Lied der Seele (eBook)
401 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8197-3241-6 (ISBN)
Drei Seelenstörungen treffen auf Hochempathie und absolute Willensstärke und lösen eine jahrzehntelange Suche nach Grenzen aus. In seinem Kampf gegen sein inneres Kind rennt Nikolaj Mosch mit Vollgas in einem Zickzackkurs vor sich selbst weg, durchlebt bittere Armut, sieht seinen Körper in einer Nahtoderfahrung von oben und findet über erhebliche Umwege schließlich nicht nur sich selbst, sondern Lösungswege für die Menschheitsprobleme. Nach 28 Jahren Fahrradbranche erkennt er endlich seine eigentliche Aufgabe und traut sich auf die Bühne dieser Welt.
Drei Seelenstörungen treffen auf Hochempathie und absolute Willensstärke und lösen eine jahrzehntelange Suche nach Grenzen aus. In seinem Kampf gegen sein inneres Kind rennt Nikolaj Mosch mit Vollgas in einem Zickzackkurs vor sich selbst weg, durchlebt bittere Armut, sieht seinen Körper in einer Nahtoderfahrung von oben und findet über erhebliche Umwege schließlich nicht nur sich selbst, sondern Lösungswege für die Menschheitsprobleme. Nach 28 Jahren Fahrradbranche erkennt er seine Aufgabe in dieser Welt und traut sich endlich auf die Bühne dieser Welt.
Und was ist falsch?
Gib mir ein Zeichen.
Was ist Liebe?
Baby, verletze mich nicht.
Verletze mich nicht, nie mehr.“
Der Beat der 90er Dance Floor Musik war eine Wahnsinns Entdeckung für mich. Ich kannte so etwas nicht, zuhause gab es nur Klassik, und von meinen Kumpels kannte ich Pop von Phil Collins und Hard Rock von den Scorpions. Der Beat aus den großen Lautsprecherboxen der Tanzschule durchströmte mich voll und ganz. Ich bekam das Gefühl, stärker zu sein, abzuheben, zu fliegen. Der Foxtrott war easy, vor, seitlich, zurück, seitlich, vor, und so weiter. Schwieriger als das war, sich nicht ständig auf die Füße zu treten. Meine Tanzpartnerin hinderte mich zuverlässig daran, abzuheben, zu fliegen. Mit Jans Schwester tanzte ich später noch. Das war schön und half mir, meine Mädchenpanikphase abzuschließen. Dann hob ich ab, alleine.
Das Epizentrum des europäischen Techno lag damals in und um Frankfurt am Main. Sven Väth, Snap, DJ Dag, DJ Taucher waren nur ein paar der bekannten Namen. Dass ich in unmittelbarer Nähe wohnte, mag Zufall gewesen sein. An Zufälle glaube ich nicht mehr. Der Techno war einfach überall. Im Radio, auf MTV, auf Dorfparties, auf Privatparties, in den Diskos. Selbst im Zug morgens um 7 gab es Menschen, die sich Hardcore Techno über schlecht isolierte Kopfhörer rein zogen. Ich war eher so der Nebenher-ab-und-zu-Disco-Gänger. Aber dann so richtig. Ich war im U60311, einem umgebauten U-Bahn-Tunnel und ignorierte den dort offen praktizierten Drogenkonsum. Dann ging ich in den Paramount Park mit seinen unzähligen Tanzflächen. Zum Eintritt musste man gleich mehrere Getränke zum Schweinepreis mit bezahlen. Die halb nackten Mädels, die in installierten Stahlkäfigen zappelten und die männliche Kundschaft anziehen sollten, hielten zum Glück nicht lange durch, die nervten mich. Überhaupt waren mir die Menschen dort reichlich egal, ich wollte nur eins: Extase. Ich vergaß alles um mich herum, schwitzte alle Wut raus, stundenlang bis in die Morgenstunden. Das Beste war die Laser Light Show um 3 Uhr:
“ There's no time for us
There's no place for us
What is this thing that builds our dreams
Yet tips 'em 'way from us
Who wants to live forever?
Who wants to live forever?”
Queen
„Es gibt keine Zeit für uns
Es gibt keinen Platz für uns
Was ist das Ding, das unsere Träume erschafft
Und sie uns doch wegnimmt?
Wer möchte für immer leben?
Wer möchte für immer leben?“
Mir war es völlig schnurz, was irgendwer über mich dachte. Selbst diejenigen, die mich begleiteten, fanden es mitunter komisch mit mir. Es war meine schamanische Trommel, meine Verbindung. Und meine Teiltherapie für das Schwitzproblem. Einmal war ich mit Anfang Zwanzig nochmal spontan da. Ich hatte im Verein vor Wochen das Einzelzeitfahren gewonnen, und am Sonntag stand ein Etappenrennen an. So richtig Lust hatte ich darauf nicht, es war nicht meine Disziplin. Am Samstag Abend fuhr ich spontan zum Paramount Park, tanzte die Nacht durch und kam zwei Stunden vor Rennbeginn zuhause wieder an. Ich duschte, aß was und ging an den Start. Die Strecke zog sich wie Kaugummi, ich fuhr irgendwie durch, in nicht allzu hohem Tempo. Ich sah die fragenden Blicke der anderen, schließlich begann ich das Rennen von Platz 1 aus. Ich beantwortete ihnen ihre Blicke nicht, mir war meine Platzierung einfach völlig egal. Danach saß ich noch mit meinem Geschäftspartner in der Kneipe beim Essen, wir spezifizierten noch hundert Fahrräder für die Vororder.
Ein anderes Mal war ich auf einer Privatparty bei Heidelberg eingeladen. Die schmiss der Bruder von Brigitte, die ich in Edmonton kennengelernt hatte. Es war die beste Party, die ich jemals hatte. Sie hatten einen DJ in einer Halle, es kamen 200 Leute. Der Sound war gigantisch, die Nebelwerfer und Lichteffekte besser als der Standard 0815 Kram der Diskos. Es gab keine Drogen und kaum Alkohol, dafür irre viele Kisten mit Sprudelwasser. Um halb vier kam die Polizei und drehte die Lautstärke runter. Nachdem sie wieder weg war, drehte der DJ den Sound wieder hoch. Ein Mädel schlief direkt neben einer der wummernden Boxen ein. Mit ihr fuhr ich nach drei Tellern Spagetti und ein paar Stunden Schlaf mit dem Zug in Richtung Frankfurt. Wir waren so durch, dass wir von der Endstation aus aus Versehen wieder zurück fuhren, anstatt umzusteigen. Also wiederholten wir die Zugfahrt und jeder kam irgendwie nach Hause.
Viele Jahre später fuhr ich alleine bei bestem Wetter zu einem Techno Festival nach Hanau. Die vielen Kleingruppen liefen mir zu langsam in Richtung Eingang, so dass ich alle überholte und ziemlich zügig unterwegs war. Mich fischte ein Drogenfander raus, dem ich verdächtig vorkam. Er ließ mich fast komplett ausziehen und griff mir sogar in die Unterhose. Da ich mit Drogen nichts zu tun hatte, konnte ich dann endlich rein.
Der Kontrast zur klassischen Geige, die ich Zuhause spielte, passte für mich. Es schloss nicht das eine das andere aus. Das Gleiche galt für die Natur und die Pfadfinderarbeit.
Im Cocoon Club war ich mit H. Sie sah wunderschön aus an diesem Abend. Ihre Traurigkeit hielt ich kaum aus. Sie war todunglücklich, so wie ich, das war unsere Gemeinsamkeit, deshalb waren wir dort. Und so raveten wir durch die Nacht. Unsere Blicke kreuzten sich, aber Schmetterlinge gab es keine im Cocoon. Und so ging wieder jeder dorthin, wo das Zuhause sein sollte, aber nicht war.
