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Nebelfotograf (eBook)

eBook Download: EPUB
2025 | 3. Auflage
204 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8197-2940-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nebelfotograf -  Johann Steller
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Haben Sie sich jemals Ihre Reaktion vorgestellt, sollten Sie auf Ihren Alltagswegen je einem 'Alien' begegnen? Keiner von uns ist auf so eine Eventualität vorbereitet, doch vielleicht ist es mittlerweile an der Zeit, sich wirklich Gedanken darüber zu machen... Wir Menschen ringen mit gigantischen, oftmals schier unüberwindbar scheinenden Problemen - sowohl in der realen, als auch fiktionalen Welt. Fiktion befähigt uns aber zu einer gewissen Distanz aktuellen Ereignissen gegenüber. Fiktion verschafft uns Zeit und Auswahlmöglichkeiten. Die Realität stellt sich bereits ausreichend brutal dar, denn selten haben wir Einfluss darauf, was um uns herum geschieht. Infolgedessen wäre es wohl nicht verkehrt, einige Szenarien einmal ernsthaft zu visualisieren. Der heldenhafte Protagonist dieses Buches, unmittelbar konfrontiert mit einer fremden Zivilisation, handelt auf unkonventionelle und mutige Weise. Er spiegelt zwei Gesichter der Angst wider: einerseits vor etwas Anderem und Unbekanntem, auf der anderen Seite lockt ihn seine grosse Neugier und Lust auf Neuentdeckungen. Ein Dualismus von aussergewöhnlicher Gestaltung. Persönlich setze ich auf die zweite Art dieser Ängste, so hoffentlich auch meine zukünftigen Leser!

Kunsthistoriker und Philosoph.

Kunsthistoriker und Philosoph.

Kapitel 1

 

Steven liebte diese nebligen Morgen im Frühherbst, wenn er gegen acht Uhr aufstand, um seine tägliche Runde mit dem Hund zu machen. Zuerst musste er einen kleinen Hügel besteigen, welcher sich hinter seinem Garten erstreckte, bis er zu den weitläufigen Feldern, mit umsäumenden Eichenwäldern, gelangte. Der Lohn für seine Kletteranstrengungen und leichte Atemlosigkeit war der Anblick der schneebedeckten Alpen an jedem Tag. Diese Lage war der ausschlaggebende Grund für den Kauf seines Hauses – ein altes, verwinkeltes Objekt mit Weinkellern und Garten. Umgeben von einer Hecke war das Grundstück uneinsehbar seitens der Strasse und Felder, gleichzeitig bot es das Gefühl von Sorglosigkeit, sowie Abgrenzung von der Aussenwelt. Bekannte verglichen dieses herrliche Anwesen mit dem Garten Eden, was Stevens verschlossenen Charakter berücksichtigend, nahe der Wahrheit lag.

So begann der Morgen mit dem alltäglichen Laufritual seines wilden, unbändigen Hundes, welcher jeden Vogel in den Bäumen anbellen musste. Steven bewunderte diese unerschöpfliche Energie seines Gefährten – ein Tier mit Charakter, gerettet aus einer Hundestation, der mittlerweile eine Art Therapeut für seinen Besitzer geworden war. Die bedingungslose Liebe und Hingabe des Hundes überzeugten ihn davon, dass lediglich Uneigennützigkeit alle Wünsche befriedigen konnte.

