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Eine teuflisch verführerische Lady & Das gefährliche Spiel der Verführung & Verführt von einem Marquess (eBook)

Drei Regency Romances in einem Band

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025
1197 Seiten
dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH (Verlag)
978-3-69090-317-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eine teuflisch verführerische Lady & Das gefährliche Spiel der Verführung & Verführt von einem Marquess - Loretta Chase
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Skandale, verlockende Wetten und verruchte Gentlemen
Drei mitreißende Regency Romances für prickelnde Lesestunden

Eine teuflisch verführerische Lady
Delilah Desmond ist mit der Mission nach London gekommen, eine gute Partie zu heiraten. Doch nichts könnte schwieriger sein, wenn man zufällig die Tochter des berüchtigten Gentleman Gauners Devil Desmond ist. Als wären Delilahs Heiratsaussichten nicht schon schlecht genug, hat ihr Vater nun die Geschichte seines wenig schicklichen Lebens niedergeschrieben, um seine Schulden zu tilgen. Doch sollte dieses Manuskript veröffentlicht werden, ist nicht nur Delilahs gesellschaftlicher Ruf endgültig ruiniert, auch einige inzwischen mächtige und angesehene Männer wären nicht glücklich, wenn ihre Jugendsünden so an die Öffentlichkeit gebracht werden. Ausgerechnet der schüchterne und loyale Jack Langdon wird ungewollt in die Jagd nach dem Manuskript verwickelt und scheint Delilahs einzige Chance zu sein, ihre Heiratsaussichten zu retten. Und obwohl Jack der Liebe abgeschworen hat, führt die temperamentvolle Tochter des Teufels ihn mehr als nur in Versuchung …

 

Das gefährliche Spiel der Verführung
James Cordier ist nicht nur Meisterspion im Dienst der Krone, sondern auch ein brillanter Dieb und erstklassiger Liebhaber. Doch er ist es leid und will sich lieber in London zur Ruhe setzen und mit gutmütigen Erbinnen anbandeln. Seine letzte Mission ist es, ein Paket mit höchst kompromittierenden Briefen von einer berüchtigten Frau zu entwenden. Eigentlich kein Problem für den charmant-gerissenen Aristokraten. Wäre die Dame nicht überaus eigensinnig – und verführerisch.
Francesca Bonnard hat Herzschmerz und zahllose Skandale überstanden. Sie ist unabhängig, glücklich und hat gelernt, dass „Gentlemen“ mehr Ärger bedeuten, als sie es wert sind. Deswegen erkennt sie sofort, dass ihr attraktiver neuer Nachbar nichts Gutes im Schilde führt. Doch bald kann sie die aufflammende Leidenschaft nicht mehr ignorieren. Ein gefährliches Spiel zwischen Verlangen, Intrigen und Liebe beginnt …

 

Verführt von einem Marquess
Als Leonie Noirot zum ersten Mal auf den überaus gutaussehenden Simon Blair, den Marquess von Lisburne, trifft, fällt sie ihm buchstäblich in seine starken Arme. Allerdings hat Leonie einfach keine Zeit für seinen teuflischen Charme. Die hübsche Modistin ist wie besessen von ihrem Atelier, in dem sie die Damen der Gesellschaft einkleidet. Doch Simon gelingt es, Leonie zu einer gewagten Wette herauszufordern: Sollte sie es tatsächlich schaffen, mit einer neuen Garderobe aus seiner unscheinbaren Cousine eine begehrenswerte junge Dame zu machen, lässt er sie in Ruhe. Wenn Leonie die Wette jedoch verliert, muss sie sich Lisburne hingeben …

Erste Leser:innenstimmen
„Die perfekte Lektüre für Liebhaber von historischer Romantik.“
„Spannende, humorvolle und mitreißende Regency-Romances im Stil von Bridgerton.“
„Loretta Chase schafft es, die Leser mit ihrem mitreißenden Schreibstil in das London des 19. Jahrhunderts zu entführen.“
„Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet, die Dialoge sprühen vor Witz und die Handlung ist mit überraschenden Wendungen gespickt.“



<p>Loretta Chase hat sowohl im akademischen Bereich, im Einzelhandel und in der bildenden Kunst sowie als Politesse und Drehbuchautorin gearbeitet. Urspr&uuml;nglich stand ihr eine aufregende berufliche Laufbahn bevor, doch ihr Ehemann hat sie so lange genervt, bis sie schlie&szlig;lich mit dem Schreiben von Belletristik begann. Ihre meistverkauften historischen Liebesromane, die in der Regency- und Romantik-Epoche des fr&uuml;hen neunzehnten Jahrhunderts spielen, haben eine Reihe von Preisen gewonnen. Weitere Informationen &uuml;ber ihre Vergangenheit, ihre B&uuml;cher und dar&uuml;ber, was sie in sozialen Medien tut und nicht tut, findest du auf ihrer Website.</p>

<h2>I</h2> <p>Der Regen trommelte w&uuml;tend gegen das derbe Holz vom Eingang des Gasthauses &sbquo;Zur Schwarzen Katze&lsquo;. Drin waren der Speisesaal, der Schankraum und die Kaffeestuben mit Leuten, die vor dem Gewitter geflohen waren, &uuml;berf&uuml;llt. Von Zeit zu Zeit erleuchtete ein Blitz die R&auml;ume mit greller Helligkeit, und die &auml;ngstlicheren der G&auml;ste zuckten bei der ohrenbet&auml;ubenden Kanonade des Donners, die unmittelbar darauf folgte, jedes Mal erschreckt zusammen.</p> <p>&bdquo;Ein abscheulicher Abend, Sir&ldquo;, sagte Mrs. Tabithy, als sie sich einem ihrer G&auml;ste n&auml;herte. &bdquo;Es werden noch eine Menge mehr Leute kommen&ldquo; &ndash; sie nickte zu der Gruppe hin, die den Gang bev&ouml;lkerte &ndash; &bdquo;wenn mich nicht alles t&auml;uscht. Wenn Sie auch nur eine Viertelstunde sp&auml;ter gekommen w&auml;ren, h&auml;tte ich Ihnen keinen privaten Raum mehr geben k&ouml;nnen; nicht einmal, wenn es um mein Leben ginge.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Sehr freundlich von Ihnen&ldquo;, sagte der Gast und sah sich abwesend um.</p> <p>Die Wirtin schaute auf den dicken Band in seinen H&auml;nden und l&auml;chelte. Seine Miene war die eines Gentleman. Die Qualit&auml;t und der Schnitt seiner Kleidung deuteten trotz einer gewissen Unordentlichkeit auf Wohlstand hin. Er war ein gut aussehender junger Mann, noch nicht ganz drei&szlig;ig, wie sie sch&auml;tzte &ndash; und, dem Buch und dem leicht verschleierten Ausdruck seiner grauen Augen nach zu urteilen, einer dieser harmlosen Gelehrten. Von ihm war kein &Auml;rger zu erwarten.</p> <p>&bdquo;Durch den Gang&ldquo;, sagte sie laut. &bdquo;Dritte T&uuml;r links. Ich schicke Sairey zu Ihnen, sobald ich nur kann &ndash; aber wie Sie selbst sehen, hat sie gerade alle H&auml;nde voll zu tun.&ldquo;</p> <p>Der junge Mann nickte andeutungsweise und ging in die Richtung, die sie ihm gezeigt hatte.</p> <p>Die Wirtin hatte ihn richtig eingesch&auml;tzt. Mr. Jack Langdon war ein ruhiger, belesener Mann, der von seinen eigenen Gedanken zu sehr in Anspruch genommen war, um sich f&uuml;r die ihm gew&auml;hrte Aufwartung zu interessieren. Momentan war er noch mehr in Anspruch genommen oder eher noch verwirrt als sonst. Das lag daran, dass Mr. Langdon vor Kurzem eine Entt&auml;uschung in der Liebe hatte hinnehmen m&uuml;ssen.</p> <p>Da er von Natur aus zur Zur&uuml;ckgezogenheit neigte, trug er sich ernsthaft mit dem Gedanken, in ein Kloster einzutreten. Ungl&uuml;cklicherweise hatte er jedoch Verantwortung zu tragen. Deshalb suchte er nun die zweitbeste Zufluchtsst&auml;tte auf &ndash; das friedvolle Landgut seines Onkels Albert in Yorkshire. Sein Onkel, Viscount R&ouml;ssing, war ein Einsiedler und noch buchbegeisterter als sein Neffe. Jack w&uuml;rde den ganzen Sommer in R&ouml;ssing Hall verbringen k&ouml;nnen, ohne auch nur einmal eine Konversation beginnen zu m&uuml;ssen. Und noch besser: er w&uuml;rde &ndash; abgesehen vom Hauspersonal &ndash; keine einzige Frau zu Gesicht bekommen. Mr. Langdon war in seinen traurigen Gedanken so sehr bei jener besonderen Frau, die einen vernichtenden Frost auf seine sprie&szlig;ende Hoffnung gelegt hatte, dass er sich bei den T&uuml;ren verz&auml;hlte und die f&uuml;nfte &ouml;ffnete statt der dritten.</p> <p>Der Raum war &auml;u&szlig;erst schwach beleuchtet, was ihm unangenehm war. Er w&uuml;rde bei den dicht aufeinanderfolgenden Blitzen nicht gut lesen k&ouml;nnen. Er hatte diesen Gedanken kaum zu Ende gedacht, als wieder ein Blitz aufzuckte und wie in einer B&uuml;hnenszene eine junge Frau sichtbar werden lie&szlig;, die eine Pistole gegen die Brust des Earl of Streetham dr&uuml;ckte.