml;mlich Augenschmerzen und von den Effekten wurde ihr immer ganz schwindelig.</p> <p>Matt schnappte sich die Lichterkette, die er selbst gekauft hatte, und h&auml;ngte sie &uuml;ber dem Sofa in der Lounge auf. Dieser Bereich war neu dazugekommen und zwischenzeitlich sehr beliebt. Nicht nur um sich vor einem Film die Wartezeit zu verk&uuml;rzen, sondern auch f&uuml;r andere &bdquo;Events&ldquo;.</p> <p>Matts Mund verzog sich zu einem am&uuml;sierten Grinsen, als er sich an Coles Junggesellenabschied erinnerte, den sie hier gefeiert hatten. Dieser Abend, besonders die missgl&uuml;ckte &Uuml;berraschung mit der Stripperin, sorgte noch heute f&uuml;r herzhafte Lacher. Ebenso das Kalender-Fotoshooting, das sich Martha in den Kopf gesetzt hatte, um den Feuerwehrm&auml;nnern aus New Haven nachzueifern und Geld f&uuml;r eine Klimaanlage im B&uuml;rgersaal zu sammeln. Die B&uuml;rgermeisterin aus Little Falls war schon sehr speziell, wie er zugeben musste, und hatte sich ausgerechnet ihn ausgesucht, wenn es um die Durchf&uuml;hrung von Spezialaufgaben ging. Mittlerweile fungierte er neben seinem Job im Kino nicht nur als ehrenamtlicher DJ und Fotograf, sondern auch als Social-Media-Berater, wenn es darum ging, die Dame mit der Achtziger-Jahre-Dauerwelle perfekt in Szene zu setzen. Welch ein Gl&uuml;ck, dass er schon immer sehr technikaffin gewesen war.</p> <p>Matt kehrte zum Tresen zur&uuml;ck und klappte den Karton zu. Er hatte sp&auml;ter gen&uuml;gend Zeit, um weiterzudekorieren, wenn im Kino die Abendvorstellung lief. Doch davor wollte er sich erst um seinen knurrenden Magen k&uuml;mmern. Nach einem kurzen Blick zur Scheibe erkannte er, dass sich das Schneegest&ouml;ber zwischenzeitlich gelegt hatte und nur noch vereinzelt dicke Flocken vom Himmel schwebten. Er griff nach seiner Daunenjacke und verlie&szlig;, nachdem er das Licht ausgeschaltet und abgeschlossen hatte, das &bdquo;Hollywood&ldquo;. Ihm blieb noch eine gute Stunde f&uuml;rs Abendessen im Diner, im Anschluss wollte er den Gehweg vor dem Kino f&uuml;r die Freitagabendvorstellung freischaufeln und neue Schmutzfangmatten im Foyer auslegen.</p> <p>Matt setzte einen Fu&szlig; vor den anderen, dabei knirschte der Neuschnee leicht unter seinen Stiefeln. Ansonsten war es hier drau&szlig;en mucksm&auml;uschenstill, beinahe als w&auml;re die ganze Stadt in eine Art Dornr&ouml;schenschlaf versunken. Sein Blick fiel auf die Leuchtr&ouml;hre &uuml;ber dem Eingang, die leicht flackerte und den Schnee um sie herum zum Funkeln brachte. Dieser Moment war geradezu magisch, nicht nur weil s&auml;mtliche Ger&auml;usche vom Schnee geschluckt wurden, sondern weil die Zeit auf einmal still zu stehen schien.</p> <p>Mit einem melancholischen L&auml;cheln auf den Lippen drehte sich Matt um und lief in Richtung Zentrum. Auf diesem Abschnitt der Main Street gab es nur das Kino, am Ende der Stra&szlig;e, und eine bunte Mischung aus historischen Geb&auml;uden. Darunter mehrere H&auml;user im viktorianischen Stil, die nach und nach liebevoll restauriert worden waren. Er staunte jedes Mal, was Clayton und sein Dad aus ihnen gemacht hatten. Von sehr alten Aufnahmen, die zu Als Hinterlassenschaften geh&ouml;rten, wusste er, dass die Geb&auml;ude nicht immer so einladend gewesen waren. Mit ihren teils dunklen Anstrichen hatten sie ihn vielmehr an verlassene Geisterh&auml;user erinnert. Davon war heute jedoch nichts mehr &uuml;brig. Die kleinen T&uuml;rmchen und Erker erstrahlten mittlerweile in einem frischen vanillegelb oder t&uuml;rkis und waren bei jungen Familien, vor allem wegen der gro&szlig;z&uuml;gigen G&auml;rten, sehr beliebt. Auch die &uuml;berdachten Veranden luden im Sommer zum Verweilen ein und waren zur Weihnachtszeit mit ihren Tannengirlanden und Lichterketten ein absoluter Hingucker. Doch das wirkliche Leben in Little Falls spielte sich rund um den Park ab. Hier gab es alle wichtigen Gesch&auml;fte, sodass er nur selten in die n&auml;chstgr&ouml;&szlig;ere Stadt New Haven fahren musste.