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Treuetat (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 1. Auflage
336 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
9783841238320 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Treuetat - Elke Pistor
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Im Schatten der Vergangenheit

Kommissarin Verena Irlenbusch macht eine schockierende Entdeckung: während sie sich um ihre an Alzheimer erkrankte Großmutter kümmert, stößt sie zufällig auf belastende Dokumente, die die düstere Vergangenheit ihres Großvaters enthüllen. Gleichzeitig wird sie mit ihrem Kollegen Christoph Todt in drei mysteriöse Mordfälle verwickelt - Fälle, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, aber bald eine unerwartete Verbindung offenbaren. Je tiefer sie graben, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Opfer und Täter - und dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit drohen ans Licht zu kommen ...

Der spannende zweite Fall der Kommissarin Verena Irlenbusch



Elke Pistor, Jahrgang 1967, studierte Pädagogik und Psychologie und sammelte vielseitige berufliche Erfahrungen, unter anderem als Trainerin und in der Familienbetreuung. 2010 brachte sie ihren ersten Kriminalroman heraus und entdeckte dabei ihre wahre Leidenschaft: spannende Geschichten voller Nervenkitzel. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Köln und sorgt seitdem dafür, dass ihre Leser:innen mit ihren fesselnden Krimis nicht mehr loskommen.

2. Kapitel


Das Haus ist dunkel und kalt. Wasser tropft von den Wänden. Wind streicht durch die leeren Fensteröffnungen und bringt Regen mit sich. Das Kind kauert in einer Ecke, zieht den löchrigen Mantel enger um sich, sucht Wärme in der eigenen Umarmung. Es friert. Aber hier ist es heller als in den anderen Räumen, und die Gesichter aus seinen Träumen verschwinden in den Schatten. Hunger frisst sich durch seinen kleinen Leib. Vor mehr als zwei Tagen hat es das letzte Mal etwas gegessen. Da, wo es war, bevor der Mann es weggeholt hat.

Im Haus ist nichts. Keine Möbel. Es muss schon lange verlassen worden sein. Verfällt. Die Haustür ist verschlossen. Die Fenster in der unteren Etage vernagelt, sperren das schale Licht aus. Das Kind hat am Holz gerüttelt, versucht, einen Spalt zu finden, durch den es kriechen und fliehen kann. Vergeblich. Den Sprung aus den oberen Fenstern wagt es nicht. Zu hoch.

Schritte knarzen auf der Holztreppe. Das Kind schließt die Augen, versucht, sich unsichtbar zu machen. Der Mann betritt den Raum. Es kann ihn riechen. Seinen Geruch nach Schweiß und Dreck und etwas, was wie süßes Eisen auf dem Gaumen schmeckt. Das Kind blinzelt durch die vom Weinen verklebten Wimpern. Der Mann legt ein schmales Paket vor die Füße des Kindes, faltet die Hülle aus altem Zeitungspapier auseinander. Brot. Ein winziges Stück Speck. Eine Kartoffel. Er schiebt alles auf das Kind zu. Nickt.

»Iss das.«

Das Kind presst die Lippen zusammen, dreht den Kopf weg.

»Iss es.«

Das Kind zieht die Beine nah an den Körper, legt die Stirn auf seine Knie, umklammert sich selbst und atmet flach.

Der Mann reißt den Arm des Kindes nach oben, packt sein Kinn und presst Daumen und Zeigefinger auf die Kiefer, bis es den Schmerz nicht mehr aushält und nachgibt. Mit einem Schrei öffnet es den Mund. Der Mann stopft das Brot zwischen die Lippen des Kindes. Es schmeckt Schimmel, würgt, aber der bohrende Hunger ist stärker. Es schlingt und verschluckt sich an den Brocken, die sich lösen. Der Mann schlägt es auf den Rücken, heftig. Zu heftig. Es tut weh. Das Kind stöhnt, hustet noch mehr. Der Mann zieht eine Flasche aus der Manteltasche, öffnet sie und drückt sie dem Kind an die Lippen. Es schmeckt modriges Wasser. Der Gestank des Mannes wird stärker, als er sich neben dem Kind niederkniet. Die Schwaden kommen aus dem dicken Stoff des schweren Mantels, aus seinen Haaren und aus seinem Mund. Er starrt ihm in die Augen. Sucht und forscht darin. Dann steht er auf, dreht sich um und geht zur Tür.