</p> <p>Ohne zu z&ouml;gern und dar&uuml;ber nachzudenken, was geschah, st&uuml;rzte sich Mr. Langdon auf die junge Frau und warf sie zu Boden und den Earl dabei gegen die Wand. Lord Streethams Kopf krachte an den Fensterrahmen, und Seine Lordschaft sackte bewusstlos auf die Holzdielen.</p> <p>Die junge Frau blieb jedoch bei Bewusstsein und auch im Besitz ihrer Pistole. Als Jack danach greifen wollte, stie&szlig; sie ihn mit einem Ellbogen gegen die Brust und versuchte ihn wegzuschieben. Er dr&uuml;ckte ihren Ellbogen weg und wollte noch mal nach der Waffe greifen. Mit ihrer freien Hand packte sie ihn bei den Haaren. Er versuchte sich zu befreien, aber nun griff sie nach seinem Ohr und riss daran so heftig, dass der Schmerz Tr&auml;nen in seine Augen treten lie&szlig;. W&auml;hrend er sich noch abm&uuml;hte, ihre Finger zu &ouml;ffnen, hob sie hinter seinem Nacken die Waffe hoch. Gerade als sie den Griff der Pistole auf seinen Sch&auml;del niedersausen lassen wollte, ergriff er ihr Handgelenk. Er dr&uuml;ckte so heftig zu, dass die Waffe nicht weit von ihrem Kopf zu Boden fiel. Er langte nach der Pistole, aber ihre N&auml;gel gruben sich in seine Kopfhaut und rissen ihn davon weg.</p> <p>Mr. Langdon wurde zunehmend verunsichert. Eine Frau angegriffen zu haben, war schon gegen seine Natur. Nun schien er keine andere Wahl mehr zu haben, als sie bewusstlos zu schlagen. Er wusste, dass er dies tun h&auml;tte k&ouml;nnen &ndash; er war gut trainiert -, und doch war ihm der Gedanke, seine Faust gegen ein weibliches Kinn zu schlagen, widerw&auml;rtig.</p> <p>W&auml;hrend er sich noch mit seinem Anstandsgef&uuml;hl abm&uuml;hte, besann sie sich eines anderen und unterstrich ihre Puffer mit einer Serie von erstickten Fl&uuml;chen, die Mr. Langdon bis ins Innerste schockiert h&auml;tten, wenn er darauf h&ouml;ren h&auml;tte k&ouml;nnen. Er musste all seine Kraft aufwenden, um sie am Boden zu halten. Er betete, dass sie bald erm&uuml;den w&uuml;rde und ihm die Schande ersparte, sie bewusstlos schlagen zu m&uuml;ssen. Sie aber kr&uuml;mmte sich, stie&szlig; mit den Ellbogen, kratzte und puffte mit unverminderter Wildheit weiter.</p> <p>Mr. Langdons gro&szlig;e Geduld begann ihn zu verlassen. Verzweifelt ergriff er ihre Handgelenke und dr&uuml;ckte sie auf den Boden. Sie fluchte jetzt vehement, aber ihr sich hebender und senkender Busen lie&szlig; erkennen, dass sie nun doch schw&auml;cher wurde, obgleich sie nicht aufh&ouml;rte, sich unter ihm zu drehen und zu wenden. An diesem Punkt lie&szlig; seine Konzentration nach.</p> <p>Die Gestalt unter ihm war stark und biegsam, und er wurde sich ihrer geschmeidigen Muskeln und &uuml;ppigen Kurven bewusst. Als ihre Bewegungen langsamer wurden, begann eine W&auml;rme, die anders als die Hitze des Kampfes war, &uuml;ber ihn zu kommen. In k&uuml;rzester Zeit hatte sich diese in sein Gehirn gestohlen; zusammen mit einem Schwarm anderer unpassender Gef&uuml;hle, die alle ungest&uuml;m Beachtung forderten.</p> <p>Mr. Langdon gehorchte ihnen und hob beunruhigt sein Gewicht von ihr. Seine Widersacherin trieb daraufhin prompt ein Knie in eine besonders empfindliche Gegend seiner Anatomie.</p> <p>Jack keuchte und rollte auf den Boden. Die junge Frau raffte sich auf, ergriff ihre Pistole und rannte aus dem Raum.</p> <p>Einen Moment sp&auml;ter, als Jack versuchte aufzustehen, h&ouml;rte er ein tiefes St&ouml;hnen und sah, wie der Earl sein schmerzverzerrtes Gesicht vom Boden hob. Jack kroch zu ihm hin. Blut rann an Lord Streethams Ohr vorbei und &uuml;ber sein Kinn.</p> <p>&bdquo;Mylord, Sie sind verletzt&ldquo;, sagte Jack. Er suchte in seiner Jacke nach einem Taschentuch.</p> <p>Lord Streetham brachte sich selbst in eine sitzende Position und fasste sich an den Kopf. &bdquo;Verdammtes wahnsinniges Frauenzimmer&ldquo;, murrte er. &bdquo;Woher soll ich wissen, dass sie nicht &ndash; was tun Sie denn da?&ldquo;, schrie er.</p> <p>&bdquo;Ihr Kopf, Mylord &hellip;&ldquo;</p> <p>&bdquo;K&uuml;mmern Sie sich nicht darum! Suchen und finden Sie lieber diesen Weibsteufel! Ich werde sie lehren &ndash; nun, worauf warten Sie noch?&ldquo;</p> <p>Von seiner fr&uuml;hesten Kindheit an war Jack Langdon im Haus des Earl gewesen und war ebenso behandelt worden wie Tony, der Sohn Seiner Lordschaft. Jack hatte mit Tony gespielt, mit Tony gelernt und zusammen mit Tony gelegentlich Pr&uuml;gel bezogen. Wenn daher Tonys Vater Jack etwas auftrug, dann tat Jack dies auch.</p> <p>Er m&uuml;hte sich auf seine F&uuml;&szlig;e und stolperte aus dem Raum.</p> <p>&bdquo;Nun, Delilah, was hast du diesmal vorgehabt?&ldquo;, fragte Mr. Desmond, als er k&uuml;hl die aufgel&ouml;ste Erscheinung seiner Tochter studierte.</p> <p>Delilah warf einen Blick auf den dicklichen kleinen Mann, der schwitzend neben ihrem Papa stand. &bdquo;Oh, nichts&ldquo;, sagte sie mit leichthin vorgebrachter Gleichg&uuml;ltigkeit gegen&uuml;ber der gewaltt&auml;tigen Szene, die sie soeben verlassen hatte. &bdquo;Ein Missverst&auml;ndnis mit einem anderen Gast. Zwei, genau genommen&ldquo;, f&uuml;gte sie mehr zu sich selbst noch hinzu.</p> <p>&bdquo;Lieber Himmel, Miss Desmond, es scheint aber eine Menge mehr als nur das gewesen zu sein. Ich hoffe, dass sich nicht einer der Gentlemen unzivilisiert benommen hat. Eine schreckliche Sache, diese &ouml;ffentlichen Gasth&auml;user&ldquo;, sagte der schwitzende Mann. &bdquo;Sie h&auml;tten wirklich nicht ohne Begleitung hierherkommen sollen. Ihr M&auml;dchen &hellip;&ldquo;</p> <p>&bdquo;Mein M&auml;dchen hat starke Kopfschmerzen, Mr. Atkins, obwohl ich ihr mehrmals gesagt habe, dass nur gesellschaftlich hochstehende Damen sich den Luxus einer Migr&auml;ne erlauben d&uuml;rfen. Ich f&uuml;rchte, sie strebt nach H&ouml;herem.&ldquo; Miss Desmond wischte sich ungeduldig die schwarzen Locken aus ihrem Gesicht.</p> <p>&bdquo;Mr. Atkins hat recht, meine Liebe. Du h&auml;ttest nicht herkommen sollen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Doch, Papa. Die Sache betrifft mich auch; ich hoffe, du hast es Mr. Atkins erkl&auml;rt.&ldquo; Sie wandte sich dem kleinen Mann zu. &bdquo;Ich nehme an, dass Papa Sie bereits &uuml;ber die ge&auml;nderten Pl&auml;ne unterrichtet hat. Deswegen kann ich gar nicht verstehen, warum Sie diese sinnlose Reise &uuml;berhaupt gemacht haben.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Oh, Miss Desmond; sicher nicht unn&uuml;tz. Wie ich Ihrem Vater gerade erkl&auml;rt habe &hellip;&ldquo; Mr. Atkins brach mitten im Satz ab, denn jetzt flog die T&uuml;r auf.</p> <p>Die Frau, die Jack suchte, stand mit dem R&uuml;cken zur T&uuml;r. Als er seine verbliebenen Kr&auml;fte zu einem zweiten Angriff sammelte, h&ouml;rte er eine tiefe, gedehnte Stimme sagen: &bdquo;Ah, der fragliche Gast, nehme ich an.&ldquo;</p> <p>Mr. Langdon hielt mitten im Schritt inne, als sein Blick sich in Richtung der Stimme wandte. Es waren noch andere Leute im Raum. Zwei andere.</p> <p>Einer war eine kleine, plumpe, aufgeregte Kreatur mit einem feuchten, runden Gesicht. Er wischte sich gerade nerv&ouml;s mit einem Taschentuch &uuml;ber die Stirn.</p> <p>Der andere &ndash; der Besitzer der Stimme &ndash; war ein gro&szlig;er, kr&auml;ftig gebauter Mann mit einem dunklen, gutgeschnittenen Gesicht und gr&uuml;nen Augen. Er stand mit k&uuml;hler Unbewegtheit und beinahe gleichg&uuml;ltig dem Eindringling gegen&uuml;ber. Und doch war seine Gleichg&uuml;ltigkeit drohend. Der unheimliche Mann strahlte Kraft, Gefahr und noch etwas f&uuml;r Jack Undefinierbares aus.</p> <p>&bdquo;Verzeihen Sie die St&ouml;rung&ldquo;, sagte Jack, &bdquo;aber ich wurde geschickt, um diese Frau zu ergreifen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Sie haben mich schon einmal ergriffen&ldquo;, sagte sie. &bdquo;Und zwar sehr hartn&auml;ckig.