</p> <p>Matts Augen leuchteten auf, als er die Main Street erreichte. Auch hier hatte man bereits an jeder Stra&szlig;enlaterne einen gebundenen Tannenkranz befestigt. Ebenso waren die Schaufenster der B&auml;ckerei und des Buchladens weihnachtlich dekoriert. Matt klopfte sich die Stiefel ab und betrat anschlie&szlig;end den gut besuchten Diner.</p> <p>&bdquo;Hi, Matt!&ldquo;, begr&uuml;&szlig;te ihn Cole gut gelaunt, als er mit einem Tablett Sandwiches aus der K&uuml;che kam.</p> <p>&bdquo;Hi, Cole.&ldquo; Matt nahm am Tresen Platz, an dem kein Hocker zum anderen passte, und sah sich l&auml;chelnd um. Er liebte diesen Mix aus alt und neu. Die meisten M&ouml;belst&uuml;cke stammten zweifelsohne noch aus der Zeit, als Larry den Diner geschmissen hatte. Wie der alte Einbauschrank am anderen Ende der Wand, in dem sich nicht nur &uuml;berz&auml;hlige Speisekarten und Salzstreuer befanden, sondern auch Tassen und T-Shirts mit der Aufschrift &bdquo;Cole&rsquo;s Diner&ldquo;, die er zum Stadtfest hatte bedrucken lassen und die vor allem bei den Touristen sehr beliebt waren.</p> <p>An der Fensterfront entdeckte er Coles Grandpa und seine Freunde, die in eine Partie Schach vertieft waren &ndash; heute mal nicht am Pavillon im Park. Sonst lie&szlig;en sich die Senioren von der K&auml;lte nicht aufhalten. Mit dicken Jacken und Thermoskannen ausgestattet, kam es durchaus vor, dass sie sich selbst im Winter bei Sonnenschein dort trafen.</p> <p>&bdquo;Das ist ein Wetter heute&ldquo;, bemerkte Cole kopfsch&uuml;ttelnd, als er zur&uuml;ck zum Tresen kam und Matt ein Glas Cola einschenkte.</p> <p>&bdquo;Danke, Cole. Ja, ich dachte schon, das wars mit der Deko.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Keine Sorge, die fliegt schon nicht weg. Solange Chase die Endabnahme macht&ldquo;, erwiderte er mit einem herzhaften Lachen, als er auf seinen j&uuml;ngsten Bruder, den Sheriff, anspielte.</p> <p>&bdquo;Ist vielleicht auch besser so. Also ich m&ouml;chte nicht von einer &uuml;berdimensionalen Zuckerstange oder Santas Schlitten getroffen werden.&ldquo; Matts Mundwinkel zuckte am&uuml;siert, als er sich an die Dekorationen aus dem letzten Jahr erinnerte, die ihm nur ein sprachloses Staunen entlockt hatten. Dagegen waren die Requisiten bei Macy&rsquo;s ein Witz.</p> <p>&bdquo;Einen Burger mit Pommes?&ldquo;, holte ihn Cole aus den Gedanken.</p> <p>&bdquo;Ja, gerne&ldquo;,&nbsp;antwortete&nbsp;Matt l&auml;chelnd und sah dem &auml;ltesten Cassidy-Bruder nach, als dieser in der K&uuml;che verschwand, um die Bestellung aufzugeben.</p> <p>&bdquo;Wie geht es Jenna?&ldquo;, hakte Matt nach, als Cole kurz darauf wieder zur&uuml;ckkehrte.</p> <p>Bei dieser Frage hellte sich dessen Gesicht schlagartig auf. &bdquo;Prima. Nur w&auml;r es mir lieber, wenn sie sich allm&auml;hlich etwas schonen w&uuml;rde.&ldquo;</p> <p>Matt schnitt eine Grimasse, denn er konnte gut nachvollziehen, dass sich sein Freund um seine Frau sorgte. Jenna war hochschwanger und lie&szlig; es sich dennoch nicht nehmen, die halbe Nacht in der Backstube zu stehen.</p> <p>&bdquo;Solange sie sich wohlf&uuml;hlt&ldquo;, erwiderte Matt diplomatisch, denn er konnte auch Jenna verstehen, dass sie gerade jetzt zur Weihnachtszeit ihre Familie unterst&uuml;tzen wollte &ndash; auch wenn sie ihre Grandma Francis und ihre Eltern regelrecht zur Verzweiflung trieb.</p> <p>&bdquo;Zumindest komme ich dieses Jahr ums Dekorieren herum&ldquo;, bemerkte Cole mit einem Augenzwinkern. &bdquo;Martha hat mich von s&auml;mtlichen Pflichten freigestellt.