G. F. Unger Sonder-Edition 328 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-8857-1 (ISBN)
Es ist genau ein Jahr nach der Siegesparade der Unionstruppen am 24. Mai des Jahres 1865 in Washington, als der ehemalige Südstaaten-Colonel Emmet Quinn heimkehrt auf seine Ranch im Brazos-Land in Texas. Er kehrt nicht im Sattel heim, sondern sitzt in einem zweirädrigen Wagen. Denn reiten kann er nicht mehr. Er wurde am vorletzten Kriegstag zu schwer verwundet und wäre im Gefangenenlager fast gestorben. Später im Lazarett machte seine Genesung zuerst überhaupt keine Fortschritte. Nur langsam wurde er gesund. Doch nun endlich erreicht er die Grenze seiner Heimatweide. Er hält auf einem der sanften Hügel an und überblickt das weite Weideland, sieht da und dort die Rinderrudel.
Sally Quinns Reiter
Prolog
Es ist genau ein Jahr nach der Siegesparade der Unionstruppen am 24. Mai des Jahres 1865 in Washington, als der ehemalige Südstaaten-Colonel Emmet Quinn heimkehrt auf seine Ranch im Brazos-Land in Texas. Er kehrt nicht im Sattel heim, sondern sitzt in einem zweirädrigen Wagen. Denn reiten kann er nicht mehr. Er wurde am vorletzten Kriegstag zu schwer verwundet und wäre im Gefangenenlager fast gestorben. Später im Lazarett machte seine Genesung zuerst überhaupt keine Fortschritte. Nur langsam wurde er gesund.
Doch nun endlich erreicht er die Grenze seiner Heimatweide. Er hält auf einem der sanften Hügel an und überblickt das weite Weideland, sieht da und dort die Rinderrudel.
Emmet Quinn ist sehr stolz auf sein weites Land, auf seine Big Ranch, die einst »Hazienda Grande« hieß und von der Krone Spaniens an einen Hidalgo verschenkt wurde als Belohnung für treue Dienste.
Von den Nachfahren dieses Hidalgos erwarb Emmet Quinn den Besitztitel. Die Regierung von Texas anerkannte damals solche Besitztitel, und daran ist auch jetzt nach dem Krieg nicht zu rütteln.
Indes er so verhält, sucht sein Blick nach Reitern. Denn wo in weiter Runde so viele Rinder sind, da müssten auch Reiter zu erblicken sein. Doch es gibt nur Rinder.
Er denkt: Die Longhorns müssen sich während des Krieges und meiner Abwesenheit wie die Kaninchen vermehrt haben. Wenn meine Weide überall so gut mit Rindern besetzt ist, dann müssen es mehr als vierzigtausend sein. Heiliger Rauch, vierzigtausend Rinder! Und Sally hat das alles verwaltet.
Wieder einmal mehr denkt er an Sally, die seine Tochter ist. Vier lange Jahre hat er sie nicht gesehen, nur manchmal ihre Briefe bekommen und dieses erwidert.
Eine Frau ist Sally inzwischen geworden. Er hat sich früher immer einen Sohn gewünscht, jedoch eine Tochter bekommen, bei deren Geburt seine Frau gestorben ist.
Und so wurde Sally alles für ihn.
Sie wuchs unter Männern auf und fühlte sich lange Zeit gar nicht wie ein Mädchen.
Doch inzwischen ...
O ja, er erinnert sich wieder an all ihre Briefe, die ihm erzählten, dass sie eine Frau geworden ist, eine junge Rancherin, kein Cowgirl mehr, sondern der Boss der Big Ranch.
Ich werde sie heute Abend sehen, denkt er noch. Und gewiss ist sie so wunderschön geworden wie ihre Mutter.
Nachdem er dies gedacht hat, hört er das Rauschen einer schweren Kugel und dann auch den Knall in weiter Ferne.
Er begreift noch, dass das heranrauschende Geschoss aus einer schweren Buffalo Sharps kommt. Dann schlägt die Kugel bei ihm ein.
✰
Seit sie den Brief erhielt, der das Kommen des Vaters ankündigt, reitet Sally Quinn jeden Morgen nach Nordosten in Richtung Fort Worth. Denn von dort her müsste der Vater heimkommen. Sie weiß, dass er in Fort Worth die Postkutsche verlassen und sich einen leichten Wagen oder ein Pferd wird mieten müssen.
