Standorträtsel (eBook)
604 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-8192-9038-1 (ISBN)
Diplomkaufmann Jörg Becker, Friedrichsdorf, hat Führungspositionen in der amerikanischen IT-Wirtschaft, bei internationalen Consultingfirmen und im Marketingmanagement bekleidet. J. Becker ist Inhaber eines Denkstudios für strategisches Wissensmanagement. SpG: Wirtschaft-Mittelstand, Bildung-Wissen, Bürgermeister-Wirtschaftsförderung. Managementerfahrungen u.a.: IKT-Wirtschaft, Internationale Consultingfirmen, Wissensintensive Unternehmen, Softwaremarketing. Managementinformation, Projektmanagement, Führungsseminare, Executive Coaching. J. Becker ist Autor zahlreicher Sach- und Handbücher.
1
Gold, Grimm und geheime Gremien
Schatten über Philippsruhe
Ein grauer Novembermorgen legte sich schwer über Hanau. Nebel zog durch die Alleen des Schlossparks Philippsruhe, wo Kommunalpolitiker Sven mit leicht gerunzelter Stirn an der Balustrade stand und auf den Main blickte. Hinter ihm flackerten die Lichter des historischen Museums – letzte Vorbereitungen für die neue Sonderausstellung: „Wagenfelds Erbe – Funktion trifft Form“.
Wirtschaftsförderin Mira trat neben ihn. „Sven, wir haben ein Problem. Wieder ein Einbruch im Goldschmiedehaus – zum dritten Mal in diesem Jahr.“
Sven drehte sich langsam zu ihr um. „Schon wieder? Was ist diesmal gestohlen worden?“
„Nichts. Aber jemand hat sich Zugang zu den Depoträumen verschafft. Nur ein Symbol wurde an der Wand hinterlassen – eine goldene Eule. Keine Fingerabdrücke. Keine Kamerabilder.“
„Die Eule der Minerva?“, murmelte Sven. „Philosophie als Botschaft? Oder einfach nur Wahnsinn?“
Mira schüttelte den Kopf. „Es wird noch seltsamer. Parallel dazu ist ein internes Dokument aufgetaucht – eine Haushaltsvorlage, die angeblich aus dem Finanzreferat stammt. Sie sieht vor, das Puppenmuseum dauerhaft zu schließen. Und das Schloss Steinheim soll privatisiert werden.“
„Das ist nie beschlossen worden!“, rief Sven, während er das Papier durchlas. „Das ist gefälscht – aber verdammt gut gemacht.“
Sie gingen durch das Schloss – vorbei an den Porträts der Hanauer Künstler und den goldgefassten Biografien der Brüder Grimm. Die Stadtgeschichte war hier allgegenwärtig – und offenbar wurde sie zur Zielscheibe.
Kultur gegen Kalkül
Am Abend saßen Mira und Sven im Besprechungsraum der Hanau Marketing GmbH. Zwischen Plänen für das neue Standortmarketing, Besuchszahlen der Museen und Entwürfen für eine „Grimm-Route“ durch die Stadt lag jetzt auch ein geheimer Bericht der städtischen Rechnungsprüfung. Darin: Hinweise auf eine interne Gruppe mit dem Codenamen „Balance21“ – angeblich ein Netzwerk aus Investoren, städtischen Beamten und Lobbyisten, das hinter verschlossenen Türen über die kulturelle Zukunft der Stadt entschied.
„Sie nennen sich angeblich ‚Balance‘, weil sie zwischen Kunst und Kommerz vermitteln wollen“, sagte Mira, während sie alte Protokolle durchsuchte. „Aber die Entscheidungen sind einseitig. Immer gegen die Kultur.“
Sven dachte laut nach: „Vielleicht geht es gar nicht um die Museen selbst, sondern um das, was darunterliegt.“
„Was meinst du?“
„In den alten Plänen des Schlosses Steinheim – unterirdische Gänge. Und der Legende nach versteckte Sammlungen aus Kriegszeiten. Gold, Manuskripte, Skulpturen, die nie katalogisiert wurden.“
Die Grimm-Connection
Ein Hinweis aus dem Hessischen Puppenmuseum führt Mira und Sven schließlich zu einem verschlüsselten Brief, angeblich von Wilhelm Grimm selbst – versteckt in einer restaurierten Puppenstube, deren Originale bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückreichen. Der Text scheint Hinweise auf einen „dritten Raum“ im Schloss Philippsruhe zu enthalten, ein verstecktes Archiv, das nie der Öffentlichkeit zugänglich war.
Doch je näher sie dem Geheimnis kommen, desto mehr geraten sie selbst ins Visier: Sabotierte Termine, manipulierte Haushaltszahlen, und schließlich ein nächtlicher Anschlag auf das Museum Großauheim.
Ein international tätiger Kulturgut-Hehler ringt um die alten Sammlungen, während eine Frankfurter Investmentgruppe sich gezielt in Hanauer Immobilien einkauft – unter dem Deckmantel „Stadtentwicklung“. Bürgermeister Sven und Mira müssen erkennen, dass der wahre Kampf nicht zwischen Sparzwang und Kulturförderung tobt – sondern zwischen Aufklärung und Vertuschung einer jahrzehntealten Verschwörung um verschollenes Kulturgut.
Der verschwundene Bericht
Ein feiner Nieselregen zog graue Schleier über die Altstadt. Sven, ein erfahrener, besonnener Kommunalpolitiker, stand am Fenster seines Büros im Rathaus. Sein Blick fiel auf einen dicken, versiegelten Umschlag auf dem Schreibtisch – der vertrauliche Entwurf der neuen Standortbilanz. Eine 360-Grad-Analyse, die Hanau nicht nur als „Standort mit Substanz“, sondern als Hotspot mit immateriellem Kapital präsentieren sollte.
