Gestern in der Zukunft (eBook)
144 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-6951-7985-5 (ISBN)
Ananda Caitanya Das Caputo, 1965 in Berlin geboren, hat am 24.02.2025 sein erstes Buch herausgegeben. Entstanden ist es, da er Kurzgeschichten auf Veranstaltungen erzählt hatte und diese so gut ankamen, dass er sie zu Papier brachte. Dieses zweite Werk wird nicht das letzte sein, da bereits ein drittes Buch in Arbeit ist. Dieses Mal dann keine Kurzgeschichten.
Die Waldfrau
Jeder im Dorf wusste, dass es sie gab. Auch wenn nicht jeder sie kannte, oder sagen wir mal, nicht jeder mit ihr zu tun hatte oder sie schon mal persönlich getroffen hatte. Dass sie an einem unbekannten Ort im Wald lebte, das wusste jedoch jeder. Und alle wussten, dass sie eine besondere Frau war. Nicht nur, weil sie alleine im Wald lebte und dort sogar, als Frau, alleine überlebte, sondern weil sie Fähigkeiten besaß, die sonst keiner im Dorf hatte.
Die Waldfrau hatte nicht immer im Wald gelebt. Sie wurde in diesem Dorf geboren, vor vielen, vielen Sommern. Und sie wuchs hier auf.
Schon früh erkannten die Dorfbewohner, dass sie etwas Besonderes war. Oft saß sie abseits der anderen Kinder und sprach mit den Pflanzen und den kleinen Tieren, wie den Insekten und den Spinnen. Nicht wie andere Kinder, sondern sehr intensiv und innig. Sie behauptete, die Pflanzen und Tiere würden ihr etwas erzählen wollen, aber sie würde bislang nicht alles verstehen. Bereits als Jugendliche hatte sie fast übernatürliche Gaben und Kräfte. So konnte sie Krankheiten erkennen und wusste, welche Pflanzen und Mineralien dagegen halfen. Als junge Frau konnte sie zusätzlich Geschehnisse vorhersehen, die dann auch genau so eintrafen. Und so manches Mal geschahen im Dorf Dinge, die übernatürlich erschienen.
Hinter vorgehaltener Hand murmelte man und hatte so Vermutungen, wer dahinterstecken könnte.
Eines Morgens packte die Waldfrau ein paar Habseligkeiten zusammen und verabschiedete sich von ihren Eltern. Sie sagte, dass es an der Zeit wäre, ihren endgültigen Weg zu gehen.
Außerdem sei es für das Dorf und auch für sie besser, wenn sie ginge. Es seien merkwürdige Energien in der Luft, die sie nicht genau deuten könne, aber sie bedeuten, soviel sei sicher, Gefahr, wenn sie hier bleiben würde. Sie würde aber auch weiterhin für das Dorf und die Bewohner da sein.
Da ihre Eltern längst begriffen hatten, dass ihre Tochter heilige und übernatürliche Gaben besaß, widersprachen sie nicht, sondern fühlten instinktiv, dass es genau das Richtige war, was ihre Tochter tat.
Die Waldfrau verließ das Elternhaus und ging, bevor sie das Dorf verließ, auf den Dorfplatz. Dort malte sie mit ihren Füßen ein paar Linien und Symbole in den Sand. Dann murmelte sie ein paar Worte, nahm etwas von dem Sand in die Hände und warf ihn in die Luft, sodass der Wind ihn ein Stück forttrug.
Dann lachte sie laut und ging.
Von diesem Moment an wusste keiner mehr ihren Namen. Nicht einmal mehr ihre Eltern.
Jeder kannte sie nur noch als die Waldfrau.
Die nächsten Wochen vergingen, ohne dass etwas Besonderes geschah.
Doch dann wurde der Vater von der Waldfrau sehr krank. So krank, dass seine Frau Angst bekam, dass ihr Mann sterben könne. Die Mutter saß am Bett und dachte:
< Wenn doch bloß die Waldfrau noch hier wäre, sie könnte bestimmt helfen!>
Und kaum war dieser Gedanke zu Ende gedacht, da verspürte die Mutter einen so starken Drang, in den Wald zu gehen, dass sie augenblicklich aufstand, sich anzog und dem Drang nachgab.
Wie in Trace lief sie in den Wald. Tiefer und immer tiefer hinein. Wenn sie sonst im Wald war, verließ sie nur sehr ungern die Wege. Jetzt lief sie querfeldein, und der Gedanke daran, nicht einmal genau zu wissen, wo sie war, machte ihr komischerweise nicht einmal ein bisschen Angst.
Sie fühlte sich geschützt und behütet. Nach einer ganzen Zeit, in der sie durch den tiefsten Wald gelaufen war, trat sie auf eine Lichtung, und dort stand sie, die Waldfrau.
Ein Lichtstrahl fiel senkrecht durch das dichte Blätterdach und ließ die Waldfrau wie eine Heilige erstrahlen. Sie stand da und lächelte, und ihr Blick war voller Güte und Liebe.
< Du hast nicht mehr viel Zeit mit Deinem geliebten Mann. Die andere Welt ruft nach ihm und er wird bald gehen müssen. Aber ich kann sein Schicksal dahingehend ändern, dass er nicht mehr leiden muss. Er wird gesund sein, wenn Du heimkommst. >
sagte die Waldfrau, und die Stimme war so sanft und so voller Mitgefühl, dass der Mutter sofort die Tränen über die Wange kullerten.
Sie gab ihrer Mutter einen kleinen Beutel mit Kräutern.
