Die Sylt-Schwestern – Schicksalhafte Stunden (eBook)
268 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3687-6 (ISBN)
Zwei Schwestern. Ein Erbe. Und ein Sommer, der alles verändert.
Jella und Clara könnten unterschiedlicher nicht sein - doch nach dem Tod ihrer Mutter stehen sie plötzlich vor einer gemeinsamen Herausforderung auf Sylt: Die Strandperle, ein traditionsreiches Nobelrestaurant mit Meerblick, darf niemals in fremde Hände gelangen - das haben sie ihrer Mutter versprochen.
Nun müssen sie sich zusammenraufen. Allerdings haben sie sehr gegensätzliche Vorstellungen davon, was aus der Strandperle werden soll: Jella will einen Nachtclub eröffnen, Clara träumt von einer Buchhandlung am Meer mit kleinem Café.
Ob sich die Schwestern einig werden? Noch dazu in einer Saison, in der die Weltwirtschaftskrise ihren Höhepunkt erreicht? Und dann taucht auch noch ein Mann auf, der es beiden angetan hat ...
Schicksalhafte Zeiten auf Sylt - der bewegende Auftakt der großen Schwestern-Saga von Sina Beerwald.
Sina Beerwald, 1977 in Stuttgart geboren, hat sich bislang mit über zwanzig erfolgreichen Büchern, darunter historische Romane und Sylt-Erlebnisführer, einen Namen gemacht. Sie ist Preisträgerin des NordMordAward und des Samiel Award, zudem standen einige ihrer Titel auf der Shortlist Shortlist des größten deutschsprachigen Leserpreises. 2008 wanderte sie mit zwei Koffern und vielen Ideen im Gepäck auf die Insel Sylt aus.
Als sie kurz vor Mittag das Herzstück der Strandperle betrat, musste Jella gegen das für sie viel zu grelle Sonnenlicht blinzeln, das durch die großen Fenster fiel. Der Saal des Restaurants lag still und geordnet da, doch Jella fühlte sich, als wäre sie noch inmitten des Wirbels aus lauter Musik, Rauch und Gelächter von letzter Nacht. Der pochende Kopfschmerz war wie ein Echo der Baumannshöhle, das in ihr nachhallte.
Ihre Schwester war wie ein guter Geist bereits dabei, für das Mittagessen einzudecken, und bis auf den letzten runden Tisch für sechs Personen war schon alles vorbereitet.
»Guten Morgen, Schwesterherz«, rief sie betont fröhlich und fuhr sich, die Finger zu einem Kamm gespreizt, durchs kurze Haar, denn im Bad musste es schnell gehen. Sie hatte auch nur etwas Rouge aufgelegt, für die Lippen war keine Zeit gewesen. Hinein in den Hosenanzug, noch etwas vom herben Cuir de Russie von Chanel aufgelegt, und dann ab in den Saal, um ihrer Schwester zu helfen. »Du glaubst nicht, was das für eine Nacht war!«
Clara drehte sich kurz zu ihr um, während sie die Platzteller auslegte, ihr Blick scharf und abwägend. »Doch, das sehe ich an den Ringen unter deinen Augen. Ich hoffe, du hattest deinen Spaß.«
Die spitze Bemerkung saß. Jella hob die Augenbrauen, ließ sich dann jedoch nicht länger von der schlechten Laune ihrer Schwester beeindrucken und tat so, als ob Clara die Bemerkung ernst gemeint hätte: »Und wie! Die Baumannshöhle war brechend voll, es war eine unglaublich gute Stimmung. Du musst unbedingt mal mitkommen, Clara.« Sie musste sich räuspern. Ihre Stimme war vom Feiern etwas lädiert und klang noch tiefer und rauchiger als sonst.