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ah, es <i>ist</i> also der Gast&ldquo;, sagte der satanisch aussehende Mann. Er tat einen Schritt auf Jack zu und l&auml;chelte. Das Leuchten seiner wei&szlig;en Z&auml;hne war nicht sehr tr&ouml;stlich. &bdquo;Mein liebe junger Herr, Sie m&uuml;ssen sich die Verfolgung meiner Tochter aus dem Kopf schlagen. Sie mag es nicht, wenn sie von Gentlemen verfolgt wird, die ihr nicht vorgestellt wurden. Sie mag es absolut nicht. Sie k&ouml;nnte auf Sie schie&szlig;en.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das bezweifle ich nicht&ldquo;, sagte Jack. &bdquo;Sie hat soeben versucht, den Earl of Streetham zu erschie&szlig;en.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Gro&szlig;er Gott!&ldquo;, rief der kleine Mann aus. &bdquo;Lord Streetham? Oh, Miss Desmond, das wird nicht gut gehen!&ldquo;</p> <p>&bdquo;Nein, das wird es nicht&ldquo;, sagte der Mann, der behauptete, ihr Vater zu sein, zustimmend. &bdquo;Wie oft habe ich dir gesagt, Delilah, du sollst die Earls in Ruhe lassen? Wirklich, meine Liebe, das ist eine sehr schlechte Angewohnheit. Sieh zu, dass du sie loswirst! Mr. Atkins hat v&ouml;llig recht: Das wird nicht gut gehen.&ldquo; Er wandte sich Jack zu. &bdquo;Mein lieber Freund, es tut mir sehr leid, aber wir haben mit diesem Unhold nichts zu tun gehabt. Ich werde sp&auml;ter deutliche Worte mit meiner Tochter sprechen. Ich hoffe, Sie schaffen sich keine weiteren Probleme deswegen. Guten Abend.&ldquo;</p> <p>Obgleich diese Antwort nicht sehr befriedigend war, lag eine so gro&szlig;e Sicherheit in der Stimme des Mannes, dass Jack, der sich einen Moment lang wie ein Schauspieler in einer Kom&ouml;die vorkam, seinem Wink schon Folge leisten wollte, als er den Blick der jungen Frau auf sich f&uuml;hlte. Er schaute sie an und erstarrte.</p> <p>In der Hitze des Gefechts war ihm ihre Wohlgeformtheit bewusst geworden. Jetzt sah er, dass ihr schweres schwarzes Haar ein ovales Gesicht einrahmte, das ihn in seinem hellen Kontrast, in seiner Gl&auml;tte und Klarheit an das kostbare Porzellan seiner Mutter erinnerte. Ihre Augen &ndash; das Graugr&uuml;n einer st&uuml;rmischen See- gingen leicht schr&auml;g nach oben. Als sie sein staunendes Gesicht beobachtete, formte ihr voller Mund sich zu einem r&auml;tselhaften, lockenden L&auml;cheln, das sein Herz taumeln lie&szlig;. Jack brauchte pl&ouml;tzlich Luft. Trotzdem war es ihm nicht m&ouml;glich, sich zur&uuml;ckzuziehen. Diese junge Circe versuchte das schlimmste aller Verbrechen an ihm.</p> <p>&bdquo;Es tut mir sehr leid, Sir, aber ich bin dazu verpflichtet, mir Probleme zu machen&ldquo;, sagte Jack und versuchte &auml;hnlich l&auml;ssig zu wirken. &bdquo;Ich f&uuml;rchte, das ist eine Angelegenheit f&uuml;r die Polizei.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Du lieber Gott!&ldquo; Mr. Atkins sank auf einen Stuhl.</p> <p>&bdquo;Wie Sie w&uuml;nschen&ldquo;, sagte Miss Desmond. &bdquo;Auch ich m&ouml;chte mit einem Constable sprechen. Vielleicht kann er mir erkl&auml;ren, wieso es Ihrem Lord Streetham gestattet ist, in einem &ouml;ffentlichen Gasthaus wehrlose junge Frauen zu &uuml;berfallen. Er kann ja nicht sehr erfolgreich dabei sein, wenn er noch Komplizen dazu braucht. Ich w&uuml;rde ihm raten, dass er sich ein Steckenpferd zulegt, das besser seinen begrenzten F&auml;higkeiten entspricht.&ldquo;</p> <p><i>&bdquo;Sie</i> &uuml;berfallen? Sie haben eine Pistole auf sein Herz gerichtet.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ah, jetzt verstehe ich. Ist Seine Lordschaft ein gro&szlig;er Mann?&ldquo;, wollte Mr. Desmond wissen.</p> <p>&bdquo;Ja, aber das &hellip;&ldquo;</p> <p>&bdquo;Da haben Sie es. Sie konnte ihm die Pistole nicht an den Kopf halten. Das ist richtig peinlich. Wie Sie selbst sehen, ist Delilah nicht viel mehr als mittelgro&szlig;.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das ist jetzt wohl kaum die richtige Zeit f&uuml;r Sp&auml;&szlig;e&ldquo;, sagte Jack aufgebracht. &bdquo;Lord Streetham liegt blutend ein paar T&uuml;ren weiter.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Da t&auml;uschen Sie sich&ldquo;, sagte Delilahs Vater. &bdquo;Er blutet ein wenig, aber er steht direkt hinter Ihnen.&ldquo;</p> <p>Jack wirbelte herum. Und tats&auml;chlich lehnte sich Seine Lordschaft gegen den T&uuml;rrahmen und presste ein Taschentuch an eine Seite seines Kopfes.</p> <p>Mr. Atkins rannte auf den Earl zu. &bdquo;Mylord, Sie sind verletzt. Hier, nehmen Sie mein Taschentuch! Soll ich nach einem Arzt schicken? Soll ich Wasser holen lassen? Soll ich Brandy bringen lassen?&ldquo; Der Mann fuhr fort zu plappern und wischte dabei abwechselnd dem Earl und sich selbst &uuml;ber das Gesicht.</p> <p>&bdquo;Wer <i>ist</i> diese Person?&ldquo;, verlangte der Earl zu wissen. &bdquo;Warum wedelt er mit diesem dreckigen Fetzen in meinem Gesicht herum?&ldquo; Er nickte Jack zu. &bdquo;Entfernen Sie ihn, Jack! Dies ist eine Privatsache.&ldquo;</p> <p>Mr. Atkins wartete nicht darauf, entfernt zu werden. Er schoss an dem Earl vorbei und aus dem Zimmer.</p> <p>Lord Streethams eisiger Blick fiel jetzt auf den dunklen Gentleman, der wieder ein Grinsen zeigte. Die aufgebrachte Haltung des Earls bekam etwas Zauderndes. &bdquo;Sie <i>sind</i> es also, Desmond&ldquo;, sagte er. &bdquo;Als ich Ihre Stimme h&ouml;rte, war ich mir sicher, dass es mit mir vorbei war. Wo sonst als im Hades k&ouml;nnte man erwarten, <i>Sie</i> wieder zu sehen?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Sicher nicht da, wo Sie erwarten k&ouml;nnen, sich selbst wiederzufinden, wie, Marcus?&ldquo;, entgegnete Mr. Desmond. &bdquo;Sie sind, das versichere ich Ihnen, immer noch in dieser traurigen Welt, und dieses armselige Wirtshaus ist wohl kaum jene andere Welt, obgleich der Teufel selbst hier Schutz vor dem Gewitter sucht.&ldquo;</p> <p>Lord Streetham brachte ein steifes L&auml;cheln zustande. &bdquo;Darf ich dann annehmen, dass diese junge Frau zu Ihnen geh&ouml;rt?&ldquo;</p> <p>Die gr&uuml;nen Augen glitzerten. &bdquo;Junge <i>Dame,</i> wenn ich bitten darf. Dies ist meine Tochter, Delilah.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Tochter?&ldquo;, wiederholte der Earl schwach.</p> <p>Die Spannung in der Luft war f&uuml;hlbar. Jack atmete wieder tief durch.</p> <p>Zu seinem Erstaunen verschwand der Zorn des Earls v&ouml;llig und wich einem ziemlich blassen Ausdruck der Besorgnis. &bdquo;Meine verehrte junge Dame, ich bitte tausendmal um Entschuldigung&ldquo;, sagte er. &bdquo;Das schwache Licht und meine Augen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Ich habe Sie mit jener kessen Maid verwechselt. Ein schreckliches Missverst&auml;ndnis.&ldquo;</p> <p>Miss Desmond starrte ihn nur kalt an.</p> <p>&bdquo;Fast fatal, in der Tat&ldquo;, sagte ihr Vater. &bdquo;Ich glaube, ich muss Sie jetzt bestrafen. Wie m&uuml;hsam.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Viel zu m&uuml;hsam, Papa&ldquo;, sagte Miss Desmond. &bdquo;Seine Lordschaft hat sich entschuldigt, und ich bin unverletzt.&ldquo; Seine Lordschaft war es offensichtlich nicht, aber die junge Dame unterlie&szlig; taktvollerweise, es zu erw&auml;hnen. &bdquo;Wenn sich jetzt sein Komplize auch noch entschuldigt&ldquo;, f&uuml;gte sie mit einem am&uuml;sierten Blick auf Jack hinzu, &bdquo;dann k&ouml;nnen wir alle friedlich unseren Gesch&auml;ften nachgehen.&ldquo;</p> <p>Jack war sich sicher, dass dem Vater von der Tochter irgendein Signal &uuml;bermittelt wurde, konnte aber nicht erkennen, was es war. Ein Zucken eines Augenlids &ndash; eine unmerkliche Bewegung &ndash; oder sogar &ndash; unm&ouml;glich &ndash; niemand konnte die Gedanken eines anderen lesen.</p> <p>Er schaute fragend zu dem Earl hin.</p> <p>&bdquo;Ein Missverst&auml;ndnis, Jack&ldquo;, sagte Lord Streetham. &bdquo;Das ist alles.&ldquo;</p> <p>Alles? Er, Jack Langdon, hatte die unschuldige junge Dame angegriffen, die nur versucht hatte, ihre Ehre zu verteidigen. Er w&uuml;nschte, dass der Fu&szlig;boden sich &ouml;ffnen und ihn verschlingen m&ouml;ge, aber da Fu&szlig;b&ouml;den nur selten auf diese Weise zu Gefallen sind, err&ouml;tete er stattdessen dem&uuml;tig.