Wenige Stunden später war der Umschlag verschwunden.
Wirtschaftsförderin Mira, jung, ehrgeizig und vernetzt in der Projektentwicklungsszene von Frankfurt bis Bad Vilbel, war die Erste, die es bemerkte. „Sven“, sagte sie mit ernster Stimme, „wenn dieser Bericht in die falschen Hände gerät, kippt unser ganzes Standortmarketing. Dann gewinnen andere – mit halben Wahrheiten.“
Sven nickte. Die neue Standortbilanz war revolutionär. Sie zeigte nicht nur Grundstückswerte, sondern auch die Stärke von Bildungsnetzwerken, Innovationspotenziale und Bürgerengagement. Alles aufbereitet in übersichtlichen Portfolios, Ampelgrafiken und Wirkungsnetzen. Wer wusste, wie man damit arbeitete, hatte den strategischen Hebel in der Hand.
Der Gegenschlag
Am nächsten Tag erreichte Mira ein anonymes Dossier. Darin: eine manipulierte Version der Standortbilanz – zugunsten eines Investors, der gerade mit einem Großprojekt in Bad Vilbel verhandelte. Die Gewichtung war verschoben, die Bewertung immaterieller Faktoren massiv heruntergespielt. Es sah aus, als sei Bad Vilbel der dynamischere Standort – doch Mira wusste, die Zahlen waren getäuscht.
Sie rief Sven an. „Wir haben ein Leck. Und ein Motiv.“
Zusammen rekonstruieren sie, wie jemand Zugang zu den Bewertungsdimensionen bekommen haben könnte. Die Annahmen zu Bodenrichtwerten waren verändert, Cluster von Standortfaktoren künstlich neu gewichtet, das Wirkungsnetz gestaucht.
Die Schattenakte
Sie stoßen auf eine Spur zu einem ehemaligen Mitarbeiter aus dem Bereich Liegenschaftsmanagement, der zuletzt für eine Beratungsgesellschaft gearbeitet hatte – spezialisiert auf „optimierte Standortdarstellung“. Seine neue Klientin: die Stadt Bad Vilbel.
Während Mira mit einem befreundeten Datenanalysten das Standortprofil-Diagramm auf Manipulationen prüft, besucht Sven in Bad Vilbel einen vertraulichen Termin mit der Bürgermeisterin. Was er dort erfährt, stellt alles auf den Kopf: Auch sie wurde getäuscht – und ein dritter Player ist im Spiel. Ein Finanzinvestor, der auf sogenannte „graue Standortreserven“ spekuliert – Wertzuwächse, die noch gar nicht bilanziert, aber strategisch einpreist sind.
Das Radarsystem schlägt zurück
Mira und Sven stellen eine Replik der Standortbilanz ins Netz – mit transparenter Methodik, interaktiven Standortampeln, Einbindung von Bürgerfeedback und einem offenen Portfolio mit Handlungsempfehlungen. Die Resonanz ist enorm. Bürgerbeteiligung und Standortbewusstsein steigen. Der „Radarschirm“ wird zur Plattform für eine neue Form kommunaler Rechenschaft.
Doch dann verschwindet Mira spurlos – auf dem Weg zu einer Präsentation vor dem Wirtschaftsausschuss.
Berichtswesen qualitativer Standorteigenschaften
Sowohl für das eigentliche angebotsorientierte Standortmarketing als auch für nachfrageorientierte Standortanalysen und - vergleiche hat die traditionelle Art von Vermögensbilanzen für sich alleine eine eher geringe, möglicherweise sogar irreführende Aussagekraft. Grundsätzlich ist nämlich zu bedenken, dass in den derzeit von den Kommunen in Angriff genommenen Vermögensbilanzen ausschließlich harte, d.h. im Sinne der kaufmännischen Buchführung buchbare Faktoren ihren Niederschlag finden.
Ein Standort ist mehr als nur die Addition aus buchbaren Einzelwerten, die der Kommune gehörenden Sachanlagen in Form von Gegenständen, Grundstücken, Immobilien, Straßen, Leitungen u.a. beigemessen werden. Einen weitaus höheren Wert stellt das ebenso am Standort befindliche private Eigentum dar. Unabhängig davon muss man bereits im Bereich dieser sogenannten harten Faktoren auch mit Annahmen (z.B. Bodenrichtwerte, durchschnittlicher Lagewert eines Grundstückes) arbeiten).
Viele Annahmen müssen dabei unter einem weit dehnbaren Interpretationsrahmen getroffen werden, da große Teile der in der Vermögensbilanz angeführten Sachanlagen unverkäuflich sind und für sie daher manchmal nicht einmal annäherungsweise, d.h. überhaupt kein Marktpreis feststellbar ist.
Chancen und Risiken lassen sich für einen Standort besser mit Hilfe einer Gesamtschau herausfinden und bewerten. Dabei müssen auf Grundlage einer mehrschichtigen Sichtweise alle Einflussfaktoren möglichst lückenlos einbezogen werden. Die Standortbilanz bietet eine umfassende, für jedermann verständliche Kommunikationsplattform, über die sich alle wichtigen Akteure wie Stadtverwaltung, Projektentwickler, Betreiber, Investoren, Einzelhändler, Dienstleister oder...
| Erscheint lt. Verlag | 11.7.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
| ISBN-10 | 3-8192-9038-9 / 3819290389 |
| ISBN-13 | 978-3-8192-9038-1 / 9783819290381 |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
| Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 732 KB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich