Deovitaernum - Sumpf des Schicksals (eBook)
552 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-8192-0486-9 (ISBN)
Seinem vorherigen Ich als doctor rerum naturalium entflohen, widmet sich der 1972 in Mannheim geborene Victor vaan Steen einem gänzlich anderen Ansatz als dem wissenschaftlichen, um den Dingen auf den Grund zu gehen: seiner wahren Leidenschaft, dem Verfassen kreativer Fantasy- und Horrorliteratur. Geprägt von einem Leben für die Hirnforschung, wird in seinen Geschichten stets überbordende Fantasie mit der schonungslosen Realität und Abgründigkeit der menschlichen Natur kollidieren.
KAPITEL 1.
BRUDERKRIEG
-1-
STETER TROPFEN
Das Mörtelstück kratzte über den Zellenboden und zerfurchte die schmierige Kruste aus Fett, Dreck und Urin. Die Hand, die es führte, ritzte mystische Zeichen und Symbole in den Basalt, gruppierte sie um eine Blechschale herum, welche im Lichtschein einer winzigen Fensteröffnung stand. Eisenschellen und Ketten an den Handgelenken, stark genug, einen Firnbären im Zaum zu halten, schleiften rasselnd über die Steinplatten.
»... regilium magurat refilo poli paktum et aguliath rex nigerium omnipotentum ...«, von den Mauern hallten schwarzmagische Zauberformeln wider, welche der ausgemergelte Greis mit verdrehten Augen und einem unwillentlichen Wippen seines Oberkörpers vor sich hinmurmelte. Gehüllt in eine zerschlissene Leinenkutte, kniete er am Boden, inmitten von schimmeligen Strohresten und Ratten, die quiekend um Essensreste stritten.
Kaum da er unvermittelt verstummte, warf der Alte das Mörtelstück zur Seite. Die Handflächen beiderseits der Schale auf den Boden gelegt, beugte er sich tief hinunter. Der Schalenrand schimmerte im Lichtkegel, als sein langes mit Strohhalmen durchwobenes Haar auf den Steinboden fiel. Konzentriert starrte er aufs Wasser, das er Tropfen für Tropfen durch einen Riss des Turmdachs aufgefangen hatte.
»Lass mich jetzt nicht versagen, Meister.« Seine spröden Lippen formten ein Wort, einen Namen: »Roooderriiik ...«
Die Ratten schreckten zurück, als die Metallschale zu vibrieren begann. Fahlblau leuchteten die magischen Ritzzeichen am Boden auf. Im Wasserspiegel erschienen Bilder gleich öligen Schlieren. Die Augen des Mannes veränderten sich, begannen silbrig zu glänzen, bis Pupillen und Iriden sich auflösten und seine Augäpfel die übersinnlichen Erscheinungen widerspiegelten wie polierte Stahlkugeln: Tanzende Nebelschwaden zogen über eine weite, grasbedeckte Ebene ...
-2-
BLINDER HASS
Wie eine fahle Scheibe hing die Sonne zwischen den schnell ziehenden Wolken und Dunstschleiern im Himmel. Es war bedrückend still geworden, bis auf das Geräusch des Windes, der sich an den Grashalmen schnitt. Man glaubte, den Nebel zu hören, wie er über zerklüftete Felskuppen Richtung Westen talwärts kroch.
Der Regen hatte ausgesetzt und Tropfen perlten von den Rüstungen. In den Pfützen, die sich in Mulden und Felsvertiefungen des Schlachtfeldes gebildet hatten, spiegelten sich die Schneiden von Schwertern und Äxten. Der Wind frischte auf, vertrieb den Nebel und enthüllte eine weite, von Hügeln und schroffen Felsen übersäte Landschaft. Die Hochebene von Hartheigen war gesäumt von verwitterten Granitformationen, die wie Reißzähne aus dem Grasboden ragten. Schemenhaft tauchten fern im Norden die schneebedeckten Gipfel des Toten Gebirges aus dem Dunst.