</p> <p>&bdquo;Ich &ndash; ich bitte um Verzeihung, Miss Desmond&ldquo;, stotterte er. &bdquo;Es tut mir wirklich sehr leid &ndash; und &ndash; und &ndash;&ldquo; Pl&ouml;tzlich fielen ihm wieder die Gef&uuml;hle ein, die sie in ihm geweckt hatte. &bdquo;Ich hoffe, ich habe Sie nicht verletzt.&ldquo;</p> <p>&bdquo;O nein&ldquo;, antwortete sie sch&uuml;chtern, obschon ihre Augen am&uuml;siert gl&auml;nzten. &bdquo;Und ich hoffe, ich habe <i>Sie</i> nicht verletzt.&ldquo;</p> <p>Mr. Langdons R&ouml;te wurde tiefer. &bdquo;N-nein. Nat&uuml;rlich nicht.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Also gut, Mr&ndash;&ldquo;</p> <p>&bdquo;Langdon&ldquo;, warf der Earl ungeduldig ein. &bdquo;Jack Langdon. Ich kenne ihn schon seit seiner Kindheit. Er tut keiner Fliege etwas zuleide.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Also gut, Mr. Langdon. Ihre Entschuldigung ist akzeptiert.&ldquo;</p> <p>Mr. Langdon zog sich zur&uuml;ck.</p> <p>Er fand diesmal den richtigen Raum und sa&szlig; bereits eine halbe Stunde lang vor sich hinstarrend an seinem Tisch, als ihm einfiel, dass er sein Buch bei dem Gemenge mit Miss Desmond fallen hatte lassen. Unwillig, ein Zusammentreffen mit den Zeugen seiner Dem&uuml;tigung zu riskieren, schickte er eine Bedienung, um das Buch wieder zu bekommen.</p> <p>Als er es wieder in H&auml;nden hielt, entspannte sich Jack ein wenig, und es war ihm sogar m&ouml;glich, sein Dinner zu bestellen, ohne zu stottern. Er a&szlig; sein Mahl, ohne es wirklich zu schmecken und las in seinem Buch, ohne eine Silbe zu begreifen. Das Gewitter tobte mit unverminderter St&auml;rke weiter, aber er h&ouml;rte nichts. Stunden sp&auml;ter, als es &uuml;berall still war, schlich er auf sein Zimmer und starrte bis Tagesanbruch an die Decke.</p> <p>W&auml;hrend Mr. Langdon vergeblich versuchte, Ablenkung durch sein Buch zu finden und Miss Desmond ihre Abenteuer ihrem Papa erz&auml;hlte, milderte Lord Streetham seine Frustration auf Kosten des gl&uuml;cklosen Mr. Atkins. Nachdem er ihm zun&auml;chst gnadenlos Vorhaltungen gemacht hatte, weil er beinahe ihre Verbindung verraten hatte, ging Seine Lordschaft zu einer unfreundlichen Analyse ihrer Beziehung &uuml;ber.</p> <p>Die &Ouml;ffentlichkeit kannte den Lord als einen enthusiastischen Sammler von B&uuml;chern. Mr. Atkins kannte ihn als stillen Teilhaber seines Verlages. Dass dies ein sorgsam geh&uuml;tetes Geheimnis war, lag vielleicht an der Tendenz der Firma, der britischen &Ouml;ffentlichkeit die unartigsten B&uuml;cher, die je unter Matratzen versteckt oder in Schubl&auml;den weggeschlossen wurden, anzubieten. Trotz der bedauerlichen Vorliebe der Leserschaft f&uuml;r anatomische Handb&uuml;cher und solche &uuml;ber Prostituierte und f&uuml;r Anleitungen zur Verf&uuml;hrung ging das Gesch&auml;ft in letzter Zeit nicht besonders gut &ndash; wie der Earl jetzt deutlich machte.</p> <p>Atkins war offensichtlich ein Versager und vielleicht sogar ein Schwindler, bemerkte Seine Lordschaft. Aber sei es wie es sei, er k&ouml;nne von nun an alleine dem Bankrott zusteuern. Um es kurz zu machen: Lord Streetham wollte nicht mehr l&auml;nger gutes Geld hinauswerfen.</p> <p>&bdquo;Aber Mylord, jetzt aufgeben &ndash; wo doch ein gl&auml;nzender Erfolg praktisch schon in meiner Reichweite ist &ndash; eigentlich in den H&auml;nden des Druckers.&ldquo; Mr. Atkins kniff seine Augen zusammen und biss sich auf die Unterlippe. &bdquo;O nein. Ich wollte ja gar nicht &ndash; o Gott!&ldquo;</p> <p>Lord Streetham hielt das Glas, das er gerade an seine Lippen f&uuml;hren wollte, in der Luft und betrachtete das Gesicht seines Kompagnons. Dann setzte er das Glas ab und fixierte den Verleger mit seinen blassblauen Augen.</p> <p>&bdquo;Was wollten Sie gar nicht?&ldquo;, fragte er.</p> <p>Der Mann starrte nur sprachlos und entsetzt zur&uuml;ck.</p> <p>&bdquo;Sie sollten es lieber sagen, Atkins! Meine Geduld ist so ziemlich am Ende.&ldquo;</p> <p>&bdquo;My-Mylord, ich k-kann nicht. Ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Vor mir haben Sie keine Gesch&auml;ftsgeheimnisse. Nun reden Sie schon!&ldquo;</p> <p>Der Verleger schluckte. &bdquo;Die Memoiren, Mylord.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ich bin nicht in der Stimmung, Ihnen alles aus der Nase zu ziehen, Atkins, und Sie provozieren mich.&ldquo;</p> <p><i>&bdquo;Seine</i> Memoiren&ldquo;, sagte der Verleger kl&auml;glich. &bdquo;Mr. Desmond hat seine Memoiren geschrieben, und ich habe daf&uuml;r bezahlt &ndash; teilweise; ich meine als Anreiz f&uuml;r ihn, sie schnell fertigzustellen. Deswegen bin ich hier. Ich habe erfahren, dass er unterwegs nach Rossingley ist, um Verwandte zu besuchen, also bin ich hierhergekommen, um ihm die M&uuml;he zu ersparen, sie mir zu bringen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Seine Memoiren hat er geschrieben?&ldquo; fragte Lord Streetham und schenkte geistesabwesend noch mehr Wein in sein fast noch volles Glas.</p> <p>&bdquo;Ja, Mylord. Ich habe sie selbst gesehen &ndash; zumindest einen Teil davon. Er hat mir geschrieben, ob ich daran interessiert sei, und nat&uuml;rlich, da mir sein Ruf bekannt ist &ndash; wem ist er es nicht &ndash; beeilte ich mich, das Werk zu begutachten. Ich musste die lange Reise bis nach Schottland machen, aber sie hat sich gelohnt, das kann ich Ihnen versichern. Alle Leute aus der Gesellschaft werden die Geschichte des Teufels Desmond lesen wollen. Wir werden sie in mehreren Folgen herausbringen und &hellip;&ldquo;</p> <p>&bdquo;Und haben Sie sie bekommen?&ldquo;, fragte Seine Lordschaft.</p> <p>Mr. Atkins war gezwungen, zuzugeben, dass das nicht der Fall war, weil Mr. Desmond Schwierigkeiten machte.</p> <p>&bdquo;Nat&uuml;rlich macht er die&ldquo;, sagte der Earl. &bdquo;Wenn Sie seinen Ruf kennen, dann sollten Sie wissen, dass man dem Teufel Desmond kein Geld gibt, ohne daf&uuml;r einen Gegenwert in die H&auml;nde zu bekommen. Sie sind ein Narr. Diese Memoiren existieren &uuml;berhaupt nicht. Er hat Ihnen ein paar Bl&auml;tter gezeigt, die er zu diesem Zweck beschrieben hat, und Sie haben sich prellen lassen.&ldquo;</p> <p>Der Verleger wandte ein, dass das Manuskript existieren m&uuml;sse, sonst h&auml;tte Miss Desmond sich nicht so eifrig bem&uuml;ht, sein Zusammentreffen mit ihrem Vater zu unterbrechen. &bdquo;Er m&ouml;chte es ver&ouml;ffentlichen&ldquo;, erkl&auml;rte Atkins, &bdquo;aber sie will das verhindern. Sie hat Angst vor einem Skandal. Das M&auml;dchen h&auml;lt Ausschau nach einem Ehemann, wissen Sie. Deswegen ist Mr. Desmond nach England zur&uuml;ckgekehrt.&ldquo;</p> <p>Der Earl sagte sp&ouml;ttisch: &bdquo;Des Teufels Tochter? Einen Ehemann? Die G&ouml;re muss den Verstand verloren haben. Ich nehme an, sie will sich einen Lord suchen &ndash; oder einen Duke vielleicht?&ldquo; Lord Streetham kicherte. &bdquo;Dummes Ding, was bedeutet schon ein Skandal mehr f&uuml;r sie? So, wie es ist &ndash; aber nein, alte Geschichten langweilen mich. Trotzdem, die &Ouml;ffentlichkeit ist ganz wild nach solch erb&auml;rmlichen Geschichten, da haben Sie recht. Diese Memoiren, wenn sie wirklich existieren, werden sicherlich sehr popul&auml;r werden. Ungl&uuml;cklicherweise &hellip;&ldquo; Er machte eine Pause und trommelte mit seinen Fingern leicht auf die Tischplatte.</p> <p>&bdquo;Mylord?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Die Leute &auml;ndern sich, Atkins&ldquo;, sagte der Earl, ohne aufzusehen. &bdquo;Manche von jenen, mit denen Desmond in seiner schlimmen Jugend Umgang hatte, sind an ihren Exzessen schon gestorben. Diejenigen, die &uuml;berlebt haben, sind heute angesehene, respektierte M&auml;nner. Sie werden diese Blo&szlig;stellung ihrer jugendlichen Torheiten nicht gerade freundlich aufnehmen. Wenn Sie nicht vorsichtig sind, wird man Sie wegen Verleumdung verklagen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Mylord, ich versichere Ihnen &hellip;&ldquo;</p> <p>Lord Streetham beachtete den Einwand nicht und fuhr fort: &bdquo;Und des Weiteren, verleumderisch oder nicht, es k&ouml;nnten Informationen dabei sein, die den Frieden unschuldiger Familien zerst&ouml;ren. Das k&ouml;nnen wir nicht verantworten.