Die Schweizer Provinz bot ihm die Option, ein einerseits einfaches, aber dennoch erfülltes Leben zu führen. Trotz zweier akademischer Abschlüsse, legte er keinen grossen Wert auf sein Informatik- bzw. Philosophiediplom. Sie befanden sich nun in dem weitläufigen Büro, welches er von seinem Grossvater geerbt hatte, was den zähen Prozess des Erwachsenwerdens abschliessen sollte. Sein eigener Arbeitsrhythmus bot ihm einige Unabhängigkeit. Er schrieb PC-Programme für Firmen in der Bankenbranche. Eine eintönige Tätigkeit, die ihn regelmässig zur Abwechslung nötigte, seinen langjährigen Studienfreund Little John zu treffen. Diesen, auf seine zwei Meter Statur anspielenden Spitznamen, verdankte er seinen Kumpeln. Er hatte kupferfarbene Locken, war gebürtiger Schweizer, ein sogenannter Secondo, Sohn irischer Emigranten, die voller Stolz auf seinen finanziellen und gesellschaftlichen Status blickten – beides mühevoll erarbeitet. Steven selbst stammte aus einer alteingesessenen Berner Familie und war für Little John in vielerlei Hinsicht sein Gegenstück. Sie waren seit Studienbeginn ein Gespann, doch eine wahre Freundschaft erstand erst durch die Bekanntschaft zu einer Frau, in die sich beide bis über beide Ohren verliebt hatten. Sie war atemberaubend schön, auch wenn sie bei nüchterner Betrachtung ihres Intellektes an Attraktivität einbüsste. Ferner entstammte sie einer mehr als vermögenden Familie. Als ein ebenbürtiger Rivale auf der Bildfläche erschien, söhnten Steven und Little John sich aus, zumal der Nebenbuhler die Schönheit samt ihrem Vermögen ehelichte. Steven war schon immer der Ansicht, dass nichts eine Freundschaft so festigen konnte, wie geteiltes Leid. Daher erkannte er über Nacht Little John als ergebenen Freund an. Diesen Vormittag war er mit Little John verabredet, um über ein bestimmtes IT-Projekt zu reden und Fotos zu begutachten, welche Steven mit seinem neuen Apparat gemacht hatte.

Die Fotografie war aufgrund eines Sehfehlers eine besondere Herausforderung für Steven, der manchmal nur sich überlappende Bilder erkannte. Sein Gehirn hatte gelernt, mit diesem Phänomen klarzukommen, doch hin und wieder kam es zu komischen Situationen, wenn er z.B. Personen als durchsichtig wahrnahm. Andererseits konnte er transparente Objekte dreidimensional sehen. Kurz gesagt: diese Art Fototherapie ermöglichte ihm, seine individuelle Realität mit der echten abzugleichen und war sozusagen eine Art Trainingseinheit für visuelle Wahrnehmung.

Steven liebte auch die Malerei. Er fand, dass Philosophie durch die Kunst sprechen könne – ein schwieriges, doch nicht unmögliches Unterfangen. Vielleicht erschienen ihm künstlerische Artefakte als allgemeingültige Wertesymbole, da nun jeder höchst individuell interpretieren kann. Kunst und Philosophie bieten diverse Interpretationsansätze, verpflichten aber zu keiner Standardmeinung. Eine Karriere als Student auf einer Kunstakademie, oder gar Künstler, war ihm infolge seiner Sehbehinderung nicht gegeben. So vergrub er sich daheim zwischen seinen Büchern und Gemälden, wo er sich am sichersten fühlte. Einerseits schottete er sich von Menschen ab, vermied Massenaufläufe aller Couleur, war jedoch sehr interessiert an der Dramaturgie des täglichen Weltgeschehens. Innerhalb seines erlesenen Bekanntenkreises galt er als geistreicher Mensch mit weitem Horizont, welcher allerdings jeden kontroversen Diskurs zu vermeiden wusste. Für jeden, ausser Little John. Mit ihm hatte er einige gute, internationale Projekte verwirklicht, welche ihnen einen Weg zu einem freischaffenden, renommierten Beraterstatus bezüglich spezieller Programmierungen für Firmen ermöglichten. Die Zeitintervalle zwischen den Aufträgen nutzten sie allein für sich. John kritisierte Steven nie, was dieser wertschätzte, zumal er jede Form von Kritik als Symptom von Missverständnissen ansah, dabei waren sich beide immer einig. Steven war für Little John ein Vertreter für all die Eigenschaften, die er bei seinem Vater so vermisste: Offenheit und Herzlichkeit, doch immer die Privatsphäre respektierend. Sie erkannten, wie wichtig sie füreinander waren, als Stevens 40ster Geburtstag mit etlichen Gläsern Wein gefeiert wurde und sie beschlossen, dass die Arbeit allein nicht ihr Leben bestimmen sollte.

Der Klang eines Autos auf Stevens Kieseleinfahrt versetzte seinem Hund einen zusätzlichen Adrenalinschub. Er raste die Holztreppe herab in der Hoffnung, den erwarteten Gast als erster begrüssen zu können. Die Glasfront der Haustüre war stets gezeichnet von tierischer Vorfreude, egal, wie oft geputzt wurde. Little John ergab sich dem Begrüssungsritual des Hundes und liess sich beschnuppern.

- Ich bin oben - Stevens Stimme schallte irgendwo aus dem ersten Stock herab.

- Wie wäre es mit einem kleinen Apero?