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Du Gl&uuml;ckspilz&ldquo;,&nbsp;entgegnete Matt ehrlich, denn er wusste mittlerweile, dass Cole die Kleinstadtpflichten mitunter zu viel wurden und er sich nur sehr ungern zu etwas &uuml;berreden lie&szlig;.</p> <p>&bdquo;Aber den Diner k&ouml;nntest du schon etwas weihnachtlich herrichten, oder nicht?&ldquo;, fuhr Matt am&uuml;siert fort.</p> <p>&bdquo;Keine Sorge, mach ich noch. Und neue rote Becher habe ich ebenfalls bestellt f&uuml;r Kakao, Eggnog und Gingerbread Latte.&ldquo;</p> <p>&bdquo;So so&ldquo;, erwiderte Matt mit einem Schmunzeln. &bdquo;Sag blo&szlig;, du hast die Getr&auml;nkekarte extra f&uuml;r Josephines Enkelin ge&auml;ndert?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Nun, jetzt wo Isabelle in Little Falls wohnt, soll sie sich doch wie zu Hause f&uuml;hlen.&ldquo;</p> <p>Es war einfach zu s&uuml;&szlig;, wie sich alle ins Zeug legten, um Chases Freundin, ein wenig New York-Feeling zu bieten. Dabei hatte sich die Autorin l&auml;ngst in der Kleinstadt eingelebt und liebte es hier auch ohne Starbucks. Dennoch hatte es sich Francis nicht nehmen lassen, eigens f&uuml;r die junge Frau einen neuen standesgem&auml;&szlig;en Snack einzuf&uuml;hren, der sie an ihre Heimatstadt erinnern sollte &ndash; den Bacon &amp; Egg Bagel. Der wirklich sehr lecker war, wie Matt zugeben musste. Ebenso wie die Zimtschnecken, die er sich fast t&auml;glich zum Fr&uuml;hst&uuml;ck g&ouml;nnte.</p> <p>&bdquo;Wie kann man sich hier nicht wie zu Hause f&uuml;hlen?&ldquo;, bemerkte Matt mit einem wehm&uuml;tigen L&auml;cheln und fragte sich nicht zum ersten Mal, ob sein Gro&szlig;onkel ihn hier in Little Falls hatte gut versorgt wissen wollen. Zum ersten Mal in seinem Leben war er Teil einer gro&szlig;en Familie, wie er sie sich immer gew&uuml;nscht hatte.</p> <h2>3</h2> <h2 id="abigail-1">Abigail</h2> <p>&bdquo;Ja, Onkel Harry, Grandpa holt euch mit dem Flieger ab. Ja, und f&uuml;r Bernies Freundin ist auch Platz, sie bekommt mein altes Zimmer. Eine Karaoke-Maschine? Nein, nein, das klingt toll. Ja, Bernie darf auch sein Keyboard mitbringen. Keine Sorge, ihr habt kein &Uuml;bergep&auml;ck, au&szlig;er Onkel Marv schleppt wieder drei Koffer mit. Okay, ich gebe allen Bescheid und bis bald!&ldquo;</p> <p>Abigail legte den H&ouml;rer auf und f&uuml;r einen Moment schien ihr der Gedanke an die kleine gelbe Propellermaschine, die an der Bergspitze des Mount Edgecumbe zerschellte, zu verlockend. So weit war es schon gekommen, dass ihr solche Fantasien durch den Kopf gingen. Nein, so etwas w&uuml;nschte sie sich nat&uuml;rlich nicht. Weder f&uuml;r Onkel Harry noch f&uuml;r Onkel Marv oder Onkel Herb, die bereits alle angerufen hatten, um ihre Reise nach Sitka zu best&auml;tigen und den Transfer klarzumachen. Ihr Grandpa w&uuml;rde mit dem Betanken des kleinen Flugzeugs und seinen Touren zwischen dem Festland und Sitka kaum mehr hinterherkommen. Und es wurde von Jahr zu Jahr schlimmer, denn mittlerweile kamen ihre Cousinen und Cousins alle in Begleitung. F&uuml;r einen Moment war der Gedanke, selbst in ein Flugzeug zu steigen, zu verlockend. Doch sie selbst war die Einzige in der Familie, die zu Weihnachten nie verreist war. Dabei hatte sie sich als Kind mehr als einmal gew&uuml;nscht, einfach wie Kevin am Flughafen verloren zu gehen, um endlich ihre Ruhe zu haben. New York w&auml;re nicht schlecht gewesen &hellip; oder Little Falls.</p> <p>Bald war es wieder so weit. Alle Sinclairs w&uuml;rden in Sitka, Alaska wie die Heuschrecken einfallen und ihr Zuhause in ein Irrenhaus verwandeln. Nein, nicht alle. Gro&szlig;tante Martha und Eugene waren dieses Jahr nicht dabei.