»Bleib hier«, sagt er und schaut das Kind noch einmal an. »Wenn du wegläufst, werde ich dich finden.«

*

»Deine Absicht in allen Ehren, Verena«, knurrte Rogmann eine halbe Stunde später und schloss die Tür zu seinem Büro, in das er sie alle drei zitiert hatte. »Aber du solltest dich daran erinnern, wer der Hauptverantwortliche in diesem Laden ist.« Er ging um seinen Schreibtisch herum, setzte sich. »Das bin ich. Und es geht überhaupt nicht, dass du einfach öffentlich meine Entscheidungen infrage stellst.«

»Ich wollte nur …« Verenas Blick blieb an einem Strauß rosafarbener Nelken hängen, die in Rogmanns ansonsten nüchternem Büro seltsam fehl am Platz erschienen. Er brachte sie regelmäßig aus der Mittagspause mit und nahm sie am Abend für seine Frau mit nach Hause, weil es ihre Lieblingsblumen waren, seitdem er ihr bei ihrem ersten Treffen genau so einen Strauß geschenkt hatte. Rogmann hatte ihr irgendwann davon erzählt, und sie hatte den Eindruck gehabt, es sei ihm peinlich. Dabei fand Verena es wundervoll, dass er nach vielen Jahren Ehe noch daran dachte, seiner Frau eine Freude zu machen. Rogmann war ein durch und durch friedfertiger Mensch, der es hasste, mit anderen Konflikte auszutragen, die sich hätten vermeiden lassen. Sein scharfer Ton ließ darauf schließen, wie ungehalten er über die Situation war.

Der schwere Duft der Blumen hing in der Luft und legte sich auf ihre Lunge wie ein altmodisches Parfüm. Sie räusperte sich.

»Ich weiß, was du wolltest, Verena. Und du hast sogar recht. Trotzdem. So nicht noch mal.« Rogmann schaute in die Runde. »Leo soll sich erst mal wieder in Ruhe einarbeiten, bevor sie an einen Fall muss.«

»Wenn ich nur stundenweise arbeiten darf, dann bitte an einem richtigen Fall, Walter. Ich kann meine Kräfte sehr gut einschätzen und weiß, wann es zu viel ist. Und sprich nicht von mir, als wenn ich nicht da wäre«, entgegnete Leo in scharfem Ton.

»Deine Kräfte schon. Aber was ist mit deinem Ehrgeiz, Leo. Ich habe dich heute auf dem Schießstand beobachtet.«

»Und was hast du da gesehen?«

»Jemanden, der um jeden Preis sein Ziel erreichen will.«

»Ist das schlecht?«

»Ja, verdammt, das ist es. Wenn du darüber deine Objektivität in der Sache vergisst. Wenn der Fall nur dazu da ist, damit du dir selbst beweisen kannst, dass du wieder im Spiel bist«, donnerte er. Leo zuckte zurück.

»Du hast mich hierhergeholt, weil du denkst, ich packe es.«

»Der Arzt hat es bestätigt.«

»Er hat meine Knochen, Nerven und Muskeln begutachtet. Nicht mich.«

»Zur Dienstfähigkeit gehört auch die psychische Belastbarkeit. Wenn du die noch nicht hast, kannst du noch nicht bleiben. Egal, was der Doc über deine Knochen sagt.« Rogmann senkte den Kopf und atmete langsam aus. Niemand erwiderte etwas. Nur die Stimmen der Kollegen auf dem Gang vor dem Büro und der gleichmäßige Verkehrslärm von der Straße füllten die Stille.

