Lassiter Sonder-Edition 80 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-8845-8 (ISBN)
Sartonas grinste wie ein Teufel. Dann deutete er auf die halbnackte Apache-Squaw. 'Sie wird meine Sklavin sein, Lassiter', sagte er. 'Und wenn ich sie satt habe, überlasse ich sie meinen Männern.' Das waren verdammt harte Worte, und Lassiter war klar, dass Sartonas nicht bluffte. Aber auch die Indianerin wusste das. 'Lassiter', flüsterte sie, 'egal, was er mit mir macht, denk nicht an mich. Kämpfe und töte ihn!'
LASSITER UND DIE
SANFTE SQUAW
von Jack Slade
Es gab für Lassiter keine Möglichkeit zur Umkehr. Der Canyon war schmal, und der große Mann sah sofort, dass ihn die vier Reiter nicht passieren lassen würden, die da so plötzlich aufgetaucht waren. Natürlich könnte er sein Pferd herumreißen und in die Richtung zurückreiten, aus der er gekommen war, aber das würde ihn nur vom Regen in die Traufe bringen.
Denn hinter ihm war ein Rudel von Verfolgern, an die zwanzig Mann, und gegen diese Übermacht würde er erst recht keine Chance haben.
Er zügelte sein Pferd und ließ die vier Männer näher kommen. Ihre Gewehre steckten in den Scabbards, und ihre Revolver hingen in den tiefgeschnallten Holstern. Sie schienen also keineswegs in feindlicher Absicht zu kommen und es nicht auf Lassiter abgesehen zu haben.
Der große Mann wusste, dass es anders war.
Er kannte den Anführer der vier Männer. Das war ein hagerer, falkengesichtiger Mann. Der Kolben seines Revolvers hatte mehr als ein Dutzend Kerben, und das sagte schon genug.
Sein Name war Abe MacDonald, und er gehörte zu der Sorte, die weder Tod noch Teufel fürchtete.
Er grinste breit, als er sein Pferd zügelte. In schleppendem Texaner-Slang sagte er: »Hi, Lassiter! Das wär's dann also. Und wie möchtest du es haben?«
Lassiter grinste ebenfalls. Es war nicht seine Art, sich durch herausfordernde Sprüche einschüchtern zu lassen, und das zeigte er auch jetzt klar und deutlich.
»Wie viel zahlt denn Wells Fargo für meinen Skalp, MacDonald?«, fragte er gelassen. »Lohnt es sich, dafür zu sterben?«
MacDonald nahm eine gespannte Haltung an. Die Worte schienen ihm nicht zu gefallen.
»Sterben wird nur einer, Lassiter«, sagte er verächtlich. »Und auf dem Grabkreuz wird dein Name stehen.«
Nachdem er das gesagt hatte, schnappte seine Hand nach dem Revolver. Es war die linke Hand, obwohl der Revolver auf der rechten Seite hing. MacDonald gehörte zu den wenigen Männern, die es verstanden, auf diese Art unheimlich schnell und überraschend zu ziehen. Das war schon manchem Gegner zum Verhängnis geworden, denn normalerweise konzentrierte man ja seine Aufmerksamkeit auf die rechte Hand eines Gegners, wenn dieser seine Waffe auf der entsprechenden Seite trug.
Lassiter ließ sich nicht überraschen.
Er kannte Abe MacDonald schon lange, und er hatte verdammt viel von diesem Revolverwolf gehört.
Die Schüsse fielen schnell hintereinander. Lassiter hatte sich bereits seitwärts aus dem Sattel geworfen und war geschmeidig wie eine Katze auf der harten Canyonsohle gelandet.
Von unten her feuerte er. Er hatte die Winchester in den Fäusten. Beim Sturz aus dem Sattel hatte er das Gewehr aus dem Scabbard gerissen, und das erwies sich als großer Vorteil.
Mit der Winchester konnte er immerhin fünfzehnmal schießen, mit dem Colt nur sechsmal.