</p> <p>Abigail bef&uuml;llte die Kaffeemaschine mit Bohnen und dr&uuml;ckte den Knopf. Konnten sie denn nicht ein einziges Mal im kleinen Kreis feiern? Nur ihre Eltern, ihr Bruder und ihre Gro&szlig;eltern. Ohne die nervige Verwandtschaft und Anverwandtschaft, die aus dem ganzen Land anreiste. Aber sie kannte die Antwort bereits. In Alaska war es doch so viel authentischer, vor allem mit dem prasselnden Kaminfeuer und dem vielen Schnee.</p> <p>&bdquo;Hu hu, guten Morgen, mein Schatz! Na nu, sind denn schon alle weg?&ldquo;</p> <p>Abigail drehte sich nach ihrer Grandma um, die in diesem Moment in die K&uuml;che kam und schnaufend am Tresen Platz nahm.</p> <p>&bdquo;Hi, Grandma. Ja, bereits vor zwei Stunden. F&uuml;r heute haben sich mehrere Reisegruppen angemeldet.&ldquo;</p> <p>Wie immer, wenn die junge Frau &uuml;ber den Arbeitsplatz ihrer Eltern und ihres Bruders sprach, verzog sich ihr Mund zu einem stolzen L&auml;cheln. Alle waren im <i>Sitka National Historical Park</i> besch&auml;ftigt, der mit seinen Tlingit- und Haida-Totempf&auml;hlen und dem gr&ouml;&szlig;ten B&auml;renreservat Nordamerikas Touristen aus aller Welt anzog.</p> <p>&bdquo;Auch einen Kaffee?&ldquo; Ihr Blick fiel auf die pinkfarbenen Lockenwickler, die den Kopf der &auml;lteren Dame schm&uuml;ckten und die sie gestern Abend in m&uuml;hseliger Kleinarbeit eingedreht hatte. Warum auch musste sich die einzige Friseurin in Sitka kurz vor Weihnachten die Hand brechen? So langsam hatte sie das Gef&uuml;hl, dass sich jeder gegen sie verschworen hatte.</p> <p>&bdquo;Ja, sehr gerne. Nur noch zwei Wochen, dann hast du&rsquo;s endlich geschafft&ldquo;, bemerkte Mathilda mit einem mitf&uuml;hlenden L&auml;cheln.</p> <p>Abigail schnitt eine Grimasse, denn auch in ihrem Laden lief es seit einigen Tagen drunter und dr&uuml;ber. Nicht nur dass es Verz&ouml;gerungen mit den Bestellungen gab, nein, in diesem Jahr h&auml;uften sich auch die Irrl&auml;ufer in ihrer Poststelle. Mittlerweile sollte es sich herumgesprochen haben, dass sie weder f&uuml;r Santa arbeitete noch dass es ihr Job war, diese Briefe weiterzuleiten. Sah sie etwa aus wie ein verdammter Elf?</p> <p><i>Santa Claus Post Office - 45 North Kringle Place - Santa Claus, IN 47579,</i> lautete die offizielle Anschrift.</p> <p>&bdquo;Dein Grandpa holt sie heute alle ab&ldquo;, fuhr Mathilda mit einem verr&auml;terischen Zucken um den Mundwinkel fort, &bdquo;und sorgt daf&uuml;r, dass die Wunschzettel rechtzeitig ankommen.&ldquo;</p> <p>Die &auml;ltere Dame legte sich ergriffen die Hand auf die Brust, w&auml;hrend sie mit der anderen Hand einen imagin&auml;ren Titel in die Luft malte. &bdquo;Walther Sinclair, Santas t&uuml;chtiger Helfer in Alaska!&ldquo;</p> <p>Auch wenn Abigail mit Weihnachten nicht viel anfangen konnte, lie&szlig;en sie diese Briefe dennoch nicht kalt. Sie wusste, dass es unter den typischen Wunschlisten auch Herzensw&uuml;nsche gab, die selbst Santa nicht erf&uuml;llen konnte.</p> <p>Sie reichte ihrer Grandma ebenfalls eine Tasse Kaffee, als ein sonores Brummen ihre Aufmerksamkeit zum Fenster lenkte. Wie zum Beweis erkannte sie &uuml;ber den schneebedeckten Bergen die kleine gelbe Propellermaschine, die ihr Herz vor Liebe &uuml;berflie&szlig;en lie&szlig;.</p> <p>&bdquo;Grandpa ist zur&uuml;ck!&ldquo; Die junge Frau verfolgte, wie die Maschine immer n&auml;her kam und schlie&szlig;lich auf der Wasseroberfl&auml;che zur Landung ansetzte. Nicht nur sie hatte vor Weihnachten viel zu tun, sondern auch ihr Grandpa, der zwischen dem Festland und Sitka hin- und herflog. Er war quasi Lieferant und Chauffeur in einer Person.</p> <p>&bdquo;Ich hoffe, dass er heute endlich das Quittengelee dabei hat. Allein der Gedanke, dass es die Gans ohne Gelee gibt &hellip;&ldquo;, holte Mathilda sie aus ihren Gedanken.</p> <p>&bdquo;Das sollte heute dabei sein. Ebenso wie deine B&uuml;rsten und die Gleitcreme&ldquo;, erwiderte Abigail grinsend. Selbst nach all den Jahren fiel es ihr noch schwer, dieses Wort laut auszusprechen.