Clara seufzte, griff zu den Menütellern, die sie mit penibler Sorgfalt auf den Platztellern ausrichtete, danach folgten die Suppenteller. Eine Antwort blieb ihre Schwester schuldig, dafür bemerkte sie spitz: »Nun hilf mir doch bitte.«
Jella zog eine Grimasse und begann damit, die bereitliegenden Servietten zu falten. Das hatte sie schon immer gern gemacht, weil sie dabei ihre Kreativität ausleben konnte. Dieses millimetergenaue Eindecken war überhaupt nicht ihr Ding. Tellerchen hier, Gäbelchen da, noch zwei Millimeter … »Ach, komm schon, Clara. Das Leben ist doch mehr als nur Pflicht und Ordnung. Zwischendurch muss man auch mal loslassen können. In der Baumannshöhle würdest du dich mal wieder lebendig fühlen.«
Keine Reaktion. Clara griff zum Besteck und verteilte es in akkurater Ausrichtung. Zwei Gabeln links vom Teller, zwei Messer rechts und daneben der Suppenlöffel. Oberhalb des Tellers das Dessertbesteck.
Jella rechnete schon nicht mehr mit einer Antwort, da hielt Clara inne, drehte das Vorspeisenmesser mit der Schneideseite nach innen und sah sie direkt an.
»Und hast du dort auch nackt getanzt?«
»In der Baumannshöhle? Kitzi, wo denkst du hin?«
»Aber im Eldorado schon.«
Jella musterte ihre kleine Schwester. Was sollte das denn jetzt? »Ist das eine Frage oder eine Feststellung?«
»Eine Feststellung«, gab Clara voller Überzeugung zurück.
»Na dann …«, sagte sie leichthin.
Diese Bemerkung gab Clara Oberwasser. »Aha! Das dachte ich mir schon, als du auf Mutters Nachfrage ausgewichen bist. Warum hältst du uns zum Narren? Gib doch zu, dass du in Berlin als Nackttänzerin … und was weiß ich noch gearbeitet hast!«
»Na schön, ich gebe es zu. Als Nackttänzerin und Prostituierte.«
Clara blieb der Mund offen stehen. Es fehlte nur noch, dass sie sich bekreuzigte. »Großer Gott«, murmelte sie.
»Ist es nicht das, was du hören wolltest?«
»Ja, aber …«, stammelte ihre kleine Schwester. Clara war hochrot geworden und vermied den Blickkontakt. »Wenn Mutter das erfährt …«, murmelte sie.
»Was ist daran so schlimm?«, entgegnete Jella gelassen. »Das ist doch nichts Neues für sie – und für dich auch nicht. Ihr wusstet es doch schon die ganze Zeit.«
»Aber jetzt erst hast du es zugegeben!«, echauffierte sich Clara. Überhaupt hatte sie über das ganze Thema ihre Arbeit vollkommen vergessen. »Die ganze Zeit hast du uns angelogen!«
Beim Anblick ihrer erzürnten Schwester musste Jella lachen. Sie lachte und lachte, was Clara noch wütender machte.
»Findest du das etwa lustig? Ich nicht.«
Schlagartig wurde Jella wieder ernst. »Du hast recht. Tatsächlich ist mir sogar mehr zum Heulen zumute. So wollt ihr mich sehen: Jella als Nackttänzerin, Prostituierte, Lügnerin.« Sie machte eine kurze Atempause und holte tief Luft. »Na schön, dann weiß ich ja jetzt, woran ich bin. Aber du weißt ja immer alles besser. Hast mir prophezeit, dass ich in Berlin in der Gosse landen werde.«
Clara stemmte die Hände in die Hüften. Eine Haltung, die man selten an ihr sah. Das allein zeigte, wie sehr sie sich aufregte. »Du hast es doch selbst zugegeben!«
»Weil du mich dazu aufgefordert hast, verdammt noch mal!« Nun war sie kurz davor, die Fassung zu verlieren. »Du hast gesagt, ich soll es zugeben, und da dachte ich mir, ich mache mal ein kleines Spielchen draus, was du mir so zutraust. Jetzt weiß ich Bescheid. Vielen Dank, Schwesterherz.«
»Wie jetzt?«, fragte Clara irritiert.