»Teil mich da ein, wo du es für am besten hältst, Walter«, brach Leo nach einer kurzen Weile das Schweigen. Sie verschränkte die Hände im Schoß und knetete ihre Finger.

»Ich möchte sie wirklich gerne dabeihaben, Walter, weil ich fest davon überzeugt bin, dass wir zu dritt hervorragende Arbeit leisten können«, erklärte Verena.

Walter Rogmann schürzte die Lippen, zögerte kurz.

»Also gut, Leo. Du bist dabei.«, sagte er schließlich. »Und ihr drei habt den Fall. Kai Ziegler heißt der gute Mann.«

»Wo finden wir ihn, wenn wir mit ihm reden wollen?«

»Im Krankenhaus. Auf der Intensivstation. Allerdings ist er zurzeit ein sehr schlechter Ansprechpartner, weil er im Koma liegt.«

»Ich habe mit dem Krankenhaus telefoniert.« Leo betrat ohne anzuklopfen das Büro, nahm sich einen der Besucherstühle und setzte sich neben Verena. Sie legte einen Notizblock auf den Schreibtisch und schlug ihn auf. »Die Ergebnisse der Blutuntersuchung liegen vor. Er hatte Barbiturate intus, und das nicht zu knapp. Er ist nach wie vor nicht ansprechbar, und sie können nicht abschätzen, wie lange das noch dauert. Seine Verletzungen sind ziemlich schwer, und sie halten ihn im künstlichen Koma, damit der Heilungsprozess besser verlaufen kann. Vielleicht hat er Glück. Soll ja vorkommen.« Sie sah zu Christoph Todt hinüber, der den beiden Frauen gegenübersaß, musterte ihn und ließ dann den Blick langsam über den Schreibtisch wandern. »Sie haben umgeräumt. Ich hatte das Telefon immer an der anderen Seite stehen«, warf sie ein und fuhr dann, ohne Christoph Todt antworten zu lassen, fort: »Die Kollegen haben mir aber die Kontaktdaten seiner Freundin und der Uni gegeben …«

»Der Uni? Ich dachte, er wäre Journalist«, unterbrach Verena sie. Christoph hatte in Rogmanns Büro geschwiegen, als es um Leo ging, und auch bisher nichts verlauten lassen, wie er die ganze Sache sah.

»Er arbeitet dort als Dozent. Nicht Vollzeit, sondern nur stundenweise. Aber schon in dem Umfang, dass es ihm ein kleines Grundeinkommen sichert. Bis vor anderthalb Jahren war er noch bei einer Zeitung. Dann hat der Verlag beschlossen, seine festangestellten Redakteure, bis auf die Chefetage, zu feuern und nur noch mit Freien zu arbeiten. Meistens sind das dann die gleichen Leute, nur wesentlich schlechter bezahlt und ohne Sozialleistungen.« Sie machte eine Pause, griff nach dem Wasserglas und trank einen Schluck. »Außerdem habe ich den genauen Wortlaut der Drohung, die er per SMS bekommen hat.« Sie beugte sich vor und blätterte eine Seite des Blocks um. »›Hören Sie auf, solange Sie noch können. Zu viel Neugierde ist lebensgefährlich.‹«

»Konnte das Handy ermittelt werden, von dem aus die Nachricht verschickt...

Erscheint lt. Verlag 15.7.2025
Reihe/Serie Ein Verena-Irlenbusch-Krimi
Sprache deutsch
Original-Titel Treuetat
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alzheimer • Christiane Dieckerhoff • Ermittlerin • Ermittlung • Familiengeheimnis • Geheimnis • Journalist • Katharina Peters • Kommissarin • Krankheit • Krimi • Kriminalfall • Polizei • Rache • Schuld • Vergangenheit • Vergessen • Zeitung
ISBN-13 9783841238320 / 9783841238320
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