Und so reitet sie jeden Morgen in diese Richtung bis gegen Mittag. Dann verharrt sie auf einem der sanften Hügel und blickt in die Ferne. Dabei murmelt sie manchmal: »Komm doch, Dad, komm doch endlich!«
Es ist mehr als nur ein Wunsch, eher wie ein Gebet, ein inständiges Bitten.
An diesem Mittag hört auch sie in weiter Ferne das Krachen einer schweren Buffalo Sharps. Die Entfernung muss einige Meilen betragen, denn in diesem Land und auf dieser Weide ist solch ein Krachen auch noch auf weite Entfernung zu hören.
Sie nimmt das Glas vor die Augen und blickt in die Richtung, aus der das Krachen zu hören war. Doch das Weideland ist wie eine grüne See, deren Wogen erstarrt sind. In den vielen Hügelsenken kann so sehr viel verborgen sein.
Für einen kurzen Moment sieht sie in weiter Ferne einen Reiter über einen Hügelrücken jagen. Doch noch bevor sie ihn mit Hilfe des Glases vielleicht erkennen könnte, ist er schon wieder verschwunden.
Sie hat jedoch eine vage Ahnung, wer dieser Reiter gewesen ist. Aber sicher kann sie sich nicht sein.
Sie setzt ihren Ritt fort. Noch ist keine Sorge in ihr, und schon gar nicht bringt sie den Knall mit ihrem Vater in Verbindung. Sie vermutet eher, dass jemand eines der jungen Rinder erschossen hat, um sich Fleisch zu beschaffen.
Es gibt eine Menge hungriger Menschen in diesem Land, durchziehende Siedler, Satteltramps, auch Comanchen-Sippen und mexikanische Bandoleros. Sie alle leben von diesem Land und dessen Rindern.
Denn noch sind Longhorns nichts wert. Man brändet sie nicht einmal mehr. Es gibt keine Absatzmärkte für den Rindersegen.
Und selbst für die Rinderhäute und den Transport dieser Häute gibt es nur einen so geringen Erlös, dass sich die Arbeit nicht lohnt.
In Texas fehlen die Yankeedollars. In Texas lebt man vorerst nur von Tauschgeschäften. Denn das einstige Südstaatengeld wurde entwertet. Es gilt nicht mehr als Zahlungsmittel.
Sally Quinn reitet also nicht mit dem Gefühl der Sorge weiter, sondern der Neugierde. Denn begreiflicherweise will sie wissen, wer auf der Big-Ranch-Weide mit einer Buffalo Sharps herumballert.
Nach fast drei Meilen erblickt sie den leichten Wagen, in dem ein zur Seite geneigter Mann sitzt, der sich nicht bewegt.
Sie denkt: Wer mag das sein? Mit solch einem leichten Wagen müsste Dad von Fort Worth her heimkommen. Oooh ...
Sie hat plötzlich ein böses und grausam gnadenloses Gefühl in sich, die Ahnung eines Unheils. Und so reitet sie schneller, treibt ihren Pinto zu einem Galopp an.
Als sie bei dem Wagen ist, erkennt sie ihren Vater.
Die schwere Kugel traf ihn mitten in die Brust, und er ist so tot, wie ein Mensch nur tot sein kann.
Sally sitzt eine Weile wie gelähmt im Sattel. Und sie denkt immer wieder: Gott im Himmel, wie konntest du so etwas zulassen? Was hat mein Vater denn als Mensch auf dieser Erde verbrochen, dass er so grausam bestraft wurde? Er ritt durch diesen verdammten Krieg und kam davon. Und hier an der Grenze seiner Weide, da musste er sterben. Warum?
Aber als sie sich nach dem Warum fragt, da weiß sie es eigentlich.
Sie sitzt ab und bindet ihr Pferd hinter dem Wagen an.
Dann klettert sie in den leichten Wagen, setzt sich neben den Vater und nimmt die Zügel. Als der Wagen anfährt, fällt Emmet Quinn noch ein wenig mehr zur Seite. Und so ruht sein Kopf mit der Wange auf Sallys Schulter. Aus der Ferne sieht es so aus, als wäre er eingeschlafen.