</p> <p>&bdquo;Posaunengleitcreme&ldquo;, korrigierte Mathilda ihre Enkeltochter. &bdquo;Ich habe die Tr&ouml;te schon auseinandergebaut und weiche sie sp&auml;ter in der Wanne ein.&ldquo;</p> <p>Oh ja, diese Prozedur war ihr gut bekannt, denn als Kind hatte sie ihrer Grandma oft dabei geholfen. Auch wenn sie es nie zugeben w&uuml;rde, hatte es ihr einen Riesenspa&szlig; gemacht, die Z&uuml;ge der Posaune mit den langen B&uuml;rsten zu reinigen, damit sie wieder sauber waren und gl&auml;nzten.</p> <p>&bdquo;Dann hast du ja einiges vor dir.&ldquo; Abigail schenkte ihrer Grandma ein warmes L&auml;cheln und kippte dann den Rest ihres Kaffees hinunter. Sie w&uuml;rde sp&auml;ter eine Kleinigkeit im Laden essen, denn dort gab es nicht nur Lebensmittel und die &ouml;rtliche Poststelle, sondern auch eine respektable Auswahl an Snacks und eine kleine Tee- und Kaffeebar. Im Grunde deckte sie alle L&auml;den und Dienstleistungen ab, die man fernab der Zivilisation zum Leben brauchte. Im neuen Jahr wollte sie ihr Serviceangebot um Rundfl&uuml;ge erweitern. Aber bis dahin wollte sie noch einige Flugstunden sammeln, auch wenn ihr Grandpa ihr bereits jetzt blind sein Leben anvertraute. Aber diese neue Gesch&auml;ftsidee und die Tatsache, dass sie Fliegen konnte, waren noch streng geheim. Nicht auszudenken, wenn sie in diesem Jahr den Transfer von Onkel Harry, Onkel Marv und Onkel Herb samt Familien und Karaoke-Maschine &uuml;bernehmen m&uuml;sste!</p> <p>Das Talent und die starken Nerven daf&uuml;r hatte sie eindeutig von ihrem Grandpa geerbt, wie sonst h&auml;tte sie f&uuml;nfundzwanzig Jahre Weihnachtswahnsinn mit den Sinclairs &uuml;berleben k&ouml;nnen?</p> <p>Abigail stellte ihre leere Tasse in der Sp&uuml;le ab, dann dr&uuml;ckte sie ihre Grandma kurz zum Abschied. &bdquo;Ich bring deine Bestellungen in der Mittagspause mit, dann kannst du direkt loslegen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das w&auml;r toll. Die Tr&ouml;te hat es bittern&ouml;tig. Ich hoffe nur, dass Martha genauso pfleglich mit ihrem Instrument umgeht. Wei&szlig;t du was, ich werde sie gleich anrufen und fragen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Mach das, und richte ihr sch&ouml;ne Gr&uuml;&szlig;e aus.&ldquo;</p> <p>Little Falls war Sitka vier Stunden voraus und Abigail konnte sich ihre Gro&szlig;tante geradezu bildlich vorstellen, wie sie mit Eugene gerade im Diner zu Mittag a&szlig;. Von Bildern im Internet wusste sie, dass man dort die leckersten Sandwiches und Burger im ganzen County servierte. F&uuml;r einen Moment war der Gedanke an die Kleinstadt fernab von Alaska und ihrer Gro&szlig;familie zu verlockend.</p> <p>&bdquo;Das werde ich. Bis sp&auml;ter, Abby.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Bis dann, Grandma.&ldquo;</p> <p>Als Abigail wenige Augenblicke sp&auml;ter dick eingemummelt das graue Holzhaus verlie&szlig;, warf sie wie immer einen Blick zum Mount Edgecumbe. Selbst im Sommer war die Kuppe des Berges schneebedeckt, jetzt aber verschmolz er mit dem umliegenden Wei&szlig; seiner Umgebung. Am Hafen erkannte sie einige bekannte Gesichter, vor allem Fischer mit dicken Wollm&uuml;tzen, die bereits von ihrer Tour zur&uuml;ckgekehrt waren und sich nun bereit f&uuml;r den Besucheransturm machten. Gegen zehn Uhr w&uuml;rde die erste F&auml;hre mit Touristen eintreffen. Der Gro&szlig;teil buchte bereits im Voraus die Whale-Watching- und Marine-Life-Tour. Diese beinhaltete ein zweist&uuml;ndiges Erlebnis auf einem Glacier-Bay-Katamaran. Auf dieser Tour konnte man nicht nur die Landschaft bewundern, sondern auch Buckelwale, Robben und allerlei Wildtiere.