Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg - Novi Fines (eBook)
456 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-7893-5 (ISBN)
Ryek Darkener ist seit geraumer Zeit in virtuellen Welten unterwegs. Das Schreiben begann er 2007 mit Fan-Fiction Kurzgeschichten, die sich auf ein Online-Spiel beziehen. Im Laufe der Zeit kamen eigene Themen dazu. Ryek schreibt Science-Fiction, Fantasy, Mystery. Sein großes Projekt ist die SF Saga "Geschichten aus der Welt nach dem Letzten Krieg".
Erde, Albtunnel
»Da bist du ja.«
Rabea, die, auf die Brüstung des Schiffshebewerks des Tunnels gelehnt, blicklos nach unten sah, schreckte aus ihren Überlegungen auf und warf sich herum. Im letzten Moment stoppte sie ihren rechten Fuß vor dem Kopf des Lehrers, der keine Anstalten gemacht hatte, auszuweichen oder selbst anzugreifen.
Rabea nahm den Fuß herunter. »Ich hätte dich töten können. Es wäre ein Versehen gewesen, aber dennoch. Warum erschreckst du mich?«
»Wieso erschrickst du, wenn ich zu dir komme? Wir hatten das Treffen vereinbart. Hast du jemand anderen erwartet?«
Rabea runzelte die Stirn. »Nach dem, was ich erlebt habe, erwarte ich alles und nichts.«
»Du hast Angst.«
Rabea schnaufte abschätzig. »Wohl kaum.«
»Deine Angst und dein Hass blockieren deine Sinne.«
»Mein Hass ist meine Sache«, stellte Rabea fest.
»Wie du meinst. Was ist mit deiner Angst? Willst du sie ebenfalls horten und pflegen?«
»Ich habe keine Angst!«
»Warum schreist du mich dann an? Kannst du nicht ertragen, was ich dir sage?«
Rabea zwang ihre Stimme zur Ruhe. »Du hast mir angeboten, mich zu lehren, beim nächsten Mal gegen Virdin besser vorbereitet zu sein. Wenn du meinst, mich mit leeren Phrasen beeindrucken zu können, dann verschwenden wir beide unsere Zeit.«
Der Lehrer zuckte die Schultern und wandte sich zum Gehen.
»Halt! Was soll das jetzt?«
Der Lehrer ging gemächlichen Schrittes weiter.
Rabea überlegte volle zehn Sekunden, dann lief sie hinter ihm her. »Warte!«
Der Lehrer ging weiter.
Rabea erhöhte ihr Tempo, versuchte, den Lehrer zu überholen und sich ihm in den Weg zu stellen. Sie schaffte es nicht, obwohl der Lehrer in keiner Weise schneller zu werden schien.
Sie sah nach unten. Ja, sie rannte. Wie ein Sprinter, der auf der Stelle läuft. Lange würde sie das nicht durchhalten können. Sie schnappte nach Luft.
»Warte! Bitte!«
Der Lehrer ging weiter.
Rabea musste den Sprint abbrechen. Sie schnaufte wie eine kaputte Dampflok. Der Lehrer war gut fünfzig Meter vor ihr.
»So leicht wirst du mich nicht los.« Rabea ging weiter. Sie merkte erstaunt, dass sich die Entfernung zwischen ihr und dem Lehrer verringerte. Und sie bemerkte ein dumpfes Summen, das sie bisher ignoriert und für ein Nebengeräusch des Schiffshebewerks des Tunnels gehalten hatte, Sie verringerte ihre Geschwindigkeit. Der Abstand zum Lehrer wurde kleiner. Schließlich schloss sie zu ihm auf.
»Wie machst du das?«, rief sie ihm hinterher.
Der Lehrer wandte den Kopf zurück. »Ich mache nichts. Du machst es. Je mehr du dich krampfhaft anstrengst, desto mehr Energie lieferst du für andere.«
»Ich soll mich also nicht anstrengen?«
Der Lehrer blieb stehen und drehte sich zu ihr. »Im Gegenteil.«
Rabea wollte ebenfalls stehenbleiben. Sie rutschte auf dem trockenen Betonboden zehn Meter, bevor sie vor dem Lehrer zum Stillstand kam. Qualm stieg von ihren Schuhen auf. Sie riss sie sich von den Füßen.
»Willst du mir erzählen, dass du das mit Gedankenkraft hinbekommst?«
»Nein. Ich trage ein Gerät bei mir, das das leistet. Allerdings wird es ausschließlich durch deinen Willen gesteuert. Vielmehr durch dein Wollen.«
»Von so etwas habe ich noch nie gehört.«
»Das wundert mich nicht.«
Rabea kam vorsichtig näher auf den Lehrer zu.
»Ich hätte dich also gar nicht aus Versehen töten können. Vorhin.«
»Doch.«
Rabea lief es kalt den Rücken herunter. Sie spürte bittere Tränen in den Augen.
»Warum?«
»Jede Entscheidung bedeutet, dass sich ein Weg öffnet und ein anderer schließt. Man nennt es Zukunft.«
»Was wäre geschehen, wenn ich dich getötet hätte?«
»Woher soll ich das wissen? Ich wäre dann nicht mehr zuständig gewesen.« Ein ironisches Lächeln blitzte kurz auf.