&ldquo; Seine Lordschaft schl&uuml;rfte mit einem Anflug von Mitgef&uuml;hl seinen Wein.</p> <p>Mr. Atkins bekam es mit der Angst zu tun. &bdquo;Oh, Mylord. Aus Furcht vor ein wenig h&auml;uslichem Zwist m&ouml;chten Sie der Welt diese Erinnerungen vorenthalten? Ich verspreche Ihnen, man wird uns jedes Mal die T&uuml;ren einrennen, wenn eine neue Folge angek&uuml;ndigt wird. Ich bitte Sie, Mylord, es noch einmal in Erw&auml;gung zu ziehen.&ldquo; Tr&auml;nen traten in die Augen des Verlegers.</p> <p>Lord Streetham dachte einige qu&auml;lende Minuten lang nach, und Mr. Atkins wischte sich seine Augen und wartete.</p> <p>&bdquo;Also gut&ldquo;, sagte der Earl schlie&szlig;lich. &bdquo;Es w&auml;re falsch, es der &Ouml;ffentlichkeit zu entziehen. Er hat ein ganz au&szlig;ergew&ouml;hnliches Leben gelebt. Verlegen Sie das Werk meinetwegen, wenn Sie k&ouml;nnen &ndash; aber unter einer Bedingung.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Jede, Mylord.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ich muss das Material zuerst guthei&szlig;en. Hier und da ein wenig zu redigieren, wird nicht schaden, aber vielleicht manchen meiner Kollegen allerhand Kummer ersparen.&ldquo;</p> <p>Da er ja schon jeglicher Bedingung zugestimmt hatte, konnte Mr. Atkins gegen diese bescheidene Forderung kaum etwas einwenden. Etwas sp&auml;ter jedoch, als er sich zu Bett begab, beklagte er das grausame Geschick, das Lord Streetham in diesen verfluchten Gasthof gebracht hatte. Wenn Seine Lordschaft seine Billigung zu den Memoiren des Teufels Desmond gegeben haben w&uuml;rde, dann w&uuml;rden sich diese wie eine Sammlung von Predigten ausnehmen, und Mr. Atkins w&uuml;rde sich gl&uuml;cklich sch&auml;tzen m&uuml;ssen, wenn sie wenigstens die Methodisten kauften.</p> <p>Lord Streetham legte sich schlecht gelaunt in sein Bett. Er h&auml;tte wissen k&ouml;nnen, dass dies ein Abend der b&ouml;sen Vorzeichen war, nachdem schon seine M&auml;tresse nicht erschienen war. Und als Desmonds G&ouml;re in seinen Privatraum eingetreten war, hatte er sie mit der anderen verwechselt und deswegen beinahe sein Blut vergossen. Danach war er nur knapp dem sicheren Tod durch den Teufel Desmond entgangen und hatte vor dem Ungeheuer zu Kreuze kriechen m&uuml;ssen &ndash; Jack Langdon, dieses Muster an Redlichkeit, war Zeuge der sch&auml;bigen Szene gewesen. Und das Schlimmste waren diese verdammten Memoiren, deren Seiten sicherlich seine eigenen Geheimnisse dem gef&uuml;hllosen Londoner Mob preisgeben w&uuml;rden.</p> <p>Seine Lordschaft hegte auch nicht gerade freundliche Gedanken gegen&uuml;ber dem Verleger. Die Wahl zwischen Erfolg und Ruin ist nicht weiter schwierig, und ein verzweifelter Mann ist kein geduldiger Mann. Angenommen, Atkins w&uuml;rde ihn verraten und sich mit dem Manuskript aus dem Staub machen? Angenommen, er t&auml;te das nicht, und das Buch fiel so unfl&auml;tig aus, dass selbst das Redigieren nichts mehr half? Vielleicht war es am sichersten, das Werk v&ouml;llig zu zerst&ouml;ren. Mit diesen und einer Menge anderer beunruhigender Fragen vertrieb sich Lord Streetham die lange, tr&uuml;bselige Nacht.</p> <h2>II</h2> <p>Hoffend, ein Zusammentreffen mit den anderen Reisenden vermeiden zu k&ouml;nnen, stahl sich Jack kurz nach der Morgend&auml;mmerung aus seinem Zimmer. Als er gerade um die Ecke in Richtung Treppe gehen wollte, h&ouml;rte er ein Ger&auml;usch, das aus einem in der N&auml;he liegenden Zimmer kam. Jack drehte sich genau in dem Moment danach um, in dem ein anderer Herr um die Ecke eilte. Die beiden stie&szlig;en zusammen, und Mr. Langdon taumelte gegen die Wand.</p> <p>&bdquo;Eh &ndash; Verz- Jack!&ldquo;, rief der Herr. &bdquo;Bist du es wirklich?&ldquo;</p> <p>Er streckte eine Hand aus, um Jack zu helfen, aber der hatte sein Gleichgewicht bereits wiedergefunden, obwohl er noch ein wenig benommen war. Er schaute in ein Gesicht, das die meisten Frauen als Engelsgesicht bezeichnet h&auml;tten. Es war ein Gesicht, das Botticelli gemalt haben k&ouml;nnte, so klassisch sch&ouml;n waren seine Proportionen, so fein gemei&szlig;elt jeder seiner Z&uuml;ge, so klar, blau und unschuldig seine Augen, so golden die Locken, die es kr&ouml;nten.</p> <p>Dies war jedoch nicht nur das Gesicht eines sterblichen Mannes, sondern auch das eines h&ouml;chst unseri&ouml;sen Mitglieds dieses Geschlechts. Lord Streethams Sohn, der Viscount Berne, war auf dem besten Weg, der gef&auml;hrlichste W&uuml;stling zu werden, den der britische Adel je hervorgebracht hatte. Er war auch Jacks &auml;ltester Freund.</p> <p>&bdquo;Ja, ich bin es &ndash; zumindest bilde ich mir das ein&ldquo;, sagte Jack, schnitt eine Grimasse und massierte seinen Hinterkopf.</p> <p>&bdquo;Was bringt dich denn hierher &ndash; und zu dieser gottlosen Stunde schon auf die Beine? Und wie immer schaust du nicht, wohin du gehst. Ich habe dich in meiner Eile fast umgerannt.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das ist schon in Ordnung, Tony&ldquo;, sagte Mr. Langdon. &bdquo;Ich gew&ouml;hne mich allm&auml;hlich daran, auf die Nase zu fallen.&ldquo;</p> <p>Lord Bernes unschuldiger Gesichtsausdruck nahm sofort etwas Bedauerndes an. &bdquo;O ja, ich habe schon davon geh&ouml;rt. Schade, das mit Miss Pelliston.&ldquo;</p> <p>Mr. Langdon zuckte zusammen. Er hatte nicht gewusst, dass sein Misserfolg schon zum allgemeinen Klatsch geworden war.</p> <p>&bdquo;Das sind die Wege der Liebe&ldquo;, sagte der Viscount tr&ouml;stend. &bdquo;Sie versetzt einem immer wieder mal einen Schlag. Das Geheimnis liegt darin, sich zusammenzunehmen und in den n&auml;chsten Kampf zu marschieren. Wir Zivilisten m&uuml;ssen unsere Lektion von Wellington lernen.&ldquo;</p> <p>Er legte einen Arm um die Schulter seines Freundes und ging mit ihm die Stufen hinunter. &bdquo;Zuerst brauchst du eine St&auml;rkung. Wir fr&uuml;hst&uuml;cken zusammen. Dann musst du mit mir zu einem langen Besuch zum Sitz meiner Vorfahren kommen. Ich bin gezwungen, aufs Land zu gehen, weil ich Lady Jane Gathers den Hof machen muss. Nat&uuml;rlich wird sie eine vorbildliche Ehefrau abgeben. Die Urteilskraft meines Herrn Vaters ist untr&uuml;glich, wie er mir unaufh&ouml;rlich zu verstehen gibt.&ldquo;</p> <p>Lord Berne tendierte dazu, seine Monologe &uuml;ber Stunden auszudehnen, wenn sie nicht unbarmherzig unterbrochen und auf den Punkt gebracht wurden.</p> <p>Deswegen sagte Jack schnell: &bdquo;Man verl&auml;ndlicht normalerweise nicht in Gasth&ouml;fen &ndash; zumindest nicht, wenn sie so nahe an zu Hause liegen. Was bringt dich denn hierher?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ein Frauenzimmer nat&uuml;rlich. Was sonst? Vielleicht hast du die flotte blonde Sarah noch nicht kennengelernt? Macht nichts. Ich habe sie auch kaum gesehen, denn ich war gerade in der Kaffeestube, als ich eine andere ersp&auml;hte, die alleine und unbeachtet inmitten des sturmgesch&uuml;ttelten P&ouml;bels sa&szlig;. Was blieb mir anderes &uuml;brig, als dem dunkelhaarigen D&auml;mchen zu Hilfe zu kommen?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Lady Jane wird diese Art von Ritterlichkeit wohl kaum sch&auml;tzen&ldquo;, sagte Jack, als sie den Gang im Erdgescho&szlig; erreichten.</p> <p>&bdquo;Lady Jane ist entschlossen, nichts &uuml;ber solche Dinge zu wissen, was sehr schicklich f&uuml;r sie ist. Ich w&uuml;nschte nur, dass ihr Gesicht auch schicklicher w&auml;re. Aber das macht nichts. Wir werden beide um sie werben, du und ich&ldquo;, bot Tony an.</p> <p>Er steuerte seinen in Gedanken verlorenen Freund gewandt in den Speiseraum. &bdquo;Vielleicht nimmst du sie mir weg. Wirklich Jack, ich w&uuml;nschte, du w&uuml;rdest es tun. Sie ist sehr in Ordnung, aber ich bin noch nicht bereit &ndash; gro&szlig;er Gott! Wo kommt <i>die</i> denn her? Mit meinem noblen Herrn Vater! Wo kommt <i>der</i> denn her?