< Koche davon jeden Tag einen Tee für Deinen Mann, dann wird er bis zum letzten Tag kräftig und gesund sein. Aber vergiss nicht, seine Zeit ist fast zu Ende, und gegenüber diesem Schicksal sind sogar die größten Seelen machtlos. >
Die Waldfrau deutete in eine Richtung und sagte: „Nun geh, Du wirst den Weg zurück ganz einfach finden.“
Und so war es fortan immer!
Wenn jemand krank war oder wenn es unüberwindbare Probleme gab, dann reichte es, wenn derjenige an die Waldfrau dachte. Sofort wurde die Person, wie in Trance, in den Wald geführt und traf auf die Waldfrau, die dann für Heilung oder eine Lösung der Probleme sorgte.
Warum sie so alleine im Wald lebte, sollte sich ein paar Jahre später offenbaren.
Es war zur Herbstzeit, als sich im Dorf alle für das Erntefest vorbereiteten. Auch in der Kirche wurde für den Gottesdienst alles hergerichtet. In diesem Jahr war die Ernte besonders gut ausgefallen, was sicher auch der Waldfrau zu verdanken war. Darum hatte der Geistliche beschlossen, in diesem Jahr die Kirche besonders schön zu schmücken. Um die Ernte besonders schön zu präsentieren, hatte er viel Stroh und Heu in die Kirche bringen lassen und das Obst und Gemüse darauf sehr ansehnlich drapiert. Er war gerade dabei, den letzten Kürbis an seinen Platz zu stellen, als er die Kirchentür knarren hörte und mehrere Stiefel laut den Steinboden der Kirche betraten. Es sah so schön aus, die Farben der Früchte und des Gemüses, wie sie im Heu und Stroh lagen. Er hatte es extra auf verschiedene Höhen gestapelt und sich auch viel Mühe bei der Anordnung der Farben gegeben.
< ÄHÄÄMM! > riss ihn ein übertriebenes Räuspern aus seiner Schwärmerei. Er drehte sich um und sah drei Angehörige der Kirche, die aus der weit entfernten Stadt zu sein schienen. Zumindest war ihre Kleidung nicht die eines einfachen Dorfpfaffen.
< Welche Ehre, > lächelte er die drei Herren an, die nicht sehr freundlich aussahen, < was führt sie in unsere kleine Halle des Herren? >
< Uns kam zu Ohren, dass hier eine Hexe leben soll. >
Der Geistliche legte die Stirn in Falten, < eine Hexe? Hier bei uns? Nein, da irren sie sich, meine Herren.>
Doch der eine von den Dreien ließ nicht locker.
< Ihr wisst, welche Strafe jemanden erwartet, der eine Hexe schützt? >
< Zugegebenermaßen nicht wirklich! Denn da wir hier keine Hexe haben, habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht! >
< Nun, da haben wir anderes gehört, ein Bader, der bei Euch durchzog, berichtete von einer Hexe, die hier im Dorf mit Zauberei heilt. Ihr nennt sie wohl nur Waldfrau. >
Der Geistliche aus dem Dorf lächelte milde.
< Die Waldfrau ist keine Hexe, meine Herren. Sie ist eine Kräuterkundige, wenn sie so wollen, eine Medizinfrau.
Aber keine Hexe! >
Er schüttelte den Kopf, während er sich umdrehte. Für ihn war das Gespräch hier beendet. Nicht für den Wortführer aus der kirchlichen Delegation. Er packte den Geistlichen unsanft an der Schulter und drehte ihn unsanft zu sich herum. Sein Gesicht berührte fast das des Dorf-pfarrers. Es war so nah, dass er den Messwein im Atem seines Gegenübers riechen konnte, wenn es denn welcher war.
< So, so, ihr gebt also zu, dass ihr die Hexe kennt? >
< Ich gebe zu, zu wissen, dass eine weise, kräuterkundige Frau im Wald lebt, nicht mehr und nicht weniger. >
< Dann wirst Du uns auf der Stelle zu ihr bringen! >
Der Dorfpfarrer war ihr nicht mehr begegnet, seit sie das Dorf als junge Frau verlassen hatte.
Er war nie krank gewesen und er hatte ansonsten, wie er gerne sagte, selbst einen guten Draht zum lieben Herren.
< Es tut mir leid, ich weiß nur, dass sie im Wald wohnt. Nicht wo! >
Der Wortführer aus der Delegation lächelte ihn hämisch an: < Erst wusstest Du nichts von einer Hexe, dann fiel es Dir doch ein, jetzt weißt Du nicht, wo sie im Wald wohnt – ich glaube, das fällt Dir auch gleich wieder ein. Während er das sagte, winkte er an einen der beiden Begleiter heran. Er deutete auf den herbeigewunkenen Begleiter.
< Wir nennen ihn nur den Stummen, weil wo er auftaucht, da fangen andere an zu reden. >
Ohne etwas zu sagen, griff der Stumme nach der linken Hand des Dorfpfarrers und bog und drückte die Fingerkuppen der Hand so zusammen, dass ein starker Schmerz den Dorfpfarrer auf die Knie sinken ließ. Er löste den Druck etwas und schaute zu dem Redeführer.
< Und kommt die Erinnerung schon? >
Er wollte gerade den Kopf schütteln und protestieren, als sich eine unglaubliche Ruhe auf ihn legte, und wie in Trance sagte er: < Ich führe Euch in den Wald, zu ihr. >
Er war zu ruhig, um sich über seine...
| Erscheint lt. Verlag | 18.9.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
| ISBN-10 | 3-6951-7985-6 / 3695179856 |
| ISBN-13 | 978-3-6951-7985-5 / 9783695179855 |
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