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Die Hüterin der vergessenen Insel (eBook)

Über den Mut, an seine Träume zu glauben

(Autor)

eBook Download: EPUB
2025 | 2. Auflage
416 Seiten
BoD - Books on Demand (Verlag)
9783769361605 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Hüterin der vergessenen Insel - Wiebke Momsen
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Nach einer schweren Lungenentzündung wird die sechzehnjährige Flo zur Kur in das kleine Städtchen Moorfleet an die Nordsee geschickt. Bei ihrem Onkel Hannes Friedrichsen soll sie wieder zu Kräften kommen. Das alte Schleusenhaus auf dem Deich scheint der perfekte Ort dafür zu sein, wenn da nicht ihre seltsam realistischen Träume von einer fernen Küste wären. Durch Zufall stoßen Flo und Hannes auf alte Aufzeichnungen über eine sagenumworbene Insel, welche sich einst vor der Küste Schleswig-Holsteins befunden haben soll. Immer mehr Fragen tun sich auf. Wieso hat einer ihrer Vorfahren genau diesen Strand aus Flos Träumen auf einem Bild festgehalten und was hat ihre Familie damit zu tun? Gemeinsam versuchen sie das Geheimnis zu ergründen. Doch Hannes und Flo sind nicht die einzigen, die hinter das Rätsel kommen wollen. Was ist mit der ehrgeizigen Journalistin Kiki von Borch, die immer wieder ihre Wege kreuzt? Als ein Unwetter über Moorfleet hereinbricht, muss Flo sich entscheiden, ob sie bereit ist, an ihre Träume zu glauben.

Wiebke Momsen, 1972 in Bremen geboren, studierte Germanistik und Romanistik in Frankreich und Dänemark, bevor es sie in die Schweiz verschlug. Hier lebt sie heute mit ihrem Mann, drei Kindern sowie zwei Katern in Basel. Durch das Schreiben und Malen bleibt sie in Gedanken mit ihrer Heimat im Norden verbunden. Über die Hüterin der vergessenen Insel sagt sie: Die Geschichte war eines Tages einfach da und wollte zu Papier gebracht werden. Weitere Informationen unter: www.wiebkemomsen.ch

Fies erwischt


FLO


Basel, Ende Mai 2014

Es hatte Flo richtig fies erwischt. Fast zwei Wochen lang hielten sie der Husten und das Fieber fest im Griff, ehe es endlich besser wurde. Lungenentzündung, hatte die knappe Diagnose des Hausarztes Dr. Braun gelautet, der Flos Welt auf die knapp acht Quadratmeter ihres kleinen Mansardenzimmers zusammenschrumpfen ließ.

All die aufregenden Pläne für die nächsten Wochen waren geplatzt. Keine Abschlussprüfungen und keine Vorbereitung auf die Klassenfahrt, die kurz bevorstand und den Höhepunkt des gesamten Schuljahres bilden sollte.

Mit jedem Tag, der verstrich und keine Besserung brachte, wuchs in Flo das Gefühl, dass ihr die Zeit davonlief. Das heißt, eigentlich lief sie nicht, sondern hockte wie eine garstige, fette Kröte auf ihrer Bettkante und schien sie zu verspotten. Sie spottete über jede verpasste Prüfung und über jeden Sommertag, den sie in dem abgedunkelten, muffigen Zimmer verbringen musste, wo es nach Brustwickeln und Kräutertee roch.

Jetzt bestimmten nicht die Wochentage oder die Schule ihren Rhythmus, sondern die Medikamente, die ihr wenigstens für einige Stunden eine gewisse Erleichterung verschafften, bevor die Wirkung wieder nachließ und das Fieber und der Husten erneut zurückkehrten. Dann war die Zeit besonders garstig, sie dehnte sich zu einer nicht enden wollenden Ewigkeit aus, denn es gab nichts, was Ablenkung versprochen hätte.

Sogar auf ihre treusten Freunde, die Bücher, war kein Verlass mehr. Sobald sie versuchte zu lesen, erwachten die Buchstaben zum Leben, bewegten sich wie Schlangen über das Papier und verursachten ihr Schwindel und Übelkeit. Selbst der Schlaf brachte keine Erholung, ihn fürchtete Flo fast am meisten, denn mit ihm kamen auch die Träume.