* * *
Mir war schon immer wärmer als den meisten Menschen um mich herum. Damals waren die Winter noch kalt und es gab minus zehn Grad. Ich bekam lange Unterwäsche aus Seide. Ich ertrug die Wäsche nicht und zog sie nicht mehr an. Sie war zu warm, kratzte, und engte mich irgendwie ein. Ansonsten hatte ich entweder eine Schicht weniger als die anderen an oder aber dünnere Schichten. Ich hatte mal einen verfrorenen Freund, er trug immer eine Schicht mehr als alle anderen. Uns unterschieden also meist zwei Schichten.
Dazu kamen die Schweißfüße. Ich schwitzte billige Stiefel innerhalb weniger Wochen kaputt. Zwei Winter lang trug ich Springerstiefel, die hielten.
Die Schlafsäcke, die ich verwendete, zerstörte ich mit der Zeit durch mein nächtliches Schwitzen. Es sammelte sich so viel Feuchtigkeit im Schlafsack, dass ich ihn vor dem Einpacken erstmal ordentlich lüften musste. In meiner Triathlon-Zeit stieg ich mit den ersten Sonnenstrahlen im März auf kurze Hosen um.
Es dauerte sehr lange, das auseinanderzuhalten: Das eine Thema war die Ernährung. Das zweite Thema war mein Seelenschaden. Das dritte Thema war mein ungewöhnlich hohes Energieniveau. Ich hatte Energie bis zum Platzen. Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass andere weniger davon haben könnten. Bis ich eines Tages die Erfahrung sammelte, wie es sich mit 90 anfühlt.
* * *
Mit zehn oder elf fuhr ich nochmal nach West-Berlin. Mein Onkel wohnte dort in Kreuzberg. Er ging mit mir auf diese Aussichtsplattform vor dem Brandenburger Tor. Ich war jetzt älter als zu meinem Wegzug, ich nahm die Dinge bewusster wahr. Ich fühlte mich rein in die Eingesperrten auf der anderen Seite. Das versetzte mir eine Gänsehaut. Mein Bauch zog sich zusammen. Es war das erste Mal, dass ich wahrnahm, dass ich körperlich auf meine Empathie reagierte.
Mit meinen Eltern passierte ich zu Fuß die Grenze nach Ost-Berlin. Wir wollten auf den Alex, und uns in der Umgebung ein wenig umschauen. Das Deja-Vu kam mit den Grenzbeamten, aber sie ließen mich in Ruhe. Nebendran zerlegten sie gefühlt ein halbes Auto, welches ausreisen wollte. Ich bekam die Geschichte erzählt, dass Grenzbeamte bei der Einreise Säuglinge anfassten, um zu überprüfen, ob sie echt waren. Es könnte jemand mit einer Puppe ein- und mit einem DDR-Säugling wieder ausreisen.
Wir hatten unser zwangsgetauschtes Alu-Geld. So holten sie sich Devisen ins Land. Da wir nur ein paar Stunden bleiben wollten, mussten wir zusehen, dass wir es ausgaben. Wir gingen in ein Kaufhaus mit dem zynischen Namen “Konsum”. Drinnen war alles so merkwürdig anders, und vor allem gab es nicht wirklich viel. Das Sortiment hatte weder Breite noch Tiefe. Es gab einfach irgend etwas, was gerade da war, dazwischen waren die Fächer leer. Das Bild dieser Regalfächer ploppte spontan bei mir auf, als zu Corona-Zeiten die Leute jammerten, beim Edeka gäbe es nichts mehr. Diese Leute waren einfach nur lächerlich verwöhnt. Sie dachten, dass beim Wegfall von Barilla-Nudeln die...
| Erscheint lt. Verlag | 12.6.2025 |
|---|---|
| Verlagsort | Berlin |
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
| Schlagworte | Ganzheitlichkeit • Heilung • Krisenlösung • Schamanismus • Seele • Trauma • Umweltzerstörung |
| ISBN-10 | 3-8197-3241-1 / 3819732411 |
| ISBN-13 | 978-3-8197-3241-6 / 9783819732416 |
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