Marianna Sirca
marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
9783737412643 (ISBN)
Grazia Deledda (1871–1936) wurde in eine Kaufmannsfamilie mit Landbesitz in Núoro geboren; ihre Mutter war eine streng religiöse Analphabetin. Grazia Maria Cosima Damiana durfte, wie alle sardischen Mädchen, nur die Grundschule besuchen. Früh und ehrgeizig lebte sie ihr Schreibtalent aus und unterhielt zahlreiche Briefwechsel mit wichtigen Größen im Kulturbetrieb. Ihr in 35 Sprachen übersetztes Werk (Novellen, Romane, Gedichte) ist aufgrund ihrer einzigartigen Vorreiterfunktion im Kampf um Geschlechtergerechtigkeit heute ganz neu zu entdecken. Als bislang einzige italienischsprachige Autorin erhielt sie 1926 den Literaturnobelpreis für ihr Romanwerk.
Monika Lustig hat rund drei Jahre in der Provinz Núoro als Landwirtin und Idealistin gelebt und dort einen Sohn zur Welt gebracht. Sie hat Marcello Fois, Simonetta Agnello-Hornby, Leonardo Sciascia, Pier Paolo Pasolini, Andrea Camillieri u. v. m. ihre deutsche Stimme gegeben. 2019 gründete sie Edition Converso – Mediterrane Sprachwelten.
Klaudia Ruschkowski ist Autorin, Dramaturgin, Herausgeberin und literarische Übersetzerin aus dem Italienischen und Englischen. Sie beschäftigt sich mit dem Werk von Etel Adnan, Elsa Morante, Goliarda Sapienza und Margaret Fuller, entdeckt Autorinnen (wieder) und konzipiert Literatur- und Kunstprojekte. Im S. Marix Verlag erschien ihr Roman Rot, sagte er. Ebenfalls bei S. Marix gibt sie die Reihe PERLEN – Bedeutende italienische Autorinnen des 20. und 21. Jahrhunderts heraus. Sie lebt bei Köln und bei Perugia.
»Das Herz ist ein leidenschaftlicher Egoist. Sein unbedingter Wille lässt nur ein Entweder-Oder zu: Unterwerfung oder Überwindung.« Winfried Wehle, FAZ
Marianna Sirca hatte nach dem Tod ihres reichen Priesteronkels, dessen Alleinerbin sie jetzt war, einige Tage inmitten der Korkeichenwälder der Serra von Núoro verbracht, wo sie ein kleines Landhaus besaß. Es war Juni. Marianna war erschöpft von den Mühen der langwierigen Krankenpflege des Onkels, der nach zwei Jahren sich hinziehender Lähmung schließlich gestorben war; sie wirkte wie dem Gefängnis entkommen, so bleich, so geschwächt und der Welt entrückt sah sie aus. Wäre es nach ihr gegangen, hätte sie sich nicht gerührt, auch nicht den Rat des Arztes befolgt, der ihr dringend zu einem Aufenthalt in guter Luft geraten hatte. Doch der Vater, ein Schäfer und für den Priesterbruder immer eine Art Bediensteter, war eigens von der Serra heruntergekommen, um sie abzuholen; respektvoll, aber unmissverständlich hatte er ihr auf den Kopf zugesagt: »Marianna, befolge den Rat von einem, der dich gernhat. Gehorche.« Die Dienstmagd, eine ungehobelte, resolute Frau aus der Barbagia, die seit vielen Jahren im Hause Dienst tat und Marianna hatte heranwachsen sehen, packte daraufhin für sie Wäsche und Kleidung zusammen, stopfte alles in eine Satteltasche, als wären es die Sachen eines Hirtenbuben, und wiederholte: »Marianna, befolge den Rat von einem, der dich gernhat. Gehorche.« Und Marianna gehorchte. Immer schon hatte sie gehorcht, seitdem sie als junges Mädchen, wie ein Vögelein in einen Käfig, in das Haus des Onkels geschickt worden war, damit sie die Heiterkeit und das Strahlen ihrer Jugend rings um den trübsinnigen Priester verbreite und im Gegenzug auf sein Erbe hoffen dürfe. Wortlos stieg sie zum Vater auf den Rücken des Pferdes, legte die Hand auf seinen Gürtel und hatte nur ein Nicken für die besorgte Dienerin, die ihr die Untergewänder um die Beine zurechtzupfte und ihr ans Herz legte, sich nachts nicht zu verkühlen. »Und setzʼ sie keinen Strapazen aus, Berte Sirca!« Der legte den Zeigefinger auf den Mund und gab dem Pferd die Sporen. Auch er war ein Mann weniger Worte, und im Übrigen hatten er und Marianna sich nicht viel zu sagen. Unterwegs zeigte er ihr lediglich dieses und jenes Grundstück, nannte die Namen der Besitzer; überdies kannte sie die Gegend gut, denn jedes Frühjahr, außer im letzten, als der Priester dahinsiechte, verbrachte sie zusammen mit ihm und den Verwandten ganze Tage auf der Tanca, dem großen Landsitz, wo sich eingezäunt von Grenzmauern Schafherden und Großvieh tummelten und ein Steinhaus anstelle der primitiven Hütten der sardischen Hirten gebaut worden war. Dort oben fühlte sie sich vom ersten Tag an besser. Das Land lag in erhobener Position, auf der Grenze zwischen dem Territorium von Núoro und dem von Orune; der Wald war in frisches Grün getaucht, alles blühte, und über der ganzen Welt schien eine grenzenlose Seelenruhe zu liegen.
| Erscheinungsdatum | 21.08.2025 |
|---|---|
| Reihe/Serie | PERLEN ; 07 |
| Mitarbeit |
Herausgeber (Serie): Klaudia Ruschkowski |
| Übersetzer | Monika Lustig |
| Verlagsort | Wiesbaden |
| Sprache | deutsch |
| Maße | 125 x 200 mm |
| Themenwelt | Literatur ► Klassiker / Moderne Klassiker |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | Aufbegehren • Geschlechtsidentität • Leidenschaft • Liebe • Rebellion • Sardinien • Stolz • Tradition • weibliche Selbstermächtigung |
| ISBN-13 | 9783737412643 / 9783737412643 |
| Zustand | Neuware |
| Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
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