- In Anbetracht unserer letzten Überdosierung würde ich einen Schluck Weissen bevorzugen. Später dann können wir zu Rotem übergehen, für einen dicken Kopf, wie üblich – Little Johns Lachen hallte übers Treppenhaus. Er war hungrig und wusste, Steven hat etwas Leckeres gerichtet. Seine Nase führte ihn geradewegs in die Küche, wo echte Alchemie stattfand. Steven pflegte unaufhörlich neue Rezepte für sein geliebtes Risotto zu finden, daher war John nicht überrascht. Sie haben das Gericht bereits mannigfaltig abgewandelt gegessen und es war jedes Mal köstlich. Wahrscheinlich wurde die 12 Uhr Mahlzeit nirgends so zelebriert, wie in der Schweiz – 90 Minuten Pause versorgten die Menschen mit Glückshormonen, trotz aller Probleme. Häuser und Restaurants füllten sich dann mit zufriedenen und satten Personen, die zumindest so taten, als wäre alles gut.

- Auf der Kommode liegen Fotos für Dich – Steven schaute aus der Küche mit einer freundschaftlichen Geste.

- Dieses Gerät kann absolut alles! Erst jetzt kann ich beim Fotografieren so richtig loslegen! Du wirst sehen!

Little John begutachtete die Fotos mit echter Bewunderung und Interesse. Steven hatte die Gabe, Wirklichkeit fesselnd darzustellen, indem er den Betrachter als aktiven Zeugen der Szenerie integrierte. Er fand in seinen Bildern einen Weg, den Rezipienten effektiv ins Geschehen einzuarbeiten.

- Wunderschön… sie sind schlicht wunderschön – John setzte sich an den Tisch und verteilte die Fotos. – Ich kann gar nicht genau sagen, warum sie so wirken. Hast Du einen bestimmten Filter verwendet?

- Nein, aber ich dachte mir, bei einem bestimmten Einfallswinkel des Lichtes erzeugen die abgelichteten Objekte von sich aus Spezialeffekte. Eventuell hat das Dich fasziniert? Keine Ahnung, das ist wohl der magische Hügel hinter meinem Haus.

Steven betrat den Salon mit einer Flasche Wein und Tellern mit Risotto. Er hatte einen rätselhaften Gesichtsausdruck beim Befüllen der Gläser, typisch für die Hingabe der Schweizer für dieses Getränk.

- Erinnerst Du Dich an einen alten Studienfreund meines Vaters, den ich irgendwann erwähnt hatte? Er heisst Harry Lionelle, wohnt in Genf und hat ca. vor einem halben Jahr Kontakt zu mir aufgenommen mit der Bitte um ein Treffen. Das taten wir und – was soll ich sagen – er verkaufte mir eine regelrechte Bombe!

Steven erhob triumphierend sein Glas.

– Lass uns auf unser neues Projekt anstossen, John. Auf eine neue Zusammenarbeit! Was denkst Du?

- Du weisst davon seit einem halben Jahr und teilst diese Erkenntnis erst jetzt?! Toller Kumpel, alles, was Recht ist. Little John nahm sein Weinglas und schüttelte ungeduldig seine Serviette.

- Wenn Du wüsstest, wie sehr mich das gequält hat. Ich konnte Dich nicht früher einweihen, das Projekt ist hochgeheim und bekam erst jetzt grünes Licht. Die Auftraggeber haben kürzlich eine zweite Person zur Mitarbeit autorisiert und ich habe Dich vorgeschlagen.

Steven öffnete eine graue, textile Aktentasche auf dem Tisch, nahm tief Luft und breitete seine Notizen aus.

- Das ist das erste Projekt unter höchster Geheimhaltung. Wir haben bisher noch nie für jemand fast unbekannten gearbeitet. Die koordinierende Kontaktperson ist besagter Lionelle… alle bearbeiteten Projektsegmente werden nur ihm zugestellt, ebenso, wie alle anfallenden Korrekturen.

- Aber was sollen wir denn so derartig schützen? Little John schluckte heisses Risotto und erwartete erhitzt konkretere Fakten.

- Ich weiss lediglich, dass wir für eine regelrecht allmächtige Finanzlobby...

Erscheint lt. Verlag 8.6.2025
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte action • Belletristik • Roman • Science Fiction
ISBN-10 3-8197-2940-2 / 3819729402
ISBN-13 978-3-8197-2940-9 / 9783819729409
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