Lassiter Sonder-Edition 79 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-8813-7 (ISBN)
Lassiter hing gefesselt am Pfahl, und er musste hilflos zusehen, wie die Banditen um ihn herum das trockene Holz aufschichteten. Zehn Schritte von ihm entfernt stand die Feuer-Lady in verführerischer Nacktheit. Ihr rotes Haar glühte im Mondlicht, und voller Hass rief sie: 'Gleich bekommst du deine Strafe, Lassiter. Für das, was du getan hast, müsstest du hundert Tode sterben. Aber leider kann man einen Menschen nur einmal töten. Fangt an, Compadres!
DIE FEUER-LADY
von Jack Slade
Es war ein Anblick, bei dem selbst ein Mann wie Lassiter den Atem anhalten musste und trocken schluckte. Das Ranchhaus, die Scheune und alles, was dazu gehörte, standen in lodernden Flammen. Es war ein höllisches Inferno!
Schreie erfüllten die Nacht und wurden untermalt vom unbarmherzigen Prasseln und Knistern der fressenden Flammen. Es gab keinen Zweifel, dass Carmodys kleine Ranch bald nicht mehr existieren würde. Die Menschen, die dort unten wohnten, würden ihr nacktes Leben retten können – und sonst nichts.
Lassiter konnte ihnen nicht mehr helfen. Er war zu spät gekommen. Er wusste nicht einmal etwas um die Zusammenhänge. Er war noch nie in dieser Gegend gewesen, und nur der Zufall hatte ihn hergeführt.
Vor einer halben Stunde hatte er die Schüsse gehört. Eigentlich hatte er vorgehabt, sein Nachtcamp aufzuschlagen. Aber dann hatte er sich entschlossen, seinen Weg fortzusetzen.
Wenn man in einer fremden Gegend war, musste man vorsichtig sein. Es war wichtig, über alles Bescheid zu wissen.
Lassiter war dem Klang der Schüsse nachgeritten, und nun lag vor ihm die brennende Ranch.
Er hielt sein Gewehr in den Fäusten. Es war zwar seine Angewohnheit, sich nicht in die Kriege fremder Leute zu mischen, aber was da unten geschah, war keineswegs nach seinem Geschmack.
Jetzt taumelten aus dem Flammenmeer die ersten Gestalten. Eine Frau war dabei und zwei Kinder. Den Schluss bildeten insgesamt fünf Männer.
Sie alle hatten aufgegeben, und das war ohne Zweifel der klügste Entschluss, den sie fassen konnten.
Es war immerhin besser, sich zu ergeben, als bei lebendigem Leibe wie auf einem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.
Lassiter hatte nicht die geringste Ahnung, was da unten gespielt wurde.
Seiner Meinung nach handelte es sich um eine der üblichen Nachbarschaftsfehden. Der eine wollte das Land des anderen. Vielleicht waren sie sich auch wegen Viehdiebstahls oder anderer Sachen in die Haare geraten.
Fest stand, dass einer inzwischen verloren hatte und zusammen mit seiner Familie vor einem Trümmerhaufen stand.
Lassiter hatte es sich schon vor langer Zeit abgewöhnt, Mitleid zu haben, wenn er die Zusammenhänge nicht kannte. Auch diesmal versuchte er wieder, sich innerlich zu verhärten, aber das gelang ihm nicht ganz.
Es war eben schwer, einfach die Augen zu schließen, wenn man so viel Elend auf einmal sah.
Fünf Männer, eine Frau und zwei Kinder wurden zusammengetrieben. Es waren maskierte Reiter, von denen die Opfer umringt wurden. Einer dieser Reiter war ein ungewöhnlich schlanker Bursche, und er schien noch sehr jung zu sein.
Er sagte etwas zu den Besiegten, was Lassiter nicht verstehen konnte.