&ldquo;</p> <p>Mr. Langdon folgte dem Blick seines Freundes &uuml;ber einen gro&szlig;en Gemeinschaftstisch hinweg, in eine ruhige Ecke in der N&auml;he des Kamins. Dort sa&szlig;en Mr. Desmond und seine Tochter zusammen mit dem Earl of Streetham beim Fr&uuml;hst&uuml;ck.</p> <p>Obgleich das Letzte, was Jack auf dieser Welt wollte, ein Zusammentreffen mit ihnen war, konnte er von Tony kaum erwarten, dass er seinen eigenen Vater ignorierte, vor allem dann nicht, wenn er in Gesellschaft einer sch&ouml;nen jungen Frau war. Es gab kein Entrinnen, denn Tony hatte den Arm seines Freundes in festem Griff und schob ihn auf den Tisch zu.</p> <p>Jack verbrachte die n&auml;chsten Minuten mit dem offensichtlich faszinierten Betrachten einer Landschaftsmalerei mit b&ouml;se blickenden Schafen, die nur wenig &uuml;ber Miss Desmonds Kopf an der Wand hing. Ged&auml;mpft h&ouml;rte er Worte des Bekanntmachens und solche, von denen er sicher war, dass es sich um L&uuml;gen handelte, als der Earl und sein Sohn sich gegenseitig ihre Anwesenheit in der Schwarzen Katze erkl&auml;rten.</p> <p>Mr. Langdon zwang sich zu aufmerksamem Zuh&ouml;ren, als der Earl die Desmonds wiederholt einlud, doch seine G&auml;ste in Streetham Close zu sein. Da Seine Lordschaft sein Ersuchen haupts&auml;chlich an die Tochter richtete, nahm Jack an, dass sie von beiden die Widerstrebende war. Im n&auml;chsten Moment jedoch steuerte Tony noch seine &Uuml;berredungsk&uuml;nste bei, und Miss Desmond kapitulierte, wie zu erwarten war.</p> <p>Nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatten, verlie&szlig;en die drei Personen den Speiseraum, und eine davon wurde von Lord Berne mit solch verzehrenden Blicken verfolgt, dass der Kellner vor lauter Eile auf dem Weg zu ihrem Tisch zwei St&uuml;hle umstie&szlig;, weil er annahm, dass der junge Gentleman kurz vor dem Verhungern sei.</p> <p>Mr. Langdon, der an die romantischen Anf&auml;lle seines Gef&auml;hrten gew&ouml;hnt war, k&uuml;mmerte sich nicht weiter darum. Ihr Fr&uuml;hst&uuml;ck wurde schnell serviert, und w&auml;hrend sie a&szlig;en, erkl&auml;rte Jack ruhig, warum er Streetham Close nicht besuchen k&ouml;nne. Sein Onkel erwarte ihn, sagte er. Er sei nicht in der Stimmung, gesellig zu sein. Er habe schon monatelang kein Buch mehr zu Ende gelesen. Diese und andere lahme Entschuldigungen wurden von Viscount Berne schnell abgetan.</p> <p>&bdquo;Du willst dich nur irgendwo verstecken und selbst bedauern, Jack, und das ist ungesund. Sich zu w&uuml;nschen, woanders zu sein, w&auml;hrend diese exotische Blume unter meinem Dach weilt, ist doch der Beweis f&uuml;r deinen geistigen Verfall. Wir m&uuml;ssen dich wieder in Ordnung bringen. Wenn ihre grauen Augen deine M&auml;nnlichkeit nicht wieder herstellen, dann wei&szlig; ich auch nicht &hellip;&ldquo;</p> <p>&bdquo;Sie sind gr&uuml;n&ldquo;, sagte Jack.</p> <p>&bdquo;Grau.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Gr&uuml;n. Und ich brauche nicht von den <i>Augen</i> von irgendjemandem wiederhergestellt zu werden. Ich will meinen Frieden und meine Ruhe, Tony, und ich muss dir sagen, es liegt nichts Friedfertiges in ihren Augen.&ldquo; Jack war schon drauf und dran, sein Abenteuer vom Vorabend zu offenbaren, als sein Freund ihm ins Wort fiel.</p> <p>&bdquo;Ich erwarte gar nicht, dass sie so friedfertig sind&ldquo;, meinte Lord Berne. &bdquo;Wei&szlig;t du denn nicht, wer das ist? Devil Desmond, der infamste Schurke der Christenheit. Abenteurer, Scharlatan und &ndash; wenigstens bis zu seiner Hochzeit &ndash; ein Verderber weiblicher Tugendhaftigkeit, wie es seit Casanova keinen mehr gegeben hat. Seine Eroberungen w&uuml;rden &hellip;&ldquo;</p> <p>&bdquo;Danke, Tony. Das gen&uuml;gt schon.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Er ist schon zu Lebzeiten eine Legende, sage ich dir. Ich h&auml;tte nicht gedacht, dass er nach diesem Duell mit Billings nach England zur&uuml;ckkehren w&uuml;rde &ndash; aber das liegt ja schon eine Ewigkeit zur&uuml;ck.&ldquo;</p> <p>Mr. Langdon schl&uuml;rfte seinen Kaffee. &bdquo;Dann wundert es mich, dass dein Vater ihn unter das Dach seiner Vorfahren einl&auml;dt.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Seine Lordschaft wird mit zunehmendem Alter ein wenig kindisch. Vielleicht will er den Teufel bekehren. Aber was interessiert mich der Grund? Delilah!&ldquo; Lord Berne seufzte. &bdquo;Ihr Name allein ist schon voll s&uuml;ndiger Verhei&szlig;ung. Sie hat noch kein Haar meines Kopfes ber&uuml;hrt, und doch sp&uuml;re ich bereits die Kraft meiner Nerven dahinschwinden.&ldquo;</p> <p>Sein Freund seufzte innerlich. Tony verliebte sich t&auml;glich, manchmal st&uuml;ndlich, und die Resultate h&auml;uften sich &ndash; aus der Sicht von manchen &ndash; zu einer nationalen Trag&ouml;die an. Die traurigen &Uuml;berreste der Herzen, die Lord Berne zerbrochen hatte, bedeckten den Weg von London bis Carlisle. Eines mehr w&uuml;rde den Gang der Geschichte nicht &auml;ndern, obgleich &ndash; wenn Jack sich nicht sehr t&auml;uschte &ndash; Miss Desmonds Herz aus einem derberen Material war.</p> <p>F&uuml;r einen Philosophen w&uuml;rden sich interessante Studien daraus ergeben, aber Mr. Langdon war nicht in der Stimmung zu philosophieren. Er bestand stur darauf, zu seinem Onkel zu fahren.</p> <p>Lord Berne spielte seine Trumpfkarte aus: &bdquo;Du musst mit mir kommen, Jack, um mich vor mir selbst zu retten!&ldquo;</p> <p>&bdquo;Die Rettung ist nicht meine Sache&ldquo;, kam die irritierte Antwort.</p> <p>&bdquo;Aber wer sonst kann mich davon abhalten, von einem harmlosen Flirt in gef&auml;hrliche Tiefen abzugleiten? Sehr gef&auml;hrliche, das kann ich dir sagen. Du wirst doch nicht mitansehen wollen, wie der Teufel eine Kugel durch mein zartes Herz jagt, oder doch?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Dann behalte deine H&auml;nde bei dir!&ldquo;</p> <p>&bdquo;Aber Jack.&ldquo; Lord Berne schaute seinen Freund mit gro&szlig;en Augen an. &bdquo;Du wei&szlig;t doch, dass ich das nicht kann.&ldquo;</p> <p>Mr. Desmond und seine Tochter reisten in ihrer eigenen Kutsche; der Earl ritt ihnen voraus. Nachdem sie eine Weile schweigend gefahren waren, bemerkte Mr. Desmond: &bdquo;Dieser junge Mann interessiert mich.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Welcher junge Mann, Papa?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Meine Liebe, du wirst doch nicht glauben, dass ich diesen n&auml;rrischen Flachskopf interessant finde? Ich habe diesen Typ durch Generationen schon &uuml;berall auf der Welt getroffen. Ich meine den Gast. Den ungl&uuml;cklichen jungen Mann mit dem zerzausten braunen Haar und den poetischen grauen Augen.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ich habe ihn nicht poetisch gefunden.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Aber sicher hast du das. Du hast sogar Mitgef&uuml;hl f&uuml;r ihn gehabt. Ich war ganz erstaunt dar&uuml;ber.&ldquo;</p> <p>Miss Desmond schaute mit steinerner Miene geradeaus. &bdquo;Auch das habe ich nicht. Deine Augen werden schw&auml;cher, Papa, genau wie die von dem armen Lord Streetham.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Du bist sehr unleidig heute, Delilah. Ist es, weil sich der junge Mann als der mutma&szlig;liche Erbe des Viscount R&ouml;ssing herausgestellt hat und du deine Entscheidung bedauerst?&ldquo;</p> <p>Miss Desmonds Kopf flog so abrupt zu ihrem Vater hin, dass ihr ihre Kappe &uuml;ber ein Ohr rutschte. W&auml;hrend sie sie wieder zurechtr&uuml;ckte, sagte sie zornig: &bdquo;Ich werde keinen Mann zwingen, mich zu heiraten, weil irgendetwas ausposaunt wurde. Das ist absurd.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Er h&auml;tte es aber getan.