So fährt sie ihn heim. Und ihre Gedanken und Gefühle jagen sich. Sie möchte laut ihren Schmerz hinausschreien, wild und böse. Sie hasst plötzlich die ganze Welt und auch den Himmel – einfach alles.
Erst nach etwa zwei Meilen des Fahrens beginnt sie wieder beherrschter zu denken.
All die Jahre hat sie auf die Heimkehr des Vaters gewartet und ist zu einer Frau gereift. Es gab in diesen Jahren auch Männer in ihrem Leben.
Aber keiner war ihr gut genug.
Fast alle Reiter der Ranch ritten damals mit ihrem Vater in den Krieg, um für Texas und die Konföderation zu kämpfen. Nur die Reiter mexikanischer Abstammung blieben. Doch auch diese konnte sie bald nicht mehr bezahlen. Die Ranch hatte keine Einnahmen. Sally Quinn war eine Rancherin ohne Mannschaft.
Aber die Rinder auf der Weide vermehrten sich ständig. Sehnsüchtig wartete sie auf die Heimkehr des Vaters.
Und jetzt ...
Es ist schon Nacht, als sie das Licht des Ranchhauses erblickt. Es ist ein wunderschönes Haus, eine typische Hazienda, so wie die spanischen Granden sie errichteten, als sie in dieses Land kamen.
Sie fährt den Wagen in den Innenhof und hält an.
Paco Rodriges tritt unter den Arkaden des Innenhofes hervor.
»Sally, wer ist das?« So fragt er kehlig mit spanischem Akzent. »Ist das gar der Colonel?«
»Und er ist tot«, erwidert Sally Quinn mit spröder Stimme. »Er ist zwar heimgekommen und sah noch einmal seine Weide, aber dann traf ihn die schwere Kugel. Sie haben ihn ermordet, damit ich allein bin ...«
»Du bist nicht ganz allein, Chita«, unterbricht Paco Rodriges sie ruhig und fest. In seiner Stimme klirrt ein beherrschter Zorn. »Du bist nicht allein, Sally-Chita. Vergiss es nicht. Ein paar Menschen sind noch bei dir, ich zum Beispiel und Juan Alvarez. Ich werde den Patron aus dem Wagen heben. Wir werden ihn vorerst auf sein Bett legen.«
✰
Das Dorf im Schatten der Big Ranch liegt etwa zehn Meilen entfernt. Es gehörte schon damals, als hier noch die Dons herrschten, zur Hazienda Grande, welche heute Big Ranch heißt. Die Menschen hier sind fast alle mexikanischer Abstammung. Und das Dorf mit seinen Äckern und Feldern liegt auf dem Land der Ranch, war früher immer von deren Duldung abhängig.
Als am nächsten Mittag die Beerdigung stattfindet, kommen einige Wagen und Reiter aus dem Dorf zur Ranch, wo man Colonel Emmet Quinn neben seiner Frau auf dem Ranchfriedhof bestattet.
Auch andere Gräber sind hier, die ersten noch von den Dons, die damals hier gegen die Comanchen kämpften, später auch gegen Bandoleros. Und auch einige von den Reitern der Big Ranch wurden hier beerdigt.
Die Leute aus dem Dorfe – es heißt Rosalia – blicken immer wieder auf die schöne Patrona der...
| Erscheint lt. Verlag | 6.9.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • abenteuerromane kindle • abenteuerromane kindle deutsch • abenteuerromane kindle für erwachsene • alfred-bekker • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Cassidy • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • für Erwachsene • g f barner • gf unger • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Indianer • Jugend • karl-may • Karl May • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Romanheft • Roman-Heft • Serie • spannend • Western • western country • western country exklusiv • western deutsch • western ebook deutsch • western e books • western hefte • Western Klassiker • Westernreiten • Western-roman • Westernroman • Western Romane • western romane bastei • western romane deutsch • western romane kindle deutsch • western romanhefte • Wilder Westen • Wilder-Westen • Wild West • Wildwestromane • Wild West Romane • Winnetou • Wyatt Earp |
| ISBN-10 | 3-7517-8857-3 / 3751788573 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-8857-1 / 9783751788571 |
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