Die Frau ließ ihre Kinder los und rannte schreiend auf das Pferd des schlanken Anführers zu. Das Pferd stellte sich auf die Hinterhand und schlegelte mit den Vorderhufen nach dem Kopf der Frau. Einer der Männer riss sie zurück und schrie: »Sarah! Bist du verrückt geworden? Hast du den Verstand verloren?«
Einer der Maskierten lachte rau.
»Gut so, Mann. Wenigstens einer von euch ist vernünftig.«
Die Worte wehten nur schwach zu Lassiter hinüber. Er hatte immer noch keine Ahnung über die Zusammenhänge. Alles spielte sich dort unten ab, wie der große Mann es schon oft erlebt hatte.
»Seid verflucht!«, schrie die Frau verzweifelt. »Seid alle verflucht bis zum Jüngsten Tag.«
Die anderen Männer, die zu ihr gehörten, führten sie weg und in die Dunkelheit außerhalb der Flammen. Lassiter sah noch, wie ein paar Pferde zusammengetrieben wurden und wie man die Tiere vor einen Ranchwagen spannte. Es war wohl alles, was den bedauernswerten Menschen dort unten geblieben war.
Die maskierten Reiter verharrten reglos und mit schussbereiten Waffen im Feuerschein und sahen zu, wie sich ein trauriger Zug in Bewegung setzte.
Auf dem schweren Ranchwagen, der mit allerlei Habseligkeiten beladen war, saßen ein breitschultriger Mann und die Frau, der man deutlich ansah, dass sie sich noch längst nicht beruhigt hatte.
Hinter dem Wagen ritten vier Männer. Jeder führte zwei sattellose Pferde hinter sich, und auf drei Pferderücken lag je ein toter Mann. Es waren die Opfer des brutalen Überfalls, und es war wie Hohn, dass man den Überlebenden erlaubt hatte, ihre Toten mitzunehmen.
Das Haus stand noch immer in lodernden Flammen, und der rote Widerschein des Feuers ließ die Sterne verblassen.
Der Wagen und die Reiter verschwanden in der Nacht. Zwischen den Habseligkeiten auf dem Ranchwagen kauerten die beiden Kinder, und ihnen galt Lassiters letzter Blick – und auch sein Mitleid.
Er war von Natur aus ein harter Mann, und in tausend Feuern war er wohl härter geschmiedet worden als jeder andere. Aber auch er hatte ein Herz, das nicht aus Stein war.
Den Anblick dieser beiden Kinder würde er wohl so bald nicht vergessen. Wut hatte ihn gepackt, und diesmal ließ er seinen Gefühlen freien Lauf, obwohl sein kühl arbeitender Verstand ihm sagte, dass Wut ein verdammt schlechter Gefährte war.
Seine Hände pressten sich fester um den Gewehrschaft, während er mit heiserer Stimme zischte: »Verdammt sollt ihr sein, Mordbrenner!«
Er zuckte unwillkürlich zusammen, als in seiner Nähe ein leises, belustigtes Kichern ertönte. Sofort hatte er die Mündung in die Richtung des Mannes gebracht, der sich nicht weit entfernt in der Dunkelheit aufhielt und dem es gelungen war, sich unbemerkt an den großen Mann heranzuschleichen. Vielleicht war er schon dort gewesen, als Lassiter gekommen war.
»Zeig dich, Mann!«, befahl Lassiter.
Wieder war dieses seltsame Kichern zu hören. Dann sagte jemand mit krächzender Stimme: »Die Knarre brauchst du nicht, Amigo. Wenn ich was Übles gewollt hätte, wärst du jetzt schon erledigt. Ich stand schon hier zwischen den Tamarisken, als du ankamst.«
Lassiter entspannte sich.
Zwischen den Büschen wurde es lebendig, und ein ziemlich kleiner, offensichtlich sehr krummbeiniger Mann trat ins Mondlicht. Soweit Lassiter erkennen konnte, trug der Bursche die fransenbesetzte Lederkleidung eines Trappers. Ein zerbeulter, breitkrempiger Schlapphut sorgte dafür, dass Lassiter vom Sattel her das Gesicht des Mannes nicht sehen konnte.