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Weil er ein harmloses Kind ist. O Papa, so m&ouml;chte ich nicht beginnen &ndash; aber es gibt keinen Neubeginn, nicht wahr? Meine F&uuml;&szlig;e ber&uuml;hren kaum englischen Boden, und schon werde ich in eine garstige Sache hineingezogen. Ich <i>w&uuml;nschte,</i> ich k&ouml;nnte mich wie eine Lady verhalten. Aber wie es scheint, kann ich alles andere bis auf das&ldquo;, sagte sie klagend.</p> <p>&bdquo;Wenn du dich wie eine hilflose Frau &ndash; das ist doch wohl deine Definition einer Lady &ndash; verhalten h&auml;ttest, dann w&auml;rst du von diesem scheinheiligen alten Heuchler entehrt worden.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Wenn ich auf mein M&auml;dchen gewartet h&auml;tte oder in meinem Zimmer geblieben w&auml;re, h&auml;tte ich ihm keinen Anlass gegeben, sich unzivilisiert zu benehmen.&ldquo;</p> <p>Mr. Desmond l&auml;chelte; ein viel milderes L&auml;cheln, als es Mr. Langdon am vorhergehenden Abend gesehen hatte. &bdquo;Du warst besorgt, dass Mr. Atkins&rsquo; Ersuchen mein empfindsames Herz erweichen k&ouml;nnte? Eine ganz nat&uuml;rliche Besorgnis, meine Liebe, aber v&ouml;llig &uuml;berfl&uuml;ssig. Ich habe in der Tat lange dar&uuml;ber nachgedacht. Vielleicht sollte ich meine erb&auml;rmlichen literarischen Produkte vernichten, sodass wir mit ruhigem Gewissen dieses Unternehmen starten k&ouml;nnen. Ich wei&szlig;, ich habe einen gro&szlig;en Fehler gemacht, mit Atkins deswegen Verbindung aufzunehmen. Aber ich wollte den Wert der Arbeit sicherstellen. Was w&auml;re, wenn ich pl&ouml;tzlich sterben w&uuml;rde?&ldquo;</p> <p>Delilah schauderte. &bdquo;Sag nicht so etwas, Papa!&ldquo;</p> <p>&bdquo;Es h&auml;tte vor einem Jahr leicht passieren k&ouml;nnen. Du und deine Mama, ihr h&auml;ttet v&ouml;llig mittellos dagestanden und ohne Aussicht auf Hilfe von einer unserer dickfelligen Familien. Sicherheit, dachte ich. Ein Nestei im Falle einer Kalamit&auml;t. Nat&uuml;rlich musste ich sicherstellen, dass das Ei ein goldenes war.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das hast du ja auch wirklich getan. Und bitte kein Wort mehr vom Vernichten deiner wundervollen Geschichte nach all diesen Monaten der Arbeit. Wie du selber sagst, kommen Ungl&uuml;cksf&auml;lle vor. Ich werde vielleicht nie einen Ehemann finden.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Oder du wirst dich vielleicht in einen jungen Mann ohne einen Penny verlieben.&ldquo;</p> <p>Miss Desmond schniefte geringsch&auml;tzig. &bdquo;Ich habe nicht die Absicht, mich in irgendjemanden zu verlieben. Man kann nicht einen klaren Kopf behalten und sich zur selben Zeit verlieben. Meine Heirat erfordert einen klaren Kopf.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Du meinst einen k&uuml;hl kalkulierenden, nehme ich an.&ldquo; Der Vater seufzte. &bdquo;Ich f&uuml;rchte, deine Mama und ich haben bei deiner Erziehung auf bedauerliche Weise versagt.&ldquo;</p> <p>&bdquo;O Papa.&ldquo; Miss Desmond umarmte ihren Vater, was ihre Kappe wieder verschob. &bdquo;Du hast nie versagt. Ich hoffe nur, dass mein Kopf klar genug ist, einen Mann zu finden, der auch nur halb so gro&szlig;artig ist wie du.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das, meine Liebe, erfordert ein aufgew&uuml;hltes Herz. Was f&uuml;r ein t&ouml;richtes M&auml;dchen du doch bist. Aber wenigstens hast du deine Gereiztheit wieder abgelegt. Ich werde die Torheit ertragen.&ldquo;</p> <p>Welche Einw&auml;nde Lady Streetham gegen die Einladung des ber&uuml;chtigten Teufels Desmond auch immer hatte, sie wurden von ihrem Herrn und Meister unbarmherzig hinweggefegt.</p> <p>&bdquo;Ich habe gute Gr&uuml;nde daf&uuml;r&ldquo;, sagte er, &bdquo;die hochgradig politischer und vertraulicher Natur sind. Du wirst ihm h&ouml;flich begegnen oder du wirst meine Aussichten f&uuml;r das Kabinett durchkreuzen. Du hast die Wahl.&ldquo;</p> <p>Nachdem er seine Frau zurechtgewiesen hatte, rief Lord Streetham diejenigen aus seiner Dienerschaft, denen er am meisten vertraute, zu sich und beauftragte sie wieder unter Heranziehung der nationalen Sicherheit, Desmonds Sachen zu durchsuchen.</p> <p>W&auml;hrend Lord Streetham und seine Vertrauten zum Besten des gef&auml;hrdeten K&ouml;nigreichs arbeiteten, ritt Lord Berne mit seinen G&auml;sten im Park spazieren. Mr. Langdon war auch mitgekommen, obwohl er jeden Stock, jeden Stein und jedes Kaninchenloch darin kannte. Er hatte sein Buch dabei, und immer, wenn die Gruppe eine Pause machte, holte er es heraus und starrte auf die Seiten.</p> <p>Miss Desmond fand sein Verhalten sehr seltsam. Als sie zum Haus zur&uuml;ckkehrten, fragte sie Lord Berne: &bdquo;Hat er <i>immer</i> ein Buch bei sich?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Immer&ldquo;, sagte Lord Berne und warf einen Blick zur&uuml;ck zu seinem Freund. &bdquo;Sogar in der Stadt, bei den pr&auml;chtigsten B&auml;llen, Gesellschaften und Musikauff&uuml;hrungen wird man Jack Langdon mit einem Buch antreffen, das er dann ebenso unfehlbar irgendwo liegen l&auml;sst und es nat&uuml;rlich wieder aufst&ouml;bern muss. Er macht die Damen w&uuml;tend damit. Nicht, dass ich es ihnen &uuml;belnehmen k&ouml;nnte. Es kann einen schon verbittern, wenn man gerade ein wenig zu flirten anf&auml;ngt und seine Augen zu gl&auml;nzen beginnen und man dann sehen muss, wie er sich entfernt und dabei zu sich selber spricht.&ldquo; Sein eigener verst&auml;ndnisvoller Blick wanderte von ihren Augen zu ihren Lippen. &bdquo;Obschon ich in diesem Fall sein Verhalten &uuml;berhaupt nicht verstehen kann.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ich kann das sehr gut verstehen&ldquo;, antwortete Miss Desmond. &bdquo;Welche Frau kann schon mit Plutarch konkurrieren?&ldquo;</p> <p>Der Viscount &ouml;ffnete seinen Mund zu einer Antwort, aber sie f&uuml;gte schnell hinzu: &bdquo;Und es ist ein zu leicht zu gebendes Kompliment; Sie glauben doch nicht etwa, dass ich danach geangelt habe?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Sie brauchen nicht nach Komplimenten zu <i>angeln,</i> Miss Desmond&ldquo;, kam die prompte Antwort.</p> <p>Die Art der Ermutigung wurde abgestumpft, und Lord Berne war weise genug, seine Taktik zu &auml;ndern.</p> <p>&bdquo;Genaugenommen&ldquo;, sagte er und senkte seine Stimme, &bdquo;ist Jack mehr als sonst in sich gekehrt, weil er&ldquo; &ndash; er machte eine dramatische Pause &ndash; &bdquo;eine Entt&auml;uschung hinnehmen musste.&ldquo;</p> <p>Miss Desmonds Interesse war geweckt. &bdquo;Wirklich? Was f&uuml;r eine? Es kann sich ja nicht um Liebe gehandelt haben, da er, wie Sie sagen, sich weiblicher List entzieht. Um was hat es sich also gehandelt?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das zu offenbaren, w&auml;re schimpflich.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Dann haben Sie bereits schimpflich gehandelt, indem Sie es &uuml;berhaupt erw&auml;hnten&ldquo;, erwiderte sie und warf dabei ihren Kopf zur&uuml;ck. Das hatte zur Folge, dass ihr die Bieber-Reitkappe &uuml;ber die Stirn rutschte und mehrere schwarze Locken sich selbstst&auml;ndig machten. Ungeduldig schob sie diese unter die Kappe zur&uuml;ck, und Lord Berne beobachtete sie dabei mit Entz&uuml;cken.</p> <p>&bdquo;Nun, da ich mir diesen Vorwurf schon zugezogen habe, kann eine weitere Indiskretion nicht mehr viel ausmachen&ldquo;, sagte er, als Haar und Kappe wieder in Ordnung waren. &bdquo;Ja, es war eine Dame im Spiel. Erstaunlich, nicht wahr?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Sie muss sehr au&szlig;ergew&ouml;hnlich gewesen sein, wenn sie ihn von seinen B&uuml;chern ablenken konnte.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Nein, &uuml;berhaupt nicht. Nach dem, was ich geh&ouml;rt habe, war sie eine graue Maus, die viel auf Anstandsformen gab &ndash; und ein Blaustrumpf. Ich glaube ja, er ist noch einmal davongekommen, wenn es auch keinen Sinn h&auml;tte, ihm dies zu sagen. Ein Freund ist verpflichtet, Mitgef&uuml;hl zu zeigen und Trost zu spenden.