Jerry Cotton Sonder-Edition 263 (eBook)
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-8099-5 (ISBN)
Schock am Broadway! Mitten in einer Musicalaufführung wurde hinter der Bühne eine Tänzerin ermordet. Von jetzt an war jede Vorstellung ein Spiel um Tod und Leben. Denn wir fanden heraus, dass ein Mörderpaar es auf alle Tanzgirls abgesehen hatte. Das Theater war auf Wochen hinaus ausverkauft. Aber Phil und ich hatten jedes Mal die Hand am Revolver, wenn der Vorhang aufging - zum Mörder-Musical ...
2
Vic Hunter bezwang seine Nervosität, lächelte und streckte die Hand aus.
Der Mann übersah die Hand und spuckte die glimmende Zigarette in die Gosse.
»Die Arbeit ist getan. Hast du das Geld mitgebracht?« Er zog eine Zigarette aus der Tasche, klemmte sie zwischen die Lippen und zündete sie mit der Flamme eines Feuerzeugs an. Die Flamme beleuchtete für ein paar Sekunden sein Gesicht – die lange gerade Nase, die von mädchenhaft dichten Wimpern umrahmten blauen Augen und den schmallippigen Mund.
»Die Hälfte der Arbeit«, verbesserte Hunter.
Die blauen Augen starrten ihn an. Hunter fühlte sich von einer neuen Welle Nervosität überflutet. Dann blies der Mann das Feuerzeug aus.
»Klar«, sagte er. »Den zweiten Job erledigen wir noch in dieser Nacht. Jetzt verlange ich nur das halbe Geld.«
»Für das Mädchen?«
»Richtig, aber das macht keinen Unterschied. Vereinbart waren zwanzigtausend Dollar für jeden.«
»Woher soll ich wissen, dass du sie wirklich erledigt hast?«
»Warst du nicht im Theater?«
»Nein.«
»Ich sagte dir, du solltest dir für die Vorstellung eine Karte kaufen. Du hättest festgestellt, dass sie beim letzten Akt auf der Bühne fehlte.«
»Du erhältst die Rate, sobald die Zeitungen oder das Fernsehen ihren Tod melden.«
»Nein«, sagte der Mann. »Komm mit. Mein Wagen steht zwei Blocks straßenaufwärts.«
Er ging voraus, ohne sich nach Hunter umzusehen.
Der Wagen, ein dunkelgrüner Chevrolet Chevette, wies Beulen und große Schrammen an der linken Seite auf.
Sie stiegen ein.
»Wohin fährst du?«, fragte Hunter.
»Broadway«, gab der andere zur Antwort, spuckte die halb gerauchte Zigarette aus dem Seitenfenster und zündete eine neue an.
Als sie in den Broadway einbogen, sah Hunter von Weitem flackerndes Warnlicht.
Streifenwagen der City Police und zwei geschlossene Einsatzfahrzeuge des Homicide Department standen vor dem Eingang des Stardust Theater.
Der Mann fuhr darauf zu.
»Bist du verrückt?«, rief Hunter.
»Keine Angst. Bei der Arbeit sah mir niemand zu.«
Die Autos der Polizei standen mit einer Ausnahme auf dem Bürgersteig und behinderten kaum den Verkehr. Ein Ring von Neugierigen hatte sich gebildet. Mit großen Armbewegungen trieb ein Cop zum zügigen Vorbeifahren an.
Hunter zog den Hut ins Gesicht, als könnte der Polizist ihn erkennen.
»In Ordnung«, sagte er. »Fahr in eine Querstraße und halt an.«
Der Mann stoppte den Chevette am Washington Square.
»Hast du's während der Vorstellung getan?«, fragte Hunter.
»Lass dir die Einzelheiten von den Reportern erzählen.«
»Ich hasse es, wenn Leute, die für mich arbeiten, zu risikofreudig sind.«
»Ich arbeite nicht für dich, sondern für dein Geld. Die Ausführung ist meine Sache.«
»Wir haben dir die Adresse geliefert. Warum hast du sie nicht dort umgelegt?«
»Weil ich dann nur einen von beiden, ihn oder sie, bekommen hätte. Der andere wäre für alle Zeiten gewarnt gewesen.«
»Gewarnt ist er auch jetzt. Ein Anruf aus dem Theater genügt.«
»Er muss das Haus verlassen. Das genügt mir.«
»Er hat es vielleicht schon verlassen, und er wird von der Bildfläche verschwinden. Ihn und das Mädchen aufzustöbern, hat uns zwanzigtausend Dollar gekostet.«
»Wenn er das Haus verließ, ist er schon tot.«
»Ich verstehe dich nicht«, sagte Hunter kopfschüttelnd.