Auf den ersten Blick hätte man sie nicht als Alpträume bezeichnen können, hinterhältig traf es vielleicht besser. Fast jede Nacht kehrten sie in leicht veränderter Form zurück. Anfangs schienen sie ganz harmlos zu sein. Stets war sie in einer Stadt unterwegs, die ihr weder fremd noch vertraut war, sie lief durch endlose Straßen, lief und lief. Es gab kein Ankommen in diesen Träumen, kein Ziel, das sie hätte erreichen können. Beim Aufwachen fühlte sie sich dann erschöpfter als zuvor und hatte das Gefühl, etwas Entscheidendes verpasst zu haben.

Aber immer, wenn Flo meinte, es nicht mehr aushalten zu können, dann war da Müller, ihr geliebter Kater Müller. In diesen Tagen wich er kaum von ihrer Seite. Besonders an den Vormittagen, wenn alle anderen in der Schule oder bei der Arbeit waren, saß er am Fußende ihres Bettes. Er war es, der den Husten in Schach hielt und über ihren Schlaf wachte. Wann immer sie sich in den Fieberträumen zu verlieren drohte, war er bei ihr. Erst wenn seine feinen Ohren das Klicken der Haustüre vernahmen, verließ er seinen Wachposten, um im Garten nach dem Rechten zu sehen und auf Mäusejagd zu gehen.

Dies war Müllers Art, Flo seine Treue zu zeigen. Seit sie ihn vor nunmehr acht Jahren gerettet hatte, verband die beiden ein unsichtbares Band der Loyalität und Liebe. In den langen, einsamen Stunden, die Flo in ihrem Bett verbringen musste, kehrten ihre Gedanken mehr als einmal zu den Ereignissen in jenem Sommer zurück, als Müller in ihr Leben getreten war.

KIKI


München, zur selben Zeit

Zufrieden klappte Kiki von Borch den Laptop zu. Der Text war ihr wirklich gut gelungen, und auch die Fotos brachten die Stimmung hervorragend rüber. Ursprünglich hatte sie den Auftrag nur des Geldes wegen angenommen, denn das Magazin bezahlte überdurchschnittlich gut. Mittlerweile faszinierte sie die Story ebenfalls.

Vom Aussterben bedrohtBerufe, die es bald nicht mehr geben wird, lautete der Titel der Serie. Der Chefredakteur hatte sie von seiner Idee überzeugen können. Normalerweise war Kiki eher eine Fachfrau für den investigativen Journalismus; sie liebte es, dreckige Skandale aufzudecken. Diese Serie jetzt entsprach so gar nicht ihrem Stil, aber ihre Interviewpartner waren allesamt spannende Persönlichkeiten gewesen, die wirklich etwas zu erzählen hatten.

Das Magazin hatte bereits ihr Porträt eines Seilers, einer Buchbinderin sowie das eines Gerbers gebracht. Doch der vierte und letzte Teil, in dem sie über den pensionierten Schleusenwärter Hannes Friedrichsen berichtete, übertraf ihrer Meinung nach die anderen bei weitem. Ausnahmsweise war sie selbst gespannt, wie sich der Artikel in der fertigen Ausgabe machen würde.

FLO


Basel, acht Jahre zuvor im Sommer 2006

„Florentine, du kannst jetzt nicht Seilspringen, bitte sei leise, Felix muss seinen Mittagsschlaf machen!“

Oh, wie Florentine diese ewigen Ermahnungen leid war. Alles drehte sich nur um ihren blöden Bruder, Felix hier, Felix da. Dabei hatte sie sich so auf ihn gefreut, nur hatte sie sich das mit dem Geschwisterchen ganz anders vorgestellt. Manchmal wurde ihr fast schlecht vor Eifersucht, wenn ihre Eltern schon wieder nur für ihren kleinen Bruder da waren.

Ihre Mutter hatte ihr erklärt, dass so ein Baby am Anfang viel Arbeit bedeutete, und sie wusste, dass sie ungerecht war, doch die Eifersucht hatte sich wie eine Schlange in ihrem Inneren eingenistet. Sie fraß sich durch ihre Eingeweide und hinterließ ihr grünes Gift. In diesen Momenten mochte sie sich selbst nicht leiden. Ganz leer war es dann in ihrem Herzen, und es war niemand da, um diese Leere auszufüllen.