Rabea senkte den Kopf. »Es tut mir leid.«
»Denkst du wirklich, dass du so einfach davonkommst?«
Rabea hob den Kopf und sah den Lehrer an. »Was willst du? Mich verprügeln, weil ich dein Leben in Gefahr gebracht habe? Bedien dich.«
Der Lehrer schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich prügle, wie du es ausdrückst, andere nicht zu meinem persönlichen Vergnügen. Obwohl ich einen Moment in Versuchung war.«
Rabea erwiderte das Lächeln. »Immerhin.«
»Ich gebe dir eine Aufgabe. Wenn du sie erfüllst und dann immer noch von mir unterwiesen werden willst, werde ich es mir überlegen. Mehr nicht. Ich weiß, dass deine Erwartung ist, dass ich dir Schmerzen zufüge. Das werde ich. Aber auf keinen Fall, um dich zu bestrafen. Niemals.«
»Du nutzt eine starke Verhandlungsposition schamlos aus. Wie damals Imara.«
»Natürlich. Die Yu-xarren sind Kinder im Vergleich zu mir.«
»Wenn das so ist ...«
Der Lehrer hob die rechte Hand. »Warte.«
Rabea hielt ein.
»Wenn du zustimmst, dann musst du deine Aufgabe erfüllen. Egal, was sie dich kostet. Für dieses Mal wird nur dein eigenes Leben in Gefahr sein.«
»Einverstanden.«
»Gut. Wie du willst.«
Rabea wollte etwas erwidern. Sie holte tief Luft, ließ sie langsam ausströmen und wartete.
»Braves Kind.«
Rabeas Gesicht nahm die Farbe einer reifen Tomate an, aber sie sagte nichts.
»Höre genau zu. Deine Aufgabe ist es, eine Runde um den Stausee hinter dich zu bringen. Die Strecke, die du mit Imara, Msjai und Jan gelaufen bist. Bis du wieder hier ankommst. So, wie du jetzt gekleidet bist. Du wirst dich nur mithilfe deiner Füße fortbewegen.« Er lächelte verschmitzt. »Das Schwimmen erspare ich dir diesmal. Aber: Deine Füße müssen auf dem Boden bleiben. Und du darfst sie nicht schieben, sondern nur die Zehen und die Fuß-Muskulatur zur Hilfe nehmen.«
Rabea schnappte nach Luft. »Das dauert Tage!«
»Vielleicht sogar Wochen. Du wirst unterwegs schlafen und essen und Gelegenheit für körperliche Verrichtungen erhalten. Ich werde dich versorgen. Ich werde regelmäßig nach dir sehen und dir die Zeit mit dem vertreiben, was mir gerade durch den Kopf geht. Falls du ärztliche Hilfe brauchen wirst, wovon ich ausgehe, kommt Eisenhard bestimmt gern vorbei, um das Notwendige zu tun.«
»Ich hätte es lieber gehabt, wenn du mich ...«
»Für deine sexuelle Befriedigung musst du dich an andere wenden. Es geht nicht darum, was du lieber hättest, sondern darum, was ich für notwendig erachte. Es fehlt dir an Aufmerksamkeit und Demut. Alles andere besitzt du bereits.«
»Aber ... Wochen!«
Der Lehrer sah Rabea ruhig an. »Was gilt dein Wort?«
Rabea gab sich geschlagen. »Aye.«
»Dann mach dich auf den Weg.«
»Was? Gleich jetzt?«
»Sicher. Du hast alles mit, was du benötigst.«
Rabea drehte sich in ›Laufrichtung‹. Ein letzter Blick auf ihre Schuhe zeigte ihr, dass diese keine Hilfe mehr sein würden. Sie streifte ihre Socken ab. Der Beton fühlte sich kalt und rau an. »Dann sei es so.«
»Du weißt, wo dein Weg dich hinführt?«
Rabea grinste verkniffen in Richtung des Ausganges auf der Dammkrone.
»Zumindest in den nächsten Stunden.«
»Wenn du meinst.« Der Lehrer schnippte mit den Fingern. »Tunnel: Wie besprochen und genehmigt: Licht aus.«
Erdmond
»Was soll das heißen?«, wollte Vaarkin wissen.
Drei Yu-xarren Landungsschiffe standen im Tycho-Krater auf der Fläche des Landefeldes der größten menschlichen Mondkolonie vor dem Letzten Krieg.
Der leitende Offizier der Besetzungsaktion, den Vaarkin in sein Büro an Bord seines Raumschiffes zitiert hatte, machte einen ziemlich unglücklichen Eindruck. »Gemäß Vertrag sind vor über fünfhundert Jahren sämtliche Waffen der Mondkolonie entfernt worden. Wir haben ohne Probleme Zutritt erhalten. Alle Räume betreten können, die wir betreten wollten. In den letzten Wochen haben wir jede Menge Material hineingebracht sowie ein grundlegendes Verständnis für das entwickelt, was die Menschen damals gebaut haben.«
»Komm auf den Punkt!«, fauchte Vaarkin.
»Als wir gestern versucht haben, die Systeme in Betrieb zu nehmen, wurde Katastrophenalarm ausgelöst. Zumindest nehme ich das an. Die Sicherheitsschotts sind geschlossen. Die Anlage fragt auf allen Kanälen in Interlingua nach einer autorisierten Person, um den Alarm aufzuheben.«
»Wurden Waffen eingesetzt?«
»Bisher nein. Wie gesagt, der Mond ist laut Vertrag eine...
| Erscheint lt. Verlag | 25.10.2023 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
| ISBN-10 | 3-7583-7893-1 / 3758378931 |
| ISBN-13 | 978-3-7583-7893-5 / 9783758378935 |
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