Beiderseits einer seichten Senke, bewachsen von niedrigen Gräsern und Torfbeeren, traten die Schlachtreihen aus dem Nebel. Auf gut fünfhundert Schritt standen sie sich gegenüber. Zwei nicht enden wollende Wälle aus Fleisch und Stahl, gerade weit genug voneinander entfernt, dass der Pfeil eines Bogenschützen die Distanz nicht hätte überwinden können.
Mit dem Nebel wich die Stille. Den Feind vor Augen, ging ein Raunen durch die Reihen. Zu beiden Seiten des Schlachtfeldes war die Anspannung mit Händen zu greifen. Schwerter und Helmbarten regten sich bedrohlich. Zerfurchte Schilde wurden in Kampfposition gebracht. Die Schlachtrösser in vorderster Reihe begannen auf der Stelle zu treten, bis sie den durchweichten Grasboden in Schlamm verwandelten. Der Atem aus ihren Nüstern dampfte in der kalten Luft, als ihre Reiter an den Zügeln zerrten, um sie im Zaum zu halten.
»Mylord?«, brach Magnús das Schweigen. Sein mit Widderhörnern verstärkter Helm und die schwarze Rüstung glänzten vor Nässe, während sein Umhang sich im Wind blähte. Der Schimmel unter ihm stand still. Sechs Fuß vom Boden bis zum Widerrist, jeder Muskel und jede Sehne gespannt, wie aus weißem Marmor gehauen.
»Bei Eigarts Bart!«, tönte ihm Roderik entgegen. »Heute werden wir es beenden! Heute Nacht wird der Schädel meines Bruders unsere Festtafel zieren«, in seiner Stimme schwangen Wut, Hass und Verbitterung. Wie lange schon hatte er auf diesen Moment gewartet. Er schob den mit Schlamm beschmierten Mantel zurück und riss seine Waffe aus der Scheide. Gafaelgar, Schicksalsklinge, das Schwert der Könige Estérons. In der gravierten, dreieinhalb Fuß langen Klinge spiegelte sich seine goldene Rüstung.
Seine buschigen Augenbrauen zuckten, als er Magnús energische Blicke zuwarf und sich ihm vom Pferderücken aus entgegenlehnte. »Sind unsere Männer endlich in Position?«, knurrte er ungeduldig.
»Ja, Mylord, sie sind bereit«, bestätigte Magnús beherrscht »Baron von Sterrenberg ist mit seinem Bataillon auf der rechten Flanke in Stellung gegangen. Unsere Bogenschützen werden ihn unterstützen.« Sein Blick wanderte über eine langgestreckte Hügelkette im Osten der Hochebene, von dort entlang der gegnerischen Schlachtreihe. »Sie scheinen uns zahlenmäßig unterlegen. Aber ...«
»Wir werden sie vernichten!«, unterbrach ihn Roderik. »Sie auslöschen! Jeden einzelnen von diesen Verrätern.«
»Aber ich kann Euch nur warnen, Euren Bruder zu unterschätzen«, fuhr Magnús beschwörend fort. »Wir wissen nicht, was er hinter diesem Höhenzug vielleicht noc-«
»Vielleicht vielleicht«, fiel ihm Roderik erneut ins Wort. »Vielleicht solltet Ihr besser meine Entschlossenheit nicht unterschätzen, General.« Er lehnte sich zurück, setzte seinen Helm auf und rutschte auf dem Sattel hin und her, bis er die optimale Position gefunden hatte. »Jetzt ... lasst es endlich beginnen. Gebt schon das verfluchte Signal!«
Magnús schwieg, mit bebenden Kiefermuskeln. Er wusste, wie sinnlos es war, mit Roderik diskutieren zu wollen. Jeder Funken Vernunft und Mäßigung waren dem König längst abhandengekommen, erlegen dem blinden Hass auf seinen Bruder. Langsam zog Magnús sein Schwert aus dem Lederfutteral am Sattel; viereinhalb Fuß hochlegiertes Metall. Der sechs Pfund schwere Bidenhänder mit kunstvoll gewundener Parierstange und geflammter Klinge, den er Stahlflamme getauft hatte, schwang leicht wie eine Feder in seiner Hand.