»Das Eldorado ist ein verruchter Schuppen, ganz gewiss, aber stell dir vor, sogar ich habe meine Grenzen und bin bloß eine harmlose Ausdruckstänzerin, bei der man ein bisschen Bauch und Bein sieht – mehr nicht. Damit musst du jetzt klarkommen, dass ich mein Leben im Griff habe – und mal in die Baumannshöhle mitkommen, um deine elenden Vorurteile abzulegen.«
»Vielleicht in meinem nächsten Leben, Jella«, entgegnete Clara betont ruhig. »Außerdem habe ich jetzt keine Zeit mehr für solche Gespräche.«
»Du hast angefangen.«
»Ja, mein Tag hat heute tatsächlich schon sehr früh angefangen«, sagte Clara, als hätte sie nicht richtig verstanden, dabei wollte sie hin zu einem anderen Thema: »Ich habe heute Morgen schon meinem Mann das Frühstück gemacht, ich war bei der Bank, die immer noch geschlossen war, und dann musste ich unsere Mutter versorgen, weil du nicht wachzukriegen warst. Zwischendurch war ich schnell zu Hause, habe vorgekocht. Sobald hier alles vorbereitet ist, muss ich schnell los, um Arnulf das Mittagessen zu servieren. Du musst hier die Stellung halten. Ich bin zurück, sobald die ersten Gäste eintreffen.«
»Geht klar, Kitzi«, entgegnete sie munter, obwohl ihr jeder Handgriff schwerfiel. Schweigend arbeiteten sie nebeneinanderher. Clara polierte die Gläser und ordnete sie mit peniblem Abstand in einer schrägen Reihe auf der rechten Seite an. Von innen nach außen betrachtet erst das Rotwein-, dann das Weißwein- und dann das Wasserglas.
Nach geraumer Zeit hatte Jella endlich die ersten drei Servietten zu Blüten gefaltet und präsentierte ihrer Schwester die Kunstwerke. »Na, wie findest du die?«
»Schön«, entgegnete Clara emotionslos und widmete sich weiter ihrem Tun.
Wieder verfielen sie in Schweigen. Im Grunde war ihr das ganz recht so. Sie hätte vorhin doch Aspirin einnehmen sollen. In der Küche würde sie hoffentlich Rollmops finden. So viel Zeit musste sein, bevor die ersten Gäste kamen. Sie hing weiter ihren Überlegungen nach, wie sie den Tag am besten überstehen könnte, da ergriff Clara unvermittelt das Wort. »Die Bankenkrise macht mir Angst …«
Jella hielt im Falten der Serviette inne und hob irritiert den Kopf. »Was für eine Krise?«
»Sag bloß, du hast davon nichts mitbekommen? Die Zeitungen sind voll davon!«
»Doch, natürlich, aber ich finde es übertrieben, gleich von einer Krise zu sprechen, bloß weil die Banken mal kurz schließen und danach der Zahlungsverkehr limitiert wird, damit sie wieder auf einen grünen Zweig kommen. Außerdem schießt die Regierung ordentlich Geld dazu – das ist doch alles auf einem guten Weg. Da hat es kurz im Gebälk geknirscht, aber das wird schon wieder …«
»Das hat Herr Kerthein von der Sparkasse auch gesagt. Er hat mich heute Morgen angerufen, um mich zu beruhigen.«
»Und warum glaubst du ihm dann nicht?«
»Du hättest den Menschenauflauf vor der Sparkasse sehen sollen, gestern schon, und heute war es noch schlimmer! Man kommt...
| Erscheint lt. Verlag | 1.8.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | Die große Inselsaga |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Anja Baumheier • Annette Hess • Brigitte Riebe • Carmen Korn • Die Schwestern vom Ku'damm • Emanzipation • Erster Weltkrieg • Familiensaga • Inselleben • Jahrhundert Saga • Katharina Fuchs • Marie Sanders • Neubeginn • Nordsee • Saga • Sina Beerwald • Stunde Null • Sylt • Sylt Schwestern • Wirtschaftswunder • Zwei Handvoll Leben |
| ISBN-10 | 3-8412-3687-1 / 3841236871 |
| ISBN-13 | 978-3-8412-3687-6 / 9783841236876 |
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