»Mein Partner arbeitet so zuverlässig wie ich. Mein Geld.« Er streckte die Hand aus.
Vic Hunter zog einen stabilen Umschlag aus der Manteltasche. »Zehntausend Dollar. Noch einmal zehntausend erhältst du, sobald ich erfahren habe, dass auch der Mann ...«
»Sei unbesorgt. Der ist schon so gut wie tot.«
Hunter stieg aus, der Mann fuhr an. Er schnippte den Zigarettenrest aus dem Seitenfenster. Die Glut zeichnete eine leuchtende Spur in die Nacht wie eine kleine Sternschnuppe.
Vorsichtig räumten Männer des Homicide Department die Styroportafeln weg, bis der Körper voll vom Licht der Scheinwerfer erfasst werden konnte.
Die Frau war mit einem grünen Abendkleid aus dem gleichen billigen Glitzerstoff bekleidet, wie ich ihn an Betty Soon gesehen hatte. Die Perücke saß noch auf ihrem Kopf, hatte sich aber so verschoben, dass zur Hälfte ihr eigenes dunkles Haar zu sehen war. Überall lagen große weiße Perlen. Sie stammten von der dreifachen und fast knielangen Kette, die die Frau zum Kostüm getragen hatte.
Das Blitzlicht des Fotografen flackerte. Nach zwei Dutzend Aufnahmen sagte Lieutenant Patrick O'Keefe: »Das genügt zunächst, Tom. Lass den Arzt ran.«
Der Polizeiarzt beugte sich über die Frau, berührte die Augen, die Haut und sagte laut: »Tot seit höchstens zwei Stunden. Vermutliche Todesursache: Erdrosselung. Umlaufende Strangulationsspuren vorhanden. Vermutliches Tatwerkzeug: Nylon- oder Drahtschlinge.«
»Irgendein Hinweis auf ein Sexualverbrechen?«, fragte O'Keefe.
Nach kurzer Untersuchung schüttelte der Arzt den Kopf. »Kein Sex als Motiv.«
O'Keefe kratzte in seinem roten irischen Haar. »Danke, Doc.«
Der Arzt richtete sich auf, machte zwei Schritte zurück und zertrat eine Kunstperle.
Der Lieutenant wandte sich an uns. »Kennt das FBI das Motiv für diesen Mord?«
»Nein, Pat.«
»Erzählt mir nicht, dass ihr nur zufällig vorbeigekommen seid«, knurrte er ärgerlich.
»Wir stießen auf ihr Foto bei Bud Hark, als wir ihn heute Nacht festnahmen. Irgendwer wollte ihre Ermordung bei Hark in Auftrag geben, konnte sich jedoch mit ihm nicht über die Bedingungen einigen. Offensichtlich hat der Mann einen anderen Killer gefunden.«
»Wer weiß, wo sie wohnt?«, fragte der Detective Lieutenant in die Runde. Seine Stimme hallte über die Bühne, auf der ein halbes Hundert Menschen herumstanden: Beleuchter, Bühnenarbeiter, Tänzer und Schauspieler. Alle, die das Theater nicht unmittelbar nach der Vorstellung verlassen hatten.
Die Tänzerin Eve Gaynor hob die Hand. »Apartment 1439 im Choster Building, Eleventh Avenue.«
O'Keefe fragte uns: »Wollt ihr hinfahren?«
»Geht in Ordnung, Pat«, sagte ich.
Während Phil und ich zur Garderobe gingen, erklärte O'Keefe den Leuten, dass sie alle einzeln vernehmen würden.
Der Garderobiere liefen die Tränen in dichten Rinnsalen über die Wangen.