Lassiter war alles andere als ein Revolvermann. Er konnte sich auch sicherlich nicht mit Tigern vom Schlage eines Wild Bill Hickock oder Wyatt Earp messen, aber dafür besaß er andere Qualitäten. Seine hervorragende Eigenschaft war Entschlossenheit. Das bewies er auch in diesem Falle wieder.
Die vier Burschen wurden überrascht wie durch einen Blitz aus heiterem Himmel. Sie zogen zwar alle höllisch schnell, und ein paar Kugeln kamen Lassiter gefährlich nahe.
Dann aber war es vorbei.
Lassiter hatte alle vier aus den Sätteln geholt. Einer war von seinem scheuenden Pferd noch ein Stück mitgeschleift worden, und diesen Mann schien es besonders schlimm erwischt zu haben.
Er schrie wie am Spieß, und sein rechtes Bein hing immer noch verdreht im Steigbügel. Das Bein war in Kniehöhe gebrochen, und der arme Teufel musste furchtbare Schmerzen haben.
Lassiter war bereits aufgesprungen, und er sammelte schnell die Gewehre und Revolver der drei Verwundeten ein, die glimpflicher davongekommen waren als ihr Partner.
Danach kümmerte er sich um den Mann mit dem gebrochenen Bein.
Vorsichtig half ihm Lassiter aus seiner verzweifelten Lage und legte ihn flach auf den Boden.
Das wilde Geschrei ließ nach. Jetzt keuchte der Mann nur noch und sah Lassiter sogar mit einem Zug von Dankbarkeit an.
»Pech für dich«, sagte Lassiter grimmig. »Aber ihr wolltet es ja unbedingt wissen.«
»Zur Hölle mit dir, Lassiter!«, knurrte der Bursche. »Eines Tages bekommen wir dich, und dann kannst du dich auf was gefasst machen.«
Lassiter gab keine Antwort. Er nahm die Waffen des Mannes und schleuderte sie ein Stück weit weg. Dann ging er zu Abe MacDonald. Der Anführer des Rudels hatte eine Kugel in der Schulter stecken. Er sah Lassiter an, als könnte er es noch längst nicht fassen, was da mit ihm geschehen war.
»Woher kommt ihr?«, fragte der große Mann. »Wie seid ihr auf die Idee gekommen, mich ausgerechnet hier abzufangen?«
»Das haben wir uns ausgerechnet«, stöhnte MacDonald. »Du bist doch unterwegs zu Adlervater, habe ich recht? Der alte Apache ist doch ein guter Freund von dir.«
Das stimmte genau. Und Lassiter erschrak. Ein furchtbarer Verdacht keimte in ihm auf.
»Wie habt ihr das erfahren?«, fragte er, und seine Stimme war heiser.
Der verwundete Revolvermann grinste. »Auch ich habe meine Freunde, Lassiter. Und manchmal gibt es Mittel, einen verstockten Burschen zum Sprechen zu bringen.«
»Ihr habt Adlervater gefunden?«
Abe MacDonald nickte mühsam. Die Verletzung machte ihm schwer zu schaffen, und unaufhörlich floss Blut aus der Wunde.
Es stand nicht gut um ihn. Nur mit viel Glück würde er es überstehen. Wenn er rechtzeitig Hilfe bekam.
Lassiter empfand kein Mitleid mit ihm. Er kannte MacDonald zwar nicht besonders gut, aber er hatte schon viel von diesem Mann gehört.
MacDonald war ein schlimmer Bursche. Ein richtiger Teufel. Gnade war ein Wort, das er nicht kannte. Er war gemein und skrupellos. Ein Mensch ohne Gewissensbisse. Er schonte sein eigenes Leben ebenso wenig wie das von anderen.
Lassiters Gedanken waren zu Adlervater gewandert, dem alten Apachen. Adlervater war ein besonderer Mann, kein Häuptling, aber ein Medizinmann. Er lebte in der Einsamkeit der Berge und hatte sich von seinem Stamm zurückgezogen.