Jetzt in den Sommerferien war es besonders schlimm. Alle ihre Freundinnen waren irgendwo ans Meer oder in die Berge gefahren, nur sie, Florentine, hockte in diesem blöden Basel, weil Felix noch zu klein für eine lange Reise war.

Auch Lukas, ihr großer Bruder, benahm sich in letzter Zeit so komisch. Früher hatte er immer mit ihr gespielt, jetzt zählten nur noch seine dummen Kumpels vom Fußballverein.

„Das liegt an der Pubertät“, hatte Papa gesagt. Florentine wusste zwar nicht, was die Pubertät war, aber es war ihr auch herzlich egal. Sie wollte einfach den alten Lukas wiederhaben, den, der sich für sie Zeit nahm und ihr abends vor dem Schlafengehen noch eine Geschichte vorlas. Immerhin konnte sie inzwischen leidlich selbst lesen.

Gerade kämpfte sie sich durch das Buch Der geheime Garten, sie hatte es von ihrem Onkel Hannes bekommen. Die Geschichte von der kleinen Mary, die in einem riesigen Haus lebte und einen verborgenen Garten fand, war wirklich spannend. Florentine stellte sich das Ganze ein bisschen wie das alte Anwesen in der Kopernikusstraße vor, sie fand, es strahlte auch etwas Geheimnisvolles aus. Der Gedanke, einen Ort zu besitzen, von dem niemand wusste und der einem ganz allein gehörte, faszinierte sie.

Wann immer es sich einrichten ließ, kam Florentine nun zu dem Grundstück. Dort stand sie lange am Zaun und schaute zu dem Haus hinauf, das halb verdeckt hinter einer Mauer und großen alten Bäumen zu sehen war. Mit den roten Fensterläden und den vielen Schornsteinen sah es wie ein richtiges Herrenhaus aus. Zu gerne hätte sie durch eines der hohen Fenster ins Innere geschaut, doch leider lag es zu weit von der Straße entfernt. Jetzt war alles ziemlich heruntergekommen, der Garten war verwildert, und das Haus war ebenfalls in keinem guten Zustand. Jedes Mal, wenn ihre kleinen Hände das kühle Eisen der Zaunstäbe umfassten und sie hindurchspähte, war es, als würde der Ort sie zu sich rufen.

T. S.


Zur selben Zeit

Sorgfältig überprüfte er nochmals die Angaben des Mannes, alles schien zu passen. Im Laufe der Jahre hatte er sich ein ganzes Netz an Mittelsmännern und Informanten aufgebaut, die für ihn Ausschau hielten. Sein Problem war, dass er keinem von ihnen genug traute, um alle relevanten Informationen preiszugeben. Stets war er in Sorge, dass einer von ihnen seinem Geheimnis auf die Schliche kam und womöglich auf eigene Faust zu recherchieren begann. Dies hatte zur Folge, dass er häufig unbrauchbare Hinweise erhielt. Es glich der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Diesmal jedoch sagte ihm sein Bauchgefühl, dass er richtig lag, endlich gab es eine vielversprechende Spur. Das Buch, das er zu stehlen gedachte, befand sich in St. Gallen, in der berühmten Stiftsbibliothek.

Er hatte alles, was er im Netz darüber finden konnte, gelesen, einen Stadtplan gekauft und Fahrpläne studiert. Jetzt war er bestens vorbereitet und die einzelnen Etappen seiner kleinen Reise geplant. Er würde nicht direkt nach St. Gallen fahren, sondern die Gelegenheit für einen Abstecher nach Amsterdam nutzen. Via Zürich wollte er dann sein eigentliches Ziel erreichen und dem dortigen Benediktinerkloster mit seiner mittelalterlichen Bibliothek einen Besuch abstatten.

FLO


Wieder und wieder kam Florentine in diesen Tagen zu dem Anwesen in der Kopernikusstraße und schaute zu dem Haus hinauf. Sie hatte dort noch nie einen Menschen gesehen, vermutlich stand es leer. Manchmal ertappte sie sich bei dem Gedanken, wie es wohl wäre, dort zu spielen. Schon mehrmals war sie das ganze Grundstück abgelaufen. Leider gab es hier keine verborgene Tür wie in der...

Erscheint lt. Verlag 19.5.2025
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Familie und Freundschaft • Jetztzeit und Mittelalter • neue Wege gehen • Nordsee Deutschland und Basel Schweiz • Traum und Realität
ISBN-13 9783769361605 / 9783769361605
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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