</p> <p>Doch um diese Zeit lag der Hafen noch im Dornr&ouml;schenschlaf. Die Boote waren fest vert&auml;ut und hinter den Fenstern der bunten Holzh&auml;user leuchtete nur hier und da ein schwaches Licht. Hinter all dem ragten die schneebedeckten Hemlocktannen und der Mount Edgecumbe in der Morgend&auml;mmerung auf. Ein beliebtes Foto- und Postkartenmotiv f&uuml;r Touristen.</p> <p>Abigail zog sich die dicke Wollm&uuml;tze tiefer ins Gesicht und machte sich auf den Weg zur Lincoln Street, die sich im historischen Zentrum befand. Diese Stra&szlig;e erinnerte sehr an eine verlassene Wild-West-Stadt, was an den teils saloonartigen Ladengesch&auml;ften lag. Darunter ein Gesch&auml;ft f&uuml;r Felle, ein Buchladen, ein Bekleidungsgesch&auml;ft und am Ende der Stra&szlig;e ihr ganzer Stolz &ndash; &bdquo;Abby&rsquo;s Hut&ldquo;. Ein Geb&auml;ude, das ihr Grandpa einst von seinen Eltern geerbt hatte und das einige Jahre vermietet worden war. Seit drei Jahren war sie die Chefin des H&auml;uschens, das mittlerweile in einem kr&auml;ftigen Rot erstrahlte und eine Bereicherung f&uuml;r die gesamte Stadt darstellte.</p> <p>Abigail zog den Schl&uuml;ssel aus der Jackentasche und &ouml;ffnete die T&uuml;r. Sofort schlug ihr der Duft von getrockneten Fr&uuml;chten und altem Papier entgegen. Eine Gesch&auml;ftsidee, die sie erst seit einigen Wochen verfolgte. Neben dem &bdquo;&ouml;ffentlichen B&uuml;cherschrank&ldquo;, den sie in einem alten Kanu mit Regalb&ouml;den eingerichtet hatte, gab es bei ihr auch eine gro&szlig;e Auswahl an verschiedenen Tees, selbstverst&auml;ndlich zum Mitnehmen. Am beliebtesten war die Mischung &bdquo;Kaminfeuer&ldquo;, die neben getrockneten Apfelst&uuml;cken, Hibiskusbl&uuml;ten und Hagebuttenschalen auch eine Note Zimt beinhaltete und an kalten Tagen den Magen w&auml;rmte.</p> <p>Ein Poltern im hinteren Teil des Geb&auml;udes zauberte ihr augenblicklich ein L&auml;cheln ins Gesicht.</p> <p>&bdquo;Guten Morgen, Grandpa!&ldquo;, begr&uuml;&szlig;te sie den grauhaarigen Mann in Flanellhemd und Daunenweste, der in diesem Moment vier gro&szlig;e S&auml;cke mit Briefen hereinschleppte.</p> <p>&bdquo;Guten Morgen, Abby. Ich f&uuml;rchte, heute gibt es wieder einiges zum Aussortieren.&ldquo; Er zwinkerte seiner Enkelin am&uuml;siert zu.</p> <p>&bdquo;Das darf doch wohl nicht wahr sein. Wie kommen die Leute nur darauf, dass sich hier Santas Poststelle befindet?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Puh, da bin ich &uuml;berfragt. Aber wenn du mir eine Tasse Tee ausgibst, damit ich wieder auftaue, helfe ich dir schnell beim Sortieren.&ldquo; Walther sah seine Enkeltochter verschmitzt an. &bdquo;Allemal besser, als deiner Grandma beim Reinigen ihrer Posaune zu helfen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das w&auml;r toll, ich bin in einer Minute wieder zur&uuml;ck!&ldquo;</p> <p>Ohne Walthers Antwort abzuwarten, eilte Abigail nach vorne und f&uuml;llte den Wasserkessel auf. Nat&uuml;rlich h&auml;tte sie ihrem Grandpa auch ohne Gegenleistung eine Tasse Tee angeboten &ndash; so wie sie es jeden Morgen tat, wenn er von seiner Tour zur&uuml;ckkehrte.</p> <p>Sie griff nach einer der unz&auml;hligen Blechdosen, die in einem alten Holzschrank ihren Platz gefunden hatten, und ma&szlig; eine Portion mit der Teezange ab. Anschlie&szlig;end r&auml;umte sie die Pfefferminzmischung zur&uuml;ck. Der Schrank mit den Teedosen, den Rae-Dunn-Tassen und To-Go-Bechern machte wirklich etwas her. Obwohl sie kein Weihnachtsfan war, mochte sie die Kombination aus Rot, Silber und Gr&uuml;n. Die Tannengirlande und Lichterkette im Fenster hatte sie nat&uuml;rlich nur aufgeh&auml;ngt, um ihren Kunden etwas Weihnachtsstimmung zu bieten, wenn sie schon fernab der Heimat waren. Das Pfeifen des Wasserkessels lie&szlig; sie aus ihren Gedanken hochschrecken. Sie f&uuml;llte den gro&szlig;en Becher mit kochendem Wasser auf.</p> <p>&bdquo;Wie ich bef&uuml;rchtet hatte, sind die H&auml;lfte davon Irrl&auml;ufer!