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Dann halte ich Sie von Ihren Verpflichtungen ab, Mylord. Sie m&uuml;ssen sich um Mr. Langdon k&uuml;mmern.&ldquo; Und damit ritt sie ihrem Vater nach.</p> <p>&bdquo;So schnell schon gelangweilt?&ldquo;, fragte Mr. Desmond. &bdquo;Ich habe dir gesagt, er ist ganz gew&ouml;hnlich.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Im Gegenteil. Er ist ein wunderbarer Schw&auml;tzer. In weniger als einer Stunde habe ich den Klatsch der ganzen vergangenen Saison erfahren.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Dann ist die Konversation sicherlich zu hei&szlig; f&uuml;r deine jungfr&auml;ulichen Ohren geworden.&ldquo;</p> <p>Delilah warf ihm einen ungl&auml;ubigen Blick zu. &bdquo;Seine Lordschaft war h&ouml;flich am&uuml;sant, nicht mehr. Und trotzdem, wenn die Beute zu leicht zu fassen ist, verliert der J&auml;ger den Geschmack daran, wie du mir schon tausendmal gesagt hast.&ldquo;</p> <p>Der Vater grinste. &bdquo;Ich habe nat&uuml;rlich immer recht. Du konzentrierst dich also auf Streethams Erben?&ldquo;</p> <p>Delilah sch&uuml;ttelte ihren Kopf. &bdquo;Seine Eltern w&uuml;rden ihm das nie verzeihen. Ich war &uuml;ber die Einladung Seiner Lordschaft &uuml;berrascht. Ich glaube n&auml;mlich nicht, dass er dich mag, Papa.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Er verabscheut mich&ldquo;, antwortete der Teufel leichthin. &bdquo;Und doch will er seinen <i>Fauxpas</i> nicht ausposaunt wissen &ndash; und nicht einmal ich bin ein solcher Halunke, dass ich &uuml;ber meinen gro&szlig;z&uuml;gigen Gastgeber tratschte.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Was f&uuml;r ein alter Heuchler er doch ist. Nat&uuml;rlich kommt sein Sohn nicht infrage.&ldquo; Sie l&auml;chelte der sonnenerleuchteten Ferne entgegen. &bdquo;Als Ehemann, meine ich. Aber als ein Verfolger k&ouml;nnte er sich ganz n&uuml;tzlich erweisen. Es w&auml;re ganz nett, wenigstens einen Freier zur Hand zu haben, wenn die kleine Saison beginnt. Hoffen wir, dass er mich bis nach London verfolgt.&ldquo;</p> <p>Gl&uuml;cklicherweise war Lord Streetham nicht abergl&auml;ubig, sonst h&auml;tte er glauben m&uuml;ssen, dass seit seinem &Uuml;berschreiten der T&uuml;rschwelle der &sbquo;Schwarzen Katze&lsquo; ein Fluch auf ihm lag. Eine eingehende Durchsuchung der Sachen der Desmonds, einschlie&szlig;lich ihrer Kutsche, hatte nichts zutage gebracht.</p> <p>Lord Streetham standen jetzt zwei M&ouml;glichkeiten offen. Er konnte Desmond eine enorme Summe f&uuml;r seine Memoiren bieten. Obschon der Earl ein Geizkragen war, h&auml;tte er sich einer so wichtigen Sache wegen &uuml;berwunden. Das Problem dabei war, dass er Desmond bezahlen musste &ndash; und sich der Gnade dieses Kerls auszusetzen, war undenkbar f&uuml;r ihn. Die zweite M&ouml;glichkeit &ndash; die Hilfe seines verantwortungslosen Sohnes zu erbitten &ndash; war beinahe ebenso undenkbar. Und doch war das eine der wenigen Unternehmungen, in denen sich Tonys begrenzte Talente als n&uuml;tzlich erweisen k&ouml;nnten. Also lie&szlig; Lord Streetham, gleich nachdem die Gruppe zum Haus zur&uuml;ckgekehrt war, seinen Sohn zu sich kommen.</p> <p>&bdquo;Ich vermute, du bist auf dem besten Weg, Miss Desmond zu erobern&ldquo;, sagte der Earl, nachdem die T&uuml;r geschlossen war.</p> <p>Tony trat unbehaglich von einem Fu&szlig; auf den anderen. &bdquo;Ich habe nur versucht, sie zu unterhalten. Das ist man seinen G&auml;sten schuldig.&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ich werde dich &uuml;ber deine Schuldigkeiten aufkl&auml;ren&ldquo;, schnauzte der Earl. &bdquo;Ich habe sie nicht zu deinem Vergn&uuml;gen hierhergebeten, und ich will sie so bald wie m&ouml;glich wieder loswerden. Deine Mutter hat immer noch Zust&auml;nde, dabei wei&szlig; sie noch nicht einmal die H&auml;lfte der Dinge.&ldquo; Lord Streetham erz&auml;hlte seinem Sohn das Ganze &ndash; oder das meiste davon, denn er offenbarte nicht, welche Enth&uuml;llungen er bef&uuml;rchtete. Er hielt sich stattdessen mit der Ignoranz der &Ouml;ffentlichkeit und der Missgunst der politischen Rivalen auf. Die letzteren, so sagte er, w&uuml;rden gierig nach allem greifen, was ihn in schlechten Ruf bringen k&ouml;nnte.</p> <p>&bdquo;Sie werden eine Haarspalterei betreiben und mich als Mitglied der Regierung ungeeignet erscheinen lassen&ldquo;, erkl&auml;rte er steif. &bdquo;Was du oder ich als M&auml;nner von Welt als jugendliche Torheit abtun, werden sie v&ouml;llig &uuml;bertrieben als Charakterschw&auml;che darstellen. Simple Jugendstreiche werden zu abscheulichen Verbrechen gemacht werden.&ldquo;</p> <p>Er drehte sich gerade im richtigen Moment vom Fenster um, dass er das Grinsen seines Sohnes sehen konnte. Das Grinsen wurde schnellstens unterdr&uuml;ckt.</p> <p>&bdquo;Es freut mich, dass du das so am&uuml;sant findest&ldquo;, sagte Lord Streetham kalt. &bdquo;Deine Mutter wird das zweifellos auch, besonders wenn sie sich nicht mehr in der &Ouml;ffentlichkeit sehen lassen kann, weil sie sich vor dem Kichern hinter den vorgehaltenen F&auml;chern ihrer ehemaligen Freundinnen f&uuml;rchtet, oder &ndash; und ich bin sicher, dass das besonders erheiternd sein wird &ndash; vor der Bezeugung des Bedauerns.&ldquo;</p> <p>Lord Berne wurde geb&uuml;hrend ernsthaft. &bdquo;Es tut mir leid, ich wollte nicht &hellip;&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ich werde dir sagen, was du willst, du Windbeutel. Du willst Desmond um dieses verdammte Manuskript erleichtern!&ldquo;</p> <p>&bdquo;Ich?&ldquo;</p> <p>&bdquo;Das M&auml;dchen, du Idiot. Wenn du schon mit ihr sch&auml;kern musst, dann sollst du das aus gutem Grunde tun. Ich kann die Memoiren nirgendwo finden. Das wundert mich nicht. Desmond ist schlau. Das ist sie vielleicht auch &ndash; ihre Mutter ist es ganz bestimmt &ndash; aber sie <i>ist</i> eine Frau, und alle Frauen k&ouml;nnen verleitet werden.&ldquo;</p> <p>Da Lord Berne noch nie eine junge Frau getroffen hatte, die er nicht verleiten h&auml;tte k&ouml;nnen, konnte er an dieser Beurteilung nichts Fehlerhaftes finden. Und da er ausreichend intelligent war, begriff er auch, was sein Vater wollte.</p> <p>&bdquo;Du glaubst, dass ich sie dazu &uuml;berreden k&ouml;nnte, mir das Manuskript zu geben?&ldquo;, fragte er.</p> <p>Lord Streetham gab einen verdrossenen Seufzer von sich. &bdquo;Warum sollte ich es wohl sonst deinem verdorbenen Gehirn auferlegen? Nat&uuml;rlich w&uuml;nsche ich es. Jetzt geh und tue es!&ldquo;, befahl er.</p> <p>Lord Berne verlie&szlig; ihn und war &uuml;ber seinen Auftrag nicht gerade erfreut &ndash; was eigentlich seltsam war, wenn er in Betracht zog, dass dies das erste Mal war, dass sein Vater ihn mit einer wichtigen Sache betraute. Und was weiter auf dem Spiel stand, war Macht, und der Viscount hatte selbsts&uuml;chtige Gr&uuml;nde, es vorzuziehen, dass die seines Vaters nicht abnahm. Lord Streethams Einfluss hatte seinen Sohn mehr als einmal vor einer unerw&uuml;nschten Heirat gerettet, von l&auml;stigen Befragungen durch die Polizei ganz zu schweigen.</p> <p>Das Problem war, dass der Sohn es gewohnt war, Vergn&uuml;gungen um ihretwillen nachzugehen. Obwohl es ihn entz&uuml;ckt h&auml;tte, mit der hinrei&szlig;enden Miss Desmond zu t&auml;ndeln, war das, wenn es als Mittel zum Zweck angestrebt wurde, wie <i>Arbeit,</i> und seine aristokratische Seele schauderte bei so einem Gedanken.</p> <p>Aber, so dachte er, sein nobler Herr konnte ja nicht von ihm erwarten, dass er noch in dieser Minute damit anfing. Folglich begab sich Lord Berne zum Wasserturm, nahm ein kaltes Bad und blieb nachsinnend zwei Stunden lang dort.</p>

Erscheint lt. Verlag 1.6.2025
Übersetzer Herbert Präbst, Alexandra Kranefeld, Nina Hawranke
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Braut • Bundle • Duke • England • Gentleman • Historical Romance • Historischer Liebesroman • Hochzeit • Lady • Lord
ISBN-10 3-69090-317-3 / 3690903173
ISBN-13 978-3-69090-317-2 / 9783690903172
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