»So versucht wenigstens, an meiner Seite zu bleiben, Mylord«, entgegnete er resigniert und reckte das Schwert in den Himmel, um seine Blicke entlang der Schlachtreihe wandern zu lassen. Er zog die Zügel an, worauf sein Schimmel mit geblähten Nüstern auf der Stelle tänzelte.
»Für Estéron ... für den König ... Sieg ... oder Tod!«, schallte sein Kriegsgeschrei über die Ebene, markerschütternd wie die Kriegshömer, die aus allen Richtungen aufheulten. »Aaangriiiff!« Er senkte das Schwert nach vom und rammte seinem Pferd die Sporen in die Flanken.
Beinahe gleichzeitig preschten die Schlachtformationen vorwärts. Die Hufe der Rösser donnerten über die Ebene. Banner und Flaggen flatterten im Wind. Piken und Rossschinder wurden gesenkt, bevor die Fronten mit der Macht zweier Sturmfluten aufeinanderprallten. Schild an Schild bohrten sich Lanzen und Speere durch Rüstungen und Fleisch, Holzschäfte zerbarsten knirschend. Gellende Kampf- und Todesschreie, schrilles Gewieher sowie das Klirren von Stahl auf Stahl erfüllten die Luft. Im Blutregen zuckten Schwerter und Äxte nieder, zerteilten Gliedmaßen wie Eingeweide.
Mit einem mächtigen Hieb spaltete Magnús Helm und Schädel eines Fußsoldaten, als der Boden unter ihm unvermittelt zu beben begann. Ein Grollen rollte heran wie ferner Donner, bis ein gewaltiges Horn erschallte, dessen tiefe, an- und abschwellende Töne die Luft zum Vibrieren brachten. Mitten im Schlachtgetümmel wendete Magnús sein Pferd.
»Mylord, seht! Dort drüben!«, rief er und ließ seine Schwertspitze Richtung Nordosten zucken.
Auf der Hügelkuppe tauchte der Umriss einer Gestalt aus dem Dunst, groß wie ein Riese, ein gewundenes Signalhorn in Händen. Während der gigantische Schemen im Nebel verharrte, preschte unter lautem Getöse von hinter dem Hügel ein Schwadron Lanzenreiter auf die rechte Flanke zu. Einhundertfünfzig riesenhafte Kaltblüter, vom Schweifansatz bis zur Stirn gepanzert mit schweren Plattenhamischen, welche funkelnd das Licht reflektierten. Ihre muskelbepackten Läufe und zottigen Fesseln peitschten die Erde. Hufe, groß wie Brunneneimer, ließen die Ebene erzittern; alles unter sich zermalmend, was nicht weichen wollte oder konnte. Die Reiter, die nicht minder schwer geharnischt waren und auf den massigen Leibern wie Kinder wirkten, senkten ihre zehn Fuß langen Stoßlanzen, worauf sie wie eine Sturmfront den gegnerischen Stellungen entgegenbrausten.
»Thursen! Das ... das sind Trygische Höhlenpferde!«, stellte Magnús entsetzt fest.
»Bei allen Göttern!«, fluchte Roderik, der sein Helmvisier...
| Erscheint lt. Verlag | 12.8.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
| Schlagworte | Abenteuer • Abenteuer Fantasy Buchreihe • Apokalyptisch • Blutige Fehden Fantasyroman • Dämonen • Dark Fantasy Abenteuerreise • dark fantasy deutsch • Dark Fantasy mit Prophezeiung • Dark Fantasy Romane • Dunkle Fantasy mit Dämonen • Epische Fantasy Bücher • Epische Fantasy mit Dämonen • Fantasy Dämonische Besessenheit • Fantasyroman Freundschaft und Verrat • Finsterer Druide Fantasybuch • Freundschaft • Heldenreise Dark Fantasy deutsch • Magisches Reich Estéron • Suche nach Orakel Fantasy • wahre Bestimmung |
| ISBN-10 | 3-8192-0486-5 / 3819204865 |
| ISBN-13 | 978-3-8192-0486-9 / 9783819204869 |
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