&ldquo;, kam es vom hinteren Teil des Ladens. &bdquo;Ich werde heute wohl noch mal losm&uuml;ssen, damit sie rechtzeitig vor Weihnachten ankommen.&ldquo;</p> <p>Sie wusste, dass Widerspruch zwecklos war, denn f&uuml;r den &auml;lteren Herren war es so kurz vor Weihnachten eine Ehrensache, Sonderschichten einzulegen.</p> <p>&bdquo;Wenn Santa w&uuml;sste, dass er so einen flei&szlig;igen Helfer in Alaska hat, w&uuml;rde er dich vom Fleck weg einstellen&ldquo;, erwiderte Abigail schmunzelnd, als sie zur&uuml;ck zu ihrem Grandpa ging und ihm die Tasse reichte.</p> <p>&bdquo;Danke, Abby.&ldquo; Walther nahm die Tasse l&auml;chelnd entgegen und stellte sie auf dem kleinen Schr&auml;nkchen neben der Frankiermaschine ab, dann widmete er sich wieder dem offenen Jutesack. &bdquo;Oh, der hier ist sogar aus New York. Ist das zu glauben?&ldquo;</p> <p>Abigail warf ebenfalls einen Blick auf den Absender und fragte sich f&uuml;r einen Moment, was sich diese Lilly Carmichael wohl w&uuml;nschte? Ein neues Spielzeug oder war es einer jener Herzensw&uuml;nsche, den nicht einmal Santa erf&uuml;llen konnte?</p> <p>New York. Wie gerne w&uuml;rde sie sich einmal den Weihnachtsbaum am Rockefeller Center ansehen und am Wollman Rink Schlittschuhlaufen. Unwillk&uuml;rlich fielen ihr wieder die Kevin-Filme ein, und wie sehr sie sich als Kind gew&uuml;nscht hatte, dass man sie daheim verga&szlig;, oder noch besser, dass sie am Flughafen das falsche Gate nahm und im Plaza Hotel einchecken konnte. Allein, ohne die McAllisters, &auml;hm die Sinclairs.</p> <p>Doch dieser Wunsch hatte sich bis heute nicht erf&uuml;llt, weil sie zu Weihnachten nie weggefahren waren. Stattdessen gab es jedes Jahr dasselbe Programm und Onkel Herb, Marv und Harry waren ein fester Bestandteil davon. Ebenso die verstopften Toiletten, die auf Bernies Kappe gingen.</p> <p>Was war ihre Grandma auch nur so geb&auml;rfreudig gewesen?</p> <p>W&auml;hrend ihre Zwillingsschwester Martha kinderlos blieb.</p> <p>Ob Cousin Bernies neue Freundin wusste, auf was sie sich einlie&szlig;? Mit Sicherheit wusste sie noch nicht einmal etwas von der kleinen gelben Propellermaschine, in die sie einsteigen sollte. Schulter an Schulter mit dem Rest der Sippe und der Karaokemaschine.</p> <p>&bdquo;Alles klar, mein Kind?&ldquo; Walther unterbrach die Durchsicht seines Briefestapels und sah Abigail mit einem besorgten L&auml;cheln an.</p> <p>&bdquo;Ach, ich hab mich gerade nur gefragt, wie es wohl w&auml;re, mal fernab von Sitka zu feiern.&ldquo;</p> <p>Walther lachte herzhaft. &bdquo;Du meinst alleine? Glaube mir, deine Grandma w&uuml;rde dich aufsp&uuml;ren, egal wo du dich aufh&auml;ltst.&ldquo;</p> <p>Okay, was das anging, konnte es sich nur um eine dezente &Uuml;bertreibung handeln. Jeder wusste, dass Mathilda Sinclair ihr geliebtes Alaska nicht verlassen w&uuml;rde und erst recht nicht zur Weihnachtszeit.</p> <p>Abigail schnappte sich ebenfalls einen Stapel Briefe und begann, diesen nach &bdquo;Santa&ldquo; oder &bdquo;Sitka&ldquo; zu sortieren. Umso schneller sie damit fertig waren, desto besser. In einer halben Stunde &ouml;ffnete ihr Gesch&auml;ft und sie wollte noch die Kartons mit den &bdquo;Sonderbestellungen&ldquo; durchgehen. Produkte, die sie f&uuml;r gew&ouml;hnlich nicht im regul&auml;ren Sortiment f&uuml;hrte und nur orderte, wenn ihre Kunden etwas Spezielles ben&ouml;tigten.</p> <p>Wie zum Beispiel Mathildas Posaunen-Gleitcreme, Frank Meyers H&auml;morrhoiden-Salbe oder die Lotion aus Lebertran und Walfett, die sich der alte Mike immer ins Gesicht schmierte, um seine Haut vor K&auml;lte und salziger Gischt zu sch&uuml;tzen, wenn er mit dem Boot unterwegs war.</p> <p>&bdquo;Oh, du hast uns ja noch gar nicht gesagt, ob du jemanden zum Fest mitbringst.