»Ich kann's nicht glauben«, schluchzte sie. »Sie war immer so fröhlich wie ein Vögelchen.«
»Öffnen Sie den Schrank von Miss Marcesi.«
»Er ist nicht verschlossen. Warum auch? Die Mädchen bestehlen sich nicht gegenseitig.«
Der Schrank barg einen blauen Regenmantel, blaue Jeans, einen handgestrickten dicken Pullover in Rot. An einem Haken hing eine große, abgetragene Tasche aus Segeltuch, in der wir einige Konservenbüchsen und ein paar Äpfel fanden. Offenbar hatte Alice Marcesi auf dem Weg ins Theater eingekauft.
Jack Calfar kam in die Garderobe. Sein finsteres Gesicht verriet seine Stimmung, und er gab sich nicht die leiseste Mühe, sie zu verbergen.
»Eine verdammte Schweinerei«, knurrte er. »Wie lange wird der City Cop bei uns herumschnüffeln? Für zehn Uhr morgens sind Proben angesetzt. Wenigstens ein paar Stunden Schlaf brauchen die Leute.«
»Kanntest du das Mädchen?«, fragte ich.
»Nicht besser als alle anderen. Lonjo suchte die Tänzerinnen schon fünf Monate vorher aus, als mit der Einstudierung begonnen wurde. Zwei- oder dreimal war ich beim Aussuchen dabei, weil man beim Vortanzen viele hübsche Beine zu sehen bekommt. Doch die Auswahl überließ ich Lonjo.«
»Kannst du dir einen Grund für den Mord vorstellen?«
»Ich kenne das Privatleben dieser Alice nicht. Vielleicht hängte sie einen Liebhaber ab, der es ihr aus Eifersucht besorgte. Vielleicht machte sie irgendeinen Kerl so scharf, dass er einfach zupackte und ...«
»An solche Motive denke ich nicht. Jeder weiß, dass du dieses Musical finanzierst. Es könnte sein, dass andere mitverdienen wollen, du aber nicht zahlen willst. Der Mord an der Frau wäre dann als Warnung für dich gedacht.«
Er zog die Lippen zurück und zeigte seine starken weißen Zähne. »Machen wir uns gegenseitig nichts vor, G-man. Ihr haltet mich für einen Mann, der ein Syndikat leitet, ihr könnt es jedoch nicht beweisen. Also hofft ihr, dass die Konkurrenz mir die Daumenschrauben anlegt und mich bei meinem Hobby stört. Und zwar nicht mit ein paar Pfiffen und Buhrufen, sondern gleich mit einem Mord. Ihr seid auf der falschen Fährte, denn Geld wird an dem Musical noch nicht verdient. Zweihunderttausend Dollar müssen bis zum Saisonende in die Kasse flattern, bevor ich mein vorgeschossenes Geld wiedersehe. Ob danach ein Gewinn herausspringt, hängt...
| Erscheint lt. Verlag | 7.6.2025 |
|---|---|
| Sprache | deutsch |
| Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
| Literatur ► Romane / Erzählungen | |
| Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Action Abenteuer • action romane • action thriller • action thriller deutsch • alfred-bekker • Bastei • bastei hefte • bastei heftromane • bastei romane • bastei romane hefte • Bestseller • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • erste fälle • Fall • gman • G-Man • Hamburg • Heft • Heftchen • Heftroman • heftromane bastei • Kindle • Krimi • Krimiautoren • Krimi deutsch • krimi ebook • Krimi kindle • Kriminalfälle • Kriminalgeschichte • Kriminalgeschichten • Kriminalroman • Kriminalromane • kriminalromane 2018 • kriminalromane deutsch • Krimi Reihe • Krimireihen • krimi romane • Krimis • krimis&thriller • krimis und thriller kindle • Krimi Urlaub • letzte fälle • martin-barkawitz • Polizeiroman • Romanheft • Roman-Heft • schwerste fälle • Serie • Soko-Hamburg • spannend • spannende Krimis • spannende Thriller • Spannungsroman • Stefan Wollschläger • Tatort • Terror • thomas-herzberg • Thriller • Wegner |
| ISBN-10 | 3-7517-8099-8 / 3751780998 |
| ISBN-13 | 978-3-7517-8099-5 / 9783751780995 |
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