Jetzt nahm der Bursche den Hut ab und schwenkte ihn, wie ein Kavalier alter französischer Schule in New Orleans das zu tun pflegte.
»Etienne Laroche«, stellte er sich mit stolzer Selbstverständlichkeit vor. »Scout, Trapper, Goldsucher, und was Sie sonst noch wollen, Fremder. Zurzeit bin ich eine Art Scout in eigener Sache. Ich werde von keinem dafür bezahlt. Es ist nur meine Neugier, die mich treibt. Nun ja, ein Einsiedler wie ich muss sich irgendwie die Zeit vertreiben, um nicht vor Langeweile zu sterben. Aber das ...«
Er sprach wie ein Wasserfall, fand Lassiter, und er schien auch nicht die Absicht gehabt zu haben, schon so früh aufzuhören.
Jetzt aber wurde er zum Glück unterbrochen. Vom Tal her näherte sich nämlich der Hufschlag der Maskenreiter, und die Banditen schienen genau auf Lassiter und den alten Laroche zuzukommen.
Lassiter sah den dunklen Pulk heranbrausen, und er saß ab, um sein Pferd in den Schutz der Büsche zu führen.
»Nicht nötig, Amigo«, sagte der alte Kauz. »Ich kenne mich inzwischen ziemlich gut aus in den Gepflogenheiten dieser Teufelssöhne. Pass auf, die biegen gleich nach Westen ab, sobald sie den Cannonball Creek hinter sich gelassen haben.«
So war es auch.
Als die Banditen den Creek überquert hatten, bogen sie nach Westen ab und verschwanden in der Nacht. Eine Zeitlang war noch der Hufschlag ihrer Pferde zu hören, dann war es still.
Nur noch das Prasseln des Feuers erfüllte die Nacht, und manchmal zerplatzten irgendwelche Gegenstände, so dass sich immer wieder Funkenregen in die Dunkelheit ergoss.
Lassiter betrachtete den kleinen, krummbeinigen und ausgemergelt erscheinenden Mann, der sich Etienne Laroche nannte, also französischer Abstammung war.
Es war ein ziemlich alter Mann, schätzte Lassiter, aber wenn man genauer hinschaute, war es unmöglich, zu einem Schluss zu kommen, wie viele Jahre der Bursche schon auf dem Buckel hatte.
Er hatte ein Gesicht, das mit seinen vielen Falten an altes, eingetrocknetes Leder erinnerte. Auf der hinteren Seite seines Schädels gab es noch einige weiße Haarsträhnen, aber ansonsten war der Mann völlig kahlköpfig.
Ein zotteliger Ziegenbart hing von seinem Kinn herab und ließ den kleinen Burschen noch lächerlicher erscheinen, als er ohnehin schon war.
Doch Lassiter erkannte, dass Etienne Laroche längst nicht so lächerlich war, wie man vielleicht denken konnte.
In den Augen des Mannes lag ein tiefer Ernst.
Sie hatten sich nur für zwei oder drei Sekunden angesehen, und Lassiter war überzeugt, dass ihn auch sein Gegenüber inzwischen richtig eingeschätzt hatte.
»Du bist zufällig hier?«, eröffnete Etienne Laroche vorsichtig die weitere Unterhaltung.
Lassiter nickte gelassen.
»Hattest du etwas anderes vermutet, Etienne?«
»Nun, ich denke, dass du weder ein hergelaufener Satteltramp noch ein...
| Erscheint lt. Verlag | 16.8.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • Cassidy • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Laredo • Männer • Nackt • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wyatt-Earp |
| ISBN-10 | 3-7517-8813-1 / 3751788131 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-8813-7 / 9783751788137 |
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