&ldquo; Walther sah seine Enkelin erwartungsvoll an. &bdquo;Diesen netten jungen Mann zum Beispiel, mit dem du dich schon &ouml;fters bei Moe getroffen hast.&ldquo;</p> <p>Vor Schreck fielen Abigail fast die Briefe aus der Hand. Nicht nur weil sie sehr diskret vorgegangen war, wenn sie sich mit ihm getroffen hatte, sondern auch, weil da rein gar nichts zwischen ihr und dem Reise-Fotografen lief. Sie h&ouml;rte ihm einfach nur gerne zu, wenn er von seinen Abenteuern erz&auml;hlte.</p> <p>Wahrscheinlich war der Barbesitzer Moe selbst die undichte Stelle, denn sonst hatte sie dort au&szlig;er den schweigsamen Fischern, die sich f&uuml;r Tratsch und Klatsch nicht interessierten, niemanden gesehen.</p> <p>&bdquo;Wir sind nur Freunde, Grandpa, und ich werde ihn ganz sicher nicht zu Weihnachten anschleppen&ldquo;, erwiderte sie mit einem herzhaften Lachen.</p> <p>&bdquo;Schade, ich finde n&auml;mlich, dass ihr ein h&uuml;bsches P&auml;rchen abgebt. Und so selten, wie sich junge Burschen hierher verirren, muss man die Gelegenheit am Schopfe packen&ldquo;, fuhr der Senior unbeirrt fort, ehe er von seinem Tee kostete.</p> <p>&bdquo;Du h&ouml;rst dich gerade wie Grandma an. Warum werde ich das Gef&uuml;hl nicht los, dass ihr mich unbedingt verkuppeln wollt?&ldquo; Abigail schnappte sich einen leeren Jutesack um die Flut an Briefen, die f&uuml;r den Polarkreis bestimmt waren, hineinzugeben.</p> <p>Walther schenkte ihr ein gequ&auml;ltes L&auml;cheln. &bdquo;Wei&szlig;t du, in letzter Zeit mache ich mir oft dar&uuml;ber Gedanken, ob du hier wirklich gl&uuml;cklich bist. Klar, du hast dein eigenes Gesch&auml;ft, viele Freunde und eine Familie, die dich &uuml;ber alles liebt, aber &hellip;&ldquo;</p> <p>&bdquo;Aber die gro&szlig;e Liebe wird mir hier oben wohl nie &uuml;ber den Weg laufen?&ldquo;, beendete Abigail Walthers Satz.</p> <p>Der Senior r&auml;usperte sich, dann sah er sich kurz um, ob sie auch wirklich alleine waren, ehe er im Fl&uuml;sterton fragte: &bdquo;Was h&auml;ltst du davon, wenn du die n&auml;chste Tour f&uuml;r Santa &uuml;bernimmst?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das mach ich sehr gerne, Grandpa&ldquo;, erwiderte Abigail mit einem breiten L&auml;cheln und freute sich, dass ihr Grandpa sie endlich miteinbezog. Auch wenn er noch sehr fit f&uuml;r sein Alter war, wollte sie ihm gerne ab und zu unter die Arme greifen.</p> <p>&bdquo;Aber ich versteh nicht, warum du mich auf einmal so ansiehst, als handelt es sich dabei um ein Verbrechen? Ja, ich wei&szlig;, es wird erst mal ein Schock f&uuml;r alle sein, wenn sie mich pl&ouml;tzlich alleine im Flieger sehen, aber ich &hellip;&ldquo;</p> <p>Walthers verschmitztes L&auml;cheln brachte sie zum Schweigen. &bdquo;Es ist auch ein Verbrechen, bist ja auf der Flucht. Du wirst n&auml;mlich vom Festland aus direkt einen Flug nach New Haven nehmen, wo Eugene dich dann abholt. Martha wird aus allen Wolken fallen, wenn du auf einmal ins Rathaus hereinschneist.&ldquo;</p> <p>Abigail klappte der Mund auf. &bdquo;Ich glaub, mich tritt ein Elch! Das hast du alles heimlich eingef&auml;delt?&ldquo; Die junge Frau fiel ihrem Grandpa st&uuml;rmisch um den Hals. &bdquo;Ich tr&auml;ume schon so lange davon, endlich Little Falls kennenzulernen!&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ich wei&szlig;, mein Schatz. Aber noch kein Wort zum Rest der Familie. Die machen mich einen Kopf k&uuml;rzer, wenn herauskommt, dass ich daf&uuml;r verantwortlich bin.&ldquo;</p>

Erscheint lt. Verlag 16.10.2025
Reihe/Serie Herzklopfen in Little Falls-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte feel good romance • Freunde Liebende • Friends to Lovers • grumpy sunshine • Happy End • Kleinstadt • Liebesroman • Weihnachten
ISBN-10 3-69090-379-3 / 3690903793
ISBN-13 978-3-69090-379-0 / 9783690903790
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