Aber er war nicht ganz allein.
Mondschein war bei ihm. Seine Enkelin.
Eine schlimme Ahnung stieg in Lassiter auf, als er in das Gesicht des skrupellosen Banditen starrte.
»Was habt ihr mit ihnen angestellt?«
Abe MacDonald runzelte die Stirn.
»Mit ihnen? Wen meinst du damit?«
Lassiter atmete auf.
Die Schufte schienen also nur einen Menschen in dem Bergversteck des alten Adlers angetroffen zu haben.
Abe MacDonald presste beide Hände auf sein Kugelloch. »Ich sterbe, Lassiter! Hilf mir!«
Lassiter schüttelte den Kopf.
»Du weißt genau, dass mir dazu die Zeit fehlt, MacDonald. Die anderen Hundesöhne von Wells Fargo sind nicht mehr weit. Ich darf keine Zeit mehr verlieren.«
Er wandte sich abrupt ab und ging zu seinem Pferd. Er musste weiter. Für ihn gab es keine andere Wahl.
Er ritt, so schnell er konnte. Die Sorge um Adlervater trieb ihn voran. Zwischendurch dachte er immer wieder an Mondschein, die junge Apachin, die Adlervaters Enkelin war.
Vor einem Jahr hatte er die beiden zum letzten Mal gesehen. Adlervater war schon um die Achtzig gewesen, ein alter Falke, der das Leben in all seinen Höhen und Tiefen kennengelernt hatte. Adlervater war ein weiser Mann, der bei allen Stämmen der Apachen die höchste Achtung genoss.
Vor zwei Jahren hatte Lassiter mit ihm Freundschaft geschlossen. Es war ein Zufall gewesen, dass sie sich kennengelernt hatten. In Lassiters Augen war es eine Fügung des Schicksals. Er glaubte fest daran, dass das Schicksal – oder wie immer man es auch nennen wollte – gewisse Menschen zusammenführte. Irgendwann ergab sich immer wieder ein Sinn daraus. Lassiter hatte es schon oft erlebt.
Lassiter durchquerte einen schmalen Canyon, von dem wieder andere, noch schmalere Canyons abzweigten. Es war ein einziges Labyrinth, in dem man sich nur mit ausgeprägtem Instinkt zurechtfinden konnte. Und natürlich mit Verstand.
Es waren die Chiricahua-Mountains. Immer wieder hielt Lassiter von erhöhten Punkten Ausschau nach den einzelnen Landmarken. Er sah in der Ferne den Boulder Peak und weiter südlich die gezackten Erhebungen der Sierra de San Antonio.
Es waren Punkte, an denen er sich orientieren konnte. Sein Gedächtnis ließ alte Bilder wieder auferstehen. Er sah wieder den Tag, an dem er Adlervater kennengelernt hatte.
Es war für Lassiter, als wäre es gestern gewesen. Der alte Apache lag in seinem Blut. Er war schwer verwundet worden. Drei Comanchenpfeile steckten in seinem Körper, und er wäre elendiglich verblutet, wenn Lassiter nicht gekommen wäre.
Natürlich half Lassiter dem alten Mann, und sehr bald erfuhr er, dass Adlervater in den Augen der Apachen so etwas wie ein Heiliger war. Ein ganz besonderer Mann, der in der Einsamkeit lebte und mit den Göttern Zwiesprache hielt.
Lassiter brachte ihn zu der Hütte, die Adlervater bewohnte. Und er lernte bei dieser Gelegenheit auch Mondschein...
| Erscheint lt. Verlag | 30.8.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • Cassidy • Country • Cowboy • Deutsch • eBook • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g f barner • Indianer • Karl May • Kindle • Klassiker • Laredo • Männer • Nackt • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wyatt-Earp |
| ISBN-10 | 3-7517-8845-X / 375178845X |
| ISBN-13 | 978-3